Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

(Wolfgang Baasch [SPD]: Dann stimmt doch zu! - Weitere Zurufe SPD)

- Frau Abgeordnete, Sie wollen sich hier enthalten. Sie müssten einmal Farbe bekennen. Sie sind gefragt, einmal etwas dazu zu sagen, nicht nur die anderen.

(Sandra Redmann [SPD]: Das ist doch lä- cherlich!)

Ich will aber kein Hehl daraus machen, Frau Abgeordnete, dass mich auch die Argumentation meines Koalitionspartners an bestimmten Stellen nicht überzeugt.

Lieber Kollege Rasmus Andresen, Sie argumentieren, CETA schaffe Sonderrechte für Konzerne oder beschneide demokratische Entscheidungsspielräume. Lassen Sie mich an dieser Stelle sehr deutlich sagen: Ich kann das nicht erkennen.

(Birte Pauls [SPD]: Sie werden sich enthal- ten, und dann?)

- Frau Kollegin, wenn Sie nicht an sich halten können, dann gehen Sie doch vor die Tür und lassen Sie Ihrem Wortschwall freien Lauf.

(Heiterkeit und Beifall CDU - Zurufe SPD)

Ich möchte mich in einer bestimmten Atmosphäre wenigstens mit dem Kollegen aus der Koalitionsfraktion argumentativ auseinandersetzen.

Schiedsgerichte können grundsätzlich nur Schadenersatz zusprechen, das ist im CETA-Abkommen geregelt.

(Zuruf Birte Pauls [SPD])

Sie können keine Gesetze aufheben. Es sind einzelne EU-Länder und nicht die Kanadier gewesen, die dies im Abkommen haben wollten. Der Schutz kanadischer Investoren bleibt nach den materiellen Investitionsbestimmungen von CETA sogar hinter

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

dem Schutz von Investoren nach deutschem Verfassungsrecht zurück. Mit CETA werden Investitionsschutzbestimmungen so geregelt, dass auch der DGB sie als wegweisend bezeichnet.

Ein zweites Thema, das ich anschneiden möchte, ist die Behauptung, CETA befördere unfairen Handel. CETA ist ein bilaterales Abkommen zwischen der EU und Kanada. CETA wird einen neuen globalen Standard für Nachhaltigkeit in Handelsabkommen einführen. Die Sorge, dass ärmere Kontinente wie Afrika und ihre Interessen nicht beachtet werden, ist eine zu Recht zu stellende politische Frage, der man im Rahmen EU-weiter und deutscher Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit nachgehen kann. Aber Handelsverträge, Herr Kollege Rasmussen, sind dazu nicht geeignet.

(Zurufe: Andresen!)

- Entschuldigung, Andresen.

(Heiterkeit)

Mit Handelsverträgen wird im Gegenteil versucht, Standards zu setzen, um sie nicht von zwar machtvollen, aber weniger entwickelten Märkten setzen zu lassen. Armut und Instabilität in Afrika gehen uns alle an, und wir wollen und müssen sie bekämpfen. Die Sicherung hoher Handelsstandards zwischen hochentwickelten Industriestaaten ist aber quasi die Voraussetzung dafür, dass bei solchen Standards auch gerade diejenigen berücksichtigt werden können, um die es an dieser Stelle geht.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Alles in allem würde ich CETA natürlich gern im Bundesrat zustimmen. Wir werden dies nicht tun, weil wir an dieser Stelle unsere unterschiedlichen Positionen aushalten. Die SPD hat immer noch nicht verstanden, dass man diese politische Kultur in diesem Lande so leben kann, man mit Differenzen lebt und dann eben versucht - wie beim vorigen Tagesordnungspunkt -, übereinstimmende Regelungen zu finden, oder sich eben im Bundesrat enthält. Sie werden damit leben müssen, dass Jamaika in dieser Kultur sehr wohl und sehr gut klarkommt. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall FDP, CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf Serpil Mi- dyatli [SPD] - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Kolle- ge Rasmussen hat gar nicht geklatscht!)

Der Minister hat die Redezeit um 2 Minuten und 30 Sekunden überzogen. Diese Zeit steht jetzt allen Fraktionen zur Verfügung. Gemeldet hat sich die

Abgeordnete Sandra Redmann zu einem Dreiminutenbeitrag.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur zwei kurze Bemerkungen machen. Herr Minister Buchholz, es steht Ihnen als Minister wahrlich nicht zu, einer Parlamentarierin zu sagen, dass sie an sich halten solle und sonst vor die Tür gehen könne.

(Beifall SPD)

Sie mögen sich bei so einem Auftritt ganz hip und cool finden, das hat man hier gesehen, und es entspricht Ihrem allgemeinen Auftreten. Ich muss gestehen: Ich empfinde es nur als anmaßend, so aufzutreten.

(Beifall SPD)

Die nächste Frage: Es wurde jetzt viel über CETA diskutiert. Was bilden Sie sich eigentlich ein, uns als SPD Vorhaltungen in Bezug auf unser Abstimmungsverhalten zu machen? Sie halten hier ein flammendes Plädoyer für CETA und stellen sich anschließend in Berlin hin und enthalten sich. Das ist ja wohl ein Witz!

(Beifall Birte Pauls [SPD])

Sie brauchen uns wirklich nicht zu erzählen, wie man abstimmen soll. Halten Sie sich diesen Vortrag lieber vor dem Spiegel.

(Beifall SPD)

Das Wort hat der Herr Minister Dr. Bernd Buchholz.

Frau Präsidentin! Welche Dinge ich mir vor dem Spiegel selbst sage, Frau Abgeordnete, einmal beiseite. Das flammende Plädoyer gab es.

Eines möchte ich aber gern tun: Ich habe mich bei Ihnen in der Tat zu entschuldigen. Es war nicht in Ordnung gegenüber einem Parlamentarier, wie ich selbst einmal einer war. Das steht mir auch nicht zu. Die Geräuschkulisse war so, dass ich mich selbst nicht mehr gehört und verstanden habe. Gleichwohl bitte ich um Entschuldigung für diese Art und Weise. - Vielen Dank.

(Beifall - Zuruf SPD: Eine Frechheit!)

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob wir es hinbekommen, hier zu diesem Thema eine sachliche Debatte zu führen. Ich kann die Äußerung der Abgeordneten Redmann und ihre Reaktion verstehen. Davon abgesehen habe ich mich hier noch einmal gemeldet, weil hier suggeriert wurde, dass das CETA-Abkommen zu Wirtschaftswachstum, sozusagen zu Wohlstand für alle führe.

(Zuruf CDU: Genau!)

- Ja, genau so ist es nicht, wenn man sich einmal die Prognosen zu der Frage ansieht, wie viel Wachstum das Abkommen zwischen der EU und Kanada eigentlich schafft. Am Anfang wiesen die Zahlen des BDI oder der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft sehr stark nach oben. Man sprach von mehreren Prozentpunkten BIP-Wachstum pro Jahr. Diese Prognosen sind alle nach und nach korrigiert worden, Herr Minister. Jetzt sind die offiziellen Zahlen der EU da.

Es ist ja ein zentrales Argument der Wirtschaftspolitiker zumindest einiger Parteien gewesen, warum das CETA-Abkommen so wichtig für uns sei. Diese Zahlen sind jetzt so korrigiert, dass man sagt: Nach zehn Jahren würden wir 0,5 Prozentpunkte BIPSteigerung haben. Wenn man der Meinung ist, das Wirtschaftswachstum sei das Wichtigste auf der Welt, kann man jetzt sagen: Es ist ja besser als nichts. Das lese ich so ein bisschen in den Augen von Tobias Koch.

(Heiterkeit - Unruhe)

Wir sehen das ein bisschen anders. Wir sehen, dass es sich nicht lohnt, für diese gerade einmal 0,5 Prozentpunkte Wachstum, die in der Prognose der EUKommission enthalten sind, bestimmte Rechtsstandards schleifen zu lassen und in Bezug auf Verbraucherschutz in ein unruhiges Fahrwasser zu kommen.

(Beifall Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Wir können das hier im Rahmen der Dreiminutenbeiträge nicht mehr ausführen. Ich möchte aber eindringlich für die Anhörung werben, die wir gemeinsam im Europaausschuss beschlossen haben. Ich

glaube, dass es wirklich gut ist, wenn wir alle uns noch einmal die Argumente anhören, die von beiden Seiten genannt werden. Sicherlich mag es manchmal Argumente der Gegner geben, die, wenn man genauer hinschaut, nicht ganz so richtig sind, wie man sie am Anfang verstanden hat. Das will ich gar nicht ausschließen. Wir werden uns auch noch einmal angucken: Was bedeutet das für Schleswig-Holstein? Was bedeutet es für die Wirtschaft, die Arbeitnehmer und den Verbraucherschutz bei uns? Dafür lohnt sich die Anhörung im Europaausschuss. Die sollten wir ernst nehmen. Bis zur Abstimmung im Bundesrat haben wir vermutlich noch etwas Zeit. Dann können wir auf guter fachlicher Grundlage weiter über diese Frage diskutieren, bei allen unterschiedlichen Meinungen, die wir heute hier im Haus hatten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Tobias Koch das Wort.

(Unruhe - Christopher Vogt [FDP]: Können diese Augen lügen? - Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich will den Kollegen Andresen zu seinen Fähigkeiten beglückwünschen. Er hat tatsächlich richtig in meinen Augen gelesen. Ich möchte das noch einmal kurz begründen und ausführen.

Warum sprechen wir über ein Freihandelsabkommen ausschließlich mit Kanada? - Deshalb, weil weltweite Regelungen im Rahmen der WTO gescheitert sind. Wir sind also schon beim Plan B. Die Absicht ist ja nicht nur, ein Freihandelsabkommen mit Kanada zu schließen. Das wäre die Musterlösung für viele weitere Freihandelsabkommen mit weiteren Ländern. Ich will gar nicht bestreiten, dass es bei Kanada am Ende nur 0,5 Prozentpunkte BIPWachstum in zehn Jahren sind. Wenn wir aber auf dieser Basis mit weiteren Ländern Freihandelsabkommen schließen, haben wir genau diesen Wohlstandseffekt, der uns allen dient, der den Arbeitnehmern dient und unseren Wohlstand mehrt. Deswegen steht im GroKo-Sondierungspapier in der Tat, dass CETA zukunftsweisend sei. Auch wenn es bei Kanada nur 0,5 Prozentpunkte sind, sollten wir trotzdem Ja sagen. - Herzlichen Dank.