Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

Meine Enttäuschung will ich an dieser Stelle aber auch über die Haltung unseres früheren Koalitionspartners ausdrücken. Ich hätte darauf gewettet, dass die Landtagsfraktion der Grünen einem Mittelstandsbeirat der Landesregierung, in dem Vertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mitarbeiten, kein Okay gibt.

(Beifall SPD)

Ich hätte aber auch gewettet, dass Themen wie CETA und TTIP, die ganz besonders auch im Mittelstand für große Verunsicherung und Sorgen gesorgt haben, von den Grünen auf die Tagesordnung des Mittelstandsbeirats gesetzt worden wären. Aber man kann nicht jede Wette gewinnen.

Darum verlasse ich mich lieber auf die Sozialdemokratie und zitiere:

,,Die Sozialpartnerschaft ist eine starke Säule in der deutschen Volkswirtschaft. Das ist ein großes Pfund, um das uns viele beneiden.“

Das ist ein Zitat von Martin Schulz aus dem Juli 2017.

(Zurufe CDU: Oh!)

- Ja! - Dass die Koalitionsfraktionen in ihrem Änderungsantrag zu unserem Antrag den regelmäßigen Austausch des Wirtschaftsministers mit führenden Vertretern von Gewerkschaften zu wirtschaftsund arbeitsmarktpolitischen Themen begrüßen, ist ja schön, aber für den Mittelstandsbeirat völlig unzureichend. Damit soll einfach nur weiße Salbe verabreicht werden.

Wenn Sie unserem Antrag zustimmen, kann dieser Fehler, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Mittelstandsbeirat auszuschließen, geheilt werden. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lukas Kilian das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, mit Ihrem Antrag tun Sie wieder einmal so, als verbreite die Jamaika-Koalition soziale Kälte.

(Zurufe SPD: Tut sie ja auch!)

Es wird das Schreckgespenst aufgezeigt, dass Arbeitnehmerrechte unter einer Jamaika-Koalition nichts mehr wert seien.

(Zurufe SPD: Das ist auch so!)

Die rhetorische Frage beantworteten Sie sich selbst mit Ja.

Ich erinnere mich an die letzte Plenartagung. Beim letzten Plenum - die Zuschauer waren vielleicht nicht dieselben - hat sich die SPD-Fraktion die Blöße gegeben zu behaupten, diese Landesregierung arbeite daran, dass der Mindestlohn abgeschafft wird. Das war erkennbar falsch und erzeugte folgerichtig medial auch keine kontroverse Diskussion.

(Thomas Hölck [SPD]: Doch!)

Heute geht es darum, dass im Mittelstandsbeirat kein Vertreter der Gewerkschaften anwesend ist. Sie tun so, als ob wir Gewerkschaften nicht mitreden lassen, obwohl Sie wissen, dass Gewerkschaf

ten einen regelmäßigen und offenen Zugang zum Minister haben.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist ja schön!)

Sie handeln hier also wider besseres Wissen.

(Zuruf SPD)

- Sie können sich jetzt aufregen, wie Sie wollen. Sie können auch heute in der Zeitung lesen. Darin steht heute zur Arbeit der Opposition - ich zitiere -:

„Der Grat zwischen spürbarer Opposition und Populismus ist schmal.“

Ihr Vorgehen, hier immer so zu tun, als ob Jamaika soziale Kälte ausstrahle und Arbeitnehmerrechte mit Füßen trete, ist offenkundig so billig, dass ich Ihnen, insbesondere Ihrem Fraktionsvorsitzenden, anrate, ein Praktikum beim SSW zu machen, um einmal zu sehen, wie konstruktive Oppositionsarbeit funktioniert.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Unruhe SPD)

Nun zu Ihrem Antrag.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD]) )

- Hören Sie zu! Dann können Sie etwas lernen. - In Ihrem Antrag heißt es wörtlich:

,,Der Landtag fordert die Landesregierung auf, im Mittelstandsbeirat die Belange von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu berücksichtigen.“

Das zeigt, dass Sie eine Oppositionsfraktion sind. Wenn wir als Regierungskoalition einen derartigen Antrag eingebracht hätten, würde jeder fragen: Wieso denn nur im Mittelstandsbeirat?

Die Landesregierung hat die Aufgabe - das tut sie auch jeden Tag -, die Belange von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Lande zu berücksichtigen, nicht nur im Mittelstandsbeirat.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Unser Ziel ist es, dass mittelstandsfreundlichste Bundesland zu werden. Wir haben den Mittelstandsbeirat eingeführt, um dort mit Experten - die, nebenbei gesagt, votieren können und unter denen durchaus auch Vertreter der Gewerkschaften sein können - Ideen, Probleme und Lösungen zu diskutieren.

Man sieht aber an Ihrem Vorschlag, wie die SPD sich gute Wirtschaftspolitik vorstellt und warum dieses Land unter einer SPD-geführten Landesre

(Wolfgang Baasch)

gierung nie mittelstandsfreundlichstes Bundesland werden würde. Sie glauben nämlich, dass eine gute Wirtschaftspolitik dann erzielt ist, wenn man möglichst viele Runde Tische mit möglichst vielen Menschen einrichtet und jeden bei jedem Thema mitreden lässt,

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Damit auch die Ar- beitnehmer etwas davon haben!)

statt sich themenspezifisch auf einzelne Komplexe zu konzentrieren und diese abzuarbeiten.

Wir danken dem Minister ausdrücklich, dass es den Mittelstandsbeirat gibt, der sich themenspezifisch mit unterschiedlichsten Ideen und Innovationen in der Mittelstandspolitik auseinandersetzt.

Ich sage Ihnen eines: Wenn wir Ihrem Antrag folgten, würden wir die Gewerkschaften gewissermaßen degradieren. Die Gewerkschaften haben momentan einen offenen Zugang zum Büro des Wirtschaftsministers.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Es ist ja großartig, dass die da rein dürfen!)

Sie haben da freien Eintritt. Sie wollen ihnen ihr exklusives Recht nehmen, beim Wirtschaftsminister vorzusprechen.

(Zuruf Birte Pauls [SPD])

Die sollen sich nur im Rahmen des Mittelstandsbeirates mit dem Minister auseinandersetzen. Das funktioniert natürlich nicht.

(Zurufe und Unruhe SPD)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kilian.

Die Empörung ist mal wieder alles. - Sie wissen ganz genau, dass Ihr Antrag ein Sturm im Wasserglas ist. Sie glauben ernsthaft, dass es für die Gewerkschaften besser wäre, wenn sie sich zukünftig nicht mehr allein mit dem Wirtschaftsminister unterhielten, sondern in einen Beirat gesteckt werden, in dem sie bei vielen Themen gar nicht mitzureden haben.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie sind im falschen Jahrhundert, Herr Kollege!)

Das Aufblähen von Beiräten mag für die SPD gute Wirtschaftspolitik sein. Es führt aber weder dazu, dass es den Arbeitnehmern besser ginge, noch dazu, dass es den Unternehmen besser ginge. Ich glaube