Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Zunächst möchte ich dem Innenminister für seinen Bericht danken. Der Antrag der SPD ist damit abgeräumt, aber gerade weil der Kollege Hölck gestern auch schon vom faktischen Ausbaustillstand faselte,

(Unruhe)

bedarf es folgender Feststellungen.

Erstens. Es ist gut, dass es eine klare zeitliche Perspektive gibt. Wenn der zweite Entwurf Mitte des Jahres vorliegt und in die Anhörung geht, können auf dieser Grundlage weitere Ausnahmegenehmigungen erteilt werden.

Zweitens. Seit Beginn des Moratoriums sind 383 Ausnahmegenehmigungen erteilt worden. Damit kann doch von einem Stillstand tatsächlich faktisch und praktisch überhaupt keine Rede sein.

(Beifall CDU und FDP)

Drittens. Natürlich hätte sich die Windenergiebranche jetzt schon eine verlässlichere Rechtsgrundlage für den Bau weiterer Anlagen gewünscht. Aber nach dem Urteil des OVG - das ist der Ausgangspunkt - mussten die Regionalpläne zwingend überarbeitet werden. Natürlich benötigt man Zeit dazu, um 6.500 Einwendungen zu bearbeiten. Aber die gute Nachricht heute ist doch gewesen, dass der zweite Entwurf Mitte des Jahres vorliegen wird und dass auf dieser neuen Grundlage zumindest Ausnahmegenehmigungen erteilt werden können.

Viertens. Selbstverständlich ist doch auch, dass eine so weitgehende Überarbeitung der Planung auch eine neue Bürgerbeteiligung, eine neue zweite Anhörung erfordert. Denn ohne eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung werden die Energiewende und der Ausbau der Windenergie nicht gelingen. Deshalb kann auch erst nach der zweiten Anhörung überblickt und entschieden werden, ob eine weitere, eine dritte Entwurfs- und Auslegungsrunde nötig werden wird. Wenn nicht, kann im ersten Halbjahr 2019 die abschließende Bearbeitung erfolgen. Sonst ergibt sich - wir haben es gehört - ein weiteres Jahr der Bearbeitung.

Fünftens. Das Urteil des OVG hat dem Windenergieausbau die rechtliche Grundlage genommen und damit zwingend einen Zeitverlust für die Neuplanung verursacht. Wenn Sie als Opposition - Sie waren an der Überarbeitung schon in Regierungsverantwortung beteiligt - der Koalition jetzt zeitliche Verzögerungen vorwerfen wollen, kann sich das nur auf die im Koalitionsvertrag vereinbarten neuen

beziehungsweise geänderten Anforderungen beziehen. Das ist aber doch nicht der eigentliche Grund der Verzögerung. Der eigentliche Grund ist, dass die ursprüngliche Rechtsgrundlage durch das Gericht kassiert worden ist. Diese neuen Anforderungen - beispielsweise die Vergrößerung der Abstandsflächen, wir haben eben gehört, dass Sie das auch gut finden - dienen doch dazu, eine größere Akzeptanz in der Bevölkerung zu erzeugen. Das kann wiederum dazu führen, dass wir hier weitere Prozesse vermeiden und am Ende dann doch Zeit sparen.

(Beifall CDU und FDP)

Sechstens. Die Verlässlichkeit der Planung und des Zeitplans ist wichtiger als irgendein kalendermäßig bestimmtes Datum. Der neue Aufschlag muss jetzt sitzen,

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

sonst wird die Energiewendeplanung im Bereich Wind extrem schwierig werden.

(Beifall CDU, FDP und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb gilt hier: Sorgfalt vor Geschwindigkeit.

Siebtens. Wir sind voller Vertrauen, dass das Innenministerium diese Herausforderung bewältigen wird. Der heutige Bericht hat gezeigt, dass die Regionalpläne auf einem guten Weg sind. Deshalb gilt: „Anpacken, nicht rumschnacken!“. Und so bin ich eine Minute vor Ablauf meiner Redezeit fertig. - Danke.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Bernd Voß.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es? - Vielleicht einiges zur Debatte draußen vorweg: Das Markenzeichen SchleswigHolsteins, das echte Energiewendeland zu sein, ist nur ein Titel auf Zeit. Im Augenblick haben wir die Nase vorn. Wer meint, die Emissionen SchleswigHolsteins spielten global betrachtet überhaupt keine Rolle, der verkennt, dass es nicht nur darum geht, dass nach Schleswig-Holstein geschaut wird, wenn

(Claus Christian Claussen)

über Jamaika geredet wird. Das, was wir bei der Energiewende schaffen, streben auch andere an.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Claus Christian Claussen [CDU])

Die Frage ist also: Wollen wir in den erneuerbaren Technologien führend sein oder anderen hinterherlaufen und dann die Technik teuer kaufen müssen? - Gemessen am Endenergieverbrauch über alle Sektoren decken die Erneuerbaren in Schleswig-Holstein gerade einmal 31 % ab. Das ist bundesweit Spitzenplatz, ja, aber eben auch noch kein Grund, die Arbeit einzustellen. Wind an Land ist die kostengünstigste Erneuerbare geworden, billiger als neue Kohlekraftwerke - gut für den Menschen, gut für die Umwelt, gut für die Unternehmen.

(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN], Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Während der Netzausbau im Land und in der nordeuropäischen Vernetzung mit den Wasserspeichern in Norwegen gute Fortschritte macht und 2020 im Wesentlichen fertig sein wird, brauchen wir für die Bearbeitung der Landesplanung Wind noch einige Zeit. Ziel dieser Koalition ist es, bis Mitte des Jahrhunderts die Energieerzeugung im Land auf erneuerbare Energien umzustellen. Im Jahr 2017 waren wir mit 24 TWh zwei Drittel des Weges zu diesem Zwischenziel 37 TWh in 2025 gegangen. Den Rest schaffen wir auch noch.

Aber der Prozess darf sich nicht länger verzögern. Der Ausbau der Erneuerbaren darf nicht durch strategische oder politische Ambitionen infrage gestellt werden. Das Moratorium wurde von der damaligen Küstenkoalition gemeinsam mit der CDU-Landtagsfraktion nach dem Oberverwaltungsgerichtsurteil von 2015 beschlossen. Wir wissen: Es kann nicht beliebig verlängert werden. Die Fertigstellung des verbindlichen Rechtsrahmens bedeutet aber auch für die Einwohnerinnen und Einwohner Schleswig-Holsteins eine Entlastung. Nach langer Zeit der Unsicherheit, der Spekulation ist es wichtig, dass endlich Verlässlichkeit und Klarheit hier im Land herrschen. Wir erinnern uns alle an die Diskussion um die Gold-Karte. Ja, das Land verändert sich.

Bei allem Positiven der Windkraft für die Menschen, die Wirtschaft und das Klima, dürfen wir nicht vergessen, dass auch sie einen Eingriff in die Natur und das Umfeld der Menschen darstellt. Bei der Umsetzung der Energiewende gilt es, Interessen

abzuwägen, damit dieser nötige Ausbau mit möglichst großer Akzeptanz auch gelingt. Gerade dafür brauchen wir eine verlässliche, rechtssichere Planung. Ich danke daher dem Minister Grote für den hier soeben vorgetragenen Bericht. Ein besonderer Dank gilt auch den vielen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Landesplanung für die jahrelange unermüdliche Arbeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt CDU)

Es handelt sich bei der Überprüfung der Kriterien um eine mögliche modifizierte Anpassung der Kriterien. Das ist zwar durch die Inhalte des Koalitionsvertrags geprägt, es ist aber die Fortsetzung des alten Verfahrens des Regionalplans. Wegen des langwierigen Planungsprozesses müssen die Risiken von erfolgreichen Klagen an jeder Stelle intensiv beachtet werden. Es werden wie im Koalitionsvertrag festgelegt, angestrebt, die Abstände zu Einzelsiedlungen von 400 auf 500 m und zu Siedlungen von 800 auf 1.000 m erhöht. Das ist aber nachrangig zum energiepolitischen Ziel und den benötigten Flächen von 2 % und lässt sich wohl nur erreichen, wenn durch Repowering von Altanlagen außerhalb der Vorrangflächen Spielräume entstehen.

(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Es wird nach dem Beschluss des zweiten Planentwurfs Mitte 2018 anhand der überarbeiteten Kriterien und unstrittigen Vorranggebiete zu einem intensiven laufenden Verfahren mit Einzelfallprüfungen und Einzelfallgenehmigungen kommen müssen. In diesem Rahmen sind dann auch wieder weitere Ausnahmen und eben auch weiterer Ausbau möglich.

Vielleicht noch ein Hinweis zu den bundesrechtlichen Vorgaben, Stichwort: EEG.

Herr Abgeordneter Voß, bevor Sie dazu kommen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hölck?

Ich sage Ja.

Vielen Dank, Herr Kollege.- Sie sprachen eben von Nachrangigkeit bei den Abständen, wenn die Energieziele nicht eingehalten werden können. Bedeutet

(Bernd Voß)

es, wenn sich bei der Regionalplanung herausstellen sollte, dass die Ausbauziele von 10 GW des Energiewendegesetzes nicht eingehalten werden, dass die Abstände zu dieser Wohnbebauung dann verringert werden?

- Sie können doch den Koalitionsvertrag lesen.

(Heiterkeit CDU - Hans-Jörn Arp [CDU]: Er unterschätzt Sie nicht! - Weitere Zurufe)

Im Koalitionsvertrag steht ganz klar, dass versucht werden soll, auf 500 m und 1.000 m zu kommen. Primär wird man dafür in dem bisher vorgesehenen Plan - Sie können das da alles nachlesen - die Möglichkeit von Repowering außerhalb der Vorrangflächen betrachten. Anhand dessen wird dann der Abstand erweitert. Aber ganz klar stehen vornean an mehreren Stellen des Koalitionsvertrags - da können Sie noch so viel suchen - unsere Energieziele bis Mitte 2050, Bekenntnis zu Paris und, und, und.

(Beifall CDU)

Vielleicht noch ein Hinweis zu der sich jetzt hoffentlich ändernden bundesrechtlichen Situation hinsichtlich der Ausschreibung bezüglich des möglichen Zubaus von erneuerbaren Energien: Dank der vorangegangenen Jamaika-Verhandlungen steht jetzt auch die SPD unter Druck, und, so wie ich bisher die Sondierungen sehe, wird da einiges passieren. Es wird dann auch Bedeutung haben, dass für die Flächen Genehmigungen vorliegen. Wenn es bisher keine Anträge gab, dann war es einfach die Situation, dass keine Genehmigungen erforderlich waren, wenn man sich entsprechende Energiemengen innerhalb des Deckels der EEG bei den Ausschreibungen holte. Das ändert sich, und von daher wird der Druck, dass Genehmigungen möglich sind, erheblich größer.

Vielleicht noch eines an die Kollegen der SPD.

Herr Abgeordneter, denken Sie bitte an die Redezeit!

Ja. - Sie haben dieses komplexe Planungsverfahren derzeit nicht mit in der Regierung zu verantworten. Ich hoffe aber auf ein konstruktives Mitwirken von Ihnen. Sie waren am Anfang dabei, und - ich habe es gestern Abend schon einmal gesagt - meistens waren die großen Parteien hier im Landtag, was den Ausbau der Windenergie und der erneuerbaren Energien angeht, beieinander.

Herr Abgeordneter!

Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky das Wort.