Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

Mit dem Industriestandort Brunsbüttel und mit der gesamten Westküstenregion verfügen wir bereits über eine Region, in der sehr viele erfolgreiche Energieunternehmen unterwegs sind und viel Know-how haben.

Wenn wir unsere Anstrengungen in der Sektorenkopplung, in der Entwicklung leistungsfähiger Speichermedien, in der Schaffung neuer Infrastruktur, beispielsweise für den Transport von Wasserstoff, weiter ausbauen, können wir noch viel mehr erreichen. Das hätte wichtige umwelt- wie auch industriepolitische Auswirkungen, was natürlich gut für die Ansiedlung neuer Unternehmen und die Schaffung neuer qualifizierter Arbeitsplätze ist.

Bleiben wir also nicht im Hier und Jetzt stehen, begrenzen wir uns nicht auf den technologischen Status quo. Seien wir lieber mutig und visionär, seien wir optimistisch und modern!

(Beifall FDP)

Machen wir Schleswig-Holstein zu einem Vorreiter des technologischen Fortschritts im Energiesektor. Vor allen Dingen: Machen wir Schleswig-Holstein zum modernen Land der Innovationen und des Optimismus! - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD spricht der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade einmal 13 % des Primärenergiebedarfes werden in Deutschland durch regenerative Energien gedeckt. 30.000 Windräder, 9.300 Biogasanlagen, alle Solarflächen, alle Wasserkraftanlagen, alle Geothermiekraftwerke und alle Müllverbrennungsanlagen zusammen tragen zu 13 % des Energiebedarfs Deutschlands bei. Die 30.000 Windräder - Onshore und Offshore -, bringen es gar zusammen nur auf 6 %.

Wer Zeitung liest, bekommt ein Bild vermittelt, in dem von 30 % oder bei dem neuen Windkraftziel sogar von 65 % die Rede ist. Was die Medien allerdings verschweigen, ist die gelungene Einordnung in eine umfassende Gesamtenergieversorgung.

Der vorliegende Antrag sowie die dahinterstehende Strategie zur Elektromobilität suggerieren, dass irgendwann einmal alle Autos mit Strom fahren können. Doch woher bitte soll dieser gesamte Strom kommen? - Realistisch gesehen wird Elektromobilität höchstens ein Nischenprodukt bleiben. Ziemlich genau 30 % aller Energie verbraucht der Verkehr in Deutschland. Zu rund 95 % wird dieser Bedarf derzeit durch Mineralöl gedeckt. Und nun soll unter

der wolkigen Bezeichnung „Energiewende“ dieses funktionierende System abgeschafft werden - eine simple Rechnung für alle Visionäre unter Ihnen. Wollte man nur den Verkehrssektor auf Windkraft und Biogas setzen, brauchte man circa 150.000 neue Windkraftanlagen mit einer Höhe von 200 m oder 95.000 neue Biogasanlagen.

Wer den Strategiebericht liest, liest von einem steigenden Transportbedarf. Die eben genannte Zahl ist noch konservativ gerechnet. 150.000 neue Windkrafträder für Deutschland würden nur den Energiebedarf des Verkehrssektors decken, meine Damen und Herren.

Auch die drei anderen Sektoren - Industrie, Haushalte und Dienstleistungen - zu versorgen, ließe die Zahl der Windkrafträder mit 3,5 MW pro Anlage sogar auf knapp eine halbe Million steigen.

Ich wiederhole: eine halbe Million Windkraftanlagen, wobei schon heute Teile der Tierwelt durch 30.000 Anlagen bedroht sind. Dies belegt unter anderem die sicherlich auch Ihnen bekannte PROGRESS-Studie. Danach sind ganze Populationen von Greifvögeln schon jetzt ernsthaft gefährdet.

(Martin Habersaat [SPD]: Wohingegen von Atomkraftwerken niemand bedroht ist!)

Auf Basis der fossilen Energiequellen fußt eines der Topprodukte deutscher Ingenieurskunst, der Dieselmotor. Dass die US-amerikanische Wirtschaft mit großer Energie einen Krieg gegen die deutsche Automobilindustrie führt und Kohlendioxid dabei zur Waffe erklärt hat, dürfte mittlerweile offensichtlich sein. Die überlegene Dieseltechnik, die vor allem aufgrund der immer weiter abgesenkten CO2-Vorgaben aus Brüssel in Deutschland immer weiterentwickelt wurde, soll jetzt eingemottet werden, wenn es nach den Grünen geht, obwohl noch nicht einmal klar ist, ob Kohlendioxid tatsächlich der Verursacher der angenommenen Klimaveränderung ist. Erst kürzlich überraschte der Weltklimarat mit der Botschaft, er habe sich all die Jahre geirrt. Eiskernbohrungen zeigen, dass immer schon zuerst die Temperatur anstieg und dann im Abstand von 600 bis 800 Jahren der CO2-Gehalt der Atmosphäre.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Niemals war es in der Erdgeschichte umgekehrt. Nun zollt auch der Weltklimarat dieser Tatsache Tribut.

Die Klimaschutzziele der Landesregierung und damit auch die vorgelegte Strategie zur Elektromobilität sind nur heiße Luft. Die Absicht, den Technologie- und Wissenstransfer für neue Antriebskon

(Kay Richert)

zepte zu stärken, ist durchaus löblich. Auch den Verkehrssektor ressourcenschonend gestalten zu wollen, kann man nur unterstützen. Aber eines ist klar: Bei der Zerstörung der deutschen Autoindustrie kommen Sie an der Physik nicht vorbei.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die zerstört sich schon selbst!)

Die spricht gegen den aktuellen Verstromungstrend. Weder können Ihre visionären Antriebsformen bei Wirkungsgrad und Leistungsdichte mithalten noch gibt es ausreichende Speichermöglichkeiten für den Strom, von der verheerenden ökologischen Bilanz von riesigen Autoakkus einmal ganz zu schweigen.

Die Strategie zur Elektromobilität fußt also auf Annahmen, die physikalisch und klimatologisch völlig falsch sind. Die reine Wette auf Batterien führt ohne Not in ein ökonomisches und ökologisches Abenteuer, das wir als Partei des gesunden Menschenverstandes so nicht mittragen werden. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Lachen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! „Es gilt, die Vorteile der Elektromobilität im Alltag sichtbar und erfahrbar zu machen“, so steht es im Bericht. - Aha. Sind die Vorteile gar nicht bekannt? Sind Verbraucherinnen und Verbraucher nach Meinung der Landesregierung unterinformiert, was Elektromobilität angeht? Kann ich schlussfolgern, dass sich mehr Menschen ein Elektromobil kaufen würden, wenn sie bloß wüssten, wie komfortabel und umweltschonend ein Elektroauto ist? Ist Elektromobilität etwa ein größeres Geheimnis in Deutschland? - Mitnichten. Aber solange konventionelle Fahrzeuge billiger sind und die Elektrofahrzeuge in Sachen Wintertauglichkeit und Reichweite in den Schatten stellen, wird es in diesem Bereich nicht zu einem Umstieg in die Elektromobilität kommen.

Die neuesten Zahlen des KBA belegen das. Von den 317.000 Pkw, die im Juli neu zugelassen wurden, werden nur 2.500 elektrisch betrieben. Das sind weniger als 1 %.

Die Landesregierung räumt ja auch in ihrer Strategie ein, dass „batterieelektrische Antriebe nicht für jedes Anforderungsprofil eine befriedigenden Alternative“ darstellen. So steht es auf Seite 8. Darum sind die meisten Dienstwagen eben auch immer noch Dieselfahrzeuge. Das gilt auch für die Landesregierung. Die in der Strategie auf Seite 11 geforderte Vorreiterfunktion der öffentlichen Hand lässt also noch auf sich warten. Die 20-%-Quote von Elektroautos im Dienstwagenpark der Landesregierung steht zwar im Koalitionsvertrag; welcher Wert derzeit tatsächlich erreicht wird, ist der Strategie allerdings nicht zu entnehmen. - Aber es soll hier keinen Zweifel geben: Ich finde schon, dass das Ziel der 20-%-Quote, das man sich gesteckt hat, ein gutes Ziel ist.

Der Fahrradmarkt zeigt, dass sich Elektromobilität gut verkaufen lässt, auch ohne Förderprogramme und Abwrackprämien. Allein 2017 sind nach Angaben des Zweirad-Industrieverbandes rund 720.000 Elektrofahrräder verkauft worden. Das waren 19 % mehr als 2016. Der Export von Elektrofahrrädern ist von einem Jahr zum anderen sogar um 25 % gestiegen. Das sind Zahlen, von denen man in der Autobranche nur träumen kann. Erwachsene, die sich ein neues Fahrrad kaufen, kaufen heute gleich ein E-Bike. Die Folge: Die Preise sind gesunken, und die Technik der Akkus wurde laufend verbessert. Da wollen wir doch alle gern hin.

Auch in Sachen Schiene zeichnet sich der Umstieg ab. Dass Schleswig-Holstein jahrzehntelang Entwicklungsland in Sachen Elektrifizierung war, wird hier endlich einmal zu einem Vorteil. Anstatt in teure und anfällige Oberleitungen zu investieren, bieten Wasserstofflokomotiven jetzt eine günstige Alternative zu den dieselbetriebenen Lokomotiven. In Bremervörde sind seit November zwei Wasserstoffloks im täglichen Einsatz. Die Herstellerfirma zeigt im Praxistest, dass diese neue Technik Zukunft hat. Die Marschenbahn wäre ein ideales Einsatzgebiet. Darum sind Bestrebungen, beim Kauf neuer Triebwagen vor allem auf wasserstoffbetriebene Lokomotiven zu setzen, völlig richtig.

(Beifall Lars Harms [SSW])

Beim Stichwort „Wasserstoff“ möchte ich darauf hinweisen, dass Elektroautos nur so lange eine umweltfreundliche Alternative sind, solange sie umweltschonend produzierten Strom tanken. Wenn sie den Strom aber aus Dreckschleudern wie Kohlekraftwerken oder sogar aus Atomkraftwerken nutzen, sind sie in Sachen Umweltbilanz überhaupt kein Gewinn. Im Land der Windenergieanlagen ist

(Jörg Nobis)

es absolut unverständlich, dass diese nicht stärker in die Versorgung von Elektromobilität integriert werden

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

beziehungsweise das Test- und Forschungsstadium noch nicht verlassen haben. Eine effektive Strategie zur Elektromobilität ist auf eine praxistaugliche Nutzung der alternativen Energiegewinnung für die Elektromobilität angewiesen. Ansonsten wird die CO2-Bilanz nicht verbessert, sondern das Problem nur von der Straße auf die Schlote beziehungsweise in die Zwischenlager verschoben. Das ist bestimmt nicht das, was wir wollen.

Schleswig-Holstein hat wirklich das Potenzial, ohne Kohle- und ohne Atomstrom auszukommen. Das sind keine Annahmen, die auf Fehleinschätzungen beruhen.

Das mit dem gesunden Menschenverstand will ich hier einmal außer Acht lassen. Aber wenn man 5 % der wissenschaftlichen Studien nimmt, um 95 % zu leugnen, dann hat das mit gesundem Menschenverstand nichts zu tun. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 19/852 (neu), dem Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Der Bericht ist dem Wirtschaftsausschuss einstimmig überwiesen worden.

Zu einer persönlichen Erklärung erteile ich jetzt der Abgeordneten Serpil Midyatli das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute Vormittag miteinander über das Abschiebehaftgesetz diskutiert. Sie wissen, dass ich sehr leidenschaftlich diskutiere. Nichtsdestotrotz bin ich mit dem Satz, dies sei ein Kniefall vor den Rechtspopulisten, definitiv zu weit gegangen. Ich bitte Sie um Entschuldigung.

Weil wir in den letzten zwei Jahren gerade auf Bundesebene wirklich sehr massiv erlebt haben, wie

Gesetze verschärft worden sind, möchte ich, dass wir gemeinsam darauf achten, dass es zu keinen weiteren Verschärfungen kommt. Das ist das, was ich gemeint, aber vielleicht nicht ausgedrückt habe. Ich bitte Sie noch einmal um Entschuldigung und sage Ihnen: Das kommt nicht noch einmal vor. Vielen Dank.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Schleswig-Holstein als Forschungsstandort für CRISPR/Cas erhalten und Landwirtschaft beraten

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/946

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete der Fraktion der AfD, Volker Schnurrbusch.