Protokoll der Sitzung vom 13.10.2017

Dabei wollen wir wirtschaftlichen Erfolg mit guter Arbeit verknüpft wissen.

Aber der goldene Boden des Handwerks bekommt Risse, weil das Fundament, auf dem er steht, wackeliger wird: die Betriebsnachfolge. Es fehlen schlicht Nachfolgerinnen und Nachfolger für die Handwerksbetriebe in Schleswig-Holstein. Deswegen müssen wir Anreize schaffen, damit mehr Menschen den Mut aufbringen, ein Unternehmen, einen Handwerksbetrieb zu übernehmen.

Wir fangen in Schleswig-Holstein nicht bei null an, liebe Kolleginnen und Kollegen. Bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein gibt es die Förderlotsen, die Existenzgründerinnen und Existenzgründer gut beraten. Es gibt ein Gründungsstipendium bei der Investitionsbank, das sich im Moment allerdings nur an Absolventen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen richtet. Man bekommt dort 1.600 € für sechs Monate bezahlt. Das muss nicht so bleiben. Was in diesem Bereich möglich ist, kann man auch auf das Handwerk übertragen.

Deswegen macht aus unserer Sicht eine Meistergründungsprämie durchaus Sinn. Allerdings eine allgemeine Gründungsprämie einzuführen, wie es der SSW fordert, ist genauer zu betrachten und muss genauer diskutiert werden.

Eine Meistergründungsprämie kann aber nicht alle Probleme in den Handwerksbetrieben lösen. Deshalb unser Änderungsantrag.

(Lukas Kilian [CDU]: Er löst auch nicht alle Probleme!)

Handwerksbetriebe, die nach der Handwerksordnung der Meisterpflicht unterliegen, können den Handwerksbetrieben ohne Meisterpflicht und anderen Unternehmen nicht gleichgesetzt werden. Die Meisterpflicht bedingt, dass ein Betriebsnachfolger den Meistertitel erworben haben muss oder zusätzlich einen Meister einstellen muss, damit er diesen Betrieb führen kann. Das wird bei kleinen Handwerksbetrieben einfach die Ausnahme sein. Das heißt, die besondere Hürde muss auch in der Förderpraxis abgestellt sein und genau betrachtet werden.

Da es ohne Meister keine Prämie gibt und ohne Meister keine Nachfolge gibt, keine Gründungen gibt, müssen auch genügend Gesellen bereit sein, einen Meistertitel erwerben zu wollen. Nur dann gibt es ein ausreichend großes Nachfolgerpotenzial,

aus dem sich Menschen bereitfinden können, ein Unternehmen zu übernehmen.

Die Zahl der Meisterabsolventen stagniert in Schleswig-Holstein seit Jahren. Wir sind bei 609 Meisterinnen- und Meisterabsolventen, und das bei 31.000 Handwerksbetrieben in Schleswig-Holstein. Das ist zu wenig.

Deshalb brauchen wir mehr gute Ausbildung, mehr gute Weiterbildung, wir brauchen mehr Meisterinnen und Meister, und deshalb brauchen wir die Gebührenfreiheit in der Meisterausbildung.

(Vereinzelter Beifall SPD und SSW)

Deshalb fordern wir eine Reform des Aufstiegsfortbildungsgesetzes zur vollständigen Übernahme der Lehrgangs- und Prüfungsgebühren der Meisterausbildung. Bildung muss in jeder Phase des Lebens gebührenfrei sein, von der Kita bis zum Studium und bis zur Meisterausbildung.

(Beifall SPD, SSW und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diese Gebührenfreiheit ist für Techniker-, Meisterund Fachwirte derzeit nicht gegeben. Das ist ungerecht und trägt zur mangelnden Attraktivität dualer Ausbildungsberufe bei.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist das!)

Liebe Koalition, wenn Sie eine Meistergründungsprämie einführen wollen - wofür auch wir sind -, macht es doch Sinn, die gebührenfreie Meisterausbildung mit einer Meistergründungsprämie zu koppeln. Dann bringen wir wirklich etwas für die Handwerksbetriebe auf einen erfolgreichen Weg. Geben Sie sich einen Ruck, das zu verbinden. Dann wird es eine runde Sache, eine runde Sache für das Handwerk. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Rasmus Andresen.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Gib dir mal einen Ruck, Rasmus!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der demografische Wandel hat auch eine Riesenbedeutung für unsere Wirt

(Thomas Hölck)

schaftsunternehmen und unsere Wirtschaftsstruktur bei uns im Land. 7.000 Unternehmen und geschätzte 220.000 Arbeitsplätze können davon in den nächsten zehn Jahren betroffen sein. Sie haben einen Unternehmenswert, der auf 22 Milliarden € geschätzt wird. Das ist eine ganze Menge Holz und zeigt, wie groß die Herausforderung ist, vor der wir hier strukturell in unserem Bundesland in den kommenden zehn Jahren stehen.

Es gehört zur Wahrheit dazu, dass immer weniger junge Menschen bereit sind, beispielsweise das Familienunternehmen ihrer Eltern zu übernehmen. Man schätzt, dass das nur noch 50 % tun und dazu bereit sind. Viele andere gehen einen anderen Weg. Hinzu kommt der Fachkräftemangel. Das allein zeigt, dass wir in diesem Bereich dringend aktiv werden müssen und unsere Anstrengungen zusätzlich zu dem, was bereits gibt, noch intensivieren müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir wollen zum einen Zukunftsbranchen erhalten und zum anderen gleichzeitig Innovationen ermöglichen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Deshalb freuen wir Grüne uns sehr darüber, dass es in der Koalition gelungen ist, hier einen so wichtigen Antrag zum Thema Meistergründungsprämie vorzulegen und das Ministerium damit zu beauftragen, das auszuarbeiten und uns dann nach einiger Zeit, in den nächsten Monaten, dazu eine Vorlage zur weiteren Beratung vorzulegen.

Denn eins ist klar: Wenn wir über Gründungen reden, dann reden wir sehr oft über hippe Start-ups auf einem Hochschulcampus - in welcher Stadt auch immer. Aber dass dieser Bereich, gerade das Handwerk, das Rückgrat für unsere Wirtschaft ist, kann man nicht oft genug betonen. Deshalb müssen wir auch diesen Bereich in den Fokus nehmen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Es geht zum einen darum, dass Betriebs- und Unternehmensnachfolgen gesichert werden, aber es geht damit verbunden dann auch um den Erhalt von vielen Arbeitsplätzen. Es geht allerdings auch darum, neue Investitionen zu fördern und da, wo Betriebe - so sage ich einmal - schon eine längere Lebenszeit haben, diese mit einem Update und mit neuen Innovationen zu versehen. Gerade diese Umstellungsprozesse sind so wichtig, dass wir darüber

noch einmal konzeptionell neu und anders nachdenken müssen.

Wir wollen, dass neben so klassischen Kriterien wie ökonomischen auch über die Qualität gesprochen wird und dass wir darüber auch in der Koalition und im Parlament sprechen, was eigentlich wie gefördert werden soll. Gibt es vielleicht Erfahrungen aus anderen Bundesländern, die gut sind? Gibt es vielleicht auch Erfahrungen, dass man gesehen hat, es kann nicht darum gehen, jetzt einfach nur wild zu fördern? Jede Förderung macht gleich viel Sinn. Sprich: Wir müssen auch über die Qualität sprechen.

Wir müssen auch über die Gender-Frage sprechen. Denn eins kann man ganz eindeutig feststellen: Das Potenzial, das es gerade gibt, um Frauen, also Gründerinnen, stärker zu unterstützen, ist bei uns im Land riesengroß. Wir haben mit Dänemark ein Land vor der Haustür, das das viel besser hinbekommt als wir. Auch da sollten wir bei der Meistergründungsprämie Akzente setzen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir haben viel Sympathie für den SPD-Antrag. Natürlich, Thomas Hölck, kann man das alles auch zusammen denken. Aber nichtsdestotrotz ist uns heute hier der Antrag als Tischvorlage auf den Tisch geknallt worden.

(Zurufe SPD)

Ich sage jetzt Ihnen gegenüber: Man kann es auch getrennt voneinander denken. Man kann - Lukas Kilian hat das gesagt - Ihren Antrag gut finden, weiter darüber reden wollen. Sie könnten ihn als Alternativantrag einreichen, dann könnten wir eigenständig darüber abstimmen und über ihn im Ausschuss beraten, um zu schauen, ob wir da zusammenkommen. Wir haben auch keinen Zeitdruck. Die Situation im Bund ist so, dass wir überhaupt nicht wissen, was dort gerade passiert.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das heißt, wir könnten im Ausschuss auch über diesen Antrag beraten, wenn Sie den Antrag denn so einreichen, dass wir darüber getrennt abstimmen können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Der SSW - Lars Harms, jetzt sage ich es - ist seiner Zeit ein bisschen voraus. Wir haben auch für diesen Antrag viel Sympathie, aber auch hier - Lukas Kili

(Rasmus Andresen)

an hat es gesagt - ist es so, dass wir uns mit diesem Antrag jetzt auf den Bereich Meister konzentrieren wollen.

(Lars Harms [SSW]: Meisterlobby!)

Wir können uns grundsätzlich aber auch Erweiterungen vorstellen. Das ist dem SSW auch bekannt. Wir werden den Antrag jetzt hier ablehnen, werden aber gleichzeitig auch ankündigen, dass wir uns um den ganzen Bereich Gründungen noch intensiv kümmern werden. Das wird nicht die letzte Initiative der Jamaika-Koalition in diesem wichtigen Themenfeld sein. Vielleicht kommen wir dann ja auch wieder aufeinander zu.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Jamaika-Koalition hat es sich zum Ziel gesetzt, Schleswig-Holstein nicht nur zum mittelstandsfreundlichsten Bundesland zu machen, sondern auch als echtes Gründerland zu positionieren, in dem sowohl hochinnovative Start-ups als auch die klassischen Unternehmen und Gründer optimale Rahmenbedingungen vorfinden sollen, um sich bestmöglich zu entwickeln.

Die FDP war und ist bei diesem wichtigen Vorhaben nicht ganz unbeteiligt. Ich danke ganz ausdrücklich der CDU-Fraktion, dass sie mit dieser Initiative innerhalb der Koalition auch einen haushaltspolitischen Schwerpunkt deutlich macht. Wir haben uns als Koalition eine lange Liste an Aufgaben erstellt, mit denen wir unsere Ziele erreichen wollen.

Ich begrüße auch ausdrücklich, Kollege Hölck, dass die SPD neuerdings mittelstandsfreundlich ist. Das ist ein neuer, kluger Kurs der Sozialdemokratie zu diesem Thema.