Protokoll der Sitzung vom 06.09.2018

„Die Opposition im Landtag hat den Vorstoß vom Kieler Verkehrsminister Reinhard Meyer für einen sechs- statt nur vierspurigen Neubau der Rader Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal bei Rendsburg scharf kritisiert. Meyers Forderung sei ‚unverantwortlich‘, weil sie den Zeitplan für das Ersetzen der nur noch neun Jahre haltenden Autobahnbrücke gefährde, schimpfte CDU-Politiker Hans-Jörn Arp und warnte: ‚Die Planung von zwei zusätzlichen Spuren würde das Projekt um Jahre zurückwerfen.‘“

Herr Arp, wenn Sie sich nicht eben schon bei Herrn Meyer entschuldigt haben, vielleicht tun Sie es jetzt. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und Lars Harms [SSW])

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat nun der Abgeordnete Arp aus der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, dazu stehe ich auch. Herr Kollege, Sie haben eines ausgelassen: Das große Problem der Dänen ist auch heute noch, dass wir keine Zeit verlieren dürfen. Die Dänen und der ganze Nordteil Schleswig-Holsteins hängen von der Rader Hochbrücke ab. Wir sind das Risiko eingegangen, dass wir sagen, ja, es kann unter Umständen zwei Jahre länger dauern. Dieses Risiko hat der Minister aufgehoben, indem er sagt: Es gibt keine Zeitverzögerung. Das war der Grund.

Wenn es keine Zeitverzögerung gibt, dann Ja zu einem sechsspurigen Ausbau. Aber mit einer Zeitverzögerung von zwei Jahren hätte ich weiter für die Vierspurigkeit plädiert. Das ist der Unterschied. Den haben Sie ausgelassen. Sie müssen vollständig zitieren, sonst ist das nicht vollständig. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Weitere Wortmeldungen aus dem Parlament liegen nicht vor. Deshalb erteile ich nun dem Minister für

(Kai Vogel)

Wirtschaft, Verkehr und Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz, das Wort.

(Zurufe)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie zwei Vorbemerkungen: Meine Dünnhäutigkeit ist begrenzt, Herr Vogel. Ich kann mit dem Titel „gelber Rambo“ gegenüber der Deutschen Bahn gut leben.

(Beifall SPD, vereinzelt CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, lieber Herr Vogel, das ist vor allem deshalb so, weil die Behauptung, die Sie dahinter aufstellen, nämlich dass die Pendlerinnen und Pendler auf der Marschbahnstrecke zwischen Niebüll und Westerland sich alleingelassen fühlen, falsch ist. Das hätten Sie erleben können, wenn Sie in der letzten Woche dabei gewesen wären. In Niebüll waren übrigens alle eingeladen, das war eine öffentliche Veranstaltung.

Wenn Sie dabei gewesen wären, wenn Sie da hin gekommen wären, weil Sie ja so interessiert an dem sind, was da vor sich geht, hätten Sie bemerkt, dass dort 400 Menschen im Saal sitzen, die das Gefühl haben, dass sie endlich von einem Landesvertreter, der gegenüber den Verantwortlichen bei der Deutschen Bahn Druck in der Sache macht, ernstgenommen werden. Da fühlt sich keiner alleingelassen.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Zu der zweiten Vorbemerkung veranlasst mich eine möglicherweise missverständlich aufgenommene Äußerung des Kollegen Richert, die ich hier gern klarstellen möchte. 2.500 Straßenbrücken in Schleswig-Holstein werden kontinuierlich überprüft, sie werden in Kategorien eingeteilt, die auch die Bezeichnung „mangelhaft“ oder „nicht ausreichend“ haben kann. Keine der Brücken in Schleswig-Holstein hat Tragfähigkeits- oder Standfestigkeitsschwierigkeiten. Alle diese Kategorien haben damit zu tun, dass man in der Bewertung möglicherweise wegen fehlerhafter Brückengeländer oder anderer Mängel eine entsprechende Einstufung vorgenommen hat. Aber die Tragfähigkeit der Brücken in Schleswig-Holstein ist selbstverständlich auf allen Brücken, die befahrbar sind, gegeben. Das gilt insbesondere auch für die Rader Hochbrücke, damit da nichts stehenbleibt, was missverstanden werden könnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Marschbahn hat uns oft beschäftigt. Man muss dazu keine langen Ausführungen mehr machen, man muss aber analysieren, woran das jetzt tatsächlich liegt. In der Tat haben wir ein großes Infrastrukturproblem, das zunächst damit zu tun hat, dass die Gleise, dass der Schienenkörper, dass die Entwässerung, dass die Weichen, dass all das über 20 Jahre offenbar nicht richtig instand gehalten worden ist und dass daran etwas getan werden muss.

Mit dem Druck, den wir, Herr Kollege Vogel, auf die Deutsche Bahn ausgeübt haben, ist nicht das Personal auf der Strecke gemeint.

(Zuruf Kai Vogel [SPD])

- Herr Vogel, jetzt müssen Sie freundlicherweise zuhören. Wie man auf die Idee kommen kann, dass ich, wenn ich davon spreche, die Deutsche Bahn unter Druck zu setzen, den Mitarbeiter oder den Zugbegleiter oder den Lokführer meinen könnte, erschließt sich offenbar nur Ihnen. In Niebüll hat das keiner der 400 Menschen so verstanden, ganz im Gegenteil. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn, die auch dort anwesend waren, nutzen teilweise die Pendlerinitiative dazu, um ihre Anliegen mitzuteilen, da auch sie mit dem, was die DB macht, nicht zufrieden sind.

Meine Damen und Herren, niemand hat irgendeinen Zugbegleiter gemeint. Druck ist wichtig, denn ansonsten müsste ich, wenn ich sage, die Deutsche Bahn muss mehr unter Druck geraten, genau ausführen, wer jetzt gemeint ist. Ist es die DB Station & Service? Ist DB Netz, DB Regio, DB Energie, DB wer auch immer verantwortlich? - Es ist jedenfalls nicht der Zugbegleiter oder der Lokführer. Meine Damen und Herren, das ist ja gerade das Problem. In Berlin gibt es eine kollektive Unverantwortlichkeit, weil das Spiel zwischen den unterschiedlichen Themen immer wieder hin und her gelenkt wird.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An einer Stelle hat unser Druck jedenfalls etwas Positives bewirkt. Herr Flemming Meyer hat das gerade gesagt. Die DB Netz jedenfalls hat den Schuss gehört und eingesehen, dass sie jetzt etwas tun muss und dass sie es jetzt schnell tun muss. Zwischen 2019 und 2022 wird sie nicht etwa wie vorgesehen ein bisschen Geld - und das gestreckt über zehn Jahre - investieren, sondern sie wird 160 Millionen € in die Hand nehmen, um die Infrastruktur auf der Strecke wieder in einen guten Zustand zu bekommen.

(Vizepräsident Rasmus Andresen)

(Zuruf SPD: Viel Spaß!)

Das finde ich von der DB Netz sehr löblich, weil sie die einzige Organisation im DB-Konzern ist, die offensichtlich verstanden hat, dass es einen Aktionsplan braucht, der auch umgesetzt werden will.

Wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben, lieber Herr Vogel, dass dieses bitte zu koordinieren wäre, indem mit der DB Regio nun ein Bauzeitplan festzulegen und umzusetzen ist, kann ich Ihnen nur entgegnen, dass dies gerade stattfindet. Wenn Sie auf der Insel oder in den Gebieten dort unterwegs wären, wüssten Sie, dass die DB Netz gerade an diesen Tagen mit den Pendlerinnen und Pendlern vor Ort, mit den Kaufleuten auf Sylt und allen beteiligten Tourismusverantwortlichen in Gespräche eingestiegen ist, wann genau die Baumaßnahme auf dieser Strecke stattfinden soll. Insoweit ist Ihr Antrag an dieser Stelle überflüssig.

(Beifall FDP, CDU und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Zweite allerdings, und das bereitet mir viel größeres Kopfzerbrechen, ist die Tatsache, dass die für das Verkehrsunternehmen verantwortliche DB Regio auf der Strecke weder mit einem vernünftigen und personell ausreichend ausgestatteten Instandhaltungs- und Wartungskonzept noch mit hinreichender Personalausstattung für die Züge unterwegs ist. Nach wie vor kommt es zu Zugausfällen auf der Strecke, wenn sich morgens ein Lokführer oder ein anderer Mitarbeiter der DB Regio krankmeldet.

(Zuruf Beate Raudies [SPD]: Aber nicht nur bei der DB!)

- Nicht nur bei der DB. Unabhängig davon ist dies ein untragbarer Zustand. Das ist nicht tragbar, weder bei der nordbahn, noch bei der DB Regio. Das Schlimme daran ist, meine Damen und Herren, dass sich dies in Schleswig-Holstein ausweiten wird, wie ich es einer Information, die mich heute Morgen erreichte, entnehmen konnte. Zum ersten Mal werden wir auch in einem anderen Netz Einschränkungen im Verkehr haben, nämlich im Netz Ost, weil heute Abend die DB Regio erklären wird, dass mangels Lokführerpersonal im Netz Ost bestimmte Verkehre zu Nachtzeiten nicht mehr gefahren werden können, sondern auf Schienenersatzverkehr umgestellt werden muss. Das ist inakzeptabel. Da erwarte ich eine geschlossene Antwort des Hauses auf das Verhalten derjenigen,

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Doris Fürstin von Sayn-Witt- genstein [AfD])

die sich per Vertrag verpflichtet haben, eine bestimmte Verkehrsleistung zu erbringen, und jetzt einfach sagen: Wir sind dazu nicht in der Lage, wir haben nicht so viel Personal. - Das ist nicht zu akzeptieren. Hier muss in der Tat die Geschlossenheit des gesamten Hauses dafür sorgen, dass wir die DB Regio und andere, die als Verkehrsunternehmer im Lande unterwegs sind, in die Pflicht nehmen können.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt SPD und Beifall Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [AfD])

Das Dritte, meine Damen und Herren, ist, dass auf der Marschbahn das Problem nicht gelöst ist, wenn man mit den 160 Millionen € den Strukturstandard herstellt, den man eigentlich haben müsste. Wir brauchen vielmehr die Zweigleisigkeit des Ausbaus. Zur Zweigleisigkeit des Ausbaus ist der nächste wichtige Schritt die Hochstufung in den vordringlichen Bedarf im Bundesverkehrswegeplan. Mit dieser Entscheidung rechne ich innerhalb der nächsten fünf, sechs Wochen. Wenn uns das als nächster Schritt gelingt, ist ein wichtiger Schritt gemacht.

Ich finde es sehr interessant und bin dafür sehr dankbar, dass alle beteiligten Fraktionen dieses Hauses gesagt haben: Wir alle befürworten, dass alles versucht wird, um dies gegebenenfalls im Wege eines Maßnahmengesetzes, im Wege einer Legalplanung zu probieren.

Dieses sollten wir im Ausschuss noch einmal kritisch abwägen, da es durchaus Risiken birgt. Ein solches Maßnahmengesetz aus Berlin hat auch juristische Risiken; denn das Bundesverfassungsgerichts hat im Zusammenhang mit der „Stendal-Entscheidung“ einmal gesagt: Das darf nur in ganz besonders begründeten Ausnahmefällen stattfinden.

Es ist ein Eingriff in die Gewaltenteilung, weil es ein Planfeststellungsverfahren der öffentlichen Verwaltung durch ein Gesetzgebungsverfahren ersetzt. Deshalb haben wir damals den Antrag des SSW freundlicherweise mit großer Vorsicht abgelehnt, weil wir der Auffassung waren, dass dies verfassungsrechtlich in Deutschland schwierig ist. Wir begeben uns damit auch auf ein Stückchen Risikofahrt. Ich sage das hier ganz bewusst. Wir können dadurch Geschwindigkeit aufnehmen, gehen aber auch ein Risiko ein, juristisch gestoppt zu werden, weil dieses Verfahren in Deutschland gegebenen

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

falls so nicht zulässig ist. Das sollten wir noch einmal gemeinsam abwägen. Ich bin für die Unterstützung durch weite Teile des Hauses dankbar, falls wir diesen Weg trotzdem gehen sollten, auch vor dem Hintergrund des Risikos.

Obwohl ich jetzt schon viel zu lange rede, wie man mir hier wunderbar anzeigt, muss ich, bevor ich mich noch kurz zur S 4 äußere, noch etwas zum Thema Marschbahn sagen. Lieber Kollege Vogel, an einer Stelle haben Sie immer noch nicht verstanden, was eigentlich in der letzten Debatte stattgefunden hat. Sie haben einseitig die Erhöhung der Entschädigungszahlungen gefordert. Eine Erhöhung des Sondermalus haben Sie gerade nicht beantragt, und genau darum ging es in der Debatte. Es geht eben nicht alleine um die Erhöhung der Entschädigung. Das ist ein symbolischer Betrag, da machen wir uns nichts vor. Selbst wenn ich 100 € im Monat zahle, ist das keine Entschädigung für die Lebenszeit, die Sie auf der Marschbahnstrecke vergeuden. Diese Zeit kann ich Ihnen auf diese Art und Weise nie entschädigen.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ging darum, dass der Druck erhöht werden muss, wenn es um den Sondermalus geht. Wenn Sie jetzt in Ihrem Antrag einen Sondermalus von 500.000 € fordern, ist dies ehrlicherweise ganz nett, man darf jedoch nicht willkürlich handeln, sondern muss auch dann, wenn sich die Situation der Verkehre verbessert, auf Dinge zurückkommen, die angemessen erscheinen.

Noch einige wenige kurze Worte zur S 4: Ich bedanke mich dafür, dass dieses Haus gemeinsam mit der Freien und Hansestadt Hamburg einig ist, dass wir dieses Projekt wollen, dass wir es zügig wollen und es nun schnell vorangehen muss. Ich habe mit Interesse Ihren Antrag gelesen. Im Koalitionsvertrag heißt es, dass wir ein Instrumentarium entwickeln wollen, mit dem wir gemeinsam mit dem Aufgabenträger überregionale Schienenprojekte von besonderer Bedeutung beschleunigt realisieren können. Gemeint sind in der Tat genau diese Mischprojekte aus Fern- und Nahverkehr.

Allerdings, lieber Herr Vogel, habe ich gedacht, dass im Planungsbeschleunigungsgesetz des Bundes ein solcher Passus zur Planungsbeschleunigung stehen würde. Das steht dort aber nicht. Das bringt mich zu etwas anderem. Könnte damit möglicherweise gemeint sein, dass auch bei den Finanzierungsfragen solcher Projekte neue Wege gegangen werden sollen?

Das fände ich gut; denn das ist eines der größten Probleme der S 4. Wir haben es nämlich mit einem Projekt zu tun, bei dem die Fernverkehre - durch die Fehmarnbelt-Querung angelegt - etwas auslösen, was zur Verstopfung des Knotens Hamburg führt. Parallel dazu ist eine S 4 immer auch ein Nahverkehrsprojekt. In dieser Mischfinanzierung ist kein richtiges Finanzierungsinstrumentarium vorhanden, um zu sagen: Jawohl, da gehen wir als Bund gezielt rein und können gegebenenfalls mit mehr als 65 % des Bundes-GVFG die Gesamtmaßnahme anders fördern. - Hoffentlich, lieber Herr Vogel, war das gemeint.

Dann allerdings haben Sie die besten Chancen, wirklich etwas beizutragen; denn der Finanzminister in Berlin heißt Scholz und kommt aus der SPD. Wenn der jetzt sagt „Diesen Passus verstehe ich jetzt so, dass genau solche Mischfinanzierungsprojekte von uns mit anderer Finanzierungsform mutig in Angriff genommen werden“, dann würden wir bei der S 4 einen richtigen Schritt nach vorne machen.

(Beifall FDP und CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Vogel?

Sehr gern.