Protokoll der Sitzung vom 26.01.2018

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch gibt es keinen Fall der Afrikanischen Schweinepest in Norddeutschland. Aber die Sorge vor der tödlichen Viruserkrankung wächst. Der Agrar- und Umweltausschuss hatte sich mit diesem Thema bereits beschäftigt, und es ist mehr als wichtig, dass wir auch heute hier im Landtag darüber sprechen. So können auch wir einen Beitrag dazu leisten, dass das Thema in das öffentliche Bewusstsein kommt und insbesondere Reisende wissen, was sie tun müssen, damit sie das Virus nicht fahrlässig einschleppen. Wir können und wir müssen auch helfen, immer wieder deutlich zu machen: Diese Viruserkrankung ist für den Menschen und für alle anderen Haustiere ungefährlich.

Ich danke dem Minister und dem ganzen Haus ausdrücklich für das entschiedene Engagement. Auf einem Krisengipfel, zu dem der Minister alle möglicherweise betroffenen Verbände, Organisationen und Behörden eingeladen hatte, wurde ein Notfallplan besprochen. So ist gewährleistet, dass im Falle eines Ausbruchs alle wissen, was zu tun ist.

Zahlreiche präventive Maßnahmen - der Minister hat es gerade ausgeführt - sind abgestimmt, für personelle Unterstützung ist gesorgt, und die nötigen Erlasse und Verordnungen sind entweder bereits verfasst oder auf dem Weg.

Auch auf Bundesebene hat sich Schleswig-Holstein für mehr Prävention eingesetzt, und das mit Erfolg. Die Abstimmungen mit den Nachbarländern sind eng. Herrn Minister Dr. Habeck und all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium, die mit ihm daran arbeiten, sage ich herzlichen Dank dafür.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das alles ist wichtig, und wir können nur gemeinsam mit der Landwirtschaft wünschen, dass die vielfältigen Maßnahmen auch den erhofften Erfolg haben werden. Denn mit dieser für alle Schweine fast immer tödlich verlaufenden Viruserkrankung droht der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein eine tiefgreifende Krise.

Rund 2.000 Schweinehaltungen mit insgesamt 1,5 Millionen Tieren gibt es in Schleswig-Holstein. Dabei ist die Struktur noch vielfältig. Bei einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest ist mit Strukturbrüchen und -verwerfungen in einem dramatischen Ausmaß zu rechnen. Dann werden wir spüren, wie viele Arbeitsplätze, wie viel Wertschöpfung in den ländlichen Räumen an der Landwirtschaft hängen.

Ich möchte mich auf einige Aspekte konzentrieren: Gerade auf der Grünen Woche war natürlich auch die ASP ein Thema. Ich hatte Gelegenheit, mit Fachleuten darüber zu sprechen. Lange bekannt ist die Krankheit in Südafrika, und wie wir gehört haben, ist sie seit zehn Jahren auf dem Weg. Je näher sie Westeuropa kommt, umso intensiver wird die Befassung mit der Krankheit. Anders ausgedrückt: Je klarer die Bedrohung für uns ist, desto mehr wird getan. Es ist also auch ein bisschen Zeit verlorengegangen. Jetzt ist es dringend nötig, auf europäischer und auch auf nationaler Ebene intensiv für die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten zu sorgen.

Die Landwirtschaft ist existenziell bedroht. Das wirkt sich auf die Betriebe, die Familien und die Mitarbeiter aus. Wir müssen also dafür sorgen, dass die sozio-ökonomische Beratung der Landwirtschaftskammer darauf vorbereitet ist, dass unter Umständen extreme Situationen auf die Betriebe zukommen. Unter Umständen sind wirklich Maßnahmen zu ergreifen, die drastisch sind. Hier ist es wichtig, dass der Runde Tisch für Tierschutz in der Nutztierhaltung und auch der Vertrauensmann für Tierschutz in der Nutztierhaltung in die Maßnahmen eingebunden werden.

(Beifall SPD)

Ein Letztes. Der viele Regen, das Wasser auf den Feldern, hat dazu geführt, dass die Bauern die Herbstsaaten nicht ausbringen konnten. Wenn wir keinen knackigen Winter bekommen, dann wird es auch im Frühjahr schwierig werden. Es kann also sein, dass es aus ackerbaulichen Gründen dazu kommt, dass noch mehr Mais angebaut wird. Hier ist es nötig, dass die Landwirtschaft solidarisch mit den schweinehaltenden Kollegen ist. Mais führt dazu, dass sich die Schweine der nötigen intensiven Bejagung entziehen können. Das darf nicht sein. Da muss man aufpassen. Es ist zu fragen, ob auch hier Landwirtschaftskammer und Ministerium helfen können, damit es zum Anbau anderer Saaten kommt.

(Hauke Göttsch)

Wir werden dieses Thema weiter intensiv im Umwelt- und Agrarausschuss beraten. Lassen Sie uns alle gemeinsam hoffen, dass dieser Kelch an Schleswig-Holstein vorübergeht.

(Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich danke dem Minister herzlich für seinen Bericht. Auch danke ich den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium und anderswo, die sich im Moment mit vollem Einsatz mit dem Thema der Afrikanischen Schweinepest und den Präventionsmaßnahmen auseinandersetzen.

Viele fragen sich: Was kommt auf uns zu, sollte diese Seuche tatsächlich Schleswig-Holstein erreichen? Auch die Schweinehalterinnen und Schweinehalter tun dies.

Das mögliche Szenario ist schon eindrücklich beschrieben worden. Auch ich halte es für richtig, alle sinnvollen Präventionsmaßnahmen anzugehen, auch wenn wir nicht hundertprozentig wissen, ob sie erfolgreich sein werden. Mir ist aber eben in der Debatte noch einmal klar geworden, wie schmal der Grat zwischen guter Prävention, guter Aufklärung und Panikmache ist. Insoweit müssen wir meiner Meinung nach sehr aufpassen. Herr Minister, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren ruhigen und besonnenen Tonfall, auch in Ihrer Rede. Wir müssen aufpassen, dass wir keine Paniksituation herbeireden, ehe uns die Pest überhaupt erreicht hat.

Eine Belastung ist die Situation auch für die Jägerinnen und Jäger. Ich danke meinem Kollegen Hauke Göttsch ganz ausdrücklich, der dies bereits deutlich gemacht hat. Eine Reduzierung des Wildschweinbestandes um 70 %, wie es der Bauernverband fordert, wird es auch mit den geplanten Neuregelungen nicht geben. Den Jägerinnen und Jägern gebührt unsere Anerkennung auch in dieser Situation. In unserer Kulturlandschaft ist die Jagd eine unverzichtbare Aufgabe.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wildschweinpopulation ist allerdings in den letzten Jahren stark angewachsen. Das ist eine Tatsache, die auch ohne Schweinepest in einigen

Regionen schon zu großen Problemen, auch für die Landwirte, geführt hat. Dass eine Ursache dafür der umfangreiche Maisanbau ist, ist auch eine Tatsache.

Der Herr Minister hat es schon vorweggenommen: Wenn man die Schweine um 70 % reduzieren will, müsste man auch die Fläche des Maisanbaus reduzieren. Die gute Nachricht ist, dass der Maisanbau seit 2012 um 30.000 ha zurückgegangen ist.

Ganz nebenbei ist dieses Thema natürlich nicht nur im Hinblick auf die Wildschweine interessant, die sich im Mais wohlfühlen, sondern auch im Hinblick auf die Bienen, die sich im Mais überhaupt nicht wohlfühlen. Insofern ist die Frage des Maisanbaus für uns auch eine existenzielle.

Ich will aber nicht vom Thema ablenken. Die Ausbreitung der Schweinepest erfolgt zwar auch von Wildschwein zu Wildschwein, aber die gefährlichste Infektion kann durch Tiertransporte, touristische Reisen, Futtermittelimporte und so weiter erfolgen. Deshalb ist es gut, dass auch der Bund hier langsam aus dem Quark kommt und die Hygienevorschriften für Transporte verschärfen will.

Menschen sind die Überträger nicht im medizinischen Sinne, aber sie verbreiten den Virus zum Beispiel über das berühmte Wurstbrot auf dem Autobahnrastplatz, von dem Kollege Harms zu Recht sagt, man solle Wurstbrote generell nicht in den Mülleimer werfen, sondern essen.

Als vordringliche Maßnahme sehe ich daher nicht die Bejagung der Wildschweine, sondern die Kontrolle der Futtermittel- und Lebensmittelströme sowie der Tiertransporte. Hier müssen sich die Wirtschaftsteilnehmer, Transportunternehmer, Händler, Züchter, Mäster, Schlachtbetriebe, klarmachen, dass der Staat nicht alles regeln kann. Sie stehen selbst auch in der Pflicht, maximale Vorsicht und Vorsorge walten zu lassen.

Meine Damen und Herren, die Schweine tragen keine Schuld an der Pest, und die Tiere, ganz gleich ob im Stall oder im Wald, müssen in unserem Fokus bleiben. Deshalb dürfen bei der Jagd auch nicht sämtliche Tierschutzaspekte über Bord geworfen werden. Ich bin Hauke Göttsch sehr dankbar, dass er auch das ausgeführt hat. Bachen, also weibliche Wildschweine, die gerade Frischlinge geworfen haben, abzuschießen, heißt, dass diese Frischlinge verhungern. Das ist nicht waidmännisch. Ich sage Ihnen: Mein Vater, der auch gejagt hat, würde sich im Grabe umdrehen.

(Kirsten Eickhoff-Weber)

Meine Damen und Herren, zur Wahrheit gehört, dass das Risiko auch durch hohe Tierdichten besonders hoch ist. Ich spreche hier nicht von der Wildschweindichte, sondern von der hohen Dichte bei der Nutztierhaltung. In Schleswig-Holstein gibt es 1,5 Millionen Schweine bei 2,8 Millionen Einwohnern. Das ist ein halbes Schwein pro Einwohner. Im Kreis Cloppenburg sind es sogar sieben Schweine pro Einwohner. Die Intensivtierhaltung mit einer hohen Konzentration von Tieren in bestimmten Regionen ist ebenfalls ein Risikofaktor. Das gilt auch für andere Tierseuchen wie die Vogelgrippe.

Die Konsequenz aus dem Auftreten von Tierseuchen darf es nicht sein, noch mehr Tiere in noch besser gesicherten Hochsicherheitsställen zu konzentrieren und artgerechten Freilandhaltungen den Garaus zu machen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weniger Tiere, artgerechte Haltung, Züchtung auf Gesundheit und Lebensleistung statt auf hohe Mast-, Lege- oder andere Leistungen könnte die Robustheit unserer Nutztierbestände erhöhen und das Risiko vermindern.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete!

Eine Landwirtschaft, die sich weiniger an globalen Märkten, sondern am regionalen Bedarf orientiert, die das benötigte Futter in der Region selbst erzeugt und auf kurze Wege setzt, kurze Wege zu Schlachtstätten, die ökologisch sind und Tierleid vermindern helfen

Frau Abgeordnete, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen!

- richtig! -,

(Heiterkeit)

das sind Forderungen, die wir Grüne im Land, im Bund und in Europa vertreten werden. Ich weiß, dass es angesichts der drohenden Herausforderungen -

Bei aller Konzilianz!

Auch ich wünsche mir, dass die Afrikanische Schweinepest Schleswig-Holstein nicht erreicht. Vielen Dank, Herr Minister, für die Präventionsmaßnahmen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Oliver Kumbartzky das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Schweinezucht und die fleischverarbeitenden Betriebe hätte ein Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland verheerende Konsequenzen. Die ASP ist eine große Gefahr für die Landwirte und kann schlimmstenfalls für mehrere von ihnen den Ruin bedeuten. Daher beobachten natürlich auch wir die Ausbreitung der Seuche in Osteuropa mit großer Sorge.

Es muss alles Mögliche dafür getan werden, um die Ausbreitung der ASP zu verhindern. Wir als FDPFraktion begrüßen die von Minister Robert Habeck eben skizzierten Initiativen und die von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern skizzierten Initiativen. Wir danken wirklich allen Beteiligten für ihr Engagement in dieser Sache.

(Beifall FDP, CDU und AfD)

Meine Damen und Herren, das Land muss Vorsorge treffen und für den Ernstfall vorbereitet sein. Es ist wichtig, eng mit den entsprechenden Verbänden, Unternehmen, Behörden und weiteren Akteuren zusammenzuarbeiten und im stetigen Austausch zu sein. Herr Minister Habeck, Sie haben vollkommen recht, wenn Sie sagen, dass wir die Anstrengungen zur Abwehr der Tierseuche verstärken und bündeln müssen.

Risiken sind natürlich zu vermeiden. Deshalb ist verstärkte Hygiene in schweinehaltenden Betrieben und bei Transporten absolut vonnöten. Richtig und wichtig ist, dass das Land Personal im Ministerium und im Landeslabor aufstockt. Ebenso sind eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und Information aller Beteiligten erforderlich. Sehr zu begrüßen ist auch die Tatsache, dass in den kommenden Monaten ei

(Eka von Kalben)

ne weitere Tierseuchenübung stattfinden wird, bei der die Abläufe trainiert werden sollen.