Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Regierungskoalition ist gut, gar keine Frage. Aber er bleibt auf halber Wegstrecke stehen; denn ein europaweites Verbot von Mikroplastikpartikeln in Kosmetika reicht nach unserer Auffassung nicht aus.
Wir haben hier bereits über die Körperpflegemittel gesprochen, aber es findet auch Verwendung in Wasch- oder Reinigungsmitteln. Deshalb fordern wir als AfD-Fraktion ein generelles Verbot für den Verkauf und den Import von mit Mikroplastikpartikeln belasteten Kosmetika, darüber hinaus aber auch von Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Verbrauchsmitteln.
Auch eine Debatte um ein weiteres bereits angesprochenes Produktmanagement ist dringend notwendig. Hier wurden bereits die Textilien, wie zum Beispiel Fleece, angesprochen. In der Textilindustrie wird gerade die weltweit milliardenfach verkaufte Massenware mit Mikroplastik förmlich vollgestopft. Da Mikroplastikpartikel zu winzig für das Herausfiltern in Kläranlagen sind, landen sie über kurz oder lang auch bei uns auf dem Teller.
Nach Informationen des BUND wirken die Mikroplastikpartikel in den Gewässern wie ein Magnet auf Giftstoffe wie Insektizide, Farbstoffe oder organische Chlorverbindungen. Hierdurch sei die Giftkonzentration an diesen Nanopartikeln hundertmal höher als im Meerwasser selbst.
Auf die krebserregende und erbgutverändernde Wirkung sind meine Vorredner schon eingegangen. Deshalb erspare ich mir hierzu weitere Ausführungen.
Auch aufgrund dieser Umstände hat die Bundesregierung den sogenannten Dialog Kosmetik mit den führenden Kosmetikherstellern über einen freiwilligen Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastik in Körperpflegemitteln vereinbart. Eine aktuelle Studie des Verbraucherportals Codecheck zusammen mit dem BUND belegt jedoch, dass Mikroplastik trotz anderslautender Ankündigungen weiterhin eingesetzt wird. Im Vergleich der Jahre 2014 und 2016 sei sogar ein deutlicher Anstieg von zugesetzten Mikroplastikpartikeln festgestellt worden.
Meine Damen und Herren, der freiwillige Ausstieg stellt sich somit bereits auf Bundesebene beinahe wirkungslos dar und unserer Natur läuft die Zeit davon. Ein nachträgliches Entfernen von Mikroplastik aus dem Naturkreislauf ist derzeit nicht möglich. Deshalb muss nach dem Vorsorgeprinzip der Eintrag rigoros verhindert werden.
Zum Schutz der europäischen Ökosysteme samt ihrer Flora und Fauna ist eine radikale Umkehr notwendig. Auch wenn wir es als AfD sonst nicht wie die Verbotspartei namens DIE GRÜNEN handhaben, sagen wir hier klipp und klar: Nur ein EU-weites Verbot samt einem verhängtem Importstopp für mit Mikroplastik belastete Produkten wird die notwendige Umkehr ermöglichen.
Ich beantrage deshalb, die Anträge im Umweltausschuss zu behandeln, damit wir uns intensiver damit beschäftigen können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Problem um die Verunreinigung unserer Gewässer durch Plastik ist längst bekannt. Auch hier im Landtag haben wir in der letzten Legislaturperiode das Thema ausführlich behandelt. Es ist also keine neue Diskussion, aber das Problem ist es absolut wert, erneut auf die politische Tagesordnung genommen zu werden.
Wir wissen, dass es in unserem Land auf verschiedenen Ebenen bereits Bestrebungen im Kampf gegen den Plastikmüll gibt. Zu nennen ist beispiels
weise das Projekt „Fishing for Litter“, das in Zusammenarbeit mit Fischern, dem NABU und regionalen Abfallentsorgern sehr gut läuft. Zwar hat dieses unmittelbar nichts mit dem vorliegenden Antrag zu tun, aber es macht deutlich, dass das Problem mit dem Plastikmüll sehr umfangreich ist.
Wenn wir über Mikroplastik sprechen, dann ist Sekundärplastikmüll auch ein Teil des Problems. Daher ist es richtig und wichtig, dass wir die Probleme auf den verschiedenen Ebenen angehen, von Plastiknetzen bis hin zu den mikroskopisch kleinen Kunststoffpartikeln.
Als Mikroplastik werden feste und unlösliche Kunststoffe bezeichnet, die kleiner als 5 mm sind. In diesem Kleinformat der Partikel liegt nun auch unser Problem; denn unsere Kläranlagen können diese Partikel nur bedingt herausfiltern. So gelangen sie unkontrolliert in die Umwelt.
Zudem hat Mikroplastik die Eigenschaft, dass es diverse Schadstoffe anreichert. Sie gelangen in den Naturkreislauf und wurden bereits in Kleinstlebewesen, in Muscheln, in Seevögeln oder in Fischen gefunden. Letztendlich landet das Ganze dann wieder bei den Menschen auf den Tellern, also genau dort, wo es keiner haben will.
Auch wenn uns die Auswirkungen von Mikroplastik auf Mensch und Natur derzeit nicht hinlänglich bekannt sind, dürfte uns doch klar sein, dass Mikroplastik nicht gesund sein kann. Daher muss das Vorsorgeprinzip gelten, sprich: Der Eintrag muss verhindert werden.
Auf Mikroplastikpartikel in Kosmetika kann verzichtet werden. Es gibt Hersteller in der Kosmetikindustrie, die dies bereits tun. Es geht also auch ohne Mikroplastik, und das ist das, was zählt. Derzeit gibt es leider kein Verbot der Verwendung von Mikroplastik in Kosmetika. Im sogenannten Dialog Kosmetik haben sich Bundesregierung und Kosmetikindustrie auf eine freiwillige Selbstverpflichtung geeinigt, wobei es aber nur um feste Mikroplastik geht. Flüssiges oder pulveriges Mikroplastik wird dabei ganz außer Acht gelassen. Das ist dann nur eine halbgare Lösung, die niemandem außer der Industrie wirklich weiterhilft. Ich will ganz klar sagen: Die Gesundheit der Bevölkerung muss Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben.
SSW steht einem generellen Verbot nichts im Wege. Andere Länder haben es bereits vorgemacht. Nun zielt der Antrag der Koalition auf ein EU-weites Verbot ab, was an sich auch richtig ist. Aber wir wissen, wie es sich mit EU-Lösungen verhält. Die Mühlen in Brüssel mahlen sehr langsam. Ein bundesweites Verbot wäre daher nach Auffassung des SSW ein erster Schritt, bevor wir die große Lösung herbeiführen. Solange ein solches Verbot jedoch nicht umgesetzt ist, müssen wir weiterhin an die Freiwilligkeit der Hersteller appellieren; denn wir können nicht so tun, als existiere das Problem rund um Plastikmüll nicht oder gehe uns nichts an. Wir müssen den Plastikverbrauch drastisch reduzieren. Dafür braucht es eine entsprechende Kennzeichnung, die dem Verbraucher deutlich macht, in welcher Form sich Mikroplastik in dem Produkt befindet. Nur dann hat der Verbraucher auch wirklich eine Wahlfreiheit. - Jo tak!
Nein, nein, so schlimm wird es alles nicht. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Rickers, Sie haben unseren Änderungsantrag eigentlich inhaltlich ganz gut gefunden, haben aber dann gesagt, er wäre unrealistisch. Das kann ich nicht ganz erkennen. Wenn wir bei Kosmetika auf Mikroplastik verzichten können, warum können wir das dann nicht auch bei Reinigungsund Waschmitteln? Also, ich halte das für durchaus realistisch, und wir wollen ja eigentlich nur eine Ergänzung dahin gehend, dass wir darauf hinwirken. Dass das ein langer Prozess ist und nicht von heute auf morgen geht, ist uns auch klar. Ich möchte dafür werben, bevor Sie unseren Antrag gleich im üblichen Reflex abschmettern, dass wir zumindest im Ausschuss darüber beraten, was realistisch ist und was nicht. - Vielen Dank.
Für die Landesregierung hat das Wort der Minister für Ernährungswende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Dr. Robert Habeck.
Schönen Dank, Frau Präsidentin! War das „Ernährungswende“? Jedenfalls passt das vor der Mittagspause ja ganz gut.
Ich freue mich über das Thema und die Debatte. Sandra Redmann hat recht: Wir haben eine gewisse Tradition, uns gegen die Vermüllung im Meer zu stemmen. Als Land zwischen den Meeren gehört sich das auch so. Ich freue mich auch über die letztlich große Einigkeit darin, dieses Thema anzugehen, letztlich sogar darin, wie man es angeht. Manchmal kann es auch ganz befreiend sein, etwas zu verbieten. Das ist ja schön herauszuhören. Deswegen will ich nicht alles wiederholen, was schon gesagt wurde. Lassen Sie mich vielleicht nur einen Hinweis auf die verschiedenen Formen geben, wie man mit so einem Thema umgehen kann.
Wir haben in der letzten Legislaturperiode häufig über ein Verbot oder zumindest über eine verpflichtende Bepreisung von Plastiktüten gesprochen, konnten uns jedoch damals im Bundesrat nicht durchsetzen. Das hat dann der Einzelhandel als Selbstverpflichtung gemacht, und zwar mit erstaunlichen Ergebnissen. In 2016 ist der Plastiktütenverbrauch in Deutschland um ein Drittel gesunken, minus zwei Milliarden Plastiktüten. Aber der Verbrauch bleibt immer noch hoch. Wir verbrauchen immer noch durchschnittlich über 45 Plastiktüten pro Jahr. Da kleine Kinder das wahrscheinlich kaum machen werden, dürfte der Durchschnittsverbrauch noch höher sein. Da ist also noch Luft. Aber immerhin, ein Rückgang um ein Drittel nur durch die selbstverpflichtende Bepreisung ist schon beachtlich.
Es wurde aber auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Selbstverpflichtung der Kosmetikindustrie, Mikroplastik zu vermeiden, zu null Ergebnis geführt hat. Wahrscheinlich sind wir selbst alle nicht ganz unschuldig daran. Wenn man im Internet nach Produkten mit Mikroplastik sucht, dann findet man möglicherweise auch Produkte, die bei einem zu Hause im Badezimmer herumstehen; denn sie sind ja nicht klar gekennzeichnet. Das ist schon einmal das Erste. Man erkennt gar nicht, was man sich möglicherweise in gutem Glauben oder jedenfalls in Unwissenheit anschafft.
Zweitens ist es, verglichen mit dem Produkt wie der Plastiktüte, in dem Produkt auch schwer, die Vermeidungsstrategie durchzuhalten. Deswegen glaube ich tatsächlich auch, dass die freiwilligen Maßnahmen hier nicht ausreichen.
Ein Verbot - das ist die große Problemlage - kann letztlich nur auf europäischer Ebene geschaffen werden. Sortierte die EU-Kommission Mikroplastik als Schadstoff in der sogenannten REACH-Richtlinie ein, hätte ein Land die Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Aber dieser Schritt muss gemacht werden. Sonst verstießen wir gegen die Freizügigkeit des Warenverkehrs innerhalb der EU.
Die gute Perspektive ist, dass die EU-Kommission jetzt an der sogenannten Plastik- oder Kunststoffrichtlinie arbeitet, die, wenn sie mutig ist, genau zu dem Ergebnis, das wir aus den USA kennen, führen kann, nämlich Mikroplastik als Schadstoff zu deklarieren und dann entsprechend auch die Möglichkeiten für Verbote zu schaffen.
Wann agiert die Kommission? Wenn es gesellschaftlichen Druck gibt. Gesellschaftlicher Druck findet seinen Ausdruck manchmal auch im Parlament. Deswegen ist alles richtig. Ich begrüße den Antrag. Ich begrüße die Geschlossenheit. Ich sichere Ihnen zu, dass ich meinen Teil dazu beitragen werde, dass wir diesen Impuls nach Berlin und nach Brüssel tragen werden - in dem Sinne: weg mit Plastikmüll! - Danke schön.
Es ist beantragt worden, den Antrag in der Drucksache 19/290 sowie den Änderungsantrag 19/332 dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/332, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Änderungsantrag gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt worden.
Ich lasse dann über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/290, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag