Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Wir meinen es mit diesem Gesetzentwurf sehr ernst, und deswegen wiederholen wir unsere Forderung nun auch schon seit einem Jahr. Da darf man selbst als SSW ruhig einmal etwas pathetisch wer

(Minister Hans-Joachim Grote)

den: Es geht um den Zugang zu Bildung, Kultur und Forschung. Dem sollten keine finanziellen Hürden im Weg stehen. Es geht um Teilhabe und Gemeinschaft, um die Möglichkeit, Neues zu entdecken und Altes zu vermitteln. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger die digitalen und physischen Bestände der Bibliotheken nicht nur vor Ort kostenlos nutzen, sondern sie auch kostenlos ausleihen können. Wir wollen die Gebührenfreiheit im ganzen Land.

(Beifall SSW)

Unsere skandinavischen Nachbarn machen uns das sehr gut vor. Dort zieht sich wie ein roter Faden durch die Bibliotheksgesetze, dass die Entleihe kostenfrei sein soll. In den kleinsten Kommunen gibt es öffentliche Bibliotheken und Kooperationen mit Schulen. Auch Bücherbusse - vom System her wie unser dänischer Bücherbus - sieht man deutlich öfter als bei uns - um auch den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu erleichtern, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.

Als Minderheitenpartei wissen wir, wie hilfreich der möglichst hürdenfreie Zugang zu Bibliotheken ist. Deswegen ist die Entleihe in der Dansk Centralbibliotek auch schon kostenfrei. Denn das Erheben von Gebühren hält Nutzerinnen und Nutzer erst einmal ab.

Aus Dänemark kennen wir es, dass jüngere wie ältere Leute und insbesondere Familien ihre Freizeit viel und gern in Bibliotheken verbringen. Manche Bibliotheken haben Konzertsäle, andere bieten Räume für Ausstellungen. Bibliotheken sind Treffpunkte, Lernorte und Bürgerzentren. Die Besuchsund Ausleihzahl steigt stetig weiter.

Denken wir an Ihre Wahlkampfansagen: Die CDU wollte mehr Zeit für Bildung,

(Tim Brockmann [CDU]: Das haben wir auch gemacht!)

die Grünen wollten einen klaren Kurs für starke Bildung und die FDP sogar riskieren, dass unsere Kinder schlauer werden als wir. - Nur zu, mit unserem Vorschlag könnte das etwas werden!

(Beifall SSW, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Aber Sie wissen auch: Können reicht nicht, man muss es wirklich wollen. Bei der ausgesprochen guten Finanzsituation des Landes könnten Sie allemal.

Natürlich haben wir in der von uns gewohnten Vernunft eine Formulierung gewählt, die es den Bibliotheken weiterhin ermöglicht, Gebühren zu verlan

gen, wenn die entliehenen Medien beschädigt oder verspätet zurückgegeben werden. Auch die Teilnahme an Veranstaltungen oder Kursen kann nach wie vor Beiträge kosten.

Außerdem bieten wir Ihnen sogar einen Finanzierungsvorschlag. Um die kommunalen Einnahmeausfälle aufzufangen, gehen wir von einem Finanzmehrbedarf von 2 Millionen bis 2,5 Millionen € jährlich aus, die vom Land zur Verfügung gestellt werden müssen. Das ist zu schaffen.

Im Endeffekt geht es auch bei diesem Thema natürlich um eine Prioritätensetzung und den Stellenwert, den wir unseren Bibliotheken gesellschaftlich zumessen. Für den SSW sind Bibliotheken Bewahrungsorte und Kulturstätten. Sie verbinden Menschen und öffnen Türen zu manchmal neuen Welten. Gerade das macht sie so wertvoll.

Ich beantrage deshalb die Überweisung unseres Gesetzentwurfs in den Bildungsausschuss und freue mich auf die weitere Beratung. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat für die CDU-Fraktion nun die Abgeordnete Anette Röttger.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Tribüne! Wissen holt man sich aus Büchern, und wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Wer kennt das nicht?

Wann waren Sie das erste Mal in einer Bibliothek? Wie war das Gefühl mit dem kleinen Rucksack und drei selbst ausgewählten Kinderbüchern, die man für eine begrenzte Zeit ausleihen durfte, die man gut behandeln musste und vor Beschädigung schützen musste? Später dann die ausgeliehenen Bücher für die erste Referatsvorbereitung in der Schule oder die Zeiten intensiver Prüfungsvorbereitung in der Hochschulbibliothek während des Studiums und dann die Heranführung der eigenen Kinder ans Lesen.

Unser Land verfügt über 160 Büchereien, 13 Fahrbüchereien in den ländlichen Regionen, über Schulbibliotheken, wissenschaftliche Bibliotheken, die Lübecker Stadtbibliothek, die Landesbibliothek und

(Jette Waldinger-Thiering)

einige andere mehr. Über 70 % sind hauptamtlich geleitet, und alle arbeiten mit hoher Professionalität. Träger der Bibliotheken sind in der Regel die Städte und Gemeinden. Der Büchereiverein Schleswig-Holstein kümmert sich übergreifend um das Bibliothekswesen und erhält finanzielle Mittel aus dem FAG.

Bibliotheken ermöglichen den flächendeckenden Zugang zu Literatur. Medien und Information sind uneingeschränkt für alle Bevölkerungsschichten zugänglich, denn die Vor-Ort-Nutzung der Bestände ist bereits kostenlos.

Etwa 276.000 Menschen nutzen in Schleswig-Holstein die Bibliotheken. Das bedeutet, jeder Zehnte geht in die Bibliothek. Mit über 15 Millionen Entleihungen und knapp 4 Millionen Medien liegt Schleswig-Holstein im Durchschnitt.

2016 brachte nun die Vorgängerregierung das erste Bibliotheksgesetz in Schleswig-Holstein auf den Weg. Es beschreibt in seiner Präambel:

„Die Bibliotheken im Land Schleswig-Holstein im Sinne dieses Gesetzes sind für alle Menschen frei zugänglich und gewährleisten damit flächendeckend in besonderer Weise das Grundrecht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert unterrichten zu können.“

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nun auch die Entleihe von physischen und digitalen Beständen kostenfrei werden. Meine Frage an Sie, lieber SSW: Warum haben Sie dies vor eineinhalb Jahren mit Ihrer Ministerin nicht bereits eingebracht, als Sie Regierungspartner waren? - Können reicht nicht. Man muss es auch wollen.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP - Lars Harms [SSW]: Wir waren nicht so reich wie ihr!)

In der bisherigen Praxis ist es so, dass die Bibliotheksnutzung vor Ort kostenfrei ist. Wer etwas mit nach Hause nehmen möchte, benötigt einen Bibliotheksausweis. Dieser wird jährlich ausgestellt und berechtigt dann zur Ausleihe. Die jährlichen Ausweisgebühren sind sehr moderat und belaufen sich zum Beispiel in Lübeck auf Beträge von 24 € für Erwachsene und 12 € für Schüler und Auszubildende. Dafür könnte man sich ein gutes Buch oder vielleicht drei Taschenbücher kaufen.

Säumnis- und Mahngebühren, die bei verspäteter Rückgabe entstehen, haben die Kunden selbst in der Hand. Diese können von ihnen vermieden werden. Natürlich wäre es insgesamt wünschenswert,

wenn die Ausleihe in Bibliotheken kostenfrei gestellt wird. Eine geringe Mehrnutzung wäre vermutlich dann auch denkbar. Dennoch wissen wir gut genug, dass moderate Gebühren auch ein Regulativ darstellen und uns an Selbstverantwortung und den anständigen Umgang mit den Medien erinnern. Sie merken: Vieles spricht für den Erhalt dieser individuell steuerbaren Gebühren in den jeweiligen Kommunen.

In Deutschland werden in fast allen Bibliotheken Gebühren erhoben. Auch hier bei uns sind kaum Beschwerden angekommen. So erfreulich einerseits eine kostenfreie Nutzung wäre, so stehen diese immer der Haushaltssituation gegenüber. Da gilt der Satz, den ich aus Lübeck kenne: Solange die kommunalen Haushalte nicht dauerhaft schwarze Zahlen schreiben, ist eine Gebührenabschaffung nicht sachgerecht.

Wir reden mit diesem Vorschlag zur Gesetzesänderung immerhin über Konnexität und eine Summe von rund 2 Millionen €, die über das FAG im Haushalt neu zu ordnen wäre. Wir sollten daher genau prüfen, ob wir damit dann die Bibliotheken fit für die Zukunft machen oder ob es nicht wahre Herausforderungen auf ganz anderer Ebene gibt. Das Angebot an digitalen Dienstleistungen gewinnt auch im Bereich der Bibliotheken zunehmend an Bedeutung, und die Nutzung der Bibliothek als Lernort ist immer wichtiger geworden. Diese professionellen Veränderungen kosten viel Geld und werden im Land bereits durch Projektmittel unterstützt.

Frau Kollegin, achten Sie auf Ihre Redezeit.

Danke. Einen Satz noch. - Bibliothekenterminals, digitale Medienbildung und E-Learning-Angebote sind nur einige Stichworte, die moderne Bibliotheken beschreiben. Diese Dinge können mit diesen Projektmitteln entstehen. Diesen eingeschlagenen Weg halte ich für richtig, wichtig und dringend erforderlich. Ich bitte um Ausschussüberweisung und freue mich auf die Anhörung zum Gesetz. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Beate Raudies.

(Anette Röttger)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Küstenkoalition Jette Waldinger-Thiering hat darauf hingewiesen hat vor eineinhalb Jahren durch das Bibliotheksgesetz erstmals einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit der öffentlichen Bibliotheken in SchleswigHolstein geschaffen, damals allerdings auch noch unter anderen finanziellen Rahmenbedingungen, Frau Röttger.

(Tobias Koch [CDU]: Na ja! - Zuruf Thomas Rother [SPD])

- Wenn Sie Ihrer Finanzministerin zuhören, dann sollte Ihnen das bekannt vorkommen.

Das war schwieriger, als man meinen sollte, weil die meisten Bibliotheken nun einmal nicht vom Land - wir haben es gehört -, sondern von den Kommunen getragen werden. Uns ist klar, dass wir bei allem, was wir an diesem Gesetz ändern wollen, Konnexität und damit nachhaltige Belastung für den Landeshaushalt auslösen.

(Anita Klahn [FDP]: So ist es!)

Unsere Einschätzung über die finanzielle Lage des Landes ist optimistischer als die der Regierung. Als Opposition gehört es zu unserer Aufgabe, die Landesregierung darauf hinzuweisen, dass es alternative Möglichkeiten gibt, Geld auszugeben. Der Gesetzentwurf des SSW hat daher unsere Sympathie.

(Beifall SSW und Birte Pauls [SPD])

Der SSW hat dankenswerterweise den Finanzbedarf mit 2 Millionen € bis 2,5 Millionen € jährlich angegeben. Ob das ausreicht, vermag ich nicht zu sagen. Wir sollten im Rahmen der Anhörung also klären, in wie vielen Büchereien Gebühren für welche Dienstleistungen erhoben werden, wo es Ermäßigungen oder Förderprogramme gibt. Ich denke, da wird uns der Büchereiverein mit Zahlen, Daten und Fakten weiterhelfen können. Es ist gut, dass wir in Schleswig-Holstein den Büchereiverein haben. Andere Bundesländer beneiden uns um diese Institution, eine Institution, die das öffentliche Büchereiwesen in Schleswig-Holstein mit dem Ziel einer flächendeckenden Versorgung in allen Teilen des Landes organisiert.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Darum, liebe Landesregierung, liebe Koalition Herr Vogt ist nun leider nicht da -, begrüße ich ausdrücklich, dass die Landesregierung die Förderung des Büchereivereins wieder dynamisieren und da

mit für die nächsten Jahre sichern will. - Hier ist das gewünschte Lob. Vielen Dank dafür.