Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Das ist Ihr Vorwurf. - Ja, Sie machen sich ja diesen Vorwurf zu eigen.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Sie blenden dabei vollkommen aus, dass weniger als die Hälfte dieser Anlagen innerhalb der im ersten Entwurf vorgeschlagenen Vorranggebietskulisse liegen.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ein großer Teil der anderen Anträge liegt also an Standorten, die auch schon vor einigen Jahren zur Ablehnung geführt hätten.

Eine weitere Anforderung ist die Lage in Windeignungsgebieten aus der letzten Teilfortschreibung 2012. Dies erfüllen von den verbliebenen circa 290 nur noch knapp 100 Anträge, die überhaupt infrage kommen.

Genau so hätten Sie es beschlossen. Auch Sie hätten die 680 Anlagen doch nicht durchgewunken, wenn nur 100 in den richtigen Flächen liegen. - Sie beschweren sich doch, dass wir angeblich alles bremsten. Das ist nicht so.

Im Übrigen sind einige Anträge zurückgestellt worden, bis die Prüfaufträge aus dem Koalitionsvertrag abgearbeitet sind. Es verbleiben am Ende noch etwa 45 Anträge im Verfahren der Ausnahmeprüfung. Diese Zahlen hätten Sie einmal erfragen sollen, bevor Sie irgendwelche Positionen übernehmen oder uns irgendwelche Vorwürfe machen. Das sind die Fakten.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Was ist denn nun?)

- Ich bin gleich am Ende meiner Redezeit.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Ich bin argumentativ noch lange nicht am Ende. In diesem Jahr gab es 30 neue Anträge. Der Grund dafür, dass es weniger sind als im Vorjahr, ist das neue EEG. Wer hat es gemacht? - Die SPD hat es gemacht. Schönen Dank auch!

Ein „Weiter so!“, wie Sie es wollen, machen wir definitiv nicht mit. Wir machen es anders: Sektorenkopplung, Netzausbau, Offshore-Ausbau, bürgerfreundliche Regionalpläne Wind sind die richtigen Schlüssel. Sie haben den Schlüssel offenbar verloren.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Bevor wir mit dem nächsten Redner fortfahren, begrüßen Sie mit mir neue Gäste auf der Besuchertribüne Marineoffiziere der Crew 458 mit Damen aus Kiel, Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter aus dem Rathaus Lübeck sowie Mitglieder und Gäste des Flensburger Kreisverbandes von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Jörg Nobis das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion hat nichts, aber auch gar nichts Innovatives zu bieten. Die Genossen haben lediglich einige Passa

(Oliver Kumbartzky)

gen aus dem Gesetz zur Energiewende und zum Klimaschutz in Schleswig-Holstein vom 7. März 2017 in ihren Antrag kopiert. Diejenigen in diesem Haus, die schon länger hier sitzen, werden sich erinnern. Ich frage mich wirklich, was das soll. Sie beantragen heute im Kern, dass der Landtag beschließen möge, dass sich die Landesregierung doch bitte schön konsequent an beschlossene Gesetze halte.

Liebe Genossinnen und Genossen, auf diese reinen Redezeitbeschaffungsmaßnahmen können wir wirklich gern verzichten. Deswegen fasse ich mich kurz und darf Sie zum wiederholten Male auffordern: Kümmern Sie sich endlich um die wirklichen Probleme im Land, anstatt das Parlament mit derartigen Scheindebatten zu belasten!

Inhaltlich ist zu Ihrem Antrag nicht viel zu sagen. Ihre Forderung ist ja bereits Gesetzeslage. Natürlich ist es die Pflicht der Landesregierung, geltende Gesetze umzusetzen. Da würden wir uns an der einen oder anderen Stelle zwar durchaus mehr Konsequenz wünschen. Im Bereich des sogenannten Klimaschutzes haben wir aber nicht die Befürchtung, dass Ihr ehemaliger Koalitionspartner, die Grünen, hier auf einmal eine Kehrtwende hinlegen sollte. Wenn es darum geht, eine Energiepolitik mit möglichst ideologischem Ballast zu fahren, war auf die Grünen schon immer Verlass.

(Beifall AfD)

Wir diskutieren jederzeit gern über die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Aspekte im Rahmen eines vernünftigen Energiemixes.

Liebe Genossinnen und Genossen, Ihr Antrag ist so überflüssig und dünn, dass wir ihn sowohl in der Sache ablehnen als auch eine Weiterberatung in den Ausschüssen für entbehrlich halten. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD] - Weitere Zurufe)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Kollege Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit, sich an geltendes Recht zu halten. Daher könnte man sich schon die Frage stellen, warum die SPD hier einen Antrag eingebracht hat, in dem sie Teile von § 3 des schleswig-holsteini

schen Energiewende- und Klimaschutzgesetzes aufführt und die Landesregierung auffordert, die genannten Ziele in Schleswig-Holstein konsequent umzusetzen. Wie gesagt, eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein.

(Beifall SSW, CDU und AfD)

In § 3 des Gesetzes werden die Klimaschutzziele und Grundsätze aufgeführt. Es ist quasi eine Selbstverpflichtung des Landes, um damit auch nationalen und internationalen Verpflichtungen gerecht zu werden und nachzukommen. Damit leistet Schleswig-Holstein seinen Beitrag zum weltweiten Klimaschutz, das ist gut so, und darum haben wir als Küstenkoalition seinerzeit das Gesetz auf den Weg gebracht.

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen, vor denen wir stehen. Darum hat die SPD auch recht, wenn sie fordert, dass wir als Land diese Ziele und deren Umsetzung konsequent fortsetzen.

(Beifall SPD)

Wir wissen aus Erfahrung, wie schnell politische Ziele aus den Augen verloren werden können. Das darf uns nicht passieren, denn es steht sehr viel auf dem Spiel.

(Beifall SSW und SPD)

Die Klimasituation spitzt sich zu und diktiert uns ein schnelles und konsequentes Umsteuern. Dies haben mittlerweile immer mehr Bundesländer erkannt und ihre eigene Klimaschutzgesetzgebung auf den Weg gebracht, genauso wie wir es getan haben. Das ist auch gut so, denn ein bundesrechtliches Klimaschutzgesetz vermissen wir leider immer noch. Es gibt auf Bundesebene zwar Zielsetzungen und Grundsätze bezüglich der Energiepolitik und des Klimaschutzes, aber es fehlt die rechtlich verbindliche Festlegung. Das ist ganz einfach zu wenig. Deutschland hat sich Klimaziele gesetzt, und die müssen erfüllt werden. Wir brauchen nicht länger Bekenntnisse, wir brauchen politisches Handeln. Da können wir nur hoffen, dass sich nach einer Regierungsfindung in Berlin - egal ob GroKo, KoKo oder Jamaika - in dem Bereich etwas tut. Die Politik der ruhigen Hand muss endlich vorbei sein.

Eine verbindliche Umsetzung der bundesweiten energie- und klimapolitischen Ziele hätte durchaus Vorteile für Schleswig-Holstein. Wenn dadurch die Geschwindigkeit des Ausbaus der erneuerbaren Energien sowie der Netzausbau fossiert würden, der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen verbindlich festgelegt würde oder die Energiebesteuerung

(Jörg Nobis)

modernisiert würde - um hier nur einige Dinge zu nennen -, sehe ich darin Vorteile für SchleswigHolstein. Ich möchte nur an die Debatten erinnern, die wir hier geführt haben, weil wir als Land Schleswig-Holstein bei der Energiepolitik immer wieder ausgebremst wurden. Deshalb muss der Bund hier endlich seine Hausaufgaben machen; dort liegt die Hauptverantwortung.

Wir haben als Küstenkoalition vieles in die Wege geleitet, um unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, unter anderem mit dem Energiewende- und Klimaschutzgesetz. Damit haben wir unsere Vorbildfunktion als Land ohne Wenn und Aber wahrgenommen. Wenn wir heute dem Antrag der SPD zustimmen, bestätigen wir damit, dass wir seinerzeit ein unheimlich gutes Gesetz gemacht haben. Jo tak.

(Beifall SSW und SPD)

Vielen Dank. - Ich erteile nun für die Landesregierung dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Dr. Robert Habeck, das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, für die Landesregierung ein paar Anmerkungen zu der Debatte, den energiepolitischen Zielen und dem Zielerreichungsgrad zu machen. Es ist durchaus interessant, darauf zu schauen. Wir haben, wie hier mehrfach gesagt wurde, die Aufgabe, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 % zu reduzieren. Wir haben minus 25 % geschafft gegenüber dem Referenzwert aus dem Jahr 1990. Der Bund hat schon minus 29 % erreicht. Wir sind erstaunlicherweise schlechter als der Bund. Sind wir deswegen schlechter bei den erneuerbaren Energien? - Nein, das kann man nicht sagen; ich werde das gleich noch ausführen. Es ist durchaus spannend zu sehen, wo das Problem liegt.

Die erneuerbaren Energien und der Ausbau sind kein Problem. Schleswig-Holstein verbraucht ungefähr 15 TWh. 2012, am Beginn der letzten Legislaturperiode, hatten wir eine Produktion von 10 TWh, 2016 waren es 19 TWh, und im letzten Jahr haben wir nach den ersten Schätzungen 24 TWh erneuerbaren Strom in Schleswig-Holstein produziert. Das ist Zweidrittel der Menge, die im Koalitionsvertrag und im Klimaschutzgesetz für 2025 vereinbart wurde. Da sollen 37 TWh erreicht werden. Zweidrittel

ist also schon erreicht worden. Das ist durchaus eine beachtliche Zahl. Das bedeutet, dass wir im letzten Jahr in Schleswig-Holstein ungefähr 150 % des eigenen Strombedarfs erreicht haben.

Bezogen auf die Gesamtregion Hamburg und Schleswig-Holstein sind es allerdings nur 70 %. Würde man Hamburg und Schleswig-Holstein gemeinsam betrachten, würden wir das Ziel von 100 % Anfang der 20er-Jahre erreichen. Meiner Ansicht nach macht es durchaus Sinn, diese Region als gesamte zu sehen. Stellen Sie sich Dänemark ohne Kopenhagen vor oder Bayern ohne München. Da sind die großen Stromverbräuche. Wir haben das Pech oder das Glück - je nachdem, wie man es sieht -, dass wir die Metropole Hamburg nicht im eigenen Bundesland haben.

Es macht aber durchaus Sinn, nicht in zu kleinen staatlichen Einheiten zu denken. Also: 24 von 37 zu erzielenden Terrawattstunden im letzten Jahr. Die 37 zu erzielenden Terrawattstunden werden mit ungefähr 10 GW Ausbau installierter Leistung an Land erreicht. 6,3 GW davon haben wir. Das ist die Debatte über die Ausweisung der Windenergieziele und -pläne.

Es ist einfach schlicht und ergreifend zuzugeben, dass 6.500 Einwendungen eine ganze Menge sind. Ich kann sagen, dass ein Großteil der Einwendungen im Umweltministerium bearbeitet wird, weil viele Anträge - wahrscheinlich zwei Drittel oder sogar drei Viertel - natur- oder artenschutzrechtliche Einwendungen und Anträge sind. Ich kann Ihnen versichern, dass meine Leute mit Hochdruck daran sitzen und auch nicht schlampen. Sie würden genauso schnell oder - wenn Sie wollen - genauso sorgfältig oder auch langsam arbeiten, wenn wir eine andere Regierung hätten. Das ist ein objektiver Vorgang, der abgearbeitet werden muss. Da spielt die Regierungsfarbe überhaupt keine Rolle.

Was sich geändert hat, ist in der Tat die Vorgabe im Koalitionsvertrag, nämlich noch einmal zu prüfen, ob die Abstände nicht von 400 m auf 500 m im Außenbereich und von 800 m auf 1.000 m in geschlossenen Siedlungen erhöht werden können. Dazu hat Thomas Hölck dankenswerterweise gesagt, dass die SPD dann mit dabei ist, wenn es denn möglich ist. Nun, dieses, wenn es denn möglich ist, macht genau das Problem aus. Denn im Moment werden keine Ausnahmegenehmigungen erteilt.

Wenn man es also hart gegen das Licht hält, ist das Problem nicht die Abarbeitung der vielen Anträge. Das sind zwar viele, aber das ist im Grunde unpolitisch. Politisch ist in der Tat, dass durch den Koali