Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen schnelle Verfahren und schnelle Entscheidungen. Wenn Menschen jahrelang mit unklarer Perspektive bei uns sind, erschwert das das Miteinander enorm. Wir brauchen Aufnahmezentren im Land und Aufnahme in den Kommunen, die eine gute Betreuung gewährleisten. Da sind wir schon sehr weit, da sind wir aber noch lange nicht fertig, und da sind wir weiter im Gespräch.

Vor allen Dingen haben wir ein massives Problem mit struktureller Gewalt gegenüber Frauen, und zwar in der gesamten Gesellschaft unabhängig von der Nationalität.

(Beifall Beate Raudies [SPD])

Deshalb brauchen wir die konsequente Ahndung von sexuellen Übergriffen und vor allem Präventionsarbeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt CDU, SPD, FDP und SSW)

Wir brauchen Frauenhäuser und Maßnahmen, die Frauen stärken, wie zum Beispiel das Kieler Projekt HAYATI. Und wir müssen Regeln aufstellen und durchsetzen, wie wir das Verhältnis der Geschlechter bei uns geregelt haben wollen.

Das sind viele Herausforderungen. Ich danke dem Innenminister für seinen Teil an dieser schwierigen Arbeit, die er aus meiner Sicht hervorragend durchführt. Ich bin sicher, dass er uns und die anderen Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft transparent informieren wird - aber bitte ohne jede Straftat, die täglich begangen wird, zu einer Pressemitteilung zu machen. - Danke sehr.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, der Abgeordnete Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja richtig: Eigentlich ist gestern mit der Ausschusssitzung das erledigt worden, was ein Parlament in einer solchen Situation zu tun hat. Allerdings finde ich auch, dass man als Demokrat einige Aussagen des Kollegen Schaffer nicht einfach hier stehen lassen kann. Wir haben es bei der AfD mit rechten Verschwörungstheoretikern zu tun, denen es nicht um Problemlösung geht, sondern um Hysterie, um davon dann profitieren zu können. Das ist auch heute wieder deutlich geworden. Nicht nur aus diesem Grund sollte man als Regierung stets möglichst offen kommunizieren.

Die Koalition hat mit der gestrigen Ausschusssitzung für Aufklärung in der Sache gesorgt. Ich glaube, das war absolut angemessen. Dass die AfD als einzige Fraktion im Ausschuss nicht in der Lage war, Fragen zu dem Themenkomplex zu stellen, lässt unangenehm tief blicken.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Es ist sehr deutlich geworden - das ist auch nicht besonders überraschend -, dass die AfD jetzt versucht, auch in Schleswig-Holstein Diskussionen und Hysterie wie in einigen anderen Orten der Republik zu produzieren, wie zuletzt in Chemnitz, in Köthen und in anderen Orten der Bundesrepublik, dass sie versucht, Verunsicherung zu stiften und Misstrauen in der Bevölkerung gegenüber den Regierenden zu schüren.

(Eka von Kalben)

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

- Herr Nobis, das ist Ihr Ziel. Das ist eine sehr perfide Strategie, und das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Mit Blick auf den Innenminister sage ich: Es ist natürlich nicht sehr einfach zu entscheiden, welche Straftat und welcher Fall umgehend öffentlich gemacht wird und welcher eben nicht. Das ist keine einfache Abwägung. Ich meine, man hat sich an der Stelle falsch entschieden. Das war mit Blick auf die zeitliche Nähe der Beziehungstat zu der Versammlung in Boostedt zumindest unglücklich. Der Innenminister hat dies auch eingeräumt und Konsequenzen für die weitere Informationspolitik angekündigt. Das halte ich für angemessen. Es zeugt von Größe, sich dort schnell zu korrigieren.

Ich bin aber der festen Überzeugung: Wer angesichts dieses Falls davon redet, dass hier konsequent und systematisch Dinge unter den Teppich gekehrt würden, der liegt völlig daneben, Herr Schaffer.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich sage auch: Man muss andersherum sehr aufpassen, dass man nicht, wenn man meint, mit Ihren rechten Verschwörungstheorien so umzugehen, ein verzerrtes Bild erzeugt.

Die Menschen in Boostedt und in Neumünster haben in den letzten Jahren viel geleistet, leisten viel und werden in den nächsten Jahren noch viel leisten müssen. Sie haben ein Recht darauf, umfassend informiert zu werden. Vertrauen erzeugt man durch Offenheit und durch konsequentes Handeln. Das sollte unser gemeinsames Ziel sein. Das ist auch unser gemeinsames Ziel.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist schon schwierig. Sie behaupten immer wieder, dass jeder Fall die direkte Folge unserer Politik, auch der Politik der Jamaika-Koalition, sei. Das wird einfach einmal so pauschal in den Raum gestellt. Auch ich und meine Fraktion - das habe ich mehrfach deutlich gemacht - haben Kritik an der Zuwanderungspolitik der Bundesregierung. Wir brauchen endlich ein vernünftiges Einwanderungsrecht, das leider noch immer nicht in Sicht ist. Wir brauchen konsequente Rückführungen, wo sie an

gezeigt sind. Dazu wird unser Land seinen Beitrag leisten. Darüber werden wir heute noch debattieren.

(Beifall FDP und CDU)

Was wir brauchen, um das gesellschaftliche Klima wieder ins Lot zu bringen, sind Problemlösungen. Die AfD macht aber genau das Gegenteil. Sie will die Gesellschaft nicht zusammenführen, sondern sie will die Gesellschaft spalten, um davon zu profitieren. Dem werden wir uns mit aller Macht entgegenstellen, Herr Schaffer.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Wenn Sie heute davon reden - das haben Sie heute in Ihrer Rede getan -, dass die Bevölkerung erwachen werde, zeigt das, an wen Sie anknüpfen. Dem werden wir uns entgegenstellen.

(Lebhafter Beifall FDP, CDU, SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir haben gestern mit der Ausschusssitzung erheblich zur Aufklärung des Falles beigetragen - anders als Sie.

Man kann es nicht wegdiskutieren: Natürlich gibt es Probleme mit Ausländerkriminalität, auch mit Gewalttaten. Das kann niemanden wirklich überraschen, schaut man sich die Zahlen an, dann sieht man: Es handelt sich um viele junge Männer, die zum Großteil aus Kriegsgebieten kommen. Das hat Minister Grote auch immer sehr offen kommuniziert.

Ich erinnere daran: Am 7. März 2018 hat Minister Grote eine entsprechende Studie vorgestellt, die noch sein Amtsvorgänger Stefan Studt in Auftrag gegeben hatte. Die Fraktionen von FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD haben dies öffentlich begleitet. Auch da schaue ich einmal die Leistungsbilanz der AfD an. - Sie haben sich dazu überhaupt nicht zu Wort gemeldet. Sie haben am selben Tag eine Pressemitteilung zu einem Volksentscheid herausgegeben, der in der Schweiz stattgefunden hat.

(Lachen FDP und CDU)

Das zeigt, wie Sie parlamentarisch arbeiten - oder eben auch nicht.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Ausländerkriminalität muss sehr konsequent begegnet werden - wie jeder Form von Kriminalität sehr konsequent begegnet werden muss. Das passiert auch.

(Christopher Vogt)

Frau von Kalben, Sie haben an die Diskussion nach den Vorfällen von Köln erinnert. Das war etwas, was die Stimmung in der Bevölkerung verändert hat. Ich sehe das anders als Sie. Wer unser Gastrecht missbraucht oder eigentlich kein Recht hat, hier zu sein, sich derart benimmt und solche Straftaten begeht, hat hier keinen Platz. Es gab im darauffolgenden Jahr auch Kritik an Polizeimaßnahmen. Man muss zeigen: Die Demokratie, der Rechtsstaat sind wehrhaft und werden sich konsequent einsetzen.

(Beifall FDP - Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Sie haben auf den Kollegen Kubicki verwiesen. Deshalb sage ich: Das kann man sehr unterschiedlich sehen.

Wir stärken konsequent unseren Rechtsstaat, indem wir die Ausstattung von Polizei und Justiz weiter verbessern. Das Aushöhlen des Vertrauens in unseren Rechtsstaat ist das Ziel der Populisten. Das haben wir heute wieder erlebt.

Wir haben gestern wieder ein Investitionspaket verkündet, mit dem wir die Situation in den Einrichtungen in Boostedt und Neumünster verbessern wollen. Ob wir damit einzelne Straftaten oder Gewaltdelikte verhindern können, wissen wir nicht. Das können wir nicht sagen. Wir arbeiten an allen Fronten an Problemlösungen und wollen das Vertrauen der Menschen, wo wir es ein Stück weit verloren haben, zurückgewinnen. Wir wollen die Menschen eben nicht weiter verunsichern durch populistische Maßnahmen, durch solche Reden, wie Sie sie heute gehalten haben.

(Beifall FDP und CDU)

Das werden wir nicht tun. Wir werden Problemlösung anbieten. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)

Das Wort für den SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige der Vorredner haben schon über die Arbeitsauffassung der AfD-Fraktion innerhalb der Ausschüsse berichtet. Es ist schon frappierend, dass wir hier heute eine Aktuelle Stunde abhalten müssen über ein Thema, über das wir gestern durch das

Ministerium und andere Behörden umfänglich informiert worden sind, bei dem alle die Möglichkeit gehabt hätten, sämtliche Fragen zu stellen und politische Kommentare abzugeben, wenn man das denn will, sich die AfD daran nicht beteiligt und wir hier eine Aktuelle Stunde durchführen müssen.

Da kann man schon das Gefühl bekommen: Es geht gar nicht so sehr um die Person, die dort geschädigt worden ist. Es geht gar nicht so sehr um Gewalt von Männern gegenüber Frauen, sondern es geht der AfD nur darum, wieder einmal einen Einzelfall zu nutzen, um gegen Ausländer zu hetzen. Das dürfen wir Ihnen so nicht durchgehen lassen.