Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

Man sehe einmal nach München. München hat das beste Personennahverkehrssystem in Deutschland. Warum? - Weil die Stadt einmal die Olympischen Spiele ausgerichtet hat. Davon profitieren die über 40 Jahre später immer noch. Leider ist es nun so.

Wir brauchen die S 4, und die S 21 ist, soweit ich weiß, auf gutem Weg. Man darf beides nicht miteinander verbinden. Das eine ist ein Projekt, das in der Zukunft kommt, das andere wird jetzt in der

(Hans-Jörn Arp)

Gegenwart realisiert und hat unsere volle Unterstützung.

Herr Kollege Vogel hat wenig Gutes hier im Landtag gesagt, heute war es bei der Frage der mangelnden Information der Pendler einmal anders. Das war vollkommen richtig, lieber Kollege Vogel.

(Zurufe SPD)

Es ist für die Pendler unerträglich, wenn sie in Hamburg sind oder sich in einem stehenden Zug befinden und nicht informiert werden, warum es nicht weitergeht oder wann es weitergeht. Da sollte man sich der Pendlerinitiative anschließen. Das ist nicht Aufgabe der Politik, sondern im Wesentlichen Aufgabe der Betreiber nordbahn und DB Regio, die ein größeres Interesse daran haben müssten, dass die Zuggäste besser informiert werden. Da unterstütze ich Sie, vielleicht bekommen wir es in irgendeiner Form zusammen hin, dass wir bei den Gesprächen, die wir regelmäßig mit der Bahn führen, darauf hinweisen. Da sagt die Bahn: Das ist nicht unser Problem, wenn die nordbahn nicht fährt. Das werden wir nicht bekannt geben. - Da wäre es schon schön, wenn man ein bisschen miteinander kooperieren würde.

Herr Kollege Schnurrbusch, zu den Fragen, die Sie haben, kann ich Ihnen nur den Tipp geben, einmal in den Beirat von SH.NAH zu gehen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: NAH.SH!)

- NAH.SH, genau, in der Reihenfolge. Es ist aber egal, Sie wissen ja, was ich meine. In diesem Beirat werden alle Abgeordneten umfänglich informiert. Da braucht man nicht im Landtag Berichte anzufordern. Das gibt es heute schon. Deshalb: Verlassen Sie sich drauf.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Gut!)

Dann sind wir bei der Frage der winterfesten Infrastruktur. Ich finde es etwas merkwürdig, was sich in den letzten Jahren getan hat. Der Kollege Flemming Meyer und ich sind ja etwas älter, das sieht man uns auch an. Wir können uns erinnern: Es hat in Schleswig-Holstein schon immer einen Winter, Stürme und Schneefall gegeben. Es hat aber noch nie so viele Ausfälle wie jetzt gegeben. Das muss in irgendeinem komischen Zusammenhang stehen, den man nicht erklären kann. Mir kann auch keiner erklären, warum in Schleswig-Holstein die Züge nicht fahren, wenn es in Niedersachsen schneit oder stürmt. Dieser Zusammenhang ist für mich nicht logisch.

(Beifall FDP und SSW)

Da hat die Bahn den großen Auftrag, uns besser zu informieren. Sicherlich muss man auch bei der Anpflanzung neuer Wälder darauf achten, dass sie einen genügend großen Abstand zur Trasse haben. Man muss die Trasse so herrichten, dass sie winterfest und eigentlich bei jedem Wetter befahrbar ist. Die Ausfälle in den letzten zwei Jahren kann man so nicht akzeptieren. Da ist die Bahn in der Bringschuld.

Wir haben hier vier Punkte. Ich komme jetzt zum nächsten Thema, dem zweigleisigen Ausbau von Niebüll bis Klanxbüll. Der ist im Bundesverkehrswegeplan enthalten. Das ist auch keine Frage. Anders als der Kollege Vogel sagen wir nicht: Wenn ihr Niebüll kriegt, kriegt ihr Elmshorn nicht, oder wenn ihr Elmshorn kriegt, kriegt ihr Brunsbüttel nicht. Für uns sind alle drei Maßnahmen gleich wichtig.

Wir machen es wie auf der Straße: Wo wir mit der Planung fertig sind, werden wir an den Bund herantreten und die Finanzierung machen. Wir werden aber nicht Elmshorn gegen Klanxbüll ausspielen.

(Zurufe SPD)

Das kann nicht die Botschaft hier und heute sein.

(Beifall CDU und FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Vogel?

Gern, aber er soll daran denken, dass ich ihn gerade eben erst gelobt habe.

Werter Herr Kollege Arp: Sie sprachen über die Schienenverbindung Niebüll-Klanxbüll. Ich hatte in meiner Rede Bezug auf die Schienenverbindung MorsumWesterland genommen. Das ist mir insbesondere deshalb wichtig, weil sie im Augenblick noch nicht im Bundesverkehrswegeplan enthalten ist. Es ist nicht möglich, das einfach so zu realisieren, weil Projekte nicht einfach so in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden können. Deswegen die Frage: Wären Sie bereit, das aus Regionalisierungsmitteln zu finanzieren? - Anders wäre es ja nicht möglich. Das war der einzige Bezug, den ich zum dritten Gleis hergestellt habe.

- Okay, Sie haben also nichts gegen Niebüll-Klanxbüll und nichts dagegen, dass Brunsbüttel und

(Hans-Jörn Arp)

Elmshorn auch möglichst gleichzeitig ausgebaut werden. Dann sind wir uns da einig.

(Zuruf SPD: Ja!)

Bei Westerland-Morsum ist die Situation eine andere. Das ist nicht im Bundesverkehrswegeplan.

(Kai Vogel [SPD]: Genau!)

Sie wissen selbst - da können Sie einmal den Kollegen Dr. Tietze fragen, der kennt sich da sehr gut aus -, dass es gar nicht so einfach ist, da zweigleisig zu bauen. Es ist ein urbanes, dicht bebautes Gebiet. Es ist alles sehr eng. Wer auf Sylt Land hat, verkauft es nicht gern. Da muss man mehr tun als zu sagen, wir machen das wie zwischen Klanxbüll und Niebüll. Da muss man ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl haben.

Sicherlich ist aber richtig, dass wir an die Planung herangehen. Da gibt es immer mal wieder vom Bund Konjunkturprogramme. Das wissen Sie, Sie sind lang genug dabei. Es gibt dann zusätzliche finanzielle Mittel, die man einsetzen kann. Ich bin heute nicht bereit zu sagen, es solle aus Regionalisierungsmitteln oder ausschließlich vom Bund oder vom Betreiber bezahlt werden.

Ich muss selber aber auch sagen: Man muss die Situation auf der Insel sehen. Die Arbeitnehmer, für die Sie sich ja gern einsetzen, können sich ein Haus oder eine Wohnung auf Sylt nicht mehr leisten. Die müssen pendeln, wenn sie zur Arbeit wollen. Die Situation muss verbessert werden. Wir können nicht sagen: Wir lassen es so, wie es ist. - Wir müssen denen schon eine Perspektive geben und ihnen sagen: Wir haben eure Probleme erkannt. Wenn Sie heute schon die Lösung haben können, muss ich Ihnen sagen: Sie haben die letzten fünf Jahre mit Minister Meyer gepennt. Wenn es so einfach wäre, eine Lösung zu finden, hätten Sie sie ja schon haben können.

(Beifall Johannes Callsen [CDU])

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen?

Herr Kollege Arp, da würde ich Sie sehr gern beim Wort nehmen, weil die Begrifflichkeit in Ihrem Antrag ja lautet „Zügiger zweigleisiger Ausbau der Marsch

bahn“. Spricht es aus Ihrer Sicht für einen zügigen Ausbau der Strecke Klanxbüll-Westerland, wenn die Planung zwar vollzogen wird, man dann aber hofft, dass irgendwelche Konjunkturprogramme irgendwann einmal kommen, weil es nicht im Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden kann? Ist das Ihre Vorstellung von zügigem Ausbau?

- Der zügige Ausbau betrifft zunächst einmal die drei Maßnahmen, die wir im Bundesverkehrswegeplan haben: Dreigleisigkeit Elmshorn, Brunsbüttel anbinden und den zweigleisigen Ausbau KlanxbüllNiebüll. Unabhängig davon bleibt das Problem auf der Insel immer noch bestehen. Da liegt es jetzt daran, Lösungen zu finden. Wenn wir Lösungen haben, müssen wir die Finanzierung sicherstellen. Wir können nicht erst über die Finanzierung reden, ohne dass wir wissen, wie wir eine Lösung des Problems bewerkstelligen können. Das heißt bei uns zügiger Ausbau.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Es gibt auf der Schiene und der Straße viel zu tun. Wir packen es an, deshalb sind wir gewählt worden. Sie sind abgewählt worden, und zwar unter anderem aus einem Grund: wegen der schlechten Infrastruktur, weil man Ihnen und insbesondere Ihrem Minister Meyer nicht zugetraut hat, dass er die Probleme lösen kann, die die Menschen jeden Tag auf der Straße und in den Zügen erleben. Wir sind gewählt worden und in der Pflicht. Wir werden das umsetzen, warten Sie es ab. Wir setzen es um, und dann werden die Menschen zufrieden sein, denn die haben es verdient. Sie sind die Leistungsträger der Gesellschaft und fahren jeden Tag zur Arbeit. Die müssen wir weiterhin schützen. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, FDP und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun der Abgeordnete Andreas Tietze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eine kleine Vorbemerkung machen. Die Mobilität ist im Wandel. Immer mehr Menschen, junge Familien und Erwachsene, setzen auf den Umweltverbund von Zug, Bus und Fahrrad - auf dem Weg zur Arbeit, zur Familie, in der Frei

(Hans-Jörn Arp)

zeit und im Urlaub. Das heißt, wir nehmen wahr, dass die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs für die Menschen steigt.

Gleichzeitig haben wir in Deutschland eine Situation, die man schon sehr ungewöhnlich nennen kann. Ich möchte einmal sagen: Das ist hausgemacht. Es war Herr Mehdorn als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn, der mit einem Sanierungskonzept auf der einen Seite und auf der anderen Seite mit einem Investitionsprojekt die schnellen ICE-Strecken gefördert hat. Das Brot-und-Butter-Geschäft in unserer Gesellschaft ist aber der Nahverkehr, mit dem sind die meisten Menschen unterwegs.

Wir sehen auf der einen Seite, dass jetzt eine Strecke mit Milliarden Euro zwischen Berlin und München gebaut wird,

(Beate Raudies [SPD]: Eine Bahnstrecke!)

dann funktioniert sie aber nicht. Auf der anderen Seite erleben wir im Großen wie im Kleinen immer wiederkehrende Probleme, wie beispielsweise mangelndes Krisenmanagement, mangelndes Baustellenmanagement und null Informationen. Niemand ist am Ende für die Misere der Menschen verantwortlich, die davon betroffen sind.

Dieses Thema betrifft uns auch hier in SchleswigHolstein. Verspätungen, Zugausfälle, verschmutzte und veraltete Züge und Bahnhöfe: Ich dachte, das gehört zur Vergangenheit und wir hätten das durch eine intelligente - in diesem Haus übrigens von allen Fraktionen auch mitgetragene - Qualitätspolitik, die Ausschreibung der Strecken, überwunden. Das Gegenteil ist leider der Fall.

Jeder kennt die Bilder, kennt die Frustration. Gerade bei mir vor der Haustür geht es mir genauso wie den anderen Menschen: Genug ist genug, die Nerven liegen blank! In keiner anderen Situation wird den Menschen auf der Insel Sylt so bewusst - das können Sie sich vielleicht vorstellen -, wie abhängig sie von dieser Schiene wirklich sind. Die Insel hat keine Alternative, die Nabelschnur für die Versorgung ist die Schiene.

Sylt hat im Jahr etwa 1 Milliarde € Bruttoumsatz und Wertschöpfung. Etwa 65.000 Arbeitsplätze auf der Insel und in der gesamten Peripherie bei uns im Norden hängen von der Insel Sylt ab. Sie müssen sich das einmal so vorstellen: Sie haben eine große Industrieregion - ich komme aus einer Industrieregion -, und dann wird diese Industrieregion nur mit einem Fahrradweg oder einer kleinen Stichstraße versorgt. Ich glaube, da würde es in allen Län

dern und Regierungen einen Ausnahmezustand geben.