Protokoll der Sitzung vom 12.12.2018

Wir wollen uns aber nicht darauf ausruhen, dass der Bundesgesetzgeber Maßnahmen schafft, die eine Attraktivität erhöhen, sondern wir machen da selbst etwas, und wir sind da aktiv. Wir merken, dass es immer schwieriger wird, junge Menschen zu Beginn ihrer beruflichen Orientierung für diese Berufe zu begeistern und zu gewinnen. Die Pflegeberufe leiden offenkundig unter einem immer noch schlechten Berufsimage. Zu Unrecht, sagen wir. Deshalb wollen wir, die Jamaika-Koalition, hier entschieden etwas gegen diesen derzeit noch nicht optimalen Ruf tun. Wir planen deswegen, im kommenden Jahr eine groß angelegte Imagekampagne vorzubereiten, die sich dann 2020 mit dem Inkrafttreten des Pflegeberufegesetzes um die Attraktivität und die Außendarstellung dieses Berufszweigs kümmert. Mit einem werbetechnisch ausgeklügelten System wollen wir und die weiteren Beteiligten darauf abzielen, dass wir das Image in den Pflegeberufen signifikant steigern.

(Vereinzelter Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Berufszweig steht bislang noch nicht im Verdacht, dass er besonders hip wäre. Das wollen wir ändern - bei den Schülerinnen und Schülern. Es ist - das ist auch ganz wichtig - auch nicht besonders attraktiv für die Eltern, wenn ihre Kinder sagen, sie wollten in die Pflege gehen. Da gibt es oft Vorbehalte der Eltern. Die müssen wir auch packen, und die müssen wir auch überzeugen.

Gemeinsam mit den beteiligten Akteuren wie der Pflegekammer, dem Land, den Gewerkschaften, den Verbänden, den Unternehmen und weiteren Beteiligten wollen wir Strategien entwickeln, wie und mit welchen Maßnahmen wir eine breite Akzeptanz

und Perspektive für die Pflegeberufe schaffen können.

Sicher sind wir nicht die Ersten, die sich über eine Imagekampagne für die Pflegeberufe ernste Gedanken machen. In Bayern oder auch in anderen Bundesländern gibt es das bereits, und es läuft da mit Erfolg. Unter der Bezeichnung „Herzwerker.de“ kann man nachschauen, was die Bayern so anstellen. Auch das DRK hat eine gute Kampagne herausgebracht. Vieles ist denkbar, von der Busreklame bis hin zum professionellen Werbespot in den unterschiedlichen Medien und auch in den sozialen Netzwerken, unter der aktiven Einbeziehung der jungen Menschen und natürlich der Fachleute und der Praktiker.

Im kommenden Jahr soll dieses Konzept gründlich vorbereitet und konzipiert werden - mit dem Ziel, möglichst viele junge Leute und deren Eltern für diesen schönen Beruf zu begeistern. Anreize und positive Seiten müssen deutlich aufgezeigt und herausgestellt werden, Hemmnisse müssen abgebaut werden. Denken wir da an das Schulgeld. Und genau das gehört nun auch bei den Gesundheitsfachberufen in Schleswig-Holstein endlich der Vergangenheit an.

Ab 1. Januar 2019 gibt es die Schulgeldfreiheit für die Logopäden, die Ergotherapeuten und die Physiotherapeuten an staatlich anerkannten Schulen, die nicht mit einem Krankenhaus verbunden sind. - Ja, da kann man klatschen.

(Beifall CDU, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Zudem wurden die Krankenhäuser aufgefordert Heiner Garg hat es erwähnt -, bei den laufenden Budgetverhandlungen sicherzustellen, dass auch die mit einem Krankenhaus verbundenen Schulen zum 1. Januar 2019 schulgeldfrei gestellt werden.

Nur noch annähernd die Hälfte aller Ausbildungsplätze in diesem Bereich konnte besetzt werden das ist ein Alarmsignal -, bislang immer mit der Verpflichtung, 400 € für drei Ausbildungsjahre zu entrichten. Es ist simpel zu verstehen, dass junge Menschen es trotz Interesse an diesen Berufen vorzogen, etwas anderes zu erlernen, wo es kein Schulgeld zu entrichten gab. Es ist eine paradoxe Situation: Studierende der Medizin müssen nichts für ihre Ausbildung bezahlen, aber die Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und auch die Logopädinnen und Logopäden. Das haben wir nun gemeinsam geändert. Ich finde es sehr gut, dass wir das sehr einmütig in diesem Plenum auf den Weg gebracht haben zum Wohle der Gesundheit von Frau und Mann,

(Katja Rathje-Hoffmann)

von Jung und Alt und von Groß und Klein. - Herzlichen Dank!

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Wolfgang Baasch [SPD])

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Birte Pauls.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin stolz darauf, Krankenschwester zu sein, und ich würde diesen Beruf immer wieder gern ergreifen. Es ist ein wunderbarer Beruf, doch leider stimmen die Rahmenbedingungen nicht.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ich würde mich auch gern von dir pflegen lassen! - Beifall Sandra Redmann [SPD])

- Darüber können wir ja später einmal sprechen.

Die Rahmenbedingungen sind der Grund, dass so viele engagierte Pflegekräfte den Beruf wieder verlassen. Unsere politische Aufgabe ist es, genau diese Rahmenbedingungen so zu verändern, dass möglichst viele in den Pflegeberuf gehen und ihn auch dauerhaft physisch wie psychisch ausüben können. Das findet im Augenblick nicht statt. Da sind die Durchhaltezeiten sehr gering: Acht Jahre, sieben Jahre, es gibt unterschiedliche Studien. Das ist ein Problem.

Mit kurzfristig angelegten Imagekampagnen - so finden wir - ist es deshalb nicht getan. Es reicht nicht, Menschen zu werben, damit sie nach kürzester Zeit den Beruf frustriert und erschöpft wieder verlassen. Die Personen, die wir so erreicht haben, werden wir auf immer für die Pflege verloren haben. Um die Pflege zukunftssicher zu gestalten, braucht es jetzt eine langfristig angelegte Fachkräftesicherung.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Deswegen plädieren wir Sozialdemokraten dafür, die Rahmenbedingungen zu verbessern und dann überzeugend für den Beruf zu werben. Die neue Pflegeausbildung ist dafür der beste Anlass. Eine zufriedenstellende Arbeit nach fachlichen und berufsethischen Ansprüchen, das ist die beste Werbung für diesen Beruf.

Die auf den Weg gebrachten Personaluntergrenzen für nur wenige Bereiche im Krankenhaus reichen nicht aus. Was wir brauchen, ist ein gesetzlicher

Personalbemessungsschlüssel, der sich am reellen Patientenbedarf orientiert, und zwar für alle Bereiche in der Pflege.

(Vereinzelter Beifall SPD und Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Das sichert Qualität, das sichert Patientensicherheit und schafft somit auch Arbeitszufriedenheit.

Eine angemessene Bezahlung gehört selbstverständlich ebenfalls zur Attraktivitätssteigerung dazu. Keine Pflegefachperson bekommt im Moment so viel, wie sie wirklich verdient.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Mit den Pflegestärkungsgesetzen wurde die Refinanzierung von Tariflöhnen durch die Kassen ermöglicht. Arbeitgeber haben nicht mehr länger eine Ausrede, nicht nach Tarif zu zahlen. Ich kann ver.di oder die anderen Gewerkschaften nur auffordern, bei den anstehenden Tarifverhandlungen für den Pflegebereich gesondert zu verhandeln. Am Ende könnte ein flächendeckender Sozialtarifvertrag die auseinanderklaffenden Löhne in der Pflege regulieren.

(Beifall SPD)

Zu besseren Rahmenbedingungen gehören - das haben Sie gesagt, Herr Minister - auch verlässliche Dienstpläne. Es kann nicht angehen, dass Menschen in diesem Beruf zwölf Tage am Stück arbeiten und dann noch zusätzlich aus dem wohlverdienten Frei des Wochenendes geholt werden. Das ist aber bittere Realität und Alltag für viele Pflegende.

Sehr geehrte Damen und Herren, es gibt auch sehr viel Gutes in der Pflege, wie wir am vergangenen Freitag bei der Verleihung des Altenpflegepreises sehen konnten. Im Rahmen ihrer Kampagne „FAIRWORK“ gibt die AWO viele gute Beispiele. Dafür herzlichen Dank, Herr Vorsitzender.

(Beifall SPD und Dr. Marret Bohn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Trotzdem haben viele noch ein schräges Bild von der Pflege. Das hat auch etwas mit einer schrägen Medienpräsenz zu tun. Wir brauchen aber tatsächlich nicht ganz so weit zu schauen. Ich schaue einmal auf die Regierungsbank, zum FDP-Wirtschaftsminister Buchholz. Er wird bei einem Besuch in Schleswig - schön, dass Sie da waren - wie folgt zitiert:

(Katja Rathje-Hoffmann)

„Wir müssen die Produktivität in der Pflege deutlich erhöhen. Das geht nicht ohne Technik.“

Herr Minister, es tut mir leid, aber das war eine Klatsche ins Gesicht der beruflich Pflegenden, und vielleicht sollten Sie Ihre Imagekampagne einfach erst einmal intern wirken lassen.

(Minister Dr. Bernd Buchholz: Wo steht das denn?)

- Das steht in den „Schleswiger Nachrichten“, ich gebe Ihnen gern diesen Artikel.

Sämtliche Hürden zum Ergreifen des Pflegeberufs sind abzubauen. Dazu gehören auch die Gebühren für die Ausbildung. Deshalb war es gut und richtig, dass die Küstenkoalition die Gebühren in der Altenpflegeausbildung abgeschafft hat.

(Beifall SPD)

Mit der Umsetzung der Pflegeberufereform fallen die Ausbildungsgebühren gänzlich weg, und es gibt endlich eine Ausbildungsvergütung. Das ist der richtige Schritt in die richtige Richtung.

Ausbildung darf nichts kosten, davon sind wir Sozialdemokraten schon lange überzeugt, und daran haben wir konsequent gearbeitet. Wir sind in der zukünftigen Versorgung der Menschen auf einen gut aufgestellten Berufemix aller Gesundheitsberufe angewiesen.

Ich könnte jetzt alles Mögliche erzählen, angefangen mit dem Haushaltsantrag, den Sie letztes Jahr abgelehnt haben, bis zu unserem Antrag, dem Sie erst nicht zustimmen wollten, den Sie auch nur sehr zögerlich bearbeitet haben, deshalb einer schriftlichen Anhörung erst nach drei Monaten und der mündlichen Anhörung dann erst nach neun Monaten zugestimmt haben. Es gab laute Proteste vor der Tür. Erst als die Schulschließungen vor der Tür standen, haben Sie einen eigenen Änderungsantrag eingebracht.

(Katja Rathje-Hoffmann [CDU]: Das habe ich Ihnen doch alles erklärt, Frau Pauls!)

All das könnte ich erzählen, aber es weihnachtet ja sehr. Das ist die Zeit für Frieden und Versöhnung.

(Werner Kalinka [CDU]: Können Sie das nicht einfach einmal so stehen lassen! Soll ich mal vorlesen, was wir beschlossen ha- ben?)

Deshalb freut es mich aufrichtig, es freut mich wirklich sehr, sehr aufrichtig, dass Sie diese Initiative aufgegriffen haben, dass Sie für die Kostenfrei

heit dieser Ausbildungsberufe gesorgt haben. Denn jetzt können auch Schulen, wie zum Beispiel die in Schleswig, die kurz vor der Schließung gestanden haben, weitermachen. Es gibt schon eine Warteliste für den nächsten Kurs. Das ist richtig und gut so.

(Vereinzelter Beifall SPD und Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Es war eine richtige Entscheidung, das so zu machen, auch zu diesem Zeitpunkt. Selbstverständlich dürfen wir den Bund an dieser Stelle nicht aus der Pflicht lassen. Ich hoffe, dass wir uns da gegenseitig die Bälle zuspielen werden, damit wir im Bund den Koalitionsvertrag an der Stelle auch durchsetzen.