Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Jährlich 15 Millionen Leihungen in Schleswig-Holstein sind der Beleg für den Erfolg des öffentlichen Bibliothekwesens und des Status quo. In einem Land, in dem laut der letzten IGLU-Studie nicht einmal jeder vierte Grundschüler beim Lesen ein mittleres Kompetenzniveau erreicht und die Kluft zwischen Lesern und Nichtlesern immer größer wird, sind und bleiben unsere Bibliotheken unerlässlich.
Mit den vom SSW beantragten Änderungen im Bibliotheksgesetz soll nun die Entleihgebühr für Bücher und digitale Bestände entfallen. Dazu habe ich zwei Fragen: Von welchen Gebühren reden wir eigentlich? Und welche Auswirkungen hätte der Gesetzentwurf auf die Anzahl der Besucher?
Zu den Fakten, auch wenn sie schon genannt sind: In der Stadtbücherei Kiel können Kinder und Jugendliche für 11 € pro Jahr Medien ausleihen. In Eutin sind es 7 €. Für Erwachsene betragen die Gebühren meist etwa das Doppelte. Dazu gibt es natürlich immer Familienrabatte, Ermäßigungen und Sozialtarife. Wir sprechen also durchschnittlich von einem Euro pro Monat. Oder noch kürzer: Wir sprechen eigentlich vom „Bib-Euro“. Das bringt uns zu der Frage: Werden potenzielle Bibliotheksbenutzer durch diese Gebühren abgeschreckt? Scheitert tatsächlich daran der Zugang zu Bildung, Kultur und Forschung? Scheitert der tatsächlich am „Bib-Euro“?
Über diese moderaten, sozial gestaffelten und ohnehin symbolischen Gebühren ernsthaft zu diskutieren, bringt uns nicht weiter. Im Mittelpunkt darf doch nicht der „Bib-Euro“ stehen, sondern im Mittelpunkt muss die Förderung von Programmen stehen, mit der das Lesen als wichtigste Kulturtechnik und als Voraussetzung für alles, was darauf aufbauend kommt, gestärkt wird.
Das geschieht in unseren Bibliotheken. Das geschieht durch Neuanschaffungen, durch Autorenlesungen, durch Buchvorstellungen, durch bunte Ferienprogramme und durch ein abwechslungsreiches Programm. Mit öffentlichen Veranstaltungen, die in
den Räumen der Bibliotheken durchgeführt werden, rücken die Bibliotheken immer mehr in das Bewusstsein der Besucher, und das alles findet sozial ausgewogen und angemessen für jeden Mann und jede Frau statt.
Aber, so gering die Gebühren für den Einzelnen auch sind, so hilft die Gesamtsumme der Gebühren unseren Bibliotheken im Einzelfall doch und schafft Planungssicherheit. Im Mittelpunkt darf also nicht der „Bib-Euro“ stehen. Im Mittelpunkt muss die Stärkung unserer Büchereien stehen. Im Mittelpunkt muss die damit zusammenhängende Förderung der Lesekompetenz stehen, zu der unsere Büchereien beitragen. Wir setzen uns also dafür ein, dass die 160 Büchereien und 13 Fahrbüchereien erhalten und gestärkt bleiben und dass auch die Versorgung im ländlichen Bereich gewährleistet bleibt.
Dann bleiben auch solche Geschichten möglich: Ich weiß nicht, ob Sie sich an eine der ersten Sendungen von „Wer wird Millionär“ erinnern. Die erste Million gewann tatsächlich ein Montagearbeiter. Er wurde gefragt: Woher haben Sie denn so viel Wissen? Er antwortete: Ich arbeite acht Stunden, ich schlafe acht Stunden, und in der verbleibenden Zeit habe ich die öffentliche Bücherei besucht. Dieser Mann gewinnt 1 Million €. Das war doch wirklich eine sehr gute Investition dieses Euros. Ich rede jetzt natürlich nicht von dem monetären Gewinn. Dieser war überhaupt nicht entscheidend. Entscheidend war die innere Motivation, die dieser Mann aufgebracht hat und die ihm auch diesen Euro wert war.
Lassen Sie uns also im Ausschuss bitte nicht über diesen Euro sprechen. Ich bedanke mich für den Gesetzentwurf. Lassen Sie uns das Bibliothekswesen weiterentwickeln und weiter stärken, damit es auch weiterhin als Erfolgsfaktor in unserem Land bestehen bleibt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war mir insbesondere aufgrund des Redebeitrags der Kollegin Klahn wichtig, kurz das Wort zu ergreifen und dies richtigzustellen: Es liegt in Dänemark nicht an den Bibliotheken, dass die
sogenannte Steuerlast so hoch ist. Das liegt vielmehr vor allem daran, dass in Dänemark das soziale Sicherungssystem steuerfinanziert ist. Auch das Gesundheitssystem ist steuerfinanziert. Wenn man unsere beiden Staaten vergleicht, dann ist die Steuer- und Abgabenlast in Deutschland natürlich höher als in Dänemark. Hier sind wir Weltmeister. Daran sollten wir vielleicht einmal etwas tun. Das liegt aber nicht an den Bibliotheken.
Vor dem Hintergrund, dass wir in Deutschland so hohe Einnahmen haben, müsste man eigentlich sagen: Wenn die Dänen es mit einer so geringen Steuerlast schaffen, das Bibliothekswesen kostenfrei zu gestalten, dann sollten wir das in Deutschland auch schaffen. Das ist der erste Punkt, meine Damen und Herren.
Ein zweiter Punkt ist ganz wichtig: So dick ist der Gesetzentwurf nicht. Da stehen nur einige wenige Worte. Man kann ihn also leicht durchdringen. Da steht nicht, dass wir den Gemeinden verbieten wollen, Bibliotheken zu gründen. Da steht auch nicht drin, dass wir sie verpflichten wollen, welche zu gründen. Das können die alles selbst entscheiden, da wollen wir gar nicht ran. Das steht gar nicht im Gesetzentwurf drin. Wir wollen nur, dass die Gebühren gesenkt beziehungsweise auf null gesetzt werden.
Ein dritter Punkt, der ganz wichtig ist: Wir haben nicht unterschlagen, dass das Geld kostet. Wir haben in die Begründung geschrieben: Erstens. Bei allem gilt die Konnexität. Das muss finanziert werden. Zweitens. Das kostet 2 Millionen bis 2,5 Millionen € nach den derzeitigen Entleihzahlen. Dahinter steht der Gedanke, dass die Entleihzahlen eventuell steigen, wenn wir eine kostenlose Entleihung ermöglichen. Das wissen wir alles.
Wir haben gesagt: Es gibt zwei Möglichkeiten dafür. Entweder man baut dies in den Haushalt ein, oder man nutzt die Gelegenheit, dass das FAG 2020 sowieso geändert werden soll, um diese Frage dann mit zu lösen. Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf heute so früh gestellt, damit auch eine Lösungsmöglichkeit über das FAG 2020 ermöglicht werden kann. Wir versuchen also, so konstruktiv wie möglich damit umzugehen.
Ich will noch zwei Punkte nennen, die für uns wirklich ganz wichtig sind. Der eine Punkt ist in der Tat die Entlastung derjenigen, die draußen nicht wie Marktschreier herumlaufen und sagen: Weil ich die 24 € gerade nicht in der Tasche habe, gehe ich nicht in die Bibliothek und entleihe mir etwas. Das tun
diese Menschen nicht, weil das den Leuten selbst peinlich ist, dass sie so wenig Geld zur Verfügung haben. Diesen Menschen will ich einfach ermöglichen, frei an Bildung und Kultur herankommen zu können, ohne Hemmnisse.
Das ist der eine Punkt. Der zweite Punkt ist: Gehen Sie einmal in eine Bibliothek, und fragen Sie die Beschäftigten, was diese am meisten nervt. Dann sagen sie, das seien die säumigen Gebühren, die sie eintreiben müssen. Sie sagen: Wenn wir davon entlastet werden könnten und uns wirklich um unsere Bibliothekararbeit kümmern könnten, dann wäre das eine richtig tolle Sache. Die sagen mir immer: Leute, so viel Kohle ist das nicht.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist ein guter Gedanke, dass wir im Ausschuss jetzt auch allgemein über die Bibliotheken reden. Ich glaube, das ist ein ganz vernünftiger Ansatz. Vielleicht kann man da noch mehr für die Kultur in unserem Land tun. Ich glaube aber ebenso, dass die Gebührenfreiheit ein Ziel ist, für das es sich wirklich lohnt, sich einzusetzen.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat nun für die Landesregierung die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien.
Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Zunächst einmal Dank an den SSW dafür, dass Sie dieses Thema überhaupt zum Gegenstand der Debatte gemacht haben und damit uns allen noch einmal die Gelegenheit geben, die Bedeutung, die Bibliotheken heute haben, miteinander zu besprechen und ins Land zu tragen.
Ich glaube, darüber besteht Einigkeit, dass Bibliotheken inzwischen eine Bedeutung haben, die weit darüber hinausgeht, nur ein Ort des Lernens und des Vertiefens von Lesen und Schreiben zu sein. Es geht heute darum, einen Ort zu haben, der die Liebe zur Literatur und zur Kunst weckt, der aber eben auch den demokratischen Zugang zu Informationen gewährleistet. Sie sind ein Ort, an dem Phantasie entstehen kann, an dem kulturelle Begegnungen möglich sind. Es sind Orte der Demokratie. Biblio
Bibliotheken waren schon lange, bevor es Computer und das Internet gab, Orte, an denen das Wissen der Welt archiviert und populär für die Menschen zugänglich gemacht wurde. Heute geschieht das crossmedial, das wissen wir alle. Neben den gedruckten Büchern stehen e-Books, Hörbücher, Filme und moderne Suchsysteme zur Verfügung. Das digitale Zeitalter ist längst in die Bibliotheken eingezogen.
Frau Waldinger-Thiering und Herr Harms, natürlich ist das ein Anlass, noch einmal zu unseren Nachbarn nach Dänemark zu schauen. Es ist bereits dargelegt worden: Dänemark hat eine lange und rühmliche Bibliothekentradition. Dänemark hat nach Großbritannien das zweitälteste Bibliotheksgesetz der Welt. Die Idee, das Bibliothekswesen qua Gesetz rechtssicher und zukunftsfest, aber eben auch zentralistisch zu gestalten, stammt aus dem Land von Hans Christian Andersen, Sören Kierkegaard und Karen Blixen.
In Deutschland, im Land Thomas Manns oder Christa Wolfs und Johann Wolfgang von Goethes haben wir eine andere Bibliothekentradition. Ich bitte, das nicht geringzuschätzen, denn sie ist auch Ausdruck kommunaler Selbstverwaltung. Auch das hat etwas für sich, gerade wenn man sich die umfassende Rolle, die Bibliotheken heute haben, näher anschaut.
Es ist schlüssig, dass Sie auf das Bibliotheksgesetz aufsetzen, das wir ganz wesentlich auch dem Wirken der Abgeordneten des SSW und meiner Vorgängerin Frau Spoorendonk zu verdanken haben. Ich glaube, es ist gut, dass wir das Bibliotheksgesetz haben, und es ist auch gut, darüber nachzudenken, wie man das weiterentwickeln kann. Man muss einfach, finde ich, ohne politische Häme feststellen: Sie haben das Gesetz damals gemacht, aber bei der Kostenfreiheit haben Sie damals andere Prioritäten gesetzt. Das ist in Ordnung. Ich werfe Ihnen das nicht vor. Man muss eben sagen, man kann auch ein gutes Bibliotheksgesetz machen, ohne die Kostenfreiheit einzuführen.
- Gerne. - Lassen Sie mich das Ganze noch einmal mit der gebotenen Ernsthaftigkeit ein bisschen aufdröseln.
Es gibt gute Gründe, und zwar sowohl für die Kostenfreiheit als auch für eine kleine Gebühr. Ich kann Ihnen sagen, dass meine Fachleute im Ministerium mit dem Büchereiverein durchaus über eine Weiterentwicklung beraten. Dabei beraten sie auch über die Frage, ob das der richtige Weg ist. Ich kann Ihnen sagen, dass der Büchereiverein dazu eine dezidiert andere Auffassung vertritt. Sie sagen uns, dass es leider so ist, dass Dinge, die gar nichts kosten, oft nicht so gewertschätzt werden, wie wir uns das wünschen. Das ist ein Aspekt, den man in der Sache zumindest gut überlegen muss. Man wird überlegen müssen - das wird sicherlich auch Gegenstand der Beratungen im Ausschuss sein -, welche Steuerungswirkung die Kostenfreiheit eigentlich hat. Das klingt ja erst mal gut; das ist überhaupt keine Frage. Ich will mich dem auch gar nicht grundsätzlich verschließen. Aber mein Eindruck mit Blick auf die Gebührenstrukturen, die ja sehr unterschiedlich sind, ist eben, dass eine sehr geringe Gebühr, die sozial gestaffelt ist, durchaus ihre Berechtigung hat. Insofern finde ich, sollten wir das Ganze tatsächlich sehr sorgfältig beleuchten.
Was ich für sinnvoll erachte, wäre eine Evaluierung, ob man zu landesweit einheitlichen Regelungen kommt. Das ist sicherlich ein Thema, das man im Ausschuss besprechen sollte. Das ist ein Gedanke, der den Büchereiverein bereits bewegt. Hier wäre auch die Frage, inwieweit man da zu einer Überarbeitung der Förderkriterien kommen kann.
Meine Damen und Herren, es würde richtig viel Geld kosten, wenn man das machen würde, und das ist dann eine Frage der politischen Prioritätensetzung. Darüber kann und soll man im politischen Raum diskutieren. Es gibt andere wichtige Aufgaben im Zusammenhang mit den Bibliotheken, die auch gelöst werden müssen. Ich nenne einen Punkt, den wir jetzt anpacken, nämlich jetzt die digitalen Knotenpunkte auf den Weg zu bringen. Das ist etwas, was die Bibliotheken ganz dringend brauchen.
Insofern sind wir uns einig: Die Bibliotheken haben eine sehr wichtige Funktion für das kulturelle Leben in unserem Land. Darüber gibt es überhaupt keinen Dissens. Sie sind ein Türöffner, sie sind die Eintrittskarte in das Abenteuerland der Bücher und der Informationen. Das ist unbezahlbar und aus meiner Sicht eine geringe Gebühr allemal wert. Aber ich bin gespannt und offen für die Beratungen im Bildungsausschuss. - Vielen Dank.
Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden jetzt gucke ich noch einmal ganz gezielt Richtung Frau Fritzen -, ich meine nämlich, neben der Überweisung in den Bildungsausschuss auch in den Finanz- sowie in den Innen- und Rechtsausschuss. Ist das korrekt?