Protokoll der Sitzung vom 07.09.2018

Sie suggerieren nur, dass das so ist. Unsere Regelung ist diejenige, die überhaupt nicht diskutiert werden kann? - Das stimmt doch nicht. Beide Varianten werden diskutiert. Wir halten unsere nur uneingeschränkt für vernünftig, weil wir der Auffassung sind: Wenn über Jahrzehnte von Automobilkonzernen Milliardengewinne gemacht wurden, dann können wir die in irgendeiner Art und Weise für das, was sie nicht geleistet haben, einsetzen und die Konzerne irgendwie zur Kasse bitten, und zwar für Umweltschutz, der möglich gewesen wäre. Und Sie sagen dazu Nein.

(Beifall SPD)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze?

Ja.

Vielen Dank, Herr Kollege.

(Unruhe)

(Kai Vogel)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze.

- Herr Kollege, ich würde Ihnen gern eine Frage stellen, um das besser zu verstehen. Sind Sie auch dafür, dass ältere Dieselfahrzeuge nachgerüstet werden? - Das ist die erste Frage.

Ja.

- Wenn Sie dafür sind, dann wäre meine zweite Frage: Wie soll das finanziert werden? Sind Sie der Auffassung, dass das allein durch die deutsche Automobilindustrie zu finanzieren ist? Sind Sie der Auffassung, die deutsche Automobilindustrie plus Staat, aber nicht die Verbraucher, sollen das finanzieren? Ich will es einfach nur verstehen.

Ich hatte ja gesagt, es sind 27 Millionen Pkw. Sie müssen aus Gerechtigkeitsgründen dann auch sagen, Sie wollen das für alle Pkw anbieten. Ich hatte grob geschätzt, das entspricht 150 Milliarden €. Sie müssen ja eine Vorstellung davon haben, wie das finanziell gewuppt werden soll. Das würde mich einfach einmal interessieren.

- Wir sind der Auffassung, dass dies sicherlich nicht auf den ersten Blick mit einer Mitfinanzierung vonseiten der Nutzerinnen und Nutzer finanziert werden muss, sondern wir sind der Auffassung: Ja, das ist etwas, was die Automobilkonzerne leisten können und müssen.

Wie gesagt: Es wurden in den letzten Jahrzehnten Milliardengewinne erwirtschaftet. Dabei liegen wir weit über den 150 Milliarden €. Herr Kollege Tietze, Sie wissen selbst, das ist im Augenblick nur eine spekulative Summe. Die Gewinne, die erwirtschaftet worden sind, liegen weit über den 150 Milliarden €.

Ja, wir sind der Auffassung, dass diejenigen, die die Gewinne erwirtschaftet haben, dies können, und nicht die Nutzerinnen und Nutzer. 1.000 bis 2.000 € sind für jemanden, der ein Auto fährt, sehr häufig eine viel größere Summe als die Summe, über die wir in Relation zu den Automobilkonzernen sprechen. Der VW-Konzern hat im vergangenen Jahr 11 Milliarden € Gewinn gemacht. Rechnen Sie diese Summe einmal über einen längeren Zeitraum hoch. Es gibt bei uns nicht nur VW, sondern es gibt viele andere Großkonzerne. Hier liegen wir bei den

Gewinnen deutlich über 150 Milliarden €. Ja, wir sind der Auffassung, die Automobilkonzerne können dies tragen.

Gestatten Sie eine weitere Nachfrage?

Ja.

Ist Ihnen bekannt, ob diese Auffassung auch von den Betriebsräten und den Gewerkschaften der Automobilindustrie geteilt wird?

- Ich habe mit den Betriebsräten von VW nicht gesprochen. Es mag ja sein, dass Sie einen direkten Draht haben. Nein, den habe ich definitiv nicht, aber innerhalb der Partei ist die Meinung, die wir vertreten, eine vernünftige, und wir haben auch Betriebsräte. Insofern: Ja, die Meinung deckt sich zumindest mit der von vielen, mit denen wir gesprochen haben. Das, was uns die Betriebsräte und die Nutzerinnen und Nutzer immer auf den Weg gegeben haben, ist: Sie sind die Letzten, die daran zu beteiligen sind, weil sie definitiv nichts dafür konnten, dass sie mit Fahrzeugen fahren mussten, die umweltschädlicher sind, als sie es dachten.

Unabhängig von der Frage Schummelsoftware oder nicht: Dass man mit den saubersten Fahrzeugen fahren würde, ist uns auch vor zehn Jahren schon versprochen worden. Das haben uns letztlich die Automobilkonzerne beschert, indem sie gesagt haben, das Auto sei das sauberste, das heute fahren würde. Wir wissen heute, das war definitiv nicht der Fall. Wir sagen: Automobilkonzerne, ihr habt nicht gemacht, was machbar gewesen wäre. Wir würden ansonsten definitiv nicht in der Situation sein, in der wir sind. Wir würden uns nicht über Fahrverbote in Städten unterhalten müssen, wenn die Automobilkonzerne vor zehn Jahren bereits das umgesetzt hätten, was möglich gewesen wäre.

Deswegen lautet unsere Forderung auch: Ihr seid diejenigen, die dafür zahlen müssen, nicht die Nutzerinnen und Nutzer. - Das ist der Unterschied zu uns. Sie selbst machen sich zum Lobbyisten der Automobilkonzerne, indem Sie sagen, diese sollten auch beteiligt werden. Wir machen uns zum Lobbyisten für die Nutzerinnen und Nutzer, weil wir sagen: Nein, als allerletzte Möglichkeit muss man vielleicht noch einmal darüber nachdenken. Das mag der Unterschied zwischen der Koalition und

uns sein, dass wir die Nutzerinnen und Nutzer in den Fokus setzen und Sie die Automobilindustrie. Wir zeigen ihnen eine rote Karte.

Jetzt ist durch die ganzen Fragen auch schon mein Dreiminutenbeitrag aufgezehrt worden. - Vielen lieben Dank.

(Beifall SPD)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Jörg Nobis von der AfD das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Sie haben beobachten können, wie wir hier eine geschlagene Stunde lang darüber reden, wer hier alles bezahlen soll und ob Autos nachgerüstet werden. Herr Meyer sprach von Symptomen und Ursachen. Da kam mir gleich die Erinnerung an das, was der Kollege Koch von der CDU vor einigen Wochen gesagt hat. Das ist nämlich die eigentliche Ursache des ganzen Problems.

(Zuruf: Ausländer!)

Vielleicht fragen sich ja die Bürgerinnen und Bürger da draußen, warum wir immer über Fahrverbote und über unsinnige Fahrverbote wie in HamburgAltona reden, warum in Madrid oder Rom aber niemand über Fahrverbote redet. In Spanien ist das überhaupt kein Thema. Sind die Autos dort alle viel besser? Ist dort die Autoindustrie besser? Gibt es da nichts nachzurüsten?

Nein, das Grundproblem war dies: Der Kollege Vogt hat das vor einigen Wochen dargelegt, und ich möchte das noch einmal kurz aus meiner Sicht wiedergeben. Wir haben in Deutschland ein hausgemachtes Problem, nämlich eine Übererfüllung von EU-Vorgaben. Herr Koch hatte das damals schön auf den Punkt gebracht. Die Grundlage ist nämlich die Luftqualitätsrichtlinie 2008/50/EG der EU.

Typisch deutsch, wir haben natürlich versucht, diese noch ein bisschen besser in deutsches Recht umzusetzen. Es hing um die Messstationen. Die Vorgabe der EU war, dass die Messstationen in einem Winkel von 270 ° freistehen müssen. Die Deutschen haben diesen Winkel auf 180 ° reduziert. Das ist der eigentliche Grund dafür, dass wir die Messstationen überhaupt in Häuserschluchten oder an stark befahrenen Straßen aufstellen. Das machen die anderen gar nicht. Deswegen haben wir die gan

zen Probleme, über die wir hier heute diskutieren müssen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Christopher Vogt.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine hochspannende Debatte. Ich glaube, wir haben auch die Unterschiede im Oppositionsbereich gesehen. Herr Meyer, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren Beitrag. Man hat gesehen: Auch als Oppositionsfraktion kann man sich mit Vorschlägen der Regierung auseinandersetzen und sich ernsthaft dazu bekennen, wenn man sagt: Okay, das ist ein sinnvoller Vorschlag.

Die SPD hat heute wieder einmal etwas getan, was eine Mischung aus Fake-News und „keine Lösung anbieten“ war, und das nervt mich, ehrlich gesagt, kolossal.

(Beifall FDP und CDU - Widerspruch SPD)

Ralf Stegner hat die ganze Zeit suggeriert, es gehe der Landesregierung und den Koalitionsfraktionen darum, betrogene Autofahrer sozusagen das zweite Mal zu hintergehen, indem man ihnen die Kosten für die Nachrüstung aufbürdet. Das ist kompletter Unfug, Herr Dr. Stegner. Das haben Sie schon in den sozialen Medien gemacht, das haben Sie heute wieder gemacht und sich danach auf Ihren Platz gesetzt und auf Ihr iPad geguckt, weil Sie gemerkt haben: Das was eine Nummer zu doll. Ich glaube, da kann man auch einmal sagen: Das war nicht so redlich, das nehmen wir ein Stück weit zurück.

Meine Damen und Herren, der Kollege Vogel hat das Ganze noch schlimmer gemacht, indem er davon gesprochen hat, dass wir die Lobbyisten der Autoindustrie seien. - Herr Vogel, was für eine Sauerei!

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Sie selbst sind in Berlin in der Verantwortung und stellen sogar eine Bundesumweltministerin, die ständig irgendetwas vorschlägt und nichts durchsetzt. Eine solche Umweltministerin braucht man nicht, Herr Vogel. Die Frau kann eigentlich zurücktreten, weil sie nichts umsetzt,

(Kai Vogel)

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

nicht beim Thema Klimaschutz, nicht beim Thema Dieselfahrverbote. Sie setzt nichts um.

Sie stellen sich immer nur hin und sagen: Wir würden ja gern, aber die Union verhindert in Berlin alles. Sie müssen sich vielleicht einmal in Berlin durchsetzen, wenn Sie sich hier hinstellen und solche Anträge vorlegen, wie Sie es heute getan haben.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, in den Aufsichtsräten mit dem Management von Autokonzernen gemein gemacht haben sich, glaube ich, andere. Das waren zumindest nicht unsere Leute. Ich muss Ihnen auch ganz ehrlich sagen: Es geht bei der Drittelregelung um die Fahrzeuge, die vom Kraftfahrtbundesamt zugelassen wurden und nach wie vor zugelassen sind. Die Kollegen haben das gesagt.

Wir sagen Ihnen: Okay, der Bund ist deshalb in der Verantwortung, und zwar mit einem Drittel. Auch die Konzerne sind in der Verantwortung, natürlich. Sie müssen aus meiner Sicht auch ein Interesse daran haben, dass die Fahrzeuge sauberer werden, und zwar auch die alten. Aus meiner Sicht sind die Autobesitzer auch ein Stück weit in der Verantwortung. Sie haben das Eigentum, und sie haben den Nutzen, wenn die Fahrzeuge sauberer werden. Deswegen ist eine Drittelbeteiligung aus unserer Sicht angemessen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Es droht ja auch in Kiel bekanntermaßen das Fahrverbot. Es gibt Vorschläge von Robert Habeck, eine Umfahrung für einen Teil der Fahrzeuge zu planen. Ich denke, das wird schwierig. Wir sehen das in Hamburg. In Altona gibt es auch die Umfahrung. Das führt dazu, dass jetzt im Sommer auch in den Nebenstraßen die Grenzwerte überschritten wurden. Das hatten wir auch schon im Vorfeld gesagt, dass dies zu einem Problem führen wird. Das wird bei der Lösung in Kiel, wie es einmal vorgeschlagen wurde, auch der Fall sein. Deswegen muss man sich intensiv damit auseinandersetzen.

Mich ärgert wirklich, dass Herr Dr. Kämpfer als Oberbürgermeister nicht liefert. Wie sehen denn die Vorschläge der Stadt Kiel aus, die wir unterstützen können? Das Gutachten ist in Auftrag gegeben worden und wird immer noch ausgewertet. Die Stadt Kiel und der Oberbürgermeister sollen jetzt einmal Vorschläge unterbreiten, damit wir als Landesregierung, als Koalition sagen können: Wir unterstützen