Protokoll der Sitzung vom 26.09.2018

Zudem weisen sie darauf hin, dass es Missstände bezüglich der Zweckentfremdung von Wohnraum in ihren Städten gibt. Sie sehen in dem vorliegenden Gesetzentwurf des SSW ein Instrument, um gegen diese Missstände zielgerichtet und wirksam vorzugehen, um somit wieder eine zweckgerichtete Nutzung des Wohnraumes zu erreichen. Darum sollten wir dafür sorgen, dass den Kommunen dieses Instrument zukommt. Mit unserem Gesetzentwurf sind wir also ein gutes Stück weiter in Bezug auf Punkt 3 des SPD-Antrags. - Wir empfehlen Ausschussüberweisung. Vor allem möchte ich die datenschutzrechtliche Seite untersucht haben. - Jo tak.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Regina Poersch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Schleswig-Holstein-Tourismus boomt. Das Urlaubsland Schleswig-Holstein ist beliebt. Unsere Gäste finden uns gut. Unsere Gäste sollen uns nicht nur „gut“ finden, sondern sie sollen uns auch gut „finden“. Hier kommen die Online-Buchungsportale ins Spiel. Sie bieten sich geradezu an als zusätzlicher, als moderner Vertriebskanal. Sie sind inzwischen nicht mehr wegzudenken. Das ist gut so.

(Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Urlaubsland Schleswig-Holstein ist gastfreundlich. Diese Gastfreundlichkeit müssen wir erhalten. Sie ist ein großes Pfund im Tourismus. Fragen Sie einmal die Dresdener. Wer vom Fremdenverkehr genervt ist, gibt sich wenig gastfreundlich.

In Schleswig-Holstein ist die Tourismusintensität bundesweit mit am höchsten. Aus unserem Ziel von 30 Millionen erfassten statistischen Übernachtungen bis 2025 aus der Tourismusstrategie haben wir 29,9 Millionen schon heute erreicht. Rechnet man noch die Übernachtungen in privaten Unterkünften, bei Verwandten-, Bekanntenbesuchen, in Reisemo

bilen und in Sharing-Angeboten hinzu, kommt man auf die stolze Zahl von rund 87 Millionen Übernachtungen. Diese Zahl habe ich vom Tourismusverband.

Weil gleichzeitig die Aufenthalte kürzer werden, braucht es mehr Gäste, um auf diese fantastischen Übernachtungszahlen zu kommen. Ist das nun ein Grund, genervt zu sein? - Nein, das ist es nicht. Oft wird vergessen, der Tourismus bringt Wertschöpfung: Bruttoumsatz in Schleswig-Holstein 9,5 Milliarden € jährlich, über 168.000 Beschäftigte. Allein in Schleswig-Holstein beträgt das Steueraufkommen aus dem Tourismus jährlich 926 Millionen € Geld, das für eine verbesserte Infrastrukturausstattung enorm wichtig ist. Davon profitieren selbstverständlich auch alle Einheimischen. Die Attraktivität eines Ortes oder einer Region steigt. Ein Ferienort hat in der Regel ein gutes Image, übrigens auch bei der Unternehmensansiedlung oder bei der Gewinnung von Fach- und Führungskräften.

Der Tourismus tut also in vielerlei Hinsicht gut. Hier in Schleswig-Holstein leisten dazu viele ihren Beitrag. Auch das zeichnet unser Land aus. Wir wollen ein gastfreundliches Land bleiben.

(Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den Ferienorten hilft jemand wie Airbnb im Kampf gegen kalte Betten. In den Städten aber konkurriert dieses Online-Portal vermehrt mit der Hotellerie. Es kommt zu einer Verknappung und Verteuerung des Wohnraums, da die vermieteten Wohnungen nicht mehr für langfristige Mietverträge zur Verfügung stehen - Konfliktpotenzial, das wir vermeiden können und sollten. Deswegen ist es Zeit, für fairen Wettbewerb ein paar Regeln aufzustellen.

Sie haben den Satz: „Vermieter, die Steuern und Abgaben ordnungsgemäß abführen und sich somit nicht zuletzt auch an der Finanzierung der touristischen Infrastruktur beteiligen, dürfen nicht im Wettbewerb benachteiligt sein“, aus unserem Antrag übernommen. Das war schlau.

(Beifall Beate Raudies [SPD])

Hören Sie nun auch auf Ihre Finanzministerin und ihren Wunsch auf direkte Zugriffsmöglichkeiten auf Nutzerdaten im Sinne einer ordnungsgemäßen Besteuerung. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

(Flemming Meyer)

Bevor ich der Landesregierung das Wort erteile, begrüßen Sie bitte mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages Besuchergruppen der Landjugend Schleswig-Holstein, der Deutschen Rentenversicherung und des Sozialministeriums. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich erteile sodann das Wort für die Landesregierung der Finanzministerin Monika Heinold.

Meine Damen und Herren! Im Kern geht es um vier Themenbereiche, die hier heute schon genannt worden sind. Es geht darum, Steuergerechtigkeit zu wahren. Es geht darum, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Es geht darum, die Zweckentfremdung von Wohnraum einzudämmen. Es geht natürlich auch darum - der Beitrag der Kollegin eben hat es deutlich gemacht -, die Möglichkeiten für den Tourismus in Schleswig-Holstein zu nutzen.

(Zurufe SPD)

- Ich gehe davon aus, dass Sie ebenso munter wie wir diskutiert haben, sonst wäre der Dreiminutenbeitrag vielleicht nicht gekommen.

Meine Damen und Herren, Online-Buchungsportale für Ferienunterkünfte sind heute aus dem Tourismus - das ist gesagt worden - nicht mehr wegzudenken. Digitale und innovative Geschäftsmodelle zur Vermietung stärken den Tourismusstandort Schleswig-Holstein.

(Beifall Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Aufgabe der Politik ist es, das bestehende Regelwerk für die „alte“ Welt, die analoge Welt, jetzt in die digitale Welt zu übertragen. Im Prinzip ist die geteilte Nutzung von Wohnraum nachhaltig. Ein Zimmer oder eine Wohnung vorübergehend zu vermieten, wenn es oder sie nicht selbst genutzt werden, ist und bleibt eine gute Idee. Auch das ist gesagt worden: Für unsere Städte, für unsere Gemeinden, für unsere Ferienregionen ist es eine große Bereicherung, wenn zusätzliche Gäste zu uns kommen.

Wenn aber aus dem ressourcenschonenden Teilen von Wohnungen ein Geschäftsmodell wird, wenn dringend benötigter Wohnraum zweckentfremdet wird, wenn ganze Wohnblöcke in zentraler Lage zu Ferienwohnungen umfunktioniert werden, weil es lukrativer ist, 80 € am Tag einzunehmen statt 800 €

im Monat, dann muss sich die Politik mit diesem Thema beschäftigen. Deshalb ist es richtig, dass wir heute darüber diskutieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ob online oder offline: Unsere Gesetze gelten für alle. Online-Portale dürfen nicht dazu führen, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, weil die einen ihre Beiträge vor Ort leisten, während sich die anderen in der digitalen Anonymität verstecken.

Meine Damen und Herren, die Vermietung von Wohnungen und Ferienunterkünften ist gesetzlich klar geregelt: Wer eine Wohnung oder ein Zimmer vermietet, tageweise, monatlich oder dauerhaft, muss Einkünfte aus der Vermietung beim Finanzamt angeben. Wer das nicht macht, macht sich strafbar. Er sollte schleunigst sein Finanzamt aufsuchen und eine Selbstanzeige erstellen, um einer Bestrafung zu entgehen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit ist die jetzige Situation unbefriedigend, denn für die Finanzbehörden ist oftmals nicht erkennbar, wer Vermieter der im Online-Portal angebotenen Wohnung ist. Eine ordnungsgemäße Besteuerung ist nur möglich, wenn die Angebote transparent sind und die Finanzbehörden Zugriff auf die Daten zu den Vermietungen haben. Darum nutzt Deutschland selbstverständlich die Instrumente des zwischenstaatlichen Informationsaustausches, denn Unternehmen, wie beispielsweise das weltgrößte Vermittlungsportal Airbnb, haben ihren europäischen Sitz in Irland, und auch diese Daten müssen für die Finanzbehörden zugänglich sein.

Damit die Finanzverwaltung zukünftig auch Einkünfte aus Vermietung, die über ein Online-Portal vermittelt werden, transparent nachvollziehen kann, muss sie eine Zugriffsmöglichkeit auf die Nutzerdaten von entsprechenden Portalen haben. Damit stehe ich hier in Schleswig-Holstein nicht allein da: Alle Länder - unabhängig von der parteipolitischen Besetzung - beschäftigen sich selbstverständlich mit dieser Fragestellung. Dabei können wir uns an bestehenden Regelungen orientieren, beispielsweise zur Vorhaltung von Daten von Plattformbetreibern am Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften.

Natürlich müssen wir auch in der Steuerverwaltung so gut aufgestellt sein, dass wir die Daten verarbeiten und verwerten können. Wir sind mit unserem Finanzamt für zentrale Prüfungsdienste gut aufgestellt. Wir trauen es uns als Steueraufsicht zu, Massendaten, wie sie von Plattformbetreibern erhoben werden, auszuwerten und einer Besteuerung zuzuführen.

Unabhängig davon steht die Forderung der Steuerverwaltung im Raum; die begrüße ich immer. Wir bilden zunehmend mehr Nachwuchs aus. Das ist richtig. Das ist notwendig, weil wir auch viele Altersabgänge haben.

Meine Damen und Herren, neben Tourismus, Steuergerechtigkeit und einem fairen Wettbewerb geht es bei der Vermietung über Buchungsportale auch um die Problematik der Zweckentfremdung von Wohnraum. Vielleicht war der ein oder andere von Ihnen auch schon einmal auf Sylt.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe da gelebt! - Heiterkeit und Zurufe)

Schleswig-Holstein braucht Wohnraum für alle Teile der Bevölkerung, nicht nur für Abgeordnete, Herr Dr. Tietze, sondern auch für Studierende, Menschen mit einem geringen Einkommen

(Özlem Ünsal [SPD]: Genau!)

und für Familien mit Kindern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Eine bezahlbare Wohnung zu haben, ist ein hohes Gut. Deshalb müssen wir auch mit unseren Kommunen über dieses Thema diskutieren und sie fragen - denn sie sind die Betroffenen -, ob das geltende Recht ausreicht oder ob sie sich eine andere Regelung wünschen. Wenn sie sich eine andere Regelung wünschen, kann ich mir schwer vorstellen, dass wir diesem Wunsch, wenn er kommunal als notwendig erachtet wird, nicht nachkommen. Das entscheidet aber letztendlich das Parlament.

Meine Damen und Herren, wir befinden uns mitten in einer digitalen Revolution. Täglich rollen neue digitale Themen auf uns zu. Immer wieder ist es unsere Aufgabe, dass wir uns damit auseinandersetzen, wie das geltende Regelwerk trotzdem gilt, weil es unser Ziel ist, dass die Gesellschaft zusammenhält. Politik ist nicht machtlos. Deshalb müssen wir unsere Möglichkeiten nutzen.

Ich freue mich auf die Ausschussberatung. Ich glaube, es ist schon deutlich geworden, dass es eine

muntere Debatte über Steuerrecht, Mieterschutz, Wohnraum und die Möglichkeiten und Chancen unserer digitalen Welt werden wird.

Herr Jensen, Sie haben von - - Herr Jensen?

(Heiterkeit)

- Hallo! Herr Jensen, ich versuche, mit Ihnen zu kommunizieren.

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Herr Jensen, Sie haben ja von Ihrer Frau berichtet. Grüßen Sie sie; ich bin mir sicher, sie ist klug und kompetent. - Vielen Dank.