Protokoll der Sitzung vom 07.11.2018

Es geht dabei nicht wirklich um den Schutz von Menschen, denn Sie wissen nicht einmal, wem genau und aus welchem Grund Sie Schutz gewähren wollen. Diese Fragen sind allesamt noch offen. Dass wir uns da bitte nicht falsch verstehen: Die AfD will und wird Schutz gewähren,

(Lachen Dr. Ralf Stegner [SPD])

wem Schutz auch tatsächlich gebührt.

(Beifall AfD)

Dafür haben wir unter anderem das Asylrecht, und zu dem stehen wir auch. Aber Ihr Landesaufnahmeprogramm ist dann doch nur die Umsetzung eines EU-Umsiedlungsprogramms für Migranten nach Deutschland.

(Zuruf FDP)

Es ist die politische Fortsetzung einer von Ihnen vorangetriebenen Einwanderung über den Schutzanspruch. Genau das ist der Missbrauch des Asylrechts, wie wir ihn schon mehrfach kritisiert haben - und diesen lehnen wir entschieden ab.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: So ist das!)

Nicht nur wir lehnen das ab, sondern auch in der Gesellschaft nimmt die Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Migranten unter dem Deckmantel der Schutzgewährung ab.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Dazu tragen Sie kräftig bei!)

Erst gestern wurde in der Norderstedter Stadtvertretung die Aufnahme zusätzlicher Migranten abgelehnt,

(Jörg Nobis [AfD]: So ist das!)

übrigens auch mit den Stimmen der CDU. Längst ist man nämlich nicht mehr uneingeschränkt dazu bereit, sich Ihre humanitäre Mär von: „Wir müssen die ganze Welt retten“ anzuhören, und das auf Kosten der Sicherheit und der sozialen Stabilität in unserem Land. Ihr Landesaufnahmeprogramm ist dabei nur ein weiterer Baustein auf dem Weg, der im Dezember mit der Unterzeichnung des Globalen Pakts für Migration seinen vorläufigen Höhepunkt finden wird. Der Migrationspakt wird beschwichtigend als rechtlich nicht bindend beschrieben, denn das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen, werde anerkannt. Selbst die Kanzlerin lässt sich so vernehmen. Es finden sich 87-mal die Vokabeln „Verpflichtung“ oder „verpflichten“ gegenüber Migranten in diesem Pakt. Wollen Sie uns ernsthaft erklären, dass ein UN-Pakt zur globalen Migration keinen bindenden Einfluss auf Deutschland haben wird? Schon heute geht doch auch hier im Hause kaum ein Gesetzesvorhaben durch, ohne dass nicht an irgendeiner Stelle UN-Regelungen dergestalt zitiert werden, als hätten diese rechtliche Bindungswirkung.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

(Jan Marcus Rossa)

In Wahrheit wird mit dem globalen Migrationspakt Völkergewohnheitsrecht durch die Hintertür geschaffen; denn dieser Pakt wird bei einem Beitritt Deutschlands in alle betroffenen Gebiete der nationalen Migrations- und Integrationspolitik durchschlagen. Der globale Migrationspakt verwischt die Grenzen zwischen Asyl und Migration. Illegale Migration wird es dann nicht mehr geben, weil es schlicht am Begriff der illegalen Migration mangeln wird. Die UN selbst sprechen in diesem Kontext von geschätzten 250 Millionen Migrationswilligen. Der Migrationspakt schafft damit nur weitere Anreize für Migration.

Diese Gefahr erkennen inzwischen auch andere Nationen. Die USA, Ungarn und Österreich haben bereits erklärt, den Pakt nicht zu unterzeichnen. Weitere Staaten, darunter Polen, Dänemark, Tschechien und weitere Aussteiger, werden diesem Beispiel wohl folgen. In diesen Ländern findet auch die erforderliche und gebotene öffentliche Debatte statt. Hierzulande wird die schon öffentlich aufkommende Kritik am Migrationspakt pauschal als Fake News gebrandmarkt - wie überhaupt jede Kritik an Migration und den Folgen für Deutschland.

(Beifall AfD)

Die Hoheit über die Kommunikation soll behalten werden. An dieser Stelle findet sich die Vermeidung eines kritischen Diskurses auch im Migrationspakt wieder.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Denn darin heißt es, dass Migration in einem konstruktiven

(Zuruf Thomas Hölck [SPD])

- also in einem positiven - Kontext dazustellen ist. Kritik an Migration ist ebenso wenig erwünscht wie die öffentliche Debatte darüber. Die AfD steht aber für eine öffentliche und ehrliche Debatte, und das ganz besonders in der Frage einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Migrationspolitik.

Das, was Sie nicht hören wollen, werden wir Ihnen sagen, und wir werden das öffentlich tun.

(Zuruf Dennys Bornhöft [FDP] - Christopher Vogt [FDP]: Wir sind hier öffentlich, Herr Kollege!)

- Denn auch dafür wurden wir gewählt. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schleswig-Holstein bekommt ein Landesaufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge, die auf Grundlage eines EU- beziehungsweise Bundeskontingents zwischen den Mitgliedstaaten verteilt werden. Dazu hat die Bundesregierung gegenüber der Europäischen Union ihre Zusage gegeben, und auch wir als SSW stehen natürlich voll und ganz zu dieser Zusage. Ich sage Ihnen von ganzem Herzen: Ich freue mir ein Loch in den Bauch, dass hier 500 Menschen Schutz finden können.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dennys Bornhöft [FDP])

Dabei geht es insbesondere um drei Herkunftsregionen. Es ist mitnichten so, dass man nicht wüsste, wer da kommen soll, sondern man hat da Prioritäten vereinbart. Diese Prioritäten wären die Nachbarländer Syriens, Libyen und im Prinzip fast ganz Afrika, und hier insbesondere Äthiopien, Uganda, Tansania, Dschibuti und Kenia. Das sind die Regionen oder Länder, über die wir reden. Dabei soll es vor allem um die Aufnahme von Frauen und deren Kinder gehen,

(Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW], Dennys Bornhöft [FDP] und Annabell Krä- mer [FDP])

die Opfer von Gewalt und Terror wurden. Auch das, meinen Damen und Herren, freut mich sehr, weil das genau die Gruppen sind, die es am Schwersten im Leben haben. Diese können möglicherweise auch direkt aus den Flüchtlingslagern in Ägypten und Äthiopien zu uns nach SchleswigHolstein kommen, auch das eine sehr kluge Regelung, nicht erst so lange zu warten, bis die Leute über das Mittelmeer geflüchtet sind, sondern vorher schon etwas zu tun. Dabei ist die Lage in den gerade eben genannten afrikanischen Ländern schon lange desaströs. In Äthiopien beispielsweise bestehen bereits seit Jahrzehnten soziale, politische, ethnische und auch religiöse Konflikte. Die jüngsten Aufstände brachten willkürliche Verhaftungen, Morde an Oppositionellen oder deren plötzliches Verschwinden und Folter ans Tageslicht. Tausende verloren durch brutale Gewalt des Regimes ihr Leben. Derzeit gilt der Ausnahmezustand, und eine

(Claus Schaffer)

Besserung ist keineswegs in Sicht. Hinzu kommt die Situation in den Nachbarländern wie etwa Somalia, das sich im Zerfall befindet und damit Äthiopiens größtes Sicherheitsrisiko ist, Dschibuti und Eritrea sind ebenfalls sozusagen schwierige Nachbarn, und auch dort kommt es zu Konflikten.

Gleiches gilt - wenn auch in kleinerem Maße, aber trotzdem sehr relevant - für Kenia, Tansania und Uganda. Auch dort ist die Gesellschaft tief gespalten, aber nicht in der Weise tief gespalten, wie man das hier definieren würde, sondern da geht es wirklich um das Überleben der einzelnen Volksgruppen und der einzelnen Menschen. Das ist schon eine andere Art des Tief-gespalten-Seins, als man es hier kennt.

Es kommt dort immer wieder zu bewaffneten Konflikten im Zusammenhang mit Wahlen zwischen rivalisierenden politischen Gruppen oder auch zu Unabhängigkeitsbestrebungen wie zum Beispiel im Fall von Sansibar. Ein Leben in Frieden und Sicherheit ist in den genannten Gebieten daher kaum möglich. Das geht eben auch uns in Schleswig-Holstein etwas an. Auch dort haben wir eine Verantwortung.

Es ist daher völlig richtig, dass die Landesregierung über die Planung und entsprechenden Vorhaben berichtet. Schließlich kann eine gute Vorbereitung ganz entscheidend für die Aufnahme und Integration der zu uns kommenden Menschen sein. Es ist daher auch zu begrüßen, dass die Landesregierung daran festhalten will, eine möglichst frühzeitige dezentrale Unterbringung voranzutreiben.

Ich glaube, das ist genau richtig so, und wir müssen uns immer vor Augen halten, dass diese Menschen, die zu uns kommen, diese Frauen und Kinder, oft auch medizinische und psychologische Hilfe brauchen. Auch das muss ein Kriterium sein, wenn wir uns darum kümmern wollen, wie die Leute denn hier wirklich vernünftig unterkommen können.

Denn eines ist klar - auch das muss man sagen -: Viele von denen, wahrscheinlich sogar alle von diesem Kontingent, das kommt, werden auch längerfristig, wahrscheinlich für immer, hierbleiben. Auch das ist gut so.

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

Deshalb müssen wir die Flüchtlinge schon von Anfang an in unsere Gesellschaft integrieren und ihnen alle Hilfe zuteilwerden lassen, die möglich ist.

Dies ist und bleibt auch für die Zukunft eine Herausforderung. Wir dürfen nicht nachlassen, diese Herausforderung anzunehmen und bereit zu sein,

dafür auch längere oder Umwege in Kauf zu nehmen.

Für uns als SSW ist in diesem Zusammenhang völlig klar, dass der einfache Weg wahrscheinlich der falsche Weg ist. Wir werden nicht nur vor diesem Hintergrund die Vorbereitungen der Landesregierung zum Landesaufnahmeprogramm von 500 Flüchtlingen konstruktiv begleiten, sondern noch einmal, meine Damen und Herren - wir freuen uns sehr, dass wir hier in diesem Parlament - zumindest die meisten hier; diejenigen, die ich auch am meisten schätze - ein Zeichen für Menschlichkeit und Nächstenliebe setzen werden. Nicht überall auf diesem Planeten geht es um Menschlichkeit und Nächstenliebe. Insofern setzen wir da ein gutes Beispiel.

Ich persönlich finde es wirklich schön, dass 500 Menschen hier eine neue Heimat finden können, dass sie hier eine gesicherte Zukunft haben, nicht mehr unter Bedrohungen leben müssen, und dass ihnen Hilfe zuteilwird. Egal,ob man Christ oder Muslim ist oder einer anderen oder gar keiner Glaubensgemeinschaft angehört, ist das etwas, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Das ist eine Haltung. Ich glaube, es ist gut, dass wir in Schleswig-Holstein diese Haltung haben und das nach außen hin auch deutlich machen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Dennys Born- höft [FDP])

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! 500 weitere Flüchtlinge, das mag angesichts der dramatischen Zuwanderungszahlen seit 2015 relativ wenig erscheinen.

(Zuruf SPD)

Da Sie sich aber auf diese Zahl - das hat die letzte Debatte vor einigen Wochen gezeigt - nicht konkret festlegen lassen wollen, ist schon klar: Das ist nur der Anfang. Ich denke dabei nicht einmal an den Familiennachzug, der früher oder später folgen wird, sondern wenn man das ganze Bild betrachtet, wird schnell klar, wohin die Reise gehen soll.