Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Wenn man es also hart gegen das Licht hält, ist das Problem nicht die Abarbeitung der vielen Anträge. Das sind zwar viele, aber das ist im Grunde unpolitisch. Politisch ist in der Tat, dass durch den Koali

(Flemming Meyer)

tionsvertrag eine weitere Prüfung hineingekommen und damit die Möglichkeit erschwert worden ist, Ausnahmeregelungen zu machen. Wir hoffen aber davon gehe ich aus -, dass wir das im Sommer abgeschlossen und dann neue Kulissen oder alte angepasste Kulissen haben werden - je nachdem, wie man da draufschaut. Dann können auch wieder Ausnahmen genehmigt werden.

Es ist richtig, was fast alle Redner gesagt haben: Selbst, wenn wir Ausnahmeregelungen bekämen, macht es die Ausschreibungsebene auf Bundesseite schwer, im Moment Genehmigungen in SchleswigHolstein zu bekommen. Das liegt erstens daran, weil wir Netzausbaugebiet sind, und zweitens daran, weil die Ausschreibungen dazu führen, dass der Wettbewerb zwischen den Bürgerwindparks - jedenfalls in der Vergangenheit - so war, dass man gar keine Genehmigung haben musste. Insofern besteht da auf Bundesebene ein Problem.

Unter dem Strich ist zuzugeben, dass es eher ein industriepolitisches, marktwirtschaftliches und arbeitsmarktpolitisches Problem ist, dass die produzierenden Firmen von den Windkraftanlagenherstellern, über die Projektierer bis hin zu Max Bögl in Kurzarbeit gehen oder ihre Leute entlassen. Das ist das Problem, das wir da im Moment haben. Es ist aber in der Tat nicht allein ein schleswig-holsteinisches Problem, sondern ein gesamtdeutsches Problem. Möglicherweise würde eine schnelle Regierungsbildung in Berlin helfen, dieses Problem zu lösen.

Lassen Sie mich noch ganz kurz auf den OffshoreAusbau eingehen. Dort sind alle Windparks, die wir vor Schleswig-Holsteins Küsten genehmigt haben, inzwischen errichtet. 1,7 GW sind dort installiert. Da die Offshore-Windparks ungefähr die doppelte Volllaststundenzahl bringen wie Onshore-Windparks, ist dort ein erheblicher Beitrag, nämlich 7 TWh an Leistung, dazugekommen. Aber es kommt eben nicht mehr dazu. Deshalb ist richtig, was gesagt wurde: Wenn wir dort keinen Fadenriss einkehren lassen wollen, dann brauchen wir neue Ausschreibungskapazitäten. Herr Kumbartzky hat es bereits gesagt: Die Offshore-Windenergie ist günstig geworden. Sie hat jetzt den Lernschritt, über den wir in den letzten Jahren immer geredet haben, vollzogen. Die Preise gehen dramatisch nach unten. Deshalb ist es richtig - hoffentlich passiert es auch -, dass die Bundesregierung - wer immer sie dann stellen mag - die neuen OffshoreWindparke auch freigibt. Die würden dann lange geplant und genehmigt werden, aber so in zwei, drei oder vier Jahren würden sie dann angefangen,

errichtet zu werden. Das würde Deutschland und Schleswig-Holstein schon helfen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt CDU und FDP)

Wo ist also das Problem, wodurch wir schlechter sind als der Bund? - Nun, in der Tat, auch das wurde gesagt - haben wir drei Kohlekraftwerke am Laufen. Die machen etwa 3,5 Millionen t CO2 in Schleswig-Holstein aus. Hoffentlich geht das neue Kraftwerk in Kiel bald ans Netz. Das ist kurz vor der Inbetriebnahme. Dann hätten wir schon einen Riesenanteil, der verschwinden würde. Das Kraftwerk in Wedel ist nach politischen Aussagen der Hansestadt Hamburg mit dem Jahr 2021/22 in der letzten Heizperiode. Ich hoffe, dass es so kommt. Das muss dann noch richtig beschlossen und vor allen Dingen auch umgesetzt werden. Auch das bedeutete ja neue Planungen und möglicherweise neue Klagen. Wir wissen alle, wie langwierig so etwas sein kann. Aber das wäre natürlich ein erheblicher Beitrag zum Klimaschutz.

Wedel ist das mit Abstand dreckigste Kraftwerk in Schleswig-Holstein, und es ist nur für Hamburg da. Es ist abgängig, wir brauchen es nicht mehr. Das Kraftwerk in Flensburg als drittes Kraftwerk ist dabei, seine Kohle durch Holzhackschnitzel zu ersetzen. Wenn also alles einigermaßen gut läuft, sind wir 2025, am besten sogar schon 2020 oder 2022, mit der Kohlekraftverstromung in Schleswig-Holstein durch.

Bleibt - das ist der Unterschied zum Bund - ein hoher Anteil aus der landwirtschaftlichen Produktion. Im Bund haben die Treibhausgasanteile aus der landwirtschaftlichen Produktion einen Anteil von 7 %, in Schleswig-Holstein sind es 20 %. Wir haben in Schleswig-Holstein einfach eine hohe Tierdichte. Nicht nur bei schlechtem Wetter und der Frage der Güllelagerung ist das ein Problem, sondern auch mit Blick auf die Treibhausgase. Im Ackerbau werden viele Kunstdüngermengen eingesetzt, die eben entsprechend in der Bilanz mit angerechnet werden.

Nun kann man auch da fragen: Ist es nicht eigentlich falsch, da auf die Kleinstaaterei zu gucken? Im Grunde produziert Schleswig-Holstein Weizen und - wenn Sie so wollen - Schweinefleisch und erneuerbaren Strom nicht nur für Schleswig-Holstein. Wenn wir alle Schweine selber essen würden, wünsche ich guten Appetit!

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

(Minister Dr. Robert Habeck)

Aber bilanziell ist es erst einmal in unserer Summe drin, genauso wie die erneuerbaren Energien auch.

Lange Rede, kurzer Sinn: Im Grunde müssen wir tun, was wir tun können. Das heißt, wir müssen 10 GW errichten, Offshore voranbringen und sehen, dass wir auch die intensive, immer industrieller werdende Produktion in der Landwirtschaft ein bisschen extensivieren und herunterholen. Andererseits sollten wir aufhören, zu kleinstaatlich und zu minimalistisch zu denken. Wir haben eine große gesellschaftliche Aufgabe. Da machen die Landesgrenzen das Denken manchmal nur schwerer. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es wird Sie sicherlich nicht überraschen, wenn ich feststelle, dass der Herr Minister die vereinbarte Redezeit um 3 Minuten 15 Sekunden überschritten hat. Diese Redezeit stünde jetzt theoretisch auch den Fraktionen jeweils zur Verfügung - Ich sehe aber nicht, dass davon eine Fraktion Gebrauch machen möchte.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer dem Antrag der SPD-Fraktion, Drucksache 19/369, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen kann es nicht geben. - Dann ist der Antrag mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der SPD-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP-Fraktion, den Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der AfD-Fraktion so angenommen.

(Vereinzelter Beifall der FDP)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Innovative Power-to-X-Lösungen unterstützen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/379

(Zurufe CDU)

- Herr Kollege Arp und andere Kolleginnen und Kollegen in der ersten Reihe der CDU-Fraktion, wir machen jetzt mit dem nächsten Tagesordnungspunkt weiter.

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Andreas Hein für die CDU-Fraktion.

Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir das internationale Klimaschutzziel erreichen und die Energiewende ernsthaft in die Wirklichkeit umsetzen wollen, müssen wir ganz konkret jede regenerativ erzeugte Energie nutzen. Dabei spielen zunehmend die variable Erzeugung, der unzureichende Netzausbau und mangelnden Flexibilitätsoptionen sowie die ungeklärte Frage nach kurz-, mittel- und langfristigen Speichern eine zentrale Rolle.

Schon heute müssen wir deshalb Erzeugungsanlagen bei zu hoher Produktion zeitweise abschalten. So wurden in 2015 circa 3.000 GW elektrische Energie in Schleswig-Holstein nicht erzeugt. Wir brauchen also energetische Konversionsverfahren und Langzeitspeicher, wenn die Energiewende funktionieren soll. Nur dann erreichen wir im Übrigen auch die öffentliche und gesellschaftliche Akzeptanz.

In den energieintensiven Sektoren Wärme und Mobilität ist der Anteil regenerativer Energien vergleichsweise gering. Hier braucht die Energiewende dringend neue Impulse und langfristig tragbare Lösungsansätze,

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

die gemeinsam mit der Energiewende und dem Stromsektor funktionieren. Unser Ziel ist es, durch den Einsatz von Power-to-X-Technologien den nächsten Teil der Energiewende einzuleiten und damit die Wirtschaftskraft des Landes nachhaltig zu stärken.

Wir wollen aber auch die Energiebranche im marktwirtschaftlichen Wettbewerb agieren sehen. Und das ist ja auch das besondere an Jamaika -: Ökonomie und Ökologie werden gleichbedeutend gelebt. Das ist gut so.

Jedoch sind die verschiedenen Marktbereiche und -sektoren derzeit durch verschiedenste Regularien unterschiedlich verfälscht, so dass ein fairer, sektorenübergreifender Wettbewerb nicht stattfinden kann.

Während bei den erneuerbaren Energien alles eingepreist wird - inklusive dem Rückbau - und eine CO2-neutrale Produktion stattfindet, werden fossile

(Minister Dr. Robert Habeck)

Energieträger trotz der CO2-Belastung subventioniert und bei nuklearen Energieträgern sogar mit einer Einmalzahlung von den Folgekosten der Endlagerung befreit.

Vielfältige Technologien zur Sektorenkopplung, Energiewandlung und -speicherung sind bereits erforscht und kleinteilig entwickelt. Für den wirkungsvollen Einsatz im Rahmen der Energiewende ist jedoch die großtechnische und systemtechnische Demonstration zwingend notwendig. Sie merken, meine Damen und Herren: Es braucht verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen, um die technologischen Möglichkeiten zu nutzen. Schleswig-Holstein kann bilanziell seinen Bedarf nahezu komplett aus erneuerbaren Energien decken. Das ist schon ein großer Erfolg.

Trotzdem haben wir, auch aufgrund von Abregelung durch Netzengpässe, mit die höchsten Stromkosten. Obwohl in vielfältiger Weise geforscht und entwickelt wird, ist insbesondere für die Mobilität auf dem Wasser und in der Luft derzeit noch wenig Alternative zur Verbrennungstechnologie in Sicht. In diesen Mobilitätssegmenten ist es daher notwendig, durch synthetische Kraftstoffe eine Dekarbonisierung zu erlangen.

Schleswig-Holstein ist ein Bundesland mit eigener fossiler Energieförderung. Die in dieser Branche tätige Industrie im Land, welche eine Vielzahl von Arbeitsplätzen im Land innehält, sollte nachhaltig bei dem anstehenden Strukturwandel mitgenommen werden. Die Energiewende und damit auch das Erreichen der Klimaschutzziele bedeuten, dass wir die erzeugte Energie im Land nutzen müssen. Mit dem Einsatz von Power-to-X-Technologien wollen wir diesen nächsten Schritt der Energiewende einleiten. Wir wollen damit die Wirtschaftskraft des Landes in diesem Bereich nachhaltig stärken. Das ist gut für unser Land. - Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall CDU, FDP und Bernd Voß [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Vielen Dank. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Thomas Hölck.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien, den Einstieg in eine nachhaltige Mobilität oder für die effiziente Nutzung von Strom und Wärme wird die Bedeutung von Energiespei

chern in der Zukunft deutlich zunehmen. Die Möglichkeiten zur Erzeugung erneuerbarer Energien sind hingegen bekannt. Hier geht es künftig mehr und Effizienzsteigerung, während bei der Speichertechnologie noch eine Menge von Forschungsarbeit notwendig sein wird, um die richtigen Lösungen zu finden.

Durch die Umwandlung, die Energie flexibel speichern zu können, ist es notwendig, die Speichertechnik fortzuentwickeln. Das ist deshalb eine Herausforderung in diesem Bereich, und deswegen muss die Forschung intensiviert werden. Es geht darum, das schwankende Angebot von Strom aus erneuerbaren Energieträgern in besser speicherbare Energieformen umzuwandeln. Für das Gelingen der Energiewende sind die einzelnen Anwendungsmöglichkeiten von Power-to-X-Lösungen mitentscheidend: Power-to-Heat, Power-to-Liquid, Power-toGas, Power-to-Mobility.

Für alle Varianten fehlt zurzeit noch die wirtschaftliche, standardisierte Anwendung. Das ist nicht neu, das diskutieren wir auch nicht zum ersten Mal hier im Plenum, sondern das diskutieren wir seit der Antragsserie von September dieses Jahres.

Sie haben im September einen Antrag mit der Überschrift vorgelegt: „Regulatorische Rahmenbedingungen für Sektorenkopplung und Energiespeicher anpassen“. Dann folgte ein Antrag: „Energiewende mit innovativen Technologien erfolgreich umsetzen“.

(Tobias Koch [CDU]: Klasse, nicht?)

Ganz nach dem Motto: Wenn man nichts beim Ausbau der Windenergie zustande bringt, dann produzieren wir wenigstens Papier.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Das haben Sie schon!)

- Allerdings lernt ja die Koalition auch hinzu, Herr Kollege Kumbartzky.