Protokoll der Sitzung vom 04.07.2018

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung oder eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

(Kathrin Wagner-Bockey)

Immer sehr gern.

Herr Kollege Peters, bei den kw-Vermerken bin ich ein wenig neugierig, weil Sie einen gleichlautenden Antrag der SPD-Fraktion noch im Februar abgelehnt hatten. Was ist seit Februar passiert, dass Sie das jetzt anders sehen? Was ist Ihre neue Erkenntnis?

- Ja, das ist so erst einmal richtig.

(Heiterkeit CDU)

Aber wir haben eine fantastische Finanzministerin.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das wusste ich auch im Februar schon. Aber im Februar sah die Situation aus ihrer Sicht noch ganz anders aus.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Jetzt sieht sie besser aus. Da ich als kluger Abgeordneter der Grünen auf meine Finanzministerin höre, habe ich auch in diesem Punkt auf meine Finanzministerin gehört.

(Heiterkeit - Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP - Zuruf: Jawohl!)

Gestatten Sie eine weitere Anmerkung oder Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Dolgner?

Sehr gern.

Wenn Sie in eine Neuverschuldung gehen, dann hat sich die Lage also verbessert, okay. Darüber muss ich noch einmal nachdenken, Herr Kollege.

Aber ich habe noch eine neugierige Nachfrage: Wofür war denn die Finanzministerin ursächlich: für die Ablehnung im Februar oder für die Zustimmung jetzt im Juli?

- Ja, beides war klug, genau.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommt eine Passage, die genau auf diese Frage eingeht. In der Presse wurde nämlich mit einem gewissen Erstaunen angemerkt, dass ausgerechnet wir Grüne die Pläne von Ministerpräsident Günther

und der Jamaika-Koalition ausdrücklich gelobt hätten. So hätten wir noch in den Jamaika-Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, dass die befristeten Stellen bis Ende nächsten Jahres tatsächlich auslaufen.

Meine Damen und Herren, für uns Grüne, vor allen Dingen für uns Grüne, die wir in der Sicherheitspolitik unterwegs sind, war eines schon immer völlig klar: Solange es das Haushaltsrecht ermöglicht, sind im Rahmen der Sicherheitspolitik Investitionen in Personal bei der Polizei tausendmal besser als symbolische Strafrechtsverschärfungen oder grundrechtswidrige Massenüberwachungen, zum Beispiel durch Vorratsdatenspeicherung oder flächendeckende Videoüberwachung.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Auch für uns ist eindeutig, dass das Ideal einer Bürgerinnen- und Bürgerpolizei im Wortsinne nur dadurch verkörpert werden kann, dass es tatsächlich ansprechbare Beamtinnen und Beamte auf den Straßen, in den Kommissariaten und in den Revieren gibt. Denn Prävention und saubere kriminalistische Aufklärung ist vor allem und zuallererst konkrete menschliche Arbeit. Und diese Arbeit muss so gestaltet und vergütet werden, dass sie von den Menschen, die im Dienst für uns oft erhebliche Risiken und Gefahren eingehen müssen, nicht nur als erträglich, sondern auch als befriedigend empfunden wird. Sonst werden wir diese Menschen bei allem Idealismus zukünftig nicht mehr finden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Gewaltmonopol des Staates, unter anderem verkörpert in einer funktionsfähigen, personell und materiell gut ausgestatteten Polizei, ist eine wesentliche Errungenschaft der modernen Zivilisation. Die an Orwells Roman 1984 gemahnende Vorstellung, durch automatisierte, anlasslose und digitale Überwachung von Verhalten, Kommunikation und Verkehr aller Menschen das Personal bei den Sicherheitskräften einzusparen, ist und bleibt dagegen nach unserer Überzeugung ein Irrweg.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Das ist der entscheidende Grund dafür, warum wir auch den bereits seit 2015 eingeleiteten Weg des Stellenaufbaus immer mitgetragen haben.

Meine Damen und Herren, am letzten Donnerstag war ich eingeladen zum Festakt der Verabschiedung des neunten Bachelor-Studienganges für den

Polizeivollzugsdienst des Landes Schleswig-Holstein. Der Redner der Studierenden des Abschlussjahrgangs beendete seinen Beitrag mit der Bemerkung, ein wichtiger und für ihn prägender Leitsatz des Studiums sei die lateinische Sentenz gewesen: „in dubio pro libertate“, also: „im Zweifel für die Freiheit“.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Da kann ich als Grüner nur sagen: Hut ab für diese Ausbildung in Altenholz. Schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass dieser zukünftige Polizeibeamte diesen wunderbaren Leitsatz „in dubio pro libertate“ in seinem Dienst auch praktisch und freudig umsetzen kann. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Jörg Hansen das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben eine gute und professionell arbeitende Polizei. Seit Jahren haben wir Freie Demokraten darauf hingewiesen, dass dies angesichts der Entwicklung der letzten Jahre kein Selbstläufer sein kann und auch kein Selbstläufer ist. Eine gute Polizei braucht gute Ausstattung und eine angemessene Vergütung. Deswegen hat die Koalition bereits im ersten Jahr ihrer Arbeit viele Verbesserungen für den Polizeidienst realisiert. Wir wollen damit zum einen im Wettbewerb um die besten Köpfe die Attraktivität des Polizeidienstes steigern, zum anderen wollen wir aber auch die Motivation unserer Beamten erhalten. Wir haben bereits viel in die sachliche und personelle Ausstattung investiert und werden uns für weitere Verbesserungen einsetzen. Die Anhebung der Erschwerniszulagen für SEK, MEK, Observationskräfte und verdeckte Ermittler ist hier ein weiterer wesentlicher Schritt.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, der Einsatz von Spezialeinheiten ist von herausragender Bedeutung. Mir selbst hat eine SEK-Einheit bei dem G-20-Einsatz in Hamburg in einer bedrohlichen Situation den Kragen gerettet. Gut, dass es sie gibt. Als Leiter einer äußeren Absperrung ist man froh, wenn man eben nicht in ein Objekt hinein muss, in dem

sich vielleicht bewaffnete Täter verschanzt haben. Eine Spezialeinheit geht planvoll, speziell ausgebildet und ausgestattet, aber auch mindestens mit einem Restrisiko, wenn nicht sogar mehr in eine gefährliche Situation hinein. Ich wiederhole: Gut, dass es diese Kräfte gibt!

Umso unverständlicher ist es, dass Schleswig-Holstein bei der Erschwerniszulage für diese Einheiten seit Jahren die rote Laterne hat. Selbst Länder, die schon länger besser zahlen als Schleswig-Holstein, haben eine Anhebung beschlossen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Ich denke da etwa an Brandenburg, wo kürzlich die Erschwerniszulage von 225 € auf 300 € angehoben worden ist. Dass SchleswigHolstein hier handeln musste, war absehbar. Es ist eine Frage der Fairness und der Wertschätzung gegenüber unseren Beamten. Ich freue mich daher umso mehr, dass unsere Koalitionspartner mit uns nunmehr gleich eine Anhebung auf das bundesdurchschnittliche Niveau beschlossen haben und so vorerst sichergestellt ist, dass wir nicht wieder sofort ins Hintertreffen geraten.

Der vorliegende Antrag soll die Lücke zu anderen Bundesländern schließen. Die Aufstockung und Nachbesetzung der Gruppen des SEK und des MEK ist spätestens dann ein Problem, wenn wir sie weiterhin vernachlässigen. Bringen wir es auf den Punkt: a) Der Job stellt höchste körperliche und psychische Anforderungen. Hierfür müssen wir geeignete Bewerberinnen und Bewerber finden. b) Die derzeitige Erschwerniszulage ist nur ein geringer Anreiz dafür, sich für einen Bereich zu entscheiden, der hohe Belastungen und Gefahrensituationen mit sich bringt.

Lassen Sie uns daher heute ein Signal an unsere Beamten senden und die überfällige Angleichung der Zulage für besondere Einsätze anstoßen. Um diese Zulage nach § 15 der Erschwerniszulagenverordnung geht es heute. Natürlich werden wir das Zulagensystem insgesamt Schritt für Schritt weiterentwickeln und überarbeiten. Im Ergebnis werden wir auch weitere Zulagen anheben müssen. Aber lassen Sie uns hierfür den zweiten Schritt nicht vor dem ersten Schritt machen.

Zu dem AfD-Antrag: Seriös wäre es von der AfD, wenn Sie sich mit dem Inhalt des § 15 Erschwerniszulagenverordnung beschäftigen würden. Dann würden Sie erkennen, dass es ohne Vorarbeit eben nicht geht. Darum: heute die Anhebung der Zulage für besondere Einsätze und alles Weitere erst, wenn wir die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen haben. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Burkhard Peters)

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Claus Schaffer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Welche Maßnahmen sind zu treffen, um den Polizeiberuf attraktiver zu machen? Um diese Frage geht es auch hier wieder im Grundsätzlichen. Der Personalmangel in der Landespolizei macht sich insbesondere nach der restriktiven und wenig weitsichtigen Personalpolitik der Küstenkoalition noch immer bemerkbar. Zwei aufeinanderfolgende Innenminister der SPD haben nicht nur Chaos und Verunsicherung in der Führungsstruktur der Landespolizei hinterlassen. Nein, auch die damalige Personalpolitik zeigt noch allzu deutlich auf, was für jedermann offenkundig ist: Innere Sicherheit ist keine Stärke der SPD, in Schleswig-Holstein nicht, in Hamburg nicht und schon dreimal nicht in Bremen oder Berlin. Linke Politik ist ein Garant für Unsicherheit innerhalb und außerhalb der Polizei.

(Beifall AfD)

Aber bleiben wir in unserem Land. Die neue Landesregierung hat dankenswerterweise erkannt, dass die Landespolizei personell deutlich aufgestockt werden muss. Dass dieses seine Zeit dauert, ist ihr nicht anzulasten. Schon jetzt wird aber klar, dass die geplanten Stellen im gesetzten Zeitrahmen kaum aufzubauen sind, auch weil es an geeigneten Bewerbern mangelt. Geeignete Bewerber, noch dazu in ausreichender Zahl, wird man für diesen Beruf nur dann gewinnen können, wenn dieser auch attraktiv ist. Darüber sind wir uns ja einig. Nach der gesellschaftlichen Anerkennung und Wertschätzung gehört dazu - das habe ich hier auch schon mehrfach vertreten - auch die Wertschätzung der im Ergebnis geleisteten Arbeit. Die Polizeibeamten müssen sich darauf verlassen können, dass die mühsam geleistete Arbeit in konsequente Gerichtsverfahren mündet. Für Kuscheljustiz mit unangemessenen Urteilen hat weder der Polizeibeamte noch der Bürger Verständnis. Wir brauchen also einen wohlklingenden Dreiklang aus Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht, einen Dreiklang, der dem Polizeiberuf die dringend erforderliche Wertschätzung im Inneren geben wird.

Letztlich tragen dann aber doch auch ganz profane Dinge zur Attraktivität des Polizeiberufes bei. Da sind wir natürlich bei der Frage der angemessenen Besoldung und der Gewährung von Zulagen. Zwar hat es hier erste Verbesserungen gegeben; das will ich nicht unterschlagen. Mit dem vorliegenden Antrag soll die Erschwerniszulage angehoben werden. Schleswig-Holstein soll hier vom Schlusslicht in die mittlere Ebene im Bundesvergleich gestellt werden. Das ist zu begrüßen. Ich hätte mir nur gewünscht, dass neben den aufgezählten Einheiten auch diejenigen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten berücksichtigt werden, die an beinahe jedem Wochenende und bundesweit bei schwierigen und eben auch bei gefährlichen Einsätzen dabei sind. Meine Damen und Herren, das sind die Frauen und Männer der Einsatzhundertschaft.

(Beifall Dr. Frank Brodehl [AfD] und Jörg Nobis [AfD])

Sie sind es zumeist dann, wenn es darum geht, Fußballspiele gegen gewalttätige und vermeintliche Fans abzusichern, aber auch dann, wenn linksextremistische Banden, wie beim G-20-Gipfel in Hamburg, eine wahre Gewaltorgie entfachen. Das wurde hier als Beispiel insbesondere für den Einsatz der Spezialeinheiten angebracht. Aber dort waren eben ganz wesentlich auch Schleswig-Holsteiner Kolleginnen und Kollegen der Einsatzhundertschaft und der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit, kurz BFE, dabei. Die Zahl der bei diesen Einsätzen verletzten Polizeibeamten ist enorm hoch. Die psychische Belastung in diesen Einsätzen führt nicht selten zu einer Traumatisierung und zu einer seelischen Erkrankung. PTBS und depressive Erkrankungen sind einige der Folgen solcher belastenden Einsätze. Ich kenne sie aus dem unmittelbaren Freundeskreis.

Zusätzlich und sozial belastend ist dieses Dienstfeld aber auch durch die häufig betroffenen Wochenenden, in denen die eingesetzten Frauen und Männer nicht bei ihren Familien beziehungsweise ihren Partnern sein können. Ja, die Gewährung der Erschwerniszulage wird nicht von derart gravierenden Folgen und Belastungen schützen können, das ist mir klar. Diese Folgen belegen aber, dass die Tätigkeit in solchen Einsätzen ohne jeden Zweifel dem Kriterium von besonders belasteten Einsätzen entspricht oder entsprechen muss. Nach unserer Auffassung gehören die Kolleginnen und Kollegen der Einsatzhundertschaft ganz klar zum Kreise derer, denen die erhöhte Erschwerniszulage regelmäßig zuteilwerden muss. Der § 15 der entsprechenden Verordnung ist ein Paragraf, der in dieser Ge