Protokoll der Sitzung vom 23.01.2019

(Tobias Koch)

stände zur Wohnbebauung. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Aber Sie würden mir doch recht geben, dass dann -

Ich würde gern zunächst den Herrn Abgeordneten Tobias Koch fragen, ob er eine weitere Bemerkung von Ihnen gestattet.

Doch, nur zu.

Dann haben Sie das Wort zu einer weiteren Bemerkung.

Vielleicht können wir das hier alles nacheinander abarbeiten, wie das auch sonst nach unserer Geschäftsordnung üblich ist. Der Herr Abgeordnete Koch gestattet also eine weitere Bemerkung. Bitte.

Geben Sie mir dann recht, dass es nicht gelungen ist, auch bei den neuen Flächen einheitlich den Abstand von 1.000 Metern zu erreichen?

Nein, da gebe ich Ihnen nicht recht. Das können wir aber gern noch einmal im Detail überprüfen. Wir haben hier die Abstände zur Wohnbebauung vergrößert. Versuchen Sie nicht, dass hier in Abrede zu stellen.

(Lachen SPD)

Völlig falsch ist im Übrigen auch die Behauptung, dass es durch die Verlängerung des Moratoriums zu einem Stillstand beim Windenergieausbau in Schleswig-Holstein komme. Das war in der Küstenkoalition nicht so, das ist auch unter Jamaika nicht der Fall. Es hat seit Inkrafttreten des ersten Moratoriums 427 Ausnahmegenehmigungen gegeben. Unter Ihrer Regierungsverantwortung im letzten Jahr, Herr Dr. Stegner, waren es 44. Es gibt keinen Fadenriss beim Windenergieausbau in Schleswig-Holstein.

(Beifall CDU und FDP)

Diesen wird es auch in Zukunft nicht geben; denn der Vorteil des Moratoriums ist ja, dass parallel zu diesem Moratorium weitere Ausnahmegenehmigungen erteilt werden können. Wir haben jetzt 20 % mehr Flächen neu im Planungsentwurf. Insofern bestehen auch neue Möglichkeiten, neue Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Das wird die Landesre

gierung sicherlich machen. Deswegen wird der Windenergieausbau auch in den Jahren 2019 und 2020 in Schleswig-Holstein weiter voranschreiten.

Zu guter Letzt kommt jetzt der Kollege Dr. Stegner mit seinem fundierten juristischen Fachwissen

(Lachen CDU)

und entdeckt da Gefahren von unverantwortlichen Rechtsrisiken, die sich ergeben würden, wenn man das Moratorium über vier Jahre hinaus verlängern würde. Das kennen wir auch schon aus dem letzten Jahr. Mit der gleichen Argumentation sind Sie im letzten Jahr hier auch schon aufgetreten und haben gesagt: Eine Verlängerung von vier Jahren ist ganz, ganz kritisch; das könnte beklagt werden und ein hohes Risiko darstellen - wie man das als Opposition halt so macht. Sie können an diesem Rednerpult ja immer alles behaupten.

(Lachen CDU)

Mittlerweile wissen wir, dass dieses vierjährige Moratorium vom Gericht anerkannt worden ist, was auch nicht überraschend ist, denn es orientiert sich ja an der Veränderungssperre aus dem Gemeindeplanungsrecht.

Wir lernen daraus also: Nicht jedes Risiko, dass die Opposition hier an die Wand malt, tritt anschließend auch wirklich ein. Das Gleiche gilt auch für eine Verlängerung des Moratoriums über vier Jahre hinaus. Es ist doch absolut plausibel, dass es dann, wenn man einer Gemeinde für die Änderung eines gemeindlichen Bebauungsplanes schon einen Zeitraum von vier Jahren zugesteht, bei einer Planung, die sich nicht nur auf das Gemeindegebiet einer Gemeinde bezieht, sondern auf das große Gebiet eines ganzen Bundeslandes, mehr als vier Jahre bedarf. Ich finde, das ist absolut plausibel und vor Gericht gut begründbar.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassend feststellen: Die Kritik der Opposition ist unberechtigt. Wir halten unser Wahlversprechen ein und vergrößern die Abstände zur Wohnbebauung. Der Windenergieausbau in Schleswig-Holstein schreitet dank weiterer Ausnahmegenehmigungen auch in den nächsten Jahren voran. SPD und SSW wären besser beraten, der Verlängerung des Moratoriums bis 2020 zuzustimmen, um auch in Zukunft gemeinsam Wildwuchs in Schleswig-Holstein auszuschließen. Verhalten Sie sich nicht so opportunistisch, wie Sie es im Augenblick tun! Nehmen Sie sich ein Vorbild an CDU und FDP, die sich in eigener Oppositionszeit deutlich verantwortungsvoller

(Tobias Koch)

verhalten haben, als Sie es im Augenblick tun! Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Die CDU, die im Wahlkampf allen al- les versprochen hat?)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deren Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht können wir in der Frage, wer wann woran Schuld hatte, einen Schritt zurückgehen und feststellen, dass wir in diesem Haus - zumindest weitgehend - Einigkeit über drei Punkte haben: Erstens. Wir brauchen die Energiewende. Zweitens. Wir müssen alles tun, um den Klimawandel zu bekämpfen. Drittens. Es ist fünf nach zwölf, nicht fünf vor zwölf.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Mar- tin Habersaat [SPD]: Deswegen wird das Moratorium verlängert?)

Insofern besteht in diesem Haus keine Uneinigkeit. Wir sind uns völlig einig darin, dass wir so schnell wie möglich die Windkraft auch onshore ausbauen müssen. Wie wir dorthin kommen, wie wir einen wirklich rechtssicheren Rahmen schaffen können darin besteht der Unterschied zwischen uns. Wenn wir uns einig darin sind, dass wir sehr schnell einen großen Ausbau brauchen, dann nützt es uns überhaupt nichts, wenn wir es so machen, dass nachher dagegen geklagt und dadurch der Ausbau gebremst wird. Insofern ist es richtig, es so zu machen, dass wir am Ende eine rechtssichere Planung haben, auf die sich die Windenergiebranche verlassen kann. Dann kann sie wirklich massiv investieren.

Ja, liebe SPD, natürlich ist es bedauerlich, wenn das Moratorium verlängert werden muss. Obwohl ich vielen Ausführungen von Herrn Koch durchaus folgen kann, bin ich nicht der Meinung, dass wir jetzt kein Problem hätten. Ich glaube schon, dass wir beim Ausbau einen kleinen Fadenriss haben. Morgen Abend findet der Parlamentarische Abend der Windbranche statt. Ich bin mir sicher, dass uns auch dort genau diese Stimmung vermittelt wird.

Aber, meine Damen und Herren: Wat mutt, dat mutt! Bei uns fand eine Wahl statt. Mit dieser Wahl hat eine Mehrheit der Bevölkerung gesagt: Wir

wollen, dass die Abstände zu den Häusern noch einmal überprüft werden.

Ich finde es übrigens erstaunlich, dass hier an zwei Stellen Kritik geäußert wird: Auf der einen Seite behaupten Sie von der SPD, wir Grünen hätten uns in der Frage der Windenergie über den Tisch ziehen lassen. Auf der anderen Seite behaupten Sie, die CDU habe ihr Wahlversprechen gebrochen. Wenn ich das höre, denke ich mir: Entweder haben die gewonnen, oder wir haben gewonnen.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Oder wir! - Heiter- keit - Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Oder die FDP! Aber beide zugleich? Das wäre ein bisschen komisch.

Vielleicht ist es aber auch so, wie es nach dem Wesen der Demokratie sein muss: Ein Kompromisses ist gefunden worden. Wenn man feststellt, dass am Ende beide verloren haben, dann wäre es ein schlechter Kompromiss - ja, Herr Dr. Stegner. Man kann aber auch sagen - das ist unsere Haltung -, dass wir einen guten Kompromiss geschlossen haben; sonst hätten wir dem Koalitionsvertrag nicht zugestimmt.

Wir haben zwar ein Jahr verloren - das ist wirklich bedauerlich; das rede ich auch nicht schön -, dafür aber einen guten gesellschaftlichen Kompromiss gefunden, der wahrscheinlich eine breitere Mehrheit als unsere vorherige Planung findet. Das muss so sein, weil das, wie es die Wahlforscher sagen, zumindest einer der Gründe ist, warum die Küstenkoalition die Wahl verloren hat. Insofern ist es offensichtlich so, dass unsere Planungen, so gut ich persönlich sie finde - ihr von der SPD wahrscheinlich auch -, die Mehrheit der Bevölkerung leider nicht gefunden haben. Deswegen ist es, ehrlich gesagt, wohlfeil, zu sagen: Unsere Planung war viel besser. Damit wären wir ein Jahr schneller gewesen. - Ja, wir wären schneller gewesen. Aber wir haben dafür in der Bevölkerung keine Mehrheit mehr gehabt. Das muss man einfach akzeptieren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und AfD)

Die Grünen haben sich also weder vor einen Karren spannen noch über den Tisch ziehen lassen - was übrigens ein lustiges Bild ist. Wir haben vielmehr eine Regierungskoalition gebildet, die möglich war. Dort haben wir einen Kompromiss gefunden, der aus meiner Sicht zu größerer gesellschaftlicher Akzeptanz führt.

(Tobias Koch)

Was ist jetzt nötig? Ich bin hundertprozentig davon überzeugt - ich nehme auch die Äußerungen der Regierung so wahr -, dass wir so schnell wie möglich alle Einwendungen prüfen. Darin sind wir uns komplett einig. Wenn nötig, wird es einen dritten Plan geben. Aber das müssen wir uns erst anschauen; eventuell geht es sogar noch schneller.

Natürlich wünschen wir uns an dieser Stelle eine Planungsbeschleunigung. Aber man kann sich nicht immer nur das aus dem Körbchen nehmen, was einem genehm ist. Zur A 20 heißt es von Ihrer Seite, wir brauchten keine Planungsbeschleunigung; dort sollten Naturschutzbelange berücksichtigt werden. Bei der Windkraft und dem Netzausbau soll aber alles par ordre du mufti - schnell, schnell - gehen. Das kann keine grüne Haltung sein! Wir sind der Meinung: Naturschutzbelange müssen auch bei ökologischen Projekten berücksichtigt werden. Deswegen ist es richtig, dass sich das zuständige Ministerium diese Einwände anschaut.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Noch eine Anmerkung zu den Ausnahmegenehmigungen: Lieber Herr Dr. Stegner, die Ausnahmegenehmigungen sind keine Willkürakte. Die Ausnahmegenehmigungen werden sehr tiefgehend geprüft. Der Vorwurf der Windenergiebranche lautet ja eher andersherum, dass nämlich zu wenige Ausnahmegenehmigungen erteilt würden, weil zu gut geprüft werde. Auch da hören wir also wieder Vorwürfe von zwei Seiten.

Wir alle müssen daran arbeiten - ich glaube, das ist völlig klar -, dass die Ausnahmegenehmigungen im wahrsten Sinne des Wortes eine zeitliche Ausnahme sind. Wir wollen sehr schnell darüber hinausgehen.

Abschließend wünsche ich mir auch von dieser Regierung, dass sie in das Gespräch mit der Windbranche darüber kommt, woran es liegt, das heißt, wo die Hindernisse sind, weshalb die Anträge gestellt werden. Ich weiß, das hängt zum Teil mit Investitionssummen zusammen, die man in Planungen investiert, obwohl man nicht weiß, was dabei herauskommt. Es wäre aber unser ausdrücklicher Wunsch, dass Sie an dieser Stelle noch intensiver, als Sie es ohnehin schon tun, daran arbeiten, sodass wir auf keinen Fall mehr dieses Problem haben. Mittlerweile erinnern uns Schülerinnen und Schüler an jedem Freitag daran, dass wir zu wenig gegen den Klimawandel und für den Klimaschutz tun. Wir müssen gemeinsam den Ansporn haben, die Windenergie so schnell wie möglich auszubauen und von CO2-trächtigen Energieträgern wegzukommen.

Wenn wir uns zumindest in dieser Frage einig sind, dann sollten wir auch anpacken und zügig voranschreiten. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Stegner, Sie haben sich in der vergangenen Woche mit der Beantragung der Aktuellen Stunde und Ihren Presseverlautbarungen wirklich aufgeblasen. Aber ich muss sagen: Nach Ihrer Rede ist außer einem lauen Lüftchen wirklich gar nichts übrig geblieben!

(Beifall FDP und CDU)

Einzig die Tatsache ist übrig geblieben, dass Sie anscheinend immer noch den unrealistischen Traum träumen, bei Fortsetzung der Küstenkoalition wären die Regionalpläne Wind längst fertig gewesen. Das können Sie doch nicht ernsthaft glauben! Die 6.500 Stellungnahmen, die es auf Ihre Pläne hin gab, mussten sorgfältig ausgewertet werden. Dann mussten selbst Sie das Moratorium verlängern. Das war auch gut und richtig so.