schäftigt hat, warum die Sache, die seit 50 Jahren im Gespräch ist - eine Deutsche Küstenwache -, bisher keine Umsetzung gefunden hat. Die Antwort darauf ist meines Erachtens ganz klar, denn der Teufel liegt im Detail und sich mit Detailfragen zu beschäftigen, ist nicht so sehr Ihre Sache.
Wir haben eben schon davon gehört: 1998 havarierte die „Pallas“ und trieb auf die deutsche Nordseeküste zu. Vor Amrum lief das Schiff auf Grund und verlor 244 t Öl. An Land stritten derweil unterschiedlichste Behörden um Kompetenzen. Das, meine Damen und Herren, würden wir so heute nicht mehr erleben.
Unsere deutschen Küsten sind circa 1.000 km lang, und es sind viele Bundes- und Länderdienste, aber auch ehrenamtliche Organisationen zum Schutz vor Gefahren und im Ernstfall zur Beseitigung von Schadensereignissen unterwegs. Welche Farbe deren Boote dabei haben, meine Damen und Herren, ist in meinen Augen kein wirkliches Problem.
Der Untergang der „Pallas“ war eine Katastrophe, aus der die Politik überparteilich ihre Lehren gezogen hat und auf die sie auch praktisch reagiert hat. Es wurde bereits gesagt: 2003 wurde das Havariekommando mit Sitz in Cuxhaven gegründet, das bei komplexen Schadenslagen ein eigenes Lagezentrum bildet. Von dort werden beispielsweise Expertenteams im Bereich der Schadstoff-, Brandbekämpfung und der Gefahrengutbeseitigung ebenso koordiniert wie die Versorgung von Verletzten. 2017 wurde das Maritime Sicherheitszentrum, ebenfalls in Cuxhaven, eingeweiht. Dort sind nun alle Leitstellen zusammengefasst, die bei besonderen Einsatzlagen auf See gemeinsam und aufeinander abgestimmt reagieren. Das sind mehr als zehn verschiedene Dienste - ich erspare es mir jetzt, sie hier aufzuzählen -, die zu einem Bündel zusammengeführt wurden und die miteinander kooperieren. Ich bin mir sicher, dass sie das im Ernstfall auch sehr gut täten. Und ja: Man kann davon träumen, dass alle unter der Befehlsgewalt einer einzelnen Behörde stehen - wobei Sie ja die Landesorganisationen wohlweislich noch außen vor gelassen haben.
- „Stimmt nicht“ ist auch gut, denn dann stimmt ja meine Argumentation wieder. - Es gibt zwei Probleme, die Ihr Antrag hat und die Sie unter den Tisch fallen lassen:
Wenn man Verwaltungen aus dem Bund, aus dem Land und aus den Kommunen miteinander verbinden und daraus eine Behörde machen will, ist das eine Form von Mischverwaltung, die uns verfassungsrechtlich verboten ist.
Ich glaube, viel entscheidender - weil es das praktische Leben noch einmal ganz besonders betrifft -, ist: Es sind insbesondere die süddeutschen Länder, die sich einer solchen Lösung aus finanziellen Gründen bisher verweigert haben.
Weil das alles bekannt ist, halten wir es für angemessen und richtig, ein funktionierendes System, nämlich das Maritime Sicherheitszentrum, zum jetzigen Zeitpunkt so zu belassen, wie es ist.
Meine Damen und Herren, am Dienstagabend durfte ich als Beobachterin an einer Terrorübung der Bundespolizei, der Landespolizei und vieler anderer Behörden in Lübeck teilnehmen.
- Im Hauptbahnhof. - Beeindruckenderweise haben dort über 700 Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Bereichen gezeigt, wie man gut zusammenarbeitet. Solche Übungen, Herr Nobis, sind durch nichts zu ersetzen. Das gilt auch und insbesondere für das Maritime Sicherheitszentrum mit all seinen Kooperationspartnern. Das sind die Dinge des Alltagslebens, auf die man sich bei so einer Problembewältigung tatsächlich konzentrieren sollte.
Denn durch diese regelmäßigen Übungen ergeben sich immer wieder neue Ansatzpunkte zu Verbesserungen im Zusammenspiel der Institutionen. Die daraus entstehenden Sicherheitskonzepte müssen an die sich wandelnden Sicherheitslagen angepasst werden. Ich und meine Fraktion sind uns sicher, dass das auch passiert.
Mit dem gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW, den wir hier gestellt haben, stärken wir noch einmal diesen Ansatz. Es ist ein Antrag, der sich an den Möglichkeiten des realen Lebens orientiert und keine Luftschlösser baut, wie Sie von der AfD das machen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Forderungen nach einer einheitlichen nationalen Küstenwache und das Ringen um ein wirksames, zeitgemäßes Gefahrenabwehrkonzept sind überhaupt nicht neu. Wir haben unterschiedliche Bundes- und Landesbehörden, die mit speziellen gesetzlichen Aufgaben und speziellen Fahrzeugen ihre Aufgaben erledigen. Da mag es naheliegend sein, durch eine Umorganisation und Zusammenlegung anzustreben, technische Kapazitäten - besonders Schiffe - einzusparen. Aber einer einfachen Zusammenlegung stehen aktuell nicht nur grundgesetzliche Hürden entgegen: Auch normalgesetzliche Hürden stehen zwischen der weitreichenden Befugnis des Zolls im Alltag auf der einen Seite und der der Fischereiaufsicht oder auch den breiten Aufgaben der Landespolizei auf der anderen Seite.
In vergleichbaren Küstenregionen weltweit ist nirgends - vom Tonnenleger über die Fischereiaufsicht, den Zoll, bis hin zur Wasserschutzpolizei des Landes - alles in einer Führung und möglichst auf einem Boot zusammengefasst. Da sollten auch nicht die schnittigen, kräftigen Boote der Coast Guards im Film als Beleg dafür dienen, wie es irgendwie zu gehen hat. Es kann auch nicht darum gehen, diese hohen und gerechtfertigten Hürden zu überwinden und alle erst einmal unter einer Führung zusammenzufassen.
Es ist aber Ziel dieses Koalitionsvertrages, die Sicherheitsarchitektur an der Küste durch ein zeitgemäßes Gefahrenabwehrkonzept weiterzuentwickeln und die verschiedenen maritimen Dienststellen mit ihren unterschiedlichen Aufgaben, Herausforderungen und Kompetenzen zusammenzuführen. Das steht in diesem Koalitionsvertrag, das stand auch in vielen vorherigen Koalitionsverträgen und Parteiprogrammen.
Maritime Gefährdungs- und Schadenslagen sind häufig sehr komplex. Ohne eine enge Vernetzung und Verzahnung zwischen den unterschiedlichen zuständigen Behörden des Bundes und der Länder kann es zu Sicherheitsrisiken kommen, die ein schnelles, sicheres Handeln unterbinden. Das aber
ist bei Schiffshavarien einfach erforderlich; das haben vorher die Kolleginnen und Kollegen bereits sehr deutlich gesagt.
Bei Schaffung und Aufbau des Havariekommandos und später des gemeinsamen Maritimen Lagezentrums in Cuxhaven haben in den letzten 15 Jahren des Aufbaus wichtige Optimierungen stattgefunden, was die Sicherheitsarchitektur anbelangt. Seit 2003 besteht das Havariekommando, seit 2007 unter einem Dach mit dem MSZ, und seit 2017 - das möge man sich auch vor Augen halten - ist alles in einem Raum zusammengefasst.
Auf dem bisher Geschaffenen muss einfach aufgebaut werden. Das enge Netzwerk der Partner im MSZ muss sich weiter zu einer integrierten nationalen Küstenwache entwickeln. Dabei soll auch eine weiter zu stärkende europäische Behörde wie die EMSA, also die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, noch stärker in die integrierte Zusammenarbeit der Küstenwachen eingebunden werden.
Vom Verwaltungs- und Rechtsrahmen einer integrierten Küstenwache kommen wir schnell zu den Fragen einer Anpassung des Grundgesetzes. Bei der engen integrierten Zusammenarbeit des Netzwerkes unserer Küstenwache müssen föderale Prinzipien, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Datenschutz, besonders die parlamentarische Kontrolle und noch wichtiger - die strikte Trennung von Polizei und Militär in der Zuständigkeit und in der Führung gewahrt bleiben.
Wir haben die Diskussion um die zu Recht hohen Hürden im Grundgesetz. Daran dürfen und werden die kontinuierlichen Verbesserungen der Sicherheitsarchitektur für die Sicherheit an der Küste und auf dem Meer sowie die dafür erforderlichen Investitionen nicht scheitern. Dazu gehört auch eine zu jeder Zeit klare Kompetenzzuteilung. Wenn ich die Unterlagen lese, stelle ich fest, wir sind auf einem sehr guten Weg. Die Sache ist klar: Der AfD-Antrag ist abzulehnen, und dem Antrag aller anderen Parteien hier im Parlament ist zuzustimmen. Das ist auch ein starkes Signal dafür, wohin die Diskussion über die Organisation einer nationalen Küstenwache gehen kann. - Vielen Dank.
Hohes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bestrebungen für eine nationale Küstenwache gibt es seit vielen Jahren, und obwohl sich schon sehr viel getan hat, ist der ganz große Durchbruch leider noch nicht gelungen. Es macht daher Sinn, sich Gedanken über einen neuen Fahrplan zu machen hin zu mehr maritimer Sicherheit, und zwar hin zu mehr standardisierter, vorbereiteter Sicherheit.
Aber mit dem vorliegenden Antrag der AfD würden wir den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Es reicht eben nicht aus, einen Satz aus dem Koalitionsvertrag herauszuschreiben und etwas aus einem Positionspapier mit Copy and Paste zu übernehmen. Man muss sich schon eigene Gedanken machen und Ideen entwickeln und schauen, wie wir das machen können.
Was steckt also hinter dem Ansinnen einer nationalen Küstenwache? Ich war Leiter einer Direktionsleitstelle der Polizei und habe erfahren, wie schwer der Prozess einer effektiven Kooperation mit unterschiedlichen Behörden und Zuständigkeiten sein kann, denn Bestehendes verändert sich nun einmal schwer in Deutschland. Aber wenn, dann ist es höchst sinnvoll und gut.
Beispiele für ein vernetztes Zusammenwirken von unterschiedlichen Institutionen kennen wir etwa aus dem Katastrophenschutz, wo ein Bürgermeister oder ein Landrat die Fäden in der Hand hält, oder wie bei dem jüngsten Beispiel der Flüchtlingsthematik im Jahr 2015, wo die Landespolizei die Maßnahmen koordiniert hat. Gerade dies war ein Beispiel dafür, wo ein solches Modell sehr gut funktionieren kann. Entscheidender Unterschied: Dies war zeitlich begrenzt und hieß deswegen „besondere Aufbauorganisation“.
In Fällen von maritimen Unglücksfällen ist dies ebenfalls gegeben. Das bedeutet insgesamt: Für einen bestimmten Anlass wurde zeitlich begrenzt eine besondere Organisationsform gewählt. Eine nationale Küstenwache hingegen ist viel weitreichender. Sie möchte diese besondere Organisationsform verstetigen und dauerhaft einrichten, und dazu müssen wir uns mindestens zwei Fragen stellen:
Erstens. Bereits jetzt gibt es Kooperationen zwischen Bundespolizei und Zoll. Diese umfassen nicht nur gemeinsame Streifenfahrten, sondern auch gemeinsame Qualifikationen in Neustadt. Die Gedanken gehen davon aus, dass aber nicht nur die Bundesbehörden, sondern auch die Landesbehörden wie die Wasserschutzpolizei unter ein Dach gelegt werden. Das wiederum ist sicherheitspolitisch und rechtlich schwierig und wird von heute auf morgen nicht durchführbar sein.
Zweitens. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Interessenlagen der Behörden auf See sehr vielschichtig sind. Allein auf Bundesseite sind mit Bundespolizei, Fischereischutz, Zoll, Havariekommando und WSV viele Akteure vertreten. Hinzu kommt die Zuständigkeit von fünf Küstenländern innerhalb der Zwölfmeilenzone. Und: Die Bundespolizei unterstützt im Rahmen von Frontex unter anderem Griechenland im Kampf gegen die Schleuser. Es sind also viele Faktoren, die unter einen Hut zu bringen sind. Das macht die Verhandlungen so schwierig, das haben wir in der Vergangenheit leider feststellen müssen. Ein Beispiel für diese Schwierigkeiten ist das Zusammengehen der Wasserschutzpolizeien im Nordverbund. Hier knirscht es in den Verhandlungen, und man muss abwarten, wie es dort weitergeht.
Der Weg sollte daher sein, zunächst auf Bundesseite die vertretenen Behörden bestmöglich zu integrieren. Das Ergebnis des Zusammengehens der norddeutschen Wasserschutzpolizeidirektion sollte also zunächst abgewartet werden, um dann weitere Schritte folgen zu lassen. Parallel kümmern wir uns um die Rahmenbedingungen. Zu diesem Zeitpunkt ist es viel sinnvoller, bestehende Kooperationen Schritt für Schritt aufwachsen zu lassen, wie bereits erwähnt. Ich halte sehr viel davon, unterschiedliche Behörden, vor allem aber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenwachsen zu lassen und nicht auf Schlag umzusetzen.
Zu den Rahmenbedingungen gehört auch die Ordnung des Finanzrahmens und der Personalgewinnung für eine neue Bundesbehörde. Hierzu gestatten Sie mir eine Anmerkung: Ich habe immer gesagt, dass uns die massiven Einsparungen bei der Wasserschutzpolizeidirektion Schleswig-Holstein irgendwann vor die Füße fallen werden.
zeption. Derzeit lassen wir die Kooperation um die Zusammenarbeit aufwachsen. Im Sinne einer lernenden Organisation sollten wir ihr dazu die notwendige Zeit geben.
Ich bin dankbar, dass wir uns fraktionsübergreifend über diesen Ansatz verständigen konnten. Das Ziel einer nationalen Küstenwache werden wir dabei nicht aus den Augen verlieren. - Vielen Dank.