Protokoll der Sitzung vom 21.02.2018

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Damit will ich das Zinsänderungsrisiko nicht kleinreden. Angesichts der zu erwartenden Belastungen aus dem Verkauf der HSH Nordbank und unserer Verschuldung bleiben die Zinsausgaben eines der bedeutendsten Risiken auf unserer Ausgabenseite.

(Christopher Vogt [FDP]: Was denn jetzt?)

Aber dann, Herr Koch - Herr Vogt -

(Zuruf Lukas Kilian [CDU])

- Herr Vogt heißt Herr Koch, Herr Koch heißt Herr Vogt, ja.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht verstanden! - Weitere Zurufe)

Ich frage Sie, wieso Sie dann nicht mehr Geld in die Schuldentilgung stecken. Das haben Sie doch in der Hand. Im Gegenteil: Mit der Nachschiebeliste haben Sie die Tilgung sogar noch um 23 Millionen € reduziert.

(Tobias Koch [CDU]: Wenn wir 40 Millio- nen € für die HSH in die Hand nehmen, sind das netto plus 17 Millionen €!)

Aber was tut Jamaika? - Das Geld wandert in Sondervermögen, die mindestens zwei der Regierungsparteien vor der Wahl noch als überflüssig und hochgradig albern bezeichnet haben. Rund 850 Millionen € liegen dort, von denen in diesem Jahr nicht einmal die Hälfte ausgegeben werden kann. Sie loben sich für die historisch hohe Investitionsquote von fast 10 %. Angesichts der gestiegenen Einnahmen ist es aber keine Kunst, jetzt zu investieren. Herr Koch, Ihre Reden liefern immer wunderbare

(Beate Raudies)

Zitate. In einer Ihrer letzten Reden zitierten Sie den früheren Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen, der so schön gesagt habe: Das hätte meine Oma auch gekonnt! - Das gebe ich Ihnen hier gern einmal zurück: Das hätte meine Oma bei den Einnahmen auch gekonnt!

(Unruhe)

Außerdem hat Ihnen - auch wenn Sie das nicht gern hören - die Küstenkoalition hier ein gut bestelltes Feld hinterlassen. Zitat von Frau Heinold:

,,Die konsequente Haushaltsdisziplin zahlt sich nun positiv aus …“

Das hat Frau Heinold in einer Pressemitteilung im Januar 2018 erklärt. - Vielen Dank für dieses Lob, Frau Heinold! Es bestätigt im Nachhinein die Richtigkeit der rot-grün-blauen Haushaltspolitik. - Jetzt könnt ihr eigentlich mal klatschen.

(Vereinzelter Beifall SPD - Heiterkeit und Zurufe)

Die finanziellen Freiräume, die die Küstenkoalition in den letzten Jahren hart erarbeitet hat, stehen Ihnen nun zur Verfügung. Gehen Sie verantwortungsvoll mit diesem Erbe um! Unser Land ist zu wertvoll, als es für ein Prestigeobjekt zu opfern. Ihnen fehlt es nicht am Geld, sondern am politischen Gestaltungswillen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags den Geschäftsführer des Pferdesportverbandes Schleswig-Holstein, Herrn Matthias Karstens. - Herzlich willkommen, Herr Karstens!

(Beifall)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Raudies! Machen Sie sich als Sozialdemokratie im Landtag doch nicht so klein! Sie werfen der Jamaika-Koalition auf der einen Seite vor, die Politik der Küstenkoalition fortzusetzen, und sprechen im nächsten Absatz davon, dass das, was hier vorliegt, ein Armutszeugnis sei.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir haben ein besseres Abschlussurteil über das, was wir in der Küstenkoalition gemeinsam erreicht haben. Wir stehen nach wie vor dazu.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Wir halten es natürlich für richtig und sinnvoll, dass weite Teile der guten Finanzpolitik aus der letzten Wahlperiode jetzt in einer neuen Koalition fortgesetzt werden. Entscheidend ist - und das hat sich nicht geändert -, dass Monika Heinold Finanzministerin ist. Sie prägt diesen Landeshaushalt. Das hat sie in den letzten fünf Jahren getan, und das wird sie auch in dieser Wahlperiode weiter erfolgreich tun.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Für uns ist Haushaltspolitik Gesellschaftspolitik. Es geht darum, im Großen und Kleinen festzulegen, in welche Richtung sich Schleswig-Holstein entwickeln soll. Haushaltspolitik macht man nicht nur mit dem Taschenrechner, sondern um unsere Gesellschaft nachhaltig zu entwickeln. Wir Grüne sind überzeugt davon, dass es uns in der Koalition mit dem Landeshaushalt 2018 gelungen ist, unsere Gesellschaft in die richtige Richtung zu entwickeln.

Schleswig-Holstein wird ökologischer, weltoffener und gerechter. Das ist ein gutes Signal für alle Menschen bei uns im Land.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser größter Schwerpunkt in der Jamaika-Koalition ist die Bildungspolitik. Die Unterrichtsversorgung ist in unserem Land in den letzten Jahren deutlich besser geworden - das ist gut so -, allerdings ist sie noch nicht gut genug. Deshalb ist der wichtigste Haushaltsbeschluss am heutigen Tag, dass wir erheblich mehr Lehrerinnen- und Lehrerstellen schaffen. Statt 495 Stellen abzubauen, wie es die alte Personalplanung vorsah, schaffen wir 395 neue Stellen. Im Ergebnis sind dies 890 Lehrerinnen- und Lehrerstellen mehr als geplant. Das ist eine gute Nachricht für die Schülerinnen und Schüler, die besseren Unterricht bekommen werden, das ist aber vor allem auch eine gute Nachricht für die vielen Lehrkräfte im Land, die täglich unter enormen Belastungen und mit viel Stress große Lücken in unserem Bildungssystem durch persönlichen Einsatz kompensieren müssen.

(Beate Raudies)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Anders als der Landesrechnungshof - Frau Schäfer, sehen Sie es mir nach - glauben wir, dass gute Bildung nur gelingen kann, wenn wir mehr Lehrerinnen- und Lehrerstellen schaffen und absehbar eine Unterrichtsversorgung von 100 % erreichen.

Der erfolgreiche Start ins Leben und für gute Bildung fängt aber deutlich vor der ersten Klasse an. Es ist deshalb richtig und wichtig, dass unsere Jamaika-Koalition bereits im ersten Jahr der Zusammenarbeit massiv in die Kitas investiert. 42 Millionen € mehr als 2017 investiert das Land für die Betriebskosten im Kita-Bereich. Dies gilt sowohl für den größeren Bedarf an Ü-3- und U-3-Plätzen als auch für bessere Betreuungsqualität, beispielsweise durch die zweite Kraft am Nachmittag. Hinzu kommen weitere Millionen für Sprachförderung, Inklusion und ein Ausbau der Familienzentren. Das ist erst der Anfang. In dieser Wahlperiode wird der Kita-Bereich insgesamt um mehrere 100 Millionen € im Vergleich zu 2017 gestärkt. Hier setzt Jamaika einen richtigen Schwerpunkt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Neben den Ausgaben für Lehrerinnen- und Lehrerstellen investieren wir aber auch in Schulgebäude. Schimmelige Klassenzimmer und räudige Schultoiletten gehören in vielen Schulen in Schleswig-Holstein leider zum Alltag. Der Sanierungsbedarf in unseren Schulen ist so groß, dass viele Kommunen hier nicht allein handeln können. Deshalb stellen wir Fördermittel zur Verfügung, und zwar mit Erfolg.

Ich war Freitag zu Gast an der Fridtjof-NansenSchule in Flensburg. Dort gab es - wie an sehr vielen Schulen im Land - ziemlich räudige und eklige Schultoiletten. Viele Schülerinnen und Schüler mieden aus Ekel den Toilettengang, der Vandalismus nahm zu. Als das Land - auch auf grüne Initiative - vor eineinhalb Jahren ein Sanierungsprogramm für Schultoiletten initiierte, war das Gelächter bei einigen hier im Haus sehr groß. Vor Ort wurde das Programm aber dankbar aufgenommen und war schnell überzeichnet.

Die Stadt Flensburg hat sich sofort mit einigen Anträgen beworben, und die meisten Toiletten sind bereits erneuert worden. Die Freude darüber ist vor Ort groß. Schülerinnen- und Schülervertretungen sowie Schulleitungen haben mich gebeten, den Dank an alle weiterzugeben, die damals den Weg für dieses Sanierungsprogramm freigemacht und

dafür die Hand gehoben haben. Das möchte ich hiermit tun. Es ist ein gutes Zeichen, dass wir in der Jamaika-Koalition beschlossen haben, dieses Programm fortzuführen, und Schultoiletten auch in anderen Schulen saniert werden können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Martin Habersaat [SPD])

Auch unsere Hochschulen profitieren von vielen Investitionsmitteln zur Gebäudesanierung. Es wird ein neues Seminargebäude - höchstwahrscheinlich an der Europa-Universität in Flensburg - gebaut, es werden eine Reihe von Schwerpunktprofessuren in den Haushalt eingestellt, beispielsweise für E-Government, europäisches Recht oder auch für den von Ole Plambeck bereits angesprochenen Bauingenieur-Studiengang.

Es gibt aber auch gesellschaftliche Entwicklungen, die anders sind als in den letzten Jahren, die uns zunehmend beschäftigen und die dazu führen, dass wir vor veränderten Rahmenbedingungen stehen. Unsere Demokratie wird massiv von rechts außen beschossen und von immer mehr Menschen infrage gestellt. Hetze gegen Minderheiten nimmt zu. Das ist eine Entwicklung, die uns im Parlament nicht kaltlassen darf. Wir wollen unsere Demokratie stärken und unsere Gesellschaft zusammenführen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Dazu brauchen wir funktionierende Institutionen. Überarbeitete Richterinnen und Richter oder durch über Überstunden geplagte Polizistinnen und Polizisten schaden unserem Rechtsstaat. Wir Grüne stimmen deshalb einer weiteren Aufstockung der Zahl der Polizeianwärterinnen- und Polizeianwärterstellen um insgesamt 400 Stellen, der Personalaufstockung bei der Justiz sowie einer besseren Sachausstattung der Polizei aus voller Überzeugung zu.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Nur mit einer gut aufgestellten und demokratisch verankerten Polizei und Justiz kann unsere Gesellschaft zusammengehalten werden. Doch ohne zivilgesellschaftliches Engagement ist alles nichts. Wenn rechte Gewalt laut Verfassungsschutzbericht auch in Schleswig-Holstein massiv zunimmt, wenn Asylsuchende oder Menschen, die sich für unsere Demokratie starkmachen, von Rechtsradikalen und deren Sympathisanten massiv eingeschüchtert und bedroht werden, dann ist es unsere Aufgabe hinzuschauen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Bera

(Rasmus Andresen)

tungsstelle für die Opfer von rechten Übergriffen zebra e.V. in Kiel - durch den Haushalt stärken.

Wenn knapp 50 % der Deutschen inzwischen der Aussage zustimmen, dass Sinti und Roma aus unseren Innenstädten verbannt gehören, oder es 41 % ekelerregend finden, wenn sich zwei Männer in der Öffentlichkeit küssen, ist es unsere Aufgabe, dieser Diskriminierung entgegenzuwirken.