Wenn wir uns in Europa umschauen, sind andere Länder schon wesentlich weiter als wir. Warum klappt es bei uns nicht, was in fast allen EU-Mitgliedstaaten bereits umgesetzt wird und auch in anderen europäischen Staaten klappt? Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass wir heute erneut dieses Signal in Richtung Bund senden. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist nicht neu, und ich bin Ihnen dankbar, Herr Weber, dass Sie das hier wieder auf die Tagesordnung gebracht haben. Sie sind in der ersten Legislatur hier im Landtag vertreten; wir haben zum Teil noch miterleben dürfen, dass wir im Jahr 2012 darüber diskutiert haben. Aber auch im Jahr 2011 hat es hier im Landtag schon fraktionsübergreifend eine Initiative in Richtung Bundesrat gegeben. Insofern ist das Thema nichts Neues, sondern ein Dauerbrenner, der trotz dieser Dauerbrandwirkung am Ende nicht das erreicht hat, was er erreichen wollte. Und - da drehen wir uns ein Stück weit im Kreise - der Bundesrat hat gefordert, aber die Bundesregierung sieht es zum Teil immer noch anders.
Das hat natürlich auch Gründe, dass man sich dort auf die Freiheit der Berufswahl und auch -ausübung, letztendlich auf das Grundgesetz, auf die Verfassung beruft und Bedenken hat, dass das durch diese Einschränkung in Bezug auf das Halten von Wildtieren in den Zirkussen, die von Ihnen genannt wurde, die Gefahr birgt, dass am Ende nur eine Initiative gar nicht zielführend und rechtssicher umgesetzt werden darf. Aber - da gebe ich Ihnen durchaus recht -: Das sehen wir ein Stück weit anders.
Die Frage ist natürlich spannend: Wird nun die freie Berufsausübung in einem Zirkus tatsächlich nur dadurch bestimmt, dass man bestimmte wildlebende Tiere übermorgen nicht mehr halten darf? Wenn Sie meine Antwort wissen wollen, sage ich einfach: Nein!
- Vielen Dank. - Denn ein Zirkus kann auch zukünftig Zirkus bleiben und ein Angebot präsentieren, das von denen wahr- und angenommen wird, die Sie als Besucher in diesem Zirkus erwarten. Das beschränkt sich mitnichten nur auf die von Ihnen aufgeführten Tiere.
Das möchte ich gerne noch einmal für die Öffentlichkeit sagen: Wenn Sie Affen, Giraffen, Elefanten, Bären, Nilpferde, Nashörner oder Seelöwen und Raubkatzen in einem Zirkus halten, und wenn Sie als Außenstehender betrachten, wie man dort eine Haltung auch nur praxisgerecht umsetzen kann und wie oft diese Tiere die Transporte von A nach B, von einem Auftrittsort in den nächsten miterleben müssen, dann gebe ich Ihnen recht: Es ist aus Sicht der Tierschützer und aus Sicht unserer Fraktion - da sind wir uns alle einig - fraglich, ob das am Ende auch so geschehen kann, dass es dem natürlichen Verhalten dieser Tiere entspricht. Das tut es natürlich nicht. Deshalb glauben wir, dass dieser Antrag nach wie vor zielführend ist.
Aber eine spannende Frage ist auch, ob wir nicht ein Stück weit eine Tür öffnen, die auch zu anderen Beschränkungen führen könnte. Denken Sie an die Heimtier- oder Haustierhaltung. Da sind wir ganz schnell in einer Debatte, die wir auch gegebenenfalls wieder an anderer Stelle, nämlich im Ausschuss, führen könnten. Ist es zielführend, dass ein Zirkus Papageien mit sich führt, die man leichter transportieren kann, vielleicht auch anders handeln darf, aber die am Ende auch einen Wildtierstatus innehaben? Ist es gerechtfertigt, dass sie Schildkröten halten oder vielleicht auch Meerschweinchen?
Diese Frage haben wir hier nicht beantwortet. Das können wir in aller Kürze auch nicht tun. Aber, und das ist der Kern dieses Antrags, natürlich haben die anderen ein anderes Sozialverhalten, das nicht so hoch entwickelt ist, und sie stellen auch nicht so hohe Ansprüche im Hinblick auf Raumbedarf, Auslauf, Platzbedarf und Freizügigkeit. Deshalb halten wir nach wie vor Ihren und jetzt unseren geeinten Antrag für zielführend. Wir sind mit Ihnen einer Meinung. Unterstützen Sie alle gemeinsam dieses Vorhaben. Wir werden eine Bundesratsinitiative
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Das Halten von Wildtieren im Zirkus im Jahr 2018 ist ein Skandal. Das ist es nicht erst seit diesem Jahr, das war es auch schon im Jahr 2012, das war es im Jahr 2016, im Jahr 2003 - all die Male, als es immer wieder im Bundesrat beraten wurde und es eine Mehrheit dagegen gab. Die Anträge im Bundesrat waren von unterschiedlicher Qualität. Da kann man sehr ins Detail gehen, welche davon wirklich aussichtsreich waren, insbesondere in den juristischen Diskussionen von der Berufsfreiheit, die bereits geführt wurden.
Aber das Leben von Tieren zwischen Manege, Käfig und Tiertransporter ist nicht tierwürdig. Das kann auch nicht so gestaltet werden. Da kann man sich noch so sehr bemühen. Und häufig bemüht man sich leider nicht. Wir sehen das insbesondere beim Transport von Giraffen immer wieder. Giraffen sind hochkomplexe Tiere. Kein Tier hat einen solchen Blutdruck beispielsweise wie eine Giraffe. Das ist relativ logisch, man hat 2 m lange Beine, einen 2 m langen Hals. Da muss das Blut auch irgendwie zirkulieren. Man braucht einen Anhänger, einen Tiertransporter, der rund 6 m hoch ist. Dafür braucht man überall in Deutschland Sondergenehmigungen.
Jede Fahrt, alles in Deutschland ist auf 4 m genormt, zum Beispiel für doppelstöckige Rindertransporter. All das funktioniert bei den Giraffen dann nicht mehr. Es kommt immer wieder und viel zu häufig vor, dass ein Zirkus in Deutschland erwischt wird, der einen 4-m-Transporter für eine Giraffe hat, die dann in der Regel im Liegen transportiert werden muss. Das funktioniert aber wiederum bei Giraffen nicht, weil die, wie auch in der freien Wildbahn, häufig nur für wenige Sekunden oder Minuten schlafen. Das ist nur ein kleines Beispiel von den Giraffen.
Die Argumente gegen eine Wildtierhaltung im Zirkus liegen seit Jahren auf dem Tisch. Die Haltung ist kaum artgerecht. Die artgerechten Reize sind nicht möglich; ständiger Ortswechsel, stressige Orte mit viel Umgebungslärm - wir sehen es jedes Jahr wieder in Kiel, wenn am Wilhelmsplatz der Zirkus gastiert, umgeben von vielbefahrenen Straßen. All das ist nicht tiergerecht. Die typischen Verhaltensmuster sind nicht auslebbar. Kein Tiger springt gern freiwillig oder in freier Wildbahn durch einen brennenden Reifen. Kein Elefant macht einen Kopfstand. Wenn man sich die Anatomie eines Elefanten anschaut, weiß man: Der kommt nicht auf die Idee, einen Kopfstand gern machen zu wollen.
Bleiben wir kurz beim Elefanten. Die Anzahl der Elefanten im Zirkus in Deutschland schwankt, je nachdem, welche Quelle man gerade betrachtet. Wir haben gerade darüber gesprochen: Sind die Tiere eigentlich in Gefangenschaft aufgewachsen oder in Freiheit?
Die meisten Elefanten, die in Deutschland eingesetzt werden, kommen aus dem Wildfang. Sie sind in Afrika gefangen worden. Die Mütter sind erschossen und die Babys sind nach Europa verkauft worden. Das ist seit 1989 verboten, ja; aber die Tiere, die auf diese Art und Weise nach Deutschland gekommen sind, sind die, auf denen heute noch Kinder in der Manege herumreiten. Ich glaube nicht, dass das auch nur ansatzweise noch zeitgemäß ist. Wir haben zumindest die Hoffnung, dass die Elefanten bald aus den Manegen verschwunden sind, weil sich die Idee von Importen aus Indien, also von sogenannten domestizierten Elefanten, glücklicherweise nicht durchsetzt. Dazu muss man auch sagen: Ja, die domestizierten Elefanten sind seit 200 Jahren in Thailand und in Indien an den Menschen gewöhnt, aber zu beachten ist die schiere Größe, und die Bedürfnisse eines Elefanten sind in einem Zirkus nicht erfüllbar.
Das wurde durch staatliches Eingreifen erwirkt, und staatliches Eingreifen wird weiterhin notwendig sein. Man hat Regelungen geschaffen, um die Importe von Elefanten zu verhindern. Schaut man in andere europäische Länder, sieht man: 23 europäische Länder haben inzwischen ein teilweises oder komplettes Wildtierverbot im Zirkus. Warum hängt
Deutschland eigentlich derart hinterher? Wer hat ein ernsthaftes Interesse daran, Nashörner, Giraffen, Löwen und Tiger durch die Manege zu führen? Ist das wirklich die Form des Zugangs zum Tier, zur Natur, wie wir ihn unseren Kindern im Jahr 2018 vermitteln wollen? Ich glaube nicht.
Das Schöne ist: Es geht eben auch anders. In Deutschland gibt es rund 200 registrierte Zirkusse, davon rund die Hälfte komplett ohne Tiere. Zirkus Flic Flac, einer der erfolgreichsten Zirkusse in ganz Europa, kommt seit Jahrzehnten ohne Tiere aus. Wir müssen also hier keine Debatte darüber führen, ob die Zirkuskultur in Deutschland darunter leiden würde oder nicht mehr existent wäre, wenn wir im Zirkus keine Wildtiere mehr hätten. Vielmehr führen wir eine Debatte über den Tierschutz und nicht über den Zirkus generell.
Wir müssen in Zukunft leider weiter darauf hoffen, dass die Bundesregierung handelt. Meine Hoffnung ist ein wenig getrübt. Wir Grüne haben als Fraktion im Bundestag immer wieder Kleine Anfragen gestellt, wie es denn jetzt aussieht, wie die Bewertung ist. Seit Jahren kommt immer wieder die Rückmeldung: Wir befinden uns in der Prüfung. Just Ende 2017 - unter der neuen Regierung - gab es eine Kleine Anfrage von Renate Künast. Antwort: Wir sind in der Prüfung. - Es reicht nicht mehr zu prüfen. Die Wildtiere müssen aus den Manegen heraus. Sie müssen einen schönen Lebensabend bekommen, und es muss sichergestellt werden, dass keiner ihrer Nachfolgen irgendwann wieder in einem Zirkus landet. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Langem wird die Haltung von Wildtieren in Zirkussen kontrovers diskutiert. Es wurde gerade schon erwähnt: Dies geschah auch schon mehrfach hier im Landtag, erstmals im Jahr 2003, damals auf Initiative des ehemaligen Abgeordneten Heiner Garg, der jetzt Sozialminister ist. Im Jahr 2011 haben wir einen einstimmigen Landtagsbeschluss dazu gefasst. In beiden Jahren und
auch im März 2016 hat der Bundesrat mehrheitlich einen Beschluss gefasst, was das Verbot betrifft. Doch eine Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Entschließungsantrag und eine entsprechende Rechtsverordnung, die diese Beschlüsse umsetzt, stehen bis heute aus. Dieser Stillstand ist nicht nur unbefriedigend, er ist schlichtweg beschämend.
Nur wenige europäische Länder - dies wurde schon erwähnt - lassen Wildtiere überhaupt noch zu. Deutschland ist hier leider Schlusslicht, und es wird langsam Zeit, dass wir nachziehen.
Wir diskutieren in der Politik und auch in der Gesellschaft sehr viel und sehr häufig über die Haltung von Nutztieren, und das ist auch gut so. Aber die Einwände, die wir bei Nutztieren bezüglich artgerechter, tiergerechter Haltung haben, gilt noch viel mehr bei Wildtieren, weil diese noch viel größere Anforderungen stellen und Ansprüche haben. Das gilt für die Unterbringung, noch mehr für den Auslauf, für Ernährung und Pflege sowie für eine sachkundige Betreuung. Dies wurde gerade ganz anschaulich am Fall der Giraffe erklärt. Ich glaube, wir alle sind uns einig, dass diese Ansprüche von einem reisenden Zirkus nicht annähernd zu erfüllen sind.
Sogar die Bundesregierung sieht, dass das richtig ist. Zur Begründung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes wurde festgestellt - ich darf zitieren -, dass es fortgesetzte Verstöße gegen die Haltungsvorschriften für manche Tierarten gebe und dass die Häufigkeit von gesundheitlichen Beeinträchtigungen der betreffenden Tiere in vielen Zirkusbetrieben ahnen lasse, dass die tierschutzrechtlichen Bestimmungen nicht angewandt werden könnten.
Eine solche Einsicht ist schön; umso schlimmer ist es, wenn der Bund trotzdem nichts tut und wieder einmal in sich ruht. Fakt ist: Bestehende Eingriffsund Regulierungsmöglichkeiten greifen nur im Einzelfall, also dann, wenn die Polizei vor Ort eingreifen muss. Das passiert hin und wieder, aber es kann wirklich nicht sein, dass es immer auf eine Einzelfallentscheidung hinausläuft und nur dann, wenn wirklich die Luft brennt, die Polizei eingreift.
Es gibt ein Zirkusregister. Die Erfahrungen damit haben gezeigt, dass es trotz systemimmanent ist, dass trotz dieser zentralen Erfassung aller Wanderzirkusse und der Verstöße, die dort festgestellt wurden, keine Verbesserung in der Wildtierhaltung gegeben hat.
Noch eine Anmerkung am Rande: Dass die Zurschaustellung von Wildtieren nicht nur für die Tiere gesundheitliche Auswirkungen haben kann, sondern auch für den Menschen gefährlich sein kann, ist ein weiterer Aspekt. EU-weit sind in den letzten 22 Jahren über 300 Zwischenfälle mit mehr als 600 Zirkustieren dokumentiert worden, auch mit Personenschäden, weil hier und da ein Tier auf das Personal oder auf Besucher gefallen ist. Fast die Hälfte dieser Unfälle ist in Deutschland passiert. Wir sind einsame Spitze, was Unfälle mit Tieren in Zirkussen betrifft. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass es nicht nur aus Gesichtspunkten des Tierschutzes, sondern auch zum Gesundheitsschutz für Zuschauer und Personal wichtig ist festzulegen, dass Wildtiere im Zirkus nichts mehr zu suchen haben.
Natürlich gibt es Gründe für die Verbotsforderungen. Ich habe viele genannt. Es wird auch einige Gründe dagegen geben. Zumindest wurde gerade angeführt, dass die Haltung von Wildtieren vielleicht zur Berufsfreiheit gehöre. Ich habe gerade eben noch ein kleines Video über Facebook gesehen. Darin hat ein Braunbär auf einem Seil getanzt und einen Handstand auf dem Seil vollführt. Das sieht imposant aus, aber ganz ehrlich: Das ist faktisch Tierquälerei. Ich bin der festen Überzeugung, dass Tierquälerei nicht von der Berufsfreiheit gedeckt ist. Insofern sollte das herausgehalten werden.
Ich war längere Zeit nicht mehr im Zirkus, aber früher war ich das mit meiner Familie. Ich denke, die meisten von uns werden überwiegend positive Erinnerungen an den Zirkus haben. Der Zirkus ist ein Kulturgut, aber das geht auch ohne Wildtiere. Der Zirkus Roncalli hat das auch umgesetzt und festgestellt: Die Wildtierhaltung im Zirkus ist nicht mehr zeitgemäß. Er geht sogar noch weiter und hat sämtliche Tiere aus der Manege befreit.
Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Antrag, der jetzt eine breite, fraktionsübergreifende Mehrheit gefunden hat, und hoffe wirklich, dass der Bund das im Nachgang endlich umsetzt. Die Zeit dafür ist gekommen. - Vielen Dank.