Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

Beim Nahrungserwerb geht es - wie gesagt - darum, sich zu ernähren, und es gibt Beispiele dafür. Wenn jemand zum Beispiel einen 50-cm-Hecht gefangen hat, obwohl er gern einen 70-cm-Hecht fangen wollte, weil der satter macht - ganz ehrlich, dafür sind Kühltruhen erfunden, und die sind dann dafür zu nutzen.

Das andere ist die Hege und Pflege. Hier ein Beispiel. Bei Schonzeit und Laichzyklus sind die Regelungen klar, dann geht der Fisch wieder zurück ins Wasser. Andere Beispiele, die dafür genannt werden, sind sogenannte Mutterfische, zum Beispiel ein Dorsch, der mit seinem Alter exponentiell mehr laicht. Da kann es Gründe dafür geben, dass dieser im Gewässer bleiben sollte, weil es sich lohnt, weil diese Fische in der Reproduktion deutlich effektiver sind.

Ein anderer Grund kann Raubfischmanagement sein. Wie gehe ich mit einem Wels in einem Gewässer um, in dem gar kein Wels sein sollte? Der frisst ja nicht nur Insekten, Muscheln und kleine Fische, sondern auch Ratten, Vögel und anderes ab einer gewissen Größe. Wie gehe ich dann mit dem Wels um? Auch darüber muss man diskutieren. Das Landesfischereigesetz widmet sich diesem Thema, insbesondere im Bereich Catch and Release. Catch and Release ist nicht nur die Praxis im Sinne der Hege und Pflege, sondern es wird in fast allen Ländern außerhalb Deutschlands auch in der Sport-,

(Klaus Jensen)

Event- und Tourismusbranche praktiziert. Das ist eine gefährliche Entwicklung.

Ich nenne ein Beispiel: Es gab den Karpfen Mary. Karpfen Mary lebte in einem See bei Ludwigshafen am Rhein und führte eigentlich ein ganz idyllisches Leben. Das Problem war, dass Karpfen Mary über 40 kg wog, und wir wussten alle fast monatlich, wie viel Kilo er zugenommen hat, weil er immer wieder aus dem See herausgefischt, gewogen und fotografiert wurde, für Facebook, Instagram und so weiter, und danach wieder ins Wasser zurückgeschmissen wurde.

(Zurufe SPD)

Das stand immer wieder zur Debatte, immer wieder wurde dieser Karpfen herausgezogen, bis er 2013 schließlich verendet ist. Ich habe kein Verständnis für diese Selfie-Fischerei.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Problem besteht nicht nur aus Tierschutzsicht, sondern auch ganz viele Anglerinnen und Angler sind davon genervt, von diesen Leuten, die den Fisch immer wieder herausziehen und nur an den See kommen, um einen Fisch herauszuziehen, ein Foto zu machen und ihn anschließend wieder reinzuschmeißen. Auf diese Leute hat die Szene häufig keinen Bock, weil das ein falsches Bild der Fischerei im Land vermittelt. Dennys hat es angesprochen, viele haben ein großes Interesse am Gewässerschutz, viele haben ein großes Interesse daran, wie es mit dem Gewässer in Zukunft weitergehen soll und wie sich der Artenbestand entwickeln wird.

Wir müssen an dem Runden Tisch diskutieren, weil es Punkte gibt, über die man sprechen kann. Im Bereich Raubfischmanagement, im Bereich Mutterfische, im Bereich Hege und Pflege wird man darüber diskutieren können und auch in Teilen beim Nahrungserwerb, wenn man einen 2-m-Wels angelt, der aber häufig nicht verzehrbar ist. Es gibt aber auch Gefahren. Ich möchte davor warnen, die Tür von Catch and Release weit zu öffnen, denn das führt zu etwas, was dem Tierschutz in unserem Sinne definitiv nicht entspricht.

Insofern freue ich mich auf kritische und konstruktive Debatten. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt CDU und FDP)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich gebe zu, bis heute Mittag habe ich ernsthaft daran gedacht, diese Rede nur zu Protokoll zu geben, werter Herr Kollege Bornhöft; denn der Antrag erschien mir doch auf den ersten Blick recht dünn. Die Kollegin Frau Metzner hat das ja auch schon ausgeführt. Wer kann schon etwas gegen einen Runden Tisch haben? Es ist ja völlig in Ordnung, wenn man miteinander redet, wenn man mit den Experten und Betroffenen an einem Tisch zusammenkommt und die Probleme, die es gibt, offen bespricht. Das gilt natürlich auch für die Freizeitfischerei. Wir sind davon überzeugt, dass nur im Dialog mit den Anglern und Fischern ein tragfähiges Ergebnis für dieses Problem zu erzielen ist. Somit ist das Ansinnen des Antrags natürlich positiv zu bewerten.

Grundsätzlich muss man aber sagen - Kollege Jensen hat es auch schon erwähnt -, es gibt kein Tötungsgebot für Fische, die über das Schonmaß hinausgehen. Insofern ist die Begründung für den Runden Tisch für mich nicht ganz nachvollziehbar. Ich gehe davon aus, dass Angler aus einem guten Grund angeln gehen, nämlich um den gefangenen Fisch auch zu verwerten. Insofern können sie als Fachleute vor Ort selbst entscheiden, was mit ihrem Fang geschieht, und ihn gegebenenfalls zurückwerfen. Das funktioniert ja in der Praxis auch ganz gut, weil die meisten Angler doch sehr verantwortungsbewusst sind.

Hintergrund des Antrags scheint der Wunsch zu sein, ein höheres Maß an Rechtssicherheit für Angler und Fischer zu erreichen. Das wiederum ließe sich aber nur über eine Änderung des Landesfischereigesetzes herstellen. Wir wissen alle, dass genau das im Koalitionsvertrag nicht vereinbart wurde. Deswegen wird es eine Gesetzesänderung und mehr Rechtssicherheit für Angler mit den Grünen nicht geben - wir haben es gerade noch einmal gehört -, zumindest solange Jamaika am Ruder ist.

Mit der AfD wird es immer alternative Lösungen geben, auch wenn es um Freizeitfischer geht. Die AfD steht für eine Beteiligung der Fischer und Angler an der Gesetzgebung. Wir befürworten diesen Runden Tisch und wünschen ihm viel Erfolg. Wir befürworten auch die Überweisung des Antrags in den Ausschuss. Wir wünschen auch, dass es irgendwann einmal mit einer Gesetzesänderung klappt. - Viel Glück!

(Beifall AfD)

(Lasse Petersdotter)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Vorab eine Bemerkung zu Runden Tischen. Sie sind ein Instrument, das sich bereits in vielen Fachbereichen bewährt hat. Gerade durch die Einbindung der Betroffenen aller Seiten kann man auf einer guten Grundlage viel erreichen. Nicht zuletzt im sozialen Bereich hat sich das gezeigt. An einem Runden Tisch ist manches möglich, was nicht in dem starren Rahmen einer Ausschusssitzung einfach möglich ist. Darum hat der SSW in der Vergangenheit die Runden Tische immer unterstützt. Natürlich dürfen sie weder Regierungshandeln noch den parlamentarischen Entscheidungsprozess ersetzen. Sie können aber eine sinnvolle Ergänzung sein, weil sie ein niedrigschwelliges und informelles Gremium für die Betroffenen sein können.

Mein bisheriger Eindruck war, dass CDU und FDP eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legen, wenn es um die Etablierung von Runden Tischen ging, zumindest in der Sozialpolitik,

(Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW] und vereinzelt SPD)

zuletzt bei dem Wunsch der Landeskoordinierungsstelle für Hospiz- und Palliativmedizin, in Zeitintervallen einen Runden Tisch abzuhalten. Aber der vorliegende Antrag zeigt ja, dass Sie durchaus gewillt sind, auch einen Runden Tisch als Möglichkeit einzurichten.

(Beifall SSW, SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Im vorliegenden Antrag geht es um die Fische, die ich hätte fast gesagt - länger als erlaubt sind, nein, die das Mindestmaß überschreiten. So muss beispielsweise ein Wels mindestens 70 cm groß sein, damit er auch gefangen und mitgenommen werden darf. Für diesen Welse gilt: Guten Appetit! Denn Fische, die das Mindestmaß überschreiten, sind ausdrücklich zum Verzehr vorgesehen.

(Beifall Lars Harms [SSW])

Anders sieht es mit den Fischen aus, die das Mindestmaß unterschreiten. Hier gibt es ganz klare Regeln. Ich zitiere die Binnenfischereiverordnung des Landes Schleswig-Holstein:

,,Es ist verboten, Fische, die das für sie festgelegte Mindestmaß unterschreiten... , sich anzueignen, anzulanden, zu befördern, zu verkaufen oder anderweitig zu verwerten sowie... zu töten.“

Ausnahmen gelten nur für Fische, die offensichtlich nicht überlebensfähig sind, weil sie beim Fischen verletzt wurden. Fische, die das Mindestmaß erreichen oder darüber liegen, sind für den Verzehr vorgesehen. So ist die Rechtslage.

Einigen Anglern geht es aber gar nicht um den Fisch, sondern um das Angeln an sich. Wer aber nur angelt, um die Fische anschließend wieder freizulassen, das sogenannte Catch and Release, verhält sich demnach zumindest in Schleswig-Holstein gesetzeswidrig. Fangen und Aussetzen widerspricht dem Tierschutz und ist deswegen verboten.

Nun wissen wir, dass Catch and Release bei einigen Anglern sehr beliebt ist und dass es auch Fischarten gibt, die ab einer bestimmten Größe nicht mehr zum Verzehr geeignet sind. Vielleicht hat man aber auch einen Fisch an der Angel, den man gar nicht haben wollte. Somit entstehen durchaus Fragen, die in diesem Zusammenhang geklärt werden sollten, meinetwegen auch im Rahmen eines Runden Tisches.

Doch aus dem Antrag geht nicht hervor, wer an dem Tisch teilnehmen soll. Da muss man erst einmal im Koalitionsvertrag nachgucken, was man als Opposition ja auch tut, wenn man einen Antrag der Koalition nicht eindeutig versteht.

(Unruhe - Glocke Präsidentin)

Dort sind dann auch die Teilnehmer des „Runden Tisches“ aufgeführt. Er soll sich aus Anglerinnen und Anglern sowie Sportfischerinnen und -fischern zusammensetzen. Diese sollen dann über die Zulässigkeit des Zurücksetzens von maßigen Fischen diskutieren. Hier stellt sich für mich die Frage, wer bei diesem Punkt bei den Koalitionsverhandlungen nicht richtig aufgepasst hat. Das kann doch nicht so gemeint sein. Das ist doch so, als würde man einen Runden Tisch zur Lkw-Maut einführen, an dem nur Teilnehmer aus der Logistikbranche teilnehmen.

Ich habe einmal gehört, dass ein Koalitionsvertrag keine Bibel ist. Ich gehe davon aus, wenn es der Koalition ernst mit diesem Thema ist, dass sich die Zusammensetzung des Runden Tisches ganz anders darstellen wird; denn wir brauchen eine bestimme Vielfältigkeit. Ansonsten ist ein Runder Tisch für die Katz. Ich bin gespannt darauf, wie das Ergebnis eines solchen Runden Tisches aussieht. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kollegen, ich weiß, es ist spät. Aber es wäre schön, wenn Sie jetzt auch noch unserem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Dr. Robert Habeck, die ihm zustehende Aufmerksamkeit zollen würden. Herzlichen Dank.

Ich danke ebenfalls. Die Debatte hat ja gezeigt, dass das Problem, das so niedlich daherkommt, tatsächlich real existiert und die Abgrenzung oder Abwägung gut überprüft werden kann. Sollte der Landtag den Antrag ablehnen, wovon ich nicht ausgehe, würde ich den Runden Tisch trotzdem einberufen.

(Heiterkeit und Beifall FDP)

Wenn Sie zustimmen, dann umso lieber. Ich fand die Anregung des Kollegen Flemming Meyer, auch den Beirat für Tierschutz oder Tierschutzorganisationen mit einzubeziehen, sehr hilfreich. Das werden wir bestimmt hinbekommen. - Vielen Dank für die Debatte. Schönen Feierabend!

(Beifall im ganzen Haus)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Herr Schnurrbusch, Sie sagten vorhin, Sie befürworten die Überweisung in den Ausschuss. Mir liegt aber kein Antrag auf Ausschussüberweisung vor. Ich gehe davon aus, dass Sie einen solchen nicht gestellt haben.

(Heiterkeit - Volker Schnurrbusch [AfD]: Danke für die Korrektur - nehme ich gern entgegen!)

Insofern stimmen wir jetzt in der Sache ab. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Dann ist der Antrag mit den Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP, CDU und AfD bei Enthaltung der SPD so angenommen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 34 auf:

Tätigkeit des Petitionsausschusses in der Zeit vom 01.04.2017 bis 30.06.2017

Bericht des Petitionsausschusses Drucksache 19/506