Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schleswig-Holstein ist nicht nur das Land zwischen den Meeren, sondern auch das Land mit den vielen unterschiedlichen Zuständigkeiten in Bezug auf den Schutz auf See. Diese Herausforderung haben wir nicht nur als Schleswig-Holsteiner zu tragen, sondern sie gilt für die gesamte Bundesrepublik, schließlich geht die Sicherheit auf See alle Bürger etwas an. Das sollte uns allen eigentlich nicht erst seit der „Pallas“ bewusst sein. Auch die unterschiedlichen Zuständigkeiten betreffen in dieser Hinsicht alle Bürger und damit alle Bundesländer dieser Republik.
Die Anforderungen und Wünsche in diesem Bereich sind bei Weitem nicht neu. Bereits zu Beginn der 50er-Jahre hat beispielsweise der Deutsche Bundestag intensiv über Fragen einer nationalen Küstenwache zum Schutz der deutschen Küste beraten. Von der AfD war damals mit Sicherheit noch nicht die Rede. Das ist kein Thema, das exklusiv von der AfD gekommen ist, sondern das ist ein Thema, dass wir seit 50 Jahren beraten und dabei leider nicht immer so weit kommen, wie wir gern gekommen wären.
Bei diesem Thema scheinen sich die Geister zu scheiden, nicht jedoch bei uns im Norden. Es ist kein Geheimnis, dass sich der Schleswig-Holsteinische Landtag schon vor vielen Jahren an dieser Stelle fraktionsübergreifend für eine Vereinheitlichung eingesetzt hat, und auch Kommunen und fachkundige NGOs in unserem Land unterstützen seit Jahren eine solche Forderung.
Fakt ist: Bis heute gibt es keine solche einheitlich geführte Küstenwache. Der Durchbruch zu einer einheitlichen nationalen Organisationsstruktur ist
hingegen insbesondere durch den Widerstand einiger Küstenländer, aber auch der süddeutschen Länder, die Geldabflüsse fürchten, bis heute nicht gelungen. Die früheren Landesregierungen - egal welcher Couleur - sind in der Vergangenheit bei diesem Thema nicht gerade auf offene Ohren gestoßen. Ganz im Gegenteil, Vorstöße auf entsprechenden Innenministerkonferenzen fanden schlichtweg keine Mehrheit.
Neben den unterschiedlichen politischen Wünschen in Bezug auf die Inhalte bestehen jedoch weitere Hürden. Für die einen mögen sie technischer Natur sein, für die anderen geht es aber auch hier um mehr als nur Formalitäten. Tatsächlich reden wir an dieser Stelle von Verfassungsänderungen und/oder Staatsverträgen. In der Politik sind beides wahrlich die dicksten Bretter weit und breit, die man zu bohren hat. Es ist einfach unheimlich schwierig, alle Bundesländer, auch zum Beispiel Baden-Württemberg und Bayern, unter einen Hut zu bekommen, wenn es um ein so exklusives Thema geht. Wir sind als SSW jedoch durchaus der Auffassung, dass eine Vereinheitlichung der maritimen Sicherheit es wert ist, diese dicken Bretter angehen zu wollen, und das tun wir seit Jahrzehnten. Aber hier sei auch gesagt, Sie ahnen es schon, es scheiden sich bisher auch hier wieder die Geister in den einzelnen Bundesländern.
Nun kann man nicht behaupten, dass in diesem Zusammenhang parteipolitische Spielereien stattgefunden haben, dass also die Roten nicht wollen und die Schwarzen doch oder umgekehrt. Vielmehr war es bei den Treffen der Innenminister und -senatoren immer so, dass dort über die Jahrzehnte hinweg wirklich alle politischen Couleurs vertreten waren. Trotzdem haben wir als Schleswig-Holsteiner keine Mehrheit finden können. Wir müssen also feststellen, dass eine Deutsche Küstenwache parteiübergreifend bundesweit derzeit einfach von anderen nicht gewollt ist. Somit ist die Deutsche Küstenwache vorerst auf dem Grund des Meeres versunken, und auch die neue Bundesregierung erweckt nicht den Eindruck, als dass sie hieran etwas ändern wolle.
Man muss dazu jedoch auch sagen, dass man in dieser Hinsicht schon ein gutes Stück weitergekommen ist, wie etwa in Cuxhaven. In der Hafenstadt an der Elbmündung haben der Bund und die fünf Küstenländer ein neues Behördenzentrum geschaffen, welches sich Maritimes Sicherheitszentrum nennt. Dies ist ein erster Schritt, und es besteht dabei sogar viel mehr Potenzial für noch bessere Lö
Meine Damen und Herren, auch wenn dies bisher noch kein politischer Durchbruch ist, müssen wir doch feststellen, dass es ohne den Einsatz der schleswig-holsteinischen Seite und der auch dort wechselnden Landesregierungen niemals zu einer solchen Einrichtung wie in Cuxhaven gekommen wäre. Es lohnt sich also, sich in kleinen Schritten für das Ziel einzusetzen. Bisher haben wir das als Landtag genau wie alle Landesregierungen getan und waren recht erfolgreich. Deshalb bedarf es auch keiner weiteren Aufforderung durch die AfD. Wir kennen das Thema, und es gibt die entsprechenden politischen Beschlüsse.
Die AfD fordert mit ihrem Antrag, radikal zu sagen, wir wollten jetzt eine Deutsche Küstenwache, wo wir doch die letzten 50 Jahre hieran gescheitert sind. Dagegen ist unser gemeinsamer Antrag realistisch und kann tatsächlich zu einer Verbesserung der Situation in der Gefahrenabwehr auf See beitragen. Das ist, so denke ich, der vernünftigere Weg.
Zu einem Dreiminutenkurzbeitrag hat sich nun der Abgeordnete Jörg Nobis aus der AfD-Fraktion gemeldet.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stelle fest: Es fehlt der parlamentarische Wille, den vor Jahren begonnenen Prozess fortzusetzen und zu vollenden. Das ist schade. Aber ich verstehe auch Ihren parlamentarischen Reflex, AfD-Anträge, die in der Sache sinnvoll sind, trotzdem abzulehnen. Wir kennen das schon.
Allerdings möchte ich an den einstimmigen, von allen auch hier vertretenen Fraktionen gestützten Beschluss des Kreistags Nordfriesland erinnern. Herr Harms, wenn Sie sagen, die AfD wolle Luftschlösser bauen, dann sagen Sie das auch Ihren Kollegen in Nordfriesland. Dort haben alle zugestimmt. Auch der SSW hat zugestimmt.
Herr Hansen, Sie haben eben gesagt - ich darf Sie ja zitieren -: Das Ziel einer nationalen Küstenwache werden wir nicht aus den Augen verlieren. Das ist doch genau der Punkt. Das heißt, der Ansatz einer einheitlichen Führungsstruktur für die Küstenwache ist richtig. Nur muss der Prozess jetzt weitergegangen werden. Dazu dient unser Antrag. Deshalb bitte
ich noch einmal um Überweisung, damit wir das Thema sachorientiert im Ausschuss beraten können. - Vielen Dank.
Herr Nobis, gestatten Sie eine Zwischenfrage beziehungsweise Abschlussfrage des Herrn Kollegen Harms?
Es ist keine Frage, sondern ein Hinweis. In Nordfriesland hat man über einzelne Wahlperioden hinweg wechselweise immer pro Deutsche Küstenwache gestimmt. Das hat der Schleswig-Holsteinische Landtag allerdings auch getan. Ich bin jetzt 18 Jahre hier. Ich glaube, ich habe inzwischen vier- oder fünfmal „resolutioniert“, dass wir die Deutsche Küstenwache haben wollen. Das ist Common Sense in diesem Hohen Hause. Aber wir wollen auch einmal aufhören zu „resolutionieren“ und in konkreten Schritten weiterkommen. Dafür ist unser Antrag besser. - Das ist der tiefere Sinn.
Auch wir wollen weiterkommen. Es kann nicht sein, dass wir in zehn Jahren immer noch diskutieren. Das muss doch langsam einmal zu einem Ende gebracht werden. Es ist ja alles ganz schön, aber der deutsche Weg ist wieder langsam. Ich habe von Kompetenzgerangel und Schwierigkeiten gesprochen. Jedes Schiff untersteht einem anderen Ministerium. Das muss doch einmal zusammengeführt werden. Das muss doch in Deutschland möglich sein. - Vielen Dank.
Aus dem Parlament liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich erteile nun dem Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote, das Wort.
Herr Minister, warten Sie bitte kurz. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe dem Innenminister des Landes Schleswig-Holstein das Wort erteilt und würde mich sehr freuen, wenn man ihm jetzt die Möglichkeit geben könnte, seinen Wortbeitrag ohne Geräuschpegel vorzutragen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Die größtmögliche Sicherheit auf Nord- und Ostsee sowohl im Küstenmeer als auch in der Ausschließlichen Wirtschaftszone und auf hoher See erfordert ein schnelles und vor allen Dingen ein wirksames Management für alle maritimen Gefahrenlagen. Ein Baustein dazu ist die maritime Sicherheit insgesamt.
Mit dem Maritimen Sicherheitszentrum in Cuxhaven besteht seit 2007 eben dieser gemeinsame Verbund aller maritimen Sicherheitsbehörden unter einem Dach, übrigens seit 2017 sogar in einem Raum. Ich will nicht alle Einrichtungen aufzählen. Wir haben sie vorhin wiederholt genannt bekommen.
Für die sicherheitspolitischen Herausforderungen auf See bis hin zu möglichen Bedrohungslagen durch den internationalen Terrorismus sind wir auf nationaler Ebene mit einem optimierten Behördennetzwerk sehr gut gewappnet.
Meine Damen und Herren, diese Organisation unterliegt inzwischen einem kontinuierlichen standardisierten Optimierungsprozess. Jeder Einsatz wird nachbereitet, Übungen werden abgehalten und Ablaufprozesse werden kritisch hinterfragt. Eine aktuelle Evaluierung der Bundespartner im Maritimen Sicherheitszentrum hat jüngst ausgeführt - Sie gestatten mir folgendes Zitat -:
„Die Organisation der Küstenwache in Deutschland als Netzwerk wird auch europaweit mit hohem Interesse wahrgenommen.
Die EU-Kommission sieht darin ein gelungenes Beispiel integrativer Meerespolitik und verwirklichter Subsidiarität und hebt das Maritime Sicherheitszentrum als Vorbild für die Koordinierung verschiedenster Küstenwachaktivitäten hervor.“
Bereits jetzt werden Instrumente entwickelt und erprobt, um europaweite Überwachung der Schifffahrt und des Meeresgebietes und einen intensiveren Datenaustausch zusammenzubringen. Auch das wird in den folgenden Jahren zur Fortentwicklung der maritimen Sicherheitsarchitektur an unserer Küste beitragen.
Meine Damen und Herren, die Kompetenzverteilung im maritimen Bereich unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der Aufgabenwahrnehmung an Land. Die Erhaltung und Sicherheit der Fahrwasser ebenso wie die Betriebssicherheit von Schiffen, die Fischereiaufsicht, Zoll, Aufgaben der Grenz- und der allgemeinen Polizei bis hin zu einer verantwortlichen polizeilichen Bewältigung einer Schiffskaperung und Geiselnahme mit terroristischem Hintergrund kann heute keine Organisation mehr alleine bewältigen. Wir sind in ein europäisches Netzwerk eingebunden und sollten diesen Weg konsequent fortsetzen.
Natürlich ist es die Aufgabe der Landesregierung, weiter nach Optimierungsbeiträgen zu schauen. Im Rahmen der Nord-Innenministerkonferenz stimmen derzeit die Wasserschutzpolizeien der Küstenländer ihre Kooperationsmöglichkeiten weiter ab.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern: Die Landesregierung sorgt weiterhin für die maritime Sicherheit aller Bewohnerinnen und Bewohner an der schleswig-holsteinischen Küste. Auch ohne zukünftige Gefahren zu kennen, kann ich Ihnen versichern: Wir arbeiten konsequent daran, unsere Zusammenarbeit angemessen und gut weiterzuentwickeln. Dabei haben wir auch die Kompetenzverteilung im Blick. Die bestehende Aufgabe kann nicht nur von einer Behörde, sondern nur von den verschiedensten Organisationen gemeinsam gelöst werden. - Ich danke Ihnen.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/689 sowie den Alternativantrag Drucksache 19/712 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Dies ist gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen aller anderen Abgeordneten abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/689, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der AfD-Fraktion mit den Stimmen aller anderen Abgeordneten abgelehnt.
Ich lasse jetzt über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 19/712, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Dieser Antrag ist einstimmig beschlossen.
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