Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

- Allerdings lernt ja die Koalition auch hinzu, Herr Kollege Kumbartzky.

(Zurufe SPD)

Beim ersten Antrag aus dieser Serie wurde die Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen im Rahmen der Sektorenkopplung für die Pumpspeicherkraftwerke gefordert. Heute hat die schwarze Ampel wenigstens immerhin die Technologieoffenheit erkannt. Meine Argumente helfen also doch.

(Vereinzelter Beifall SPD - Oliver Kum- bartzky [FDP]: Ja! - Martin Habersaat [SPD]: Daran hatten wir nie einen Zweifel! - Weite- re Zurufe FDP)

(Andreas Hein)

Man bekommt den Eindruck: Das Bindeglied in der Energiepolitik dieser Koalition sind scheinbar innovative Anträge zur Energiewende. Das liest sich zunächst gut. Bei genauerer Betrachtung erkennt man wieder einmal die Gefahren und Unzulänglichkeiten dieser Anträge.

Um dieses fragile Koalitionskonstrukt im Bereich der Energiewende irgendwie zusammenzuhalten, wird nun ganz, ganz vorsichtig formuliert.

Zitat aus dem Antrag:

„Um einen fairen Wettbewerb zu erreichen, müssen zügig verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Solche Maßnahmen für mehr wirksamen Wettbewerb in der erneuerbaren Energiewirtschaft können sein: …“

- „Maßnahmen … können sein“, also unverbindlicher geht es nun wirklich nicht mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition. Entweder ist man der Auffassung, die Maßnahmen sind wirtschaftlich oder nicht, aber „können sein“ ist nun wirklich das Allerletzte, was man in so einen Antrag hineinschreibt.

Weil aber so Vieles unverbindlich ist,

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Ach, da stimmen Sie zu?)

ist dieser Antrag inhaltlich auch so gefährlich. Durch das gezielte Absenken von staatlich reduzierten Strompreisbestandteilen wird mehr Wettbewerb gefordert. Welche Bestandteile meinen Sie denn? Welche sollen denn wegfallen? Etwa die Einspeisevergütung? So, wie es die FDP in ihrem Wahlprogramm stehen hat, ist es das? Ist es nicht richtig, dass die Förderung erneuerbarer Energien durch das EEG gerade den Wettbewerb für den Strommarkt stärkt? Stadtwerke, Unternehmen, Privatpersonen bekommen doch mit ihrem Kraftwerken die Möglichkeit des Einstiegs in den Strommarkt und bilden so ein Gegengewicht zu den Konzernen.

Ich frage mich, Kollege Voß: Wie kann eine grüne Partei so einen Satz, so eine Forderung, mit unterschreiben?

(Vereinzelter Beifall SPD)

Zu einem wirklich fairen Wettbewerb würde doch gehören, dass Schadstoffe, die bei der Energieerzeugung anfallen, wie bei den Kohlekraftwerken, in den Strompreis eingepreist werden müssen.

Allein diese undefinierte Forderung nach einem gezielten Absenken von staatlich reduzierten Strom

preisanteilen macht es uns unmöglich, diesem Antrag zuzustimmen. Alles Weitere zu diesem Thema habe ich bereits in meinen Reden in den letzten Debatten schon ausgeführt. Wir beantragen die Überweisung dieses Antrags in den Ausschuss. Dann können wir im Ausschuss gern noch einmal über die einzelnen Inhalte diskutieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Vielen Dank. - Der gerade eben schon angekündigte Kollege Voß hat nun das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jenseits der viele hier im Haus nervenden Hängepartie bei der Windenergieplanung und bei der Umsetzung der Windpläne haben wir hier einen Antrag vorgelegt, der einen Baustein aufzeigt, bei dem wir vorankommen müssen.

Herr Hölck, vielleicht gleich zu Anfang, wenn ich auf Ihre Frage antworten darf, was sich die Grünen dabei gedacht haben, die Strompreisbestandteile infrage zu stellen: Sie wissen ja auch, dass etwa drei Viertel dessen, was als Strompreis heute bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern draußen in den Haushalten ankommt, aus Netzentgelten, EEGUmlage, Stromsteuer und Co besteht. Sie wissen auch, dass wir hoffentlich alle bei den Netzentgelten dran sind. Ganz, ganz langsam wird da ja etwas passieren.

Sie wissen auch, dass wir eine intensive Diskussion über die EEG-Umlage brauchen und darüber, wer die EEG-Umlage bezahlt. Das muss auf neue Beine gestellt werden.

Es ist exakt wieder der Kollege Gabriel gewesen der Noch-Außenminister -, der als Wirtschaftsminister an dieser Stelle immer und immer wieder Dinge eingebaut hat wie hier diesen Merit-Order-Effekt, der zu den hohen EEG-Umlagen geführt hat.

Mit 114 % Selbstversorgungsgrad aus erneuerbaren Energien im Stromsektor stand Schleswig-Holstein 2015 an der Spitze im Ranking der Bundesländer. 2016 waren es bereits 122 %.

Mit der Stromwende haben wir die erste Klippe der Energiewende bereits erfolgreich erklommen. Die nächsten Stufen in den Bereichen Industrie, Wärme und Verkehr werden anspruchsvoller. Es wird nicht

(Thomas Hölck)

einfacher. Das merken wir. Auch wenn die direkte Nutzung des Stroms effizienter ist als über Umwandlungsprozesse, werden Wärmepumpen und Elektroautos die Energiewende nicht allein wuppen können. Von daher kommen wir dazu, das ist bei Abwärmenutzung auch sinnvoll, dass wir andere Technologien in diesem Bereich einsetzen müssen.

Power-to-X ist das Stichwort. Sie haben bereits aufgeführt, was alles unter Power-to-X fällt. Daher wollen wir die Technologien auch in den Fokus nehmen, erforschen und erproben, die bisher noch nicht die Chance hatten, von den Skaleneffekten zu profitieren. Die Wasserstofftechnologie bietet hierfür eine interessante Chance. Diese Technologie kann man besonders gut dadurch beschreiben, indem man beschreibt, was sie nicht ist: Sie ist nicht toxisch, sie ist nicht grundwassergefährdend, sie ist nicht klimaschädlich und nicht karzinogen. Es ist lagerfähig und als Grundstoff auch in der chemischen Industrie zu verwenden.

Für grünen Wasserstoff gibt es zahlreiche Einsatzgebiete. Sie wissen, gegenüber dem braunen Wasserstoff sparen wir pro Kilogramm Wasserstoff 11 kg CO2.

In Nord-Niedersachsen gehen Anfang 2018 die ersten Brennstoffzellenzüge in den Pilotbetrieb. Beim Blick über die Elbe kann man sie sehen. Auch in Schleswig-Holstein werden Fahrzeuge für den SPNV im Dieselnetz mit klaren Emissionsvorgaben, jedoch technologieoffen ausgeschrieben. Wasserstoff hat hier eine große Chance, das Rennen zu machen. In Hamburg sind die ersten Busse mit Brennstoffzellen im Einsatz, und im kommenden Jahr sollen die ersten Wasserstoff-Tankstellen im Raum Flensburg, Brunsbüttel und anderswo hier im Land in Betrieb gehen.

Aber Power-to-X kann erheblich mehr als nur Wasserstoff. Durch die Einspeisung von Wasserstoff oder Methan erfolgt noch einmal ein Energieverlust, ich weiß, aber wir haben dadurch neue Qualitäten. Ein Beispiel ist die Verbrennung im Bereich der Schifffahrt. Die Schiffe müssen sauberer werden. Wir können dies durch erneuerbares LNG erreichen. Mit Hilfe von Power-to-X-Technologien lassen sich fossile Energieträger bei der Herstellung von Synthesegas, Kraftstoffen oder Kunststoffen ersetzen. Wenn ich das einfach sagen soll: Das ist zwar aufwendig, aber ein Großflugzeug fliegt nun einmal nicht mit einem Akku.

Mittelständische Pioniere sind auch bei uns im Land vorangegangen. Man stellt sich immer wieder die Frage: Warum sind wir noch nicht weiter? Da

bei sind wir exakt bei den Punkten, an denen es hakt: Wir hatten mit der letzten und der vorletzten Bundesregierung eine Regierung, die die Energiewende schlicht und einfach verschlafen hat und die die regulatorischen Rahmen nicht vorangebracht hat. Ich nenne nur die staatlich induzierten Preisbestandteile im Strombereich und regenerativ gewonnenen Kraftstoff für die Emissionsziele im Verkehrsbereich.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Alternativ könnte mit einem CO2-Preis ein klares Marktsignal für die Energiewende in allen Bereichen gesetzt werden. Damit sich dieser Markt aber entwickelt, bedarf es entsprechender Rahmenbedingungen. Mit diesem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, die Entwicklung, den Wettbewerb und den Markt für die nächsten Schritte der Energiewende wie bisher weiter erfolgreich zu unterstützen. Darum bitten wir um Zustimmung zu dem Antrag. Vielleicht überlegt sich der Kollege Hölck das auch noch einmal. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun für die FDP-Fraktion Herr Abgeordneter Oliver Kumbartzky.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sagte es bereits eben in der Debatte zu den Energiewende- und Klimaschutzzielen: Ein zentraler Baustein zur Erreichung dieser Ziele ist die Sektorenkopplung. Wir haben dazu in unserem Antrag mehrere gute Punkte aufgeführt. Ich bin wirklich zutiefst erschüttert darüber, dass Sie dem Antrag nicht zustimmen wollen.

(Zurufe SPD)

- Wenn ich in so ein sympathisches Gesicht wie das Ihre sehe, Frau Redmann, bin ich voller Freude.

(Zurufe - Heiterkeit)

Also, ich möchte wirklich noch einmal an Sie appellieren, diesem guten Antrag zuzustimmen. Wir haben eben auch Ihrem Antrag zugestimmt. Ich appelliere an Ihre energiepolitische Vernunft, jetzt auch unserem Antrag zuzustimmen.

(Die Lampen im Saal werden heller - Zurufe)

(Bernd Voß)

- Es werde Licht, meine Damen und Herren. Genau, das ist die Fortsetzung Ihres Antrags. Es ist die konkrete Umsetzung dessen, wie man die von Ihnen gewollten Ziele erreicht.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine Damen und Herren, die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen sind für uns verbindliche Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Energiepolitik. Es ist auch kein Geheimnis, dass sich die FDP seit Jahrzehnten für einen effizienten, weltweit bindenden Emissionshandel als geeignetes marktwirtschaftliches und technologieneutrales Steuerungsinstrument zur Reduktion der CO2-Emissionen einsetzt. Schließlich ist der Emissionshandel das Leitinstrument zur Sicherung des Klimaschutzes. Von dem Zertifikatehandel profitieren emissionsarme Verfahren der Energieumwandlung. Höhere Kosten kommen auf Technologien mit hohen Emissionen zu. Dadurch erfolgt über den Emissionshandel auch eine indirekte Förderung der erneuerbaren Energieträger. Das Ziel, den europäischen Emissionshandel in ein entsprechendes globales Konzept zu integrieren, auf weitere Sektoren auszuweiten und mit den neu entstehenden Emissionshandelssystemen außerhalb der EU zu verknüpfen, muss im Sinne eines glaubwürdigen Klimaschutzes aus unserer Sicht unbedingt weiterverfolgt werden.

(Beifall FDP und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Energiewende im Bereich Wärme und Verkehr braucht neue Impulse und langfristig tragbare Lösungsansätze. Die haben wir in unserem Antrag auch definiert. Um mit dem Einsatz von Power-to-X-Technologien den nächsten Schritt der Energiewende einzuleiten, sind, wie schon erwähnt, regulatorische Hemmnisse wie Doppelbesteuerungen und doppelte Abgaben endlich konsequent abzubauen. Ich denke, das ist auch Konsens in diesem Hause. Es ist auch gut und richtig, dass die Landesregierung dies durch eine Bundesratsinitiative erreichen will.

Es bedarf natürlich auch einer sinnvollen Förderung innovativer Demonstrationsvorhaben zur Sektorenkopplung. Dabei spielen neben den Förderprogrammen des Bundes auch die im Land bestehenden Fördermöglichkeiten mit EFRE- und Landesmitteln eine wichtige Rolle. Diese werden wir, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, beibehalten und bei Bedarf anpassen.