Wir sehen unsere Kritik an dem Entwurf durch die Anhörung bestärkt. Dort wurde unter anderem deutlich, dass gerade die Fristverkürzung bei Planungsverfahren ein Problem für betroffene Verbände, Organisationen oder Gremien darstellen kann. Angesichts der zum Teil komplexen Sachverhalte, die in solchen Verfahren behandelt werden, ist eine Verkürzung der Beteiligungsfristen äußerst kritisch zu sehen. Nur mit einem ordentlichen Beteiligungsverfahren schaffen wir Transparenz und Klarheit, und genau hierfür hätten wir uns genügend Zeit nehmen müssen.
Aus dem Änderungsantrag der Koalition geht nicht hervor, in welchen konkreten Fällen die Landesplanungsbehörde künftig entscheiden soll, wann eine Frist unterschritten werden darf und wann eben nicht. Es mag durchaus Fälle geben, wo eine Verkürzung einer Frist sinnvoll ist. Das will ich überhaupt nicht bestreiten. Aber das, was uns vorliegt, ist eine pauschale Formulierung, die Spielräumen aller Art Tür und Tor öffnet. Hier brauchen wir eine Konkretisierung, damit dieser Passus eben nicht auslegungsfähig ist. Gleiches gilt auch in Bezug auf den geplanten § 15 Absatz 1. Der Begriff „ernsthaft“, der darin steht, ist kein Rechtsbegriff, und der Gesetzgeber schafft dadurch ebenfalls unnötig einen Interpretationsspielraum, der dann eben später auch wieder beklagt werden kann.
Die im Entwurf eingebrachte Verlängerung der Unzulässigkeit von raumbedeutsamen Windkraftanlagen - kurz „Moratorium“ genannt - ist ein Spiel mit dem Feuer. Die Anhörung hat deutlich gemacht, dass eben nicht klar ist, was es bedeuten würde, wenn gegen die Verlängerung des Moratoriums geklagt würde. Professor Brüning weist in seiner Stellungnahme explizit darauf hin, dass völlig offen sei, wie das zuständige Gericht in einem erneuten Verfahren entscheiden würde. Das bedeutet: Die Koalition schafft hier eine Situation, die unkontrollierbar ist, sprich: Sie schafft eine Rechtsgrundlage, die förmlich dazu einlädt, dass gegen sie geklagt wird. Die Küstenkoalition hat seinerzeit das Moratorium
eingeführt, um ein sauberes, transparentes, abgestimmtes Verfahren abzuschließen. Es war als absolute Ausnahme gedacht und so auch formuliert.
Eine Verlängerung einer solchen Ausnahmeregelung sehen wir als SSW deshalb äußerst kritisch. Wir sehen die Gefahr, dass damit Klagen für den Bau von Windkraftanlagen einhergehen und dass die dann auch noch Recht bekommen könnten. Dann hätten wir genau das, was wir alle absolut vermeiden wollten, nämlich die Verspargelung der Landschaft. Ohne die ordnende Regionalplanung wäre alles, was Windkraftpotenzial hat, plötzlich im Fokus der Investoren. Das kann nicht gewollt sein. Die Verlängerung des Moratoriums ist ein Vabanquespiel, das sowas von nach hinten losgehen kann.
Dass dieser Entwurf so schnell wie möglich und ohne breite Diskussion durchgedrückt werden soll, zeigt das Vorgehen der Jamaika-Koalition im parlamentarischen Verfahren. Wie sonst ist zu verstehen, dass für die mündliche Anhörung quasi nur eine Woche Vorbereitungszeit gelassen wurde und eigentlich auch nur, weil wir als Opposition Druck gemacht haben? Auch dass der Landesplanungsrat bei diesem Gesetzentwurf nicht einbezogen und angehört wurde, spricht nach unserer Auffassung Bände. Natürlich muss der Landesplanungsrat bei einem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen formalrechtlich nicht einbezogen werden. Das ist richtig. Aber angesichts der bedeutsamen geplanten Neuerungen für alle, die davon betroffen sind, hätten wir erwartet, dass die Landesplanungsbehörde sprich: die Landesregierung - kurzfristig den Landesplanungsrat dafür einberufen hätte, wie es früher schon oft passiert ist. Das wäre nichts Ungewöhnliches gewesen. Mit etwas mehr Zeit wäre dies auch möglich gewesen, aber hier soll etwas ohne große Diskussion durchgedrückt werden. Die Risiken, die dadurch entstehen, sind definitiv unabsehbar.
Deshalb macht eine dritte Lesung absolut Sinn. Wir sollten das Ganze auf Juli vertagen, ganz in Ruhe darüber reden und vielleicht tatsächlich auch noch einige Änderungen in diesen Gesetzentwurf einbauen, weil der wirklich höchst unsicher ist. Ich glaube, wir bekommen dadurch mehr Probleme, als uns eigentlich lieb ist.
Vielen Dank Herr Kollege. - Nun hat der Kollege Claus Christian Claussen für die CDU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Manchmal wird man belohnt, wenn man zu spät kommt. Ich habe all diese Wortbeiträge der Kolleginnen und Kollegen schon genossen. Ich muss aber dazu sagen, dass wir in der März-Tagung - am 22. März 2018 war das - all diese Probleme, die jetzt benannt worden sind - es ist gesagt worden, wir hätten nicht genügend Zeit gehabt, das zu beraten und wir hätten im Ausschuss nicht genügend Anhörungen gemacht -, schon angesprochen worden sind.
Das will ich Ihnen auch gleich genau erklären, wie das geht. Erstens muss man natürlich die Stellungnahmen, auch wenn sie von Professoren sind, nach dem Wortlaut analysieren. Da steht überhaupt nicht, dass Herr Professor Dr. Brüning gesagt habe, es gebe ein verfassungsrechtliches Problem damit. Das ist schlicht falsch.
Zweitens haben wir mehrere Kritikpunkte gehabt, um die wir uns natürlich gekümmert haben. Das eine ist tatsächlich die Frage, ob in Papierform ausgelegt werden soll. Wir leben im Jahre 2018, und wir unterhalten uns darüber, ob wir 1.700 gedruckte Exemplare zu je 11 kg durch die Beteiligung über das Internet ersetzen können. Ich finde das wirklich bemerkenswert.
Was haben wir denn für einen Vorteil gehabt? Wir haben die Auslegung bei den amtsfreien Gemeinden und den Ämtern gehabt. Von denen haben wir doch die Rückmeldung bekommen, dass sich kaum jemand in diese Papierunterlagen eingelesen habe. Da kann man doch nicht sagen, dass jetzt Holland in Not sei und die Beteiligung abgeschafft würde, wenn dies wegfalle. Durch das Internet wird es doch überhaupt eher ermöglicht, dass sich alle Leute im Land über diese Dinge informieren können. Dann muss man eben auch sagen, dass man sich diesen Aufwand, 1.700 Exemplare zu drucken 200.000 € Druckkosten -, sparen kann, ohne dass irgendwelche Beteiligungsrechte abgeschnitten werden.
Der zweite Punkt ist, dass immer behauptet wird, es sei völlig unsicher und jetzt sei es der Willkür der Behörden überlassen, irgendwelche Beteiligungsfristen zu unterbieten oder zu verkürzen. Das ist schlicht und ergreifend auch nicht wahr. Der Wortlaut des Gesetzes sagt etwas anderes. Darin steht, dass den Beteiligten eine Frist von vier Monaten zu setzen ist. Das ist erst einmal verbindlich. Punkt. Dann kommt eine Vorschrift, in der es heißt: Vor Fristbeginn kann die Landesplanungsbehörde die Frist angemessen verlängern oder verkürzen. - Das ist eine Ermessensausübung. Auch das ist gebunden. Da muss sich die Behörde Gedanken machen. Wenn man ein wenig kalauern würde, würde man sagen: Die nehmen sowieso immer vier Monate, weil das andere viel zu viel Arbeit ist. - Erzählen Sie uns doch nicht, dass hier willkürlich irgendwelche Beteiligungsrechte eingeschränkt werden können. Das ist schlichter Unsinn.
Man muss in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, was im Raumordnungsgesetz des Bundes steht. Danach sollen nämlich die Planentwürfe und die dazugehörigen Unterlagen für die Dauer von mindestens einem Monat öffentlich ausgelegt werden. Wenn wir vier Monate vorschreiben, können Sie doch nicht sagen, wir würden die Beteiligungsrechte der Bürger verkürzen. Das ist wiederum Unsinn.
Bei dem Änderungsantrag, den wir eingebracht haben, den Sie auch kritisieren, muss man zu Artikel 2 sagen, dass da ein redaktionelles Versehen im Gesetzgebungsverfahren
von vor dieser Gesetzesnovelle auszubügeln gewesen ist. Genau das trägt zu dem bei, was wir mit diesem Gesetz erreichen wollen. Wir wollen nämlich Rechtssicherheit haben. Ich habe Ihnen auch in der Lesung am 22. März 2018 gesagt: Das ist ein Planungssicherungsgesetz. Wir wollen die Sicherheit für die planende Behörde haben, dass eben kein Wildwuchs entsteht.
Frau Eickhoff-Weber, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, das sei alles ganz entsetzlich und schlimm, dann sagen Sie doch einmal, wo die Al
ternativen sind. Sollen wir da gar nichts machen? Dann tritt doch garantiert eine Verspargelung ein, wie auch Sie sie nicht haben wollen. Wir haben doch ein gemeinsames Interesse daran, dass die Landesplanung geordnete Verfahren durchführen kann. Ein geordnetes Verfahren beinhaltet in diesem Fall eben auch das Zusammenspiel von Moratorium und Ausnahmegenehmigung. Nur dadurch wird dieses Paket rund.
Insofern ist es natürlich richtig und wichtig, dass wir dieses Gesetz so beschließen. Es hat überhaupt nichts damit zu tun, dass wir irgendwelche Teilhaberechte von Bürgerinnen und Bürgern beschneiden würden.
„Die Verfassungsmäßigkeit des Moratoriums an sich wurde durch Landesverfassungsgericht sowie Oberverwaltungsgericht bestätigt.“
„Entgegen manchen Äußerungen in der politischen Debatte sowie der Gesetzesbegründung ist festzuhalten, dass sich das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Norm gar nicht explizit geäußert hat.“
Das ist die Diskussion, um die es hier geht, meine Herren, und ich glaube, in Wirklichkeit haben Sie das auch verstanden.
Einmal zu dem Thema „Verschlankung, Straffung, schneller“: Wir reden hier über Raumordnung. Wir reden nicht über Brückenbau, Straßenbau oder Kanalbau, sondern über Landesplanung und Landes
entwicklung, über die langen Linien, die gestalterischen und strategischen Linien für das Land Schleswig-Holstein. Da geht es nicht nur um Straffung „schneller“ und „zügiger“ -, sondern darum, Bürger und Bürgerinnen, Kommunen, Verbände und Institutionen in diesem Land auf diesem Weg zu beteiligen. Das ist etwas, was wir bei diesem Landesplanungsgesetz deutlich im Blick haben müssen.
Zur Digitalisierung: Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt tun Sie doch nicht so, als wolle die SPD alles am liebsten noch in Steinplatten meißeln.
- Jetzt lassen Sie mich mal ausreden, Herr Koch. Natürlich wollen wir Papier sparen. Natürlich geht es darum, die Digitalisierung voranzubringen, aber das, was Sie hier auf den Weg bringen, ist geeignet, die Sorgen der Menschen vor der Digitalisierung anzufeuern.
- Ja, ich weiß, dass Sie sich jetzt köstlich amüsieren, aber: Wie weit ist denn der Weg bis in die Kreisstadt oder bis in die kreisfreie Stadt?
Herr Rossa - jetzt ist er leider draußen -, die Pläne liegen nicht vier Monate, sondern nur sechs Wochen aus. Warum gibt es denn nicht eine Lösung? Warum nutzen wir denn nicht die Zeit bis zu einer dritten Lesung, um zu überlegen, wie man es schaffen kann, dass es gesicherte Ansprüche gibt, dass man die Unterlagen auch in Papier erhalten kann? Sollen denn die ehrenamtlichen Bürgermeister in kleinen Gemeinden vor einer Einwohnerversammlung erst einmal in den Copyshop fahren und sich die Pläne ausdrucken lassen, damit man da mit mehreren Leuten draufgucken soll?