Protokoll der Sitzung vom 04.07.2018

Meine Damen und Herren, die Jamaika-Koalition hier im Land ist derzeit das genaue Gegenmodell zur Randale-Koalition in Berlin. Das hätten viele Menschen vor einem Jahr nicht für möglich gehalten.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie Sie alle wissen, bin ich ein gnadenloser Optimist, aber ich war auch ein bisschen skeptisch. Ich bin sehr froh und glücklich, dass ich positiv überrascht wurde. Ja, wir unterscheiden uns in vielen Fragen ganz klar voneinander als Koalitionsparteien. Wir kaschieren diese Unterschiede auch nicht, sondern wir machen sie sichtbar und arbeiten daran, dass wir möglichst zügig zu guten Kompromissen zum Wohle unseres Bundeslandes kommen.

Der Oppositionsführer beklagt hier stets, dass sich die Koalitionsparteien nicht immer sofort in allen Fragen einig sind. Ich würde es ehrlich gesagt ziemlich merkwürdig finden, wenn wir uns in allen Fragen sofort immer einig wären, Herr Dr. Stegner. Ich finde es auch schon irgendwie skurril, wenn ausgerechnet Sie es sind, der politische Unterschiede zwischen den Koalitionsparteien kritisiert.

(Beifall FDP und Hans-Jörn Arp [CDU])

Man mag bei Ihnen ja wirklich viel kritisieren. Ich würde aber nie bei Ihnen kritisieren, dass Sie politische Unterschiede in mangelhafter Form betonen würden. Sie sehen ja sogar dort politische Unterschiede, wo gar keine sind. Insofern finde ich es komisch, dass das der Hauptkritikpunkt der Opposition ist, dass wir uns politisch in vielen Fragen unter

(Christopher Vogt)

scheiden. Aber wir kommen eben zueinander; das ist doch das Entscheidende.

Ich bin der Überzeugung, dass es unsere Demokratie stärkt, wenn man politische Prozesse nachvollziehbar macht. Es ist doch das Problem, dass viele Menschen überhaupt nicht verstehen, was in Berlin gerade abgeht, sodass diese Menschen dann irgendwann sagen: „Ich bin raus. Ich verfolge das nicht mehr. Mich nervt das nur noch. Es wird nichts gelöst, sondern nur noch rumgesabbelt.“ Eine Fusion der Jamaika-Parteien ist - zumindest von unserer Seite - bisher nicht geplant. Wir nehmen aber die Herausforderungen gemeinsam an und finden immer wieder Lösungen.

Die ordentliche Haushaltslage hilft uns dabei natürlich. Das war in den letzten Jahren aber auch nicht viel anders, Herr Dr. Stegner. Sie versuchen immer, das ein wenig anders darzustellen, als hätten Sie in den letzten Jahren eine Haushaltsnotlage gehabt. Das war in der davor liegenden Wahlperiode noch der Fall, aber in den letzten Jahren war es etwas einfacher.

Was soll man denn insoweit erst mit Blick auf die Bundesebene sagen und mit Blick auf andere Bundesländer? Denen geht es doch finanziell deutlicher besser, und trotzdem läuft es dort politisch nicht. Das muss man doch auch einmal sehen.

Ich bin nun wirklich weit davon entfernt, uns als Koalition in irgendeiner Form zu überhöhen. Ich finde aber, es ist uns bisher gut gelungen, viele Probleme des Landes anzupacken.

Allen Unkenrufen zum Trotz haushalten wir solide, ergänzen maßvoll das Personal im Landesdienst dort, wo es dringend gebraucht wird: in den Schulen an allererster Stelle, in der Justiz, bei der Polizei und eben auch bei der Verkehrsplanung. Wir achten darauf - wir müssen insoweit durchaus maßhalten; das sehe ich auch so -, dass die Pensionszusagen am Ende auch eingehalten werden können. Das ist ein langer Weg; auch das haben wir im Blick.

Wir haben endlich auch die Planerstellen im Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr besetzen können, worüber wir uns schon oft unterhalten haben. Wir bilden jetzt endlich auch in Lübeck und in Kiel zusätzliche Bauingenieure aus, damit das Land vorankommt.

Wir haben in den letzten Sitzungen eigentlich jedes Mal über die Marschbahn gesprochen. Die SPDFraktion hat sich aufgeregt über Sachverhalte, die sie sich selber eingebrockt hat. Nun hat der Minis

terpräsident eine unheimlich gute Nachricht zum Thema Marschbahn verkündet, aber die SPD guckt maulig auf den Tisch. Das zeigt: Ihnen geht es gar nicht um eine Lösung bei der Marschbahn, sondern Ihnen geht es nur darum, dem Minister etwas anzuflicken.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, man kann auch als Opposition Größe haben und sichtbare Erfolge anerkennen.

Wir arbeiten an einer Neuordnung der Besoldungsstruktur, damit wir auch in Zukunft hochqualifiziertes Personal für den Landesdienst finden können.

Freiheit braucht auch Sicherheit. Deswegen verschärfen wir nicht, wie zum Beispiel Bayern und dies sage ich mit Blick auf Nordrhein-Westfalen auch selbstkritisch - andere Bundesländer, unser Polizeigesetz und schleifen damit die Bürgerrechte und schränken die Freiheit ein, sondern wir sorgen für echte Sicherheit in unserem Bundesland, für mehr Personal und bessere Ausstattung. Das ist der richtige Weg, nicht jedoch die Abschaffung von Bürgerrechten.

Wir investieren massiv in die Zukunft unseres Bundeslandes. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wer uns alles vonseiten einiger geschätzter Kollegen hier im Hohen Haus vorgehalten hat, dass eine Investitionsquote von 10 % völlig utopisch, gar nicht zu erreichen und auch gar nicht sinnvoll sei. Jetzt haben wir sie, und wir arbeiten daran, dass das Geld auch tatsächlich abfließt, damit unser Land bei den Landesstraßen, bei den Krankenhäusern und bei den Hochschulen modernisiert wird. Das ist dringend notwendig, und das machen wir.

(Beifall FDP, CDU und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir kümmern uns um die Familien in unserem Land: mit der Kita-Reform, mit der wir die Qualität steigern, das Angebot ausweiten, aber eben auch die Gebühren deckeln. Dass ausgerechnet diejenigen, die uns bundesweit die höchsten Gebühren hinterlassen haben, nun sofort kostenlose Kitas fordern, ist, finde ich, ehrlich gesagt, unglaubwürdig, und auch die Eltern finden das unglaubwürdig.

(Beifall FDP)

Der Kollege Koch hat mit Blick auf die Bertelsmann-Studie gesagt, das sei auch gar nicht die erste Priorität der Eltern, sondern sie wollten zunächst ein Platzangebot haben, sie wollten wissen, dass ihre Kinder gut aufgehoben sind, dass sie etwas ler

(Christopher Vogt)

nen und sich dort wohlfühlen. Das ist für die Eltern vor allem anderen wichtig.

An die Gebühren muss man allerdings auch heran, und das werden wir in den nächsten Jahren mit dem Ziel anpacken, die Gebühren landesweit auf einem bezahlbaren Niveau zu deckeln. Ich glaube, das ist der vernünftigere Weg. Langfristig bin auch ich für kostenlose Kitas. Aber es ist eben ein langer Weg dahin.

Niedersachsen hat das jetzt im Hauruck-Verfahren gemacht. Wie das mittelfristig finanziert werden soll, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Ich glaube, Niedersachsen wird es noch bitter zu spüren bekommen, dass man dort so vorangeht.

Die Energiewende treiben wir mit Sinn und Verstand voran. Das war für uns kein leichtes Thema. Aber wir haben es geschafft, bei neuen Windflächen größere Abstände zwischen Windrädern und Wohnsiedlungen zu erreichen. Das erhöht die Akzeptanz, und das ist sinnvoll.

Wir wollen digitale Vorzeigeregion werden. Die Digitalisierung ist ja schon lange kein Orchideenthema mehr, sondern es ist einfach eine schlichte Notwendigkeit, dass wir auf diesem Gebiet massiv vorankommen.

Es ist übrigens auch eine Riesenchance für Schleswig-Holstein, zu anderen erfolgreichen Regionen in Europa stärker aufzuschließen. Wenn wir das Thema allerdings verschlafen, dann werden die Abstände zu den erfolgreichen Regionen noch größer. Wir haben jetzt mit vielen Projekten in allen Ressorts das Digitalisierungsprogramm auf den Weg gebracht. Das wird unser Land voranbringen. Wir freuen uns auch auf neue Impulse durch Herrn Albrecht als neuen Minister in wenigen Wochen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden ihn ja bald kennenlernen; ich freue mich darauf.

Bei der Bildung haben wir bereits vieles umsetzen können. Herr Dr. Stegner, Sie haben ja kritisiert, dass wir beim Thema G 9 angeblich so rüde mit den Schulen umgegangen seien. Ich habe jetzt noch nicht gesehen, wo die Demos und die Proteste sind, wo die E-Mails sind, in denen man sich darüber beklagt. Solche E-Mails scheinen wohl nur in der SPD-Geschäftsstelle einzugehen, bei uns nicht. Das Abitur nach neun Jahren an Gymnasien ist der richtige Weg.

(Beifall FDP und CDU)

Wir müssen uns auch um mehr Wohnraum kümmern. Viele Kommunen haben nachgefragt und wollen neuen Wohnraum schaffen. Das dürfen sie derzeit oftmals nicht. Das müssen wir dringend ändern. Wir müssen den Erwerb von Wohneigentum durch junge Familien erleichtern, Stichwort Grunderwerbsteuer. Wir werden auch den Wirtschaftsstandort durch weniger unnötige Bürokratie stärken.

Es ist, ehrlich gesagt, bedauerlich, dass die SPD und die Gewerkschaften bisher nichts anderes zustande bringen als eine Fake-News-Kampagne zum Vergabegesetz, in der sie Sachverhalte kritisieren, die es in der Form gar nicht gibt. Die Reform des Vergabegesetzes wird den Arbeitnehmern helfen, weil sich auch wieder viele kleine Betriebe - wir haben ja viele kleine Betriebe in unserem Land - an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen werden.

Der Landesmindestlohn, Herr Kollege Hölck, wird in dieser Tagung geräuschlos abgeschafft, weil Sie gar nicht darauf bestanden haben, dass darüber geredet wird. Denn es ist richtig, dass der Landesmindestlohn in Höhe von 9,18 € zum Jahresende ausläuft, weil er ab 1. Januar 2019 vom Bundesmindestlohn in Höhe von 9,19 € überholt werden wird. Deshalb ist es richtig, dass der Landesmindestlohn abgeschafft wird. Ich behaupte sogar, Sie hätten genau das Gleiche gemacht; denn Sie haben den Landesmindestlohn ja schließlich auf dem damaligen Niveau eingefroren. Insofern schaffen wir auch hier Bürokratie ab.

(Beifall FDP und AfD)

Abschließend möchte ich sagen: Jamaika tut dem Land gut. Wir bringen das Land voran. Im zweiten Jahr wird es uns nicht langweilig werden. Packen wir es gemeinsam an, machen wir weiter so! - Ganz herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall FDP, CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, der Herr Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste auf der Tribüne! Herr Ministerpräsident Günther, Sie stehen auf der Brücke eines unter der Flagge von Jamaika fahrenden Schlepperschiffes. Sie gucken aus dem Fenster und finden den Kurs gut, den Ihre grünen Offiziere

(Christopher Vogt)

abgesteckt haben. Dabei haben Sie nicht einmal selbst einen Blick in die Seekarte geworfen, um zu überprüfen, ob der Kurs denn überhaupt der Richtige ist.

Sehr geehrter Herr Kapitän Günther, nicht immer ist Kurshalten die richtige Entscheidung. Bei Untiefen - Recht voraus - muss man seinen Kurs zwingend ändern. Halten Sie am Kurs fest, dann laufen Sie auf Grund. Und genau auf diesem Kurs fährt die CDU derzeit.

(Lachen CDU)

Wie der Streit zwischen CSU und CDU, aber auch der Merkel’sche EU-Gipfel letzte Woche gezeigt haben, ist eine Kursänderung insbesondere bei der Asyl- und Migrationspolitik längst überfällig.

(Beifall AfD)

Mehr noch: Sie benötigen eine flüchtlingspolitische 180-Grad-Wende. Doch dazu fehlt Ihnen und der CDU insgesamt die Kraft und - ich würde auch sagen - der Mut.