Protokoll der Sitzung vom 20.07.2017

Das war doch der Grund zu sagen: Pass mal auf, wir stellen jetzt Geld bereit und entscheiden auf Bundesebene, welche Bundesverkehrswege für uns wichtig sind, die müssen hineingebracht werden, dafür stellen wir das Geld zur Verfügung. Wenn die Länder durch unfähige Verkehrsminister nicht mehr in der Lage sind, dieses umzusetzen, dann müssen wir als Bund das in Zukunft selbst machen. - Das ist das Argument des Bundes.

Sie tragen mit Ihren Genossen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen die Schuld. Die sind ja nicht nach Baden-Württemberg gegangen oder nach Bayern. Dort haben sie nämlich die Maßnahmen in den letzten Jahren umsetzen können. Das sind übrigens auch die Länder, die die Länderoption hineinverhandelt haben.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja!)

Die haben nämlich gesagt: Wenn die in SchleswigHolstein nicht fähig sind, wollen wir in Bayern und Baden-Württemberg nicht darunter leiden. Das ist die Situation, aber die verkennen Sie.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf Dr. Ralf Steg- ner [SPD])

- Natürlich ist das so. Man muss einfach einmal der Wahrheit ins Gesicht gucken. Das hilft auch in der Opposition.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Es war Ihr Ministerpräsident und Ihr Staatssekretär, Herr Dr. Nägele, der vor zwei Jahren noch bei einer Veranstaltung den Mitarbeitern und Betriebsräten gesagt hat: Wir würden einer Änderung nicht zustimmen.

(Zurufe SPD)

Das war gelogen. Tatsache ist: Es war Ihr Ministerpräsident. Wahrscheinlich war es auch richtig, beim Länderfinanzausgleich so zu verhandeln, wie Sie verhandelt haben. Es war in unserem Interesse, weil wir gesagt haben: Schlechter kann die Planung nicht laufen, als es in den letzten fünf Jahren war. Mit Sicherheit wird es mit dem neuen Verkehrsminister, aber auch mit der Bundesgesellschaft, bei Neubauten von Autobahnen, besser. Über nichts anderes reden wir.

Wie wir am Ende mit den Mitarbeitern, die für die Bundesstraßen zuständig sind, umgehen, werden wir gemeinsam mit ihnen - und ohne Sie - im Dialog klären. Die müssen sich keine Sorgen machen, Herr Buchholz ist dafür bekannt. Er hat in den Koalitionsverhandlungen deutlich gesagt, dass ihm sehr daran liegt, dass wir in dieser Form ein einvernehmliches Verhältnis haben.

Vergessen Sie bitte nicht, dass es beim Landesbetrieb - und das macht es nicht einfacher - Leute gibt, die sich schon jetzt bei der Bundesgesellschaft bewerben, obwohl die noch gar nicht aufgestellt ist. Diese Leute wollen lieber heute als morgen dort hingehen - vielleicht auch, weil sie dort etwas mehr Geld verdienen. Das ist ihr gutes Recht. Machen Sie sich aber keine Sorgen: Wir wissen um die Probleme und Nöte. Wir wissen aber auch, dass wir für Schleswig-Holstein ein gut ausgebautes Infrastrukturnetz brauchen. Ansonsten halten wir die Mitarbeiter nicht, die in den anderen Betrieben da sind.

Der Frust vieler Unternehmer aufgrund Ihrer Fehlleistungen und Ihrer Minister der letzten Jahre ist groß.

(Beifall CDU und Wolfgang Kubicki [FDP] - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Ja, ich weiß, Herr Dr. Stegner, dass Sie das nicht hören wollen. Wer mag schon gern die Wahrheit hören? Was glauben Sie denn, warum Sie - unter anderem - abgewählt worden sind? - Weil die Menschen mit der Infrastruktur des Landes unzufrieden waren. Weil sie gesagt haben, hier muss es wieder besser werden. Das ist doch der Grund gewesen.

(Beifall CDU und FDP)

Noch einmal an die Mitarbeiter des LBV: Wir bleiben mit Ihnen im Dialog. Ich mache mir keine Sorgen. Wir entscheiden dann im Interesse des Landes Schleswig-Holstein, und dazu gehören auch die 1.400 Mitarbeiter beim Landesbetrieb. Sie sind in unserem Fokus und Interesse. Wir werden es gemeinsam mit Ihnen hinkriegen. Wir werden eine Entscheidung treffen, dabei lassen wir uns aber

(Hans-Jörn Arp)

nicht durch Sie unter Druck setzen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worüber reden wir heute? - Über eine der umfassendsten Reformen der letzten Jahre in der deutschen Bundespolitik. Seit 70 Jahren ist es Usus gewesen, dass die Auftragsverwaltung des Bundes bei den Ländern lag. Dies ist mit einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag abgeschafft worden. „Die Auftragsverwaltung hat fertig“, wie Herr Trapattoni sagen würde.

Die SPD hat daran mitgewirkt. Sie haben in diesem Prozess sehr gut argumentiert und verhindert, dass diese Autobahngesellschaft weiter für Privatisierungen geöffnet wird. Sie haben dafür gesorgt, dass sie in hundertprozentigem Besitz des Bundes bleibt. Sie haben darauf geachtet - und ich hätte mir eigentlich gewünscht, dass Sie das sagen -, dass die Garantien für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestehen bleiben: Status, Arbeitsplatz, Ort, Versetzungen können nicht gegen den Willen der Beschäftigten erfolgen. Wenn man das einmal so sagen darf, dann ist das eigentlich der Erfolg der SPD bei dieser Reform und bei der Frage, wie sie im Deutschen Bundestag mit entscheiden und den Prozess beeinflussen konnten. Das muss man einfach einmal sagen.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Jetzt aber stellen Sie, Herr Dr. Stegner, sich hier hin und sagen: Jetzt haben wir das aber nicht richtig gemacht, und jetzt gibt es da möglicherweise bei den Bundesstraßen etwas, das wir nicht durchsetzen können. - Übrigens war es Herr Seehofer, der das kurz vor Mitternacht durchgesetzt hat, weil er nämlich der Auffassung ist, dass seine Bayern besser planen. Also: Warum haben Sie bei dieser Reform mitgemacht? - Ich glaube, wir haben alle zu erkennen, dass die Infrastruktur in Deutschland marode ist, wir schneller planen und besser werden müssen. Wir müssen diese Planungsprozesse kompetenter gestalten. Wir wollen keine gesplitteten Zuständigkeiten mehr.

In der Tat wird all das eine neue Autobahngesellschaft leisten müssen. Insofern sind wir alle vor die Aufgabe gestellt, diesen Übergang und dieses Übergangsmanagement zu gestalten. Die Kanzlerin hat von einem sensiblen Transformationsprozess gesprochen.

Aber ich sage auch, Herr Kollege Vogel: Jetzt eine Argumentation zu bringen, die Bundesstraßen sollten doch bitte schön bei den Ländern bleiben, und darüber sollte jetzt schon entschieden werden, ist aus zweierlei Gründen nicht schlau.

Erstens. Sie haben hier das Regionalargument strapaziert und gesagt, es sei besser regional aufgehoben, die Leute wüssten doch, wie Bundesstraßen geplant werden könnten. - Ich lebe seit gefühlt 20 Jahren in Nordfriesland an der B 5. Herr Harms hat es schon gestern gesagt: Seit mehr als 50 Jahren schafft es diese Auftragsverwaltung nicht, die B 5 auszubauen. Erklären Sie mir mal, warum diese Struktur künftig für die Bundesstraßen besser sein soll als eine Bundesauftragsverwaltung.

(Zuruf Kai Vogel [SPD])

Wir haben es in 50 Jahren nicht hinbekommen, die B 5 auszubauen. Deshalb sehe ich überhaupt nicht, wie diese Struktur, dass die Bundesstraßen beim Land bleiben sollen, dafür sorgen könnte, dass es besser wird.

(Beifall FDP)

Zweitens. Die Koalition hat gesagt: Wir werden das ergebnisoffen prüfen, wir werden diesen Schritt sehr genau untersuchen. Das muss man auch tun, denn was passiert eigentlich in der Behörde? - Die neue GmbH kann Verträge machen, die nicht an Behördenrecht gebunden sind. Das heißt, wir können das, was hier alle wollen - bessere Verträge, möglicherweise auch bessere Bezahlung für Ingenieurinnen und Ingenieure - in der Bundesautobahngesellschaft machen, aber nicht in der Landesgesellschaft. Das geht nicht, weil sie nach wie vor eine Behörde bleibt.

Ich stelle mir jetzt vor, wie dieses Übergangsmanagement gestaltet werden muss, weil die Autobahnen zum Bund gehen. Das ist so im Grundgesetz festgelegt worden. Das heißt: Auch Mitarbeiter des Landesbetriebes werden Autobahnen planen müssen und hinübergehen müssen. Jetzt wird es ein Windhundrennen geben. Da werden Angebote gemacht und Leute abgeworben. Da werden bessere Gehälter bezahlt.

Herr Vogel: Jetzt zu behaupten, dass wir in dieser Übergangszeit bessere Möglichkeiten und Chancen

(Hans-Jörn Arp)

auch für den Personalrekrutierungsprozess hätten, wenn die Bundesstraßen beim Land blieben, ist ein Märchen. Das glaube ich nicht. Deshalb sage ich noch einmal, Herr Kollege: Die Auftragsverwaltung hat fertig. Wir sind jetzt berufen, diesen Prozess so gut wie möglich zu gestalten. Die Garantie bleibt bestehen, noch einmal: sozialverträgliche Umsetzung für die Beschäftigten, Garantie des Arbeitsortes. Die ganzen Dinge, die jetzt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verhandelt worden sind, zeigen, dass es eben nicht gegen, sondern mit den Mitarbeitern zu gestalten ist. Wir sind aufgerufen, dies konstruktiv zu begleiten und nicht rumzunölen. Wir brauchen für diesen Umsetzungsprozess etwas Zeit. Deswegen ist Ihr Antrag, Herr Vogel, wirklich unsinnig.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Er schreibt die Dinge viel zu früh fest. Er ist auch leichtsinnig, weil Sie zum Beispiel überhaupt nicht sagen, welche Auswirkungen es für den künftigen Haushalt hat. Dazu sagen Sie nichts. Das jetzt heute einfach zu beschließen, ist einfach nur doof. - Entschuldigung.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Beifall CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Christopher Vogt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist hier eine emotionale Debatte. Ich hoffe, der Kollege Tietze wird im Nachgang nicht von der Präsidentin für seine Wortwahl gerügt.

(Beifall Johannes Callsen [CDU] - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Was Minister hier dürfen und was nicht!)

Ehrlich gesagt, Herr Dr. Stegner, freue ich mich erst einmal über das wiederentdeckte Selbstbewusstsein der Sozialdemokraten in Sachen Beibehaltung der Auftragsverwaltung. Die hat noch nicht ganz fertig, Herr Kollege. So einfach ist es auch nicht. Als überzeugter Anhänger des Föderalismus bin ich zunächst einmal der Meinung, dass es grundsätzlich eine gute Sache ist, wenn die Länder Einfluss auf bestimmte politische Entscheidungen haben. Dazu gehörte jahrzehntelang das Bundesfernstraßennetz im Bereich der Autobahnen.

Im Bereich der Bundesstraßen ist es zurzeit etwas kompliziert. Ich bin ein Anhänger davon, dass man als Landespolitiker viele strategische Sachen im Land entscheiden kann. Man muss aber auch seine Hausaufgaben machen.

Herr Dr. Stegner, Ihre Fraktion hat den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr jahrzehntelang vernachlässigt, was die Ausstattung mit Personal angeht, was die rechtlichen Vorgaben angeht. Sie kritisieren etwas und stellen sich hier mannhaft hin, obwohl Sie diejenigen sind, die den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr jahrzehntelang vernachlässigt haben. Sie beklagen ein Problem, das Sie selbst verursacht haben.

(Beifall FDP und CDU)

Warum debattieren wir heute darüber, ob die Bundesstraßen beim Land bleiben sollen oder nicht? Herr Dr. Stegner, Herr Albig hat im Zuge der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen entschieden, dass es dort eine Option gibt, die die Länder ziehen können. Ihre Fraktion war immer dagegen. Da waren wir einer Meinung, Herr Vogel. Ihr damaliger Verkehrsminister, Herr Meyer, war immer dagegen. Herr Albig hat das in Berlin trotzdem entschieden, weil damit fürs Land mehr Geld herausgesprungen ist. Das war eine politische Entscheidung. Sie beklagen an der Stelle ein Problem, das Sie im Wesentlichen selbst mit verursacht haben.

Es gibt drei Optionen: Die Verwaltung der Bundesautobahnen geht spätestens 2021 an den Bund, frühestens 2020. Es gibt die Frage: Was passiert mit der Planfeststellung? Und es gibt die Frage: Was passiert mit den Bundesstraßen?

Wir haben das als FDP in der vergangenen Wahlperiode mehrfach thematisiert. Herr Vogel, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen. Wir waren da immer einer Meinung. Unsere Anträge sind in diesem Hohen Haus auf wenig Gegenliebe gestoßen. CDU und Grüne haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie große Fans davon sind, das an den Bund abzugeben. Die Motivationen von CDU und Grünen, warum sie es an den Bund abgeben wollen, mögen unterschiedlich sein. Die CDU geht davon aus, dass die Union ewig das Bundesverkehrsministerium führen wird. Die Grünen gehen davon aus, dass sie irgendwann einmal das Bundesverkehrsministerium führen werden. Sei es drum. Es ist so, wie es ist.

Während der Koalitionsverhandlungen kam die Entscheidung in Bundestag und Bundesrat, als wir gerade dabei waren zu verhandeln, was wir im Ver

(Dr. Andreas Tietze)