Protokoll der Sitzung vom 20.07.2017

Ich weiß, das ist ganz schön sportlich. Wer weiß, welche verschiedenen Fördermaßnahmen angewendet werden, der weiß auch, welcher Kraftakt das ist.

Ich bin deshalb froh, dass wir eine Regierung haben, die das für uns macht. - Danke schön.

(Beifall CDU, FDP und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir begrüßen neben den Elternvertretern aus dem Kita-Bereich Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr aus Todendorf. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Anita Klahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Elternvertreter! Genauso wie die verlässliche Kinderbetreuung ein wichtiger Baustein auf dem Weg der Gleichberechtigung von Mann und Frau war, so sichert sie heute die Vereinbarkeit von Familie und Karriere für beide Geschlechter. Junge Menschen, die sich heute entscheiden, eine Familie zu gründen, die bereit sind, Verantwortung für Kinder zu übernehmen, erwarten dabei zu Recht die Unterstützung von der Gesellschaft, ganz gleich, welches Familienmodell sie leben.

Stand in den Anfängen der Kindertagesstätten allein die Betreuungs- und Versorgungssituation der Kinder im Vordergrund, so übernimmt das pädagogische Personal in den Einrichtungen heute eine wichtige Schlüsselrolle in der Entwicklung des zu betreuenden Kindes. Damit Eltern ihre Kinder mit gutem Gewissen in die Einrichtungen geben, bedarf es guter Rahmenbedingungen. Dazu gehören zum Beispiel Öffnungszeiten, die sich dem tatsächlichen Bedarf anpassen. Wie in der Schule, so auch in der Kita: Es kommt auf die Erzieher an. Eltern haben den Anspruch, dass die Kinder liebevolle Zuwendung erfahren und zugleich auf höchstem Niveau gefördert werden. Dazu brauchen wir bestens ausgebildetes Personal, einen verbesserten FachkraftKind-Schlüssel, mehr Vor- und Nachbereitungszeit, Zeit für Elterngespräche und auch Zeit der Erzieher für ihre eigene Reflexion.

Da ist in den letzten 20 Jahren wirklich vieles auf der Strecke geblieben. Um diese Fachkräftegewinnung müssen wir uns kümmern, und das will ich an dieser Stelle ganz klar sagen: Die Verantwortung, wie es in der Kita heute aussieht, liegt bei Ihnen,

(Katja Rathje-Hoffmann)

liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Sie hatten viele, viele Jahre die Verantwortung.

Waren es anfangs nur wenige Kinder, die eine Kindertagesstätte besuchten, so haben heute alle Kinder unter 6 Jahren einen Rechtsanspruch auf den Besuch. Dazu belegen Studien, dass ein mindestens zweijähriger Kita-Besuch vor der Einschulung für den weiteren schulischen Werdegang von großer Bedeutung ist. Junge Eltern wollen auch wieder arbeiten und haben selbstverständlich den Anspruch, Familie und Beruf miteinander vereinbar zu machen. Also ist es doch unsere gemeinsame Aufgabe, endlich dafür Sorge zu tragen, dass der Kita-Besuch nicht für den Einzelnen zur Belastung wird, obwohl das zurzeit der Fall ist - organisatorisch und auch finanziell.

(Beifall FDP)

Wir brauchen eine Neuordnung der Kita-Gesetzgebung. Diese wird schon seit langer Zeit von den Eltern und auch von den Kommunen gefordert. Die Neuordnung muss zwei Aspekte berücksichtigen: Zum einen müssen wir die Qualität verbessern, zum anderen muss das Finanzierungssystem ganz neu aufgestellt werden. Dabei ist die Entlastung der Eltern für uns ein ganz wichtiger Punkt.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das erreichen wir aber nur, wenn gleichzeitig die Kommunen von ihren hohen finanziellen Verpflichtungen entlastet werden. Wir stellen dafür in den nächsten Jahren 170 Millionen € zur Verfügung. Über verschiedene Modelle der Entlastung der Eltern diskutieren wir auch schon länger. Aber das sozialdemokratische Prämienmodell lehnen wir ab. Es verkompliziert das System unnötigerweise,

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

ist extrem bürokratisch, und es ist einfach eine weitere Finanzverflechtung. Das Krippengeld hat zu einer beispiellosen Gebührenanhebung im letzten Jahr geführt,

(Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD])

weil die Kommunen mit dem Rücken an der Wand standen und keine Wahl mehr hatten. Ergebnisorientierte Gespräche hat die alte Landesregierung mit den Kommunen nicht geführt. Ich betone an dieser Stelle, dass wir den Eltern zusichern, dass das jetzt gezahlte Krippengeld bis zur Neuordnung der KitaFinanzierung selbstverständlich gezahlt wird.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Hören Sie doch auf! Wenn das neu geordnet wird und zu einer deutlichen Entlastung führt, dann brauchen die Eltern das Krippengeld nicht mehr.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wer soll Ihnen das denn glauben?)

- Sie haben beim Geld irgendwie keine Ahnung, wie das geht.

(Zurufe SPD)

Meine Damen und Herren, wir wollen das gesamte Finanzierungssystem sauber aufstellen. Wir sehen von unserer Seite eine Deckelung der Elternbeiträge vor. Dieser Vorschlag ist allen bekannt. Wir werden jetzt gemeinsam mit allen Beteiligten und auch mit den Eltern darüber sprechen, wie die Entlastung aussehen soll.

Unser gemeinsames Ziel ist es, im Jahr 2020 die Gesamtreform in Kraft treten zu lassen. Langfristig ist für uns alle die Beitragsfreiheit das Ziel, aber aktuell in dieser Legislaturperiode ehrlicherweise wohl nicht zu finanzieren. Somit ist der Antrag, den Sie vorlegen, wirklich nur ein Schaufensterantrag; denn Sie hatten fünf Jahre Zeit, eine Neuordnung zu organisieren. Sie haben es schlicht und einfach nicht geliefert. Kurz vor Toresschluss, kurz vor dem Wahlkampf hat Ihre ehemalige Sozialministerin hier einen Letter of Intent vereinbart, der die Eltern ausgegrenzt hat.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Was reden Sie denn? Was haben Sie uns hinterlassen? Sie haben die Beitragsfreiheit abgeschafft!)

- Sie haben nichts geschafft. Ihre Forderungen sind wirklich unglaubwürdig.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sie haben doch die ganze Zeit abgekupfert!)

Jetzt in der Opposition Maximalforderungen stellen, zu Regierungszeiten dicke Backen machen genau deshalb, Herr Dr. Stegner, sind Sie nicht wiedergewählt worden.

(Beifall FDP und CDU)

Wir beantragen Abstimmung in der Sache und freuen uns auf einen Neubeginn in der Kita-Gesetzgebung.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl.

(Anita Klahn)

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Die Qualität in den Kitas im Land muss verbessert werden. Da sind wir uns einig. Dass zu diesem Zweck auch das Finanzierungssystem der Kitas überdacht werden muss, finden wir grundsätzlich richtig, und es ist natürlich auch notwendig. Dem vorliegenden Antrag von CDU, Grünen und FDP können wir zustimmen, allerdings nur mit einer Fußnote. Der Grund für diese Fußnote liegt darin, dass die AfD in einer Frage eine andere Linie vertritt als die Antragsteller beziehungsweise auch als die SPD, und zwar in der Frage, wie die Eltern die Betreuung ihrer Kinder organisieren sollen oder auch wollen.

Als Ziele der Reform der Kita-Gesetzgebung werden im Wesentlichen immer wieder zwei Punkte angeführt, und zwar die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die gezielte Förderung von Vorschulkindern. Bleiben wir zunächst einmal bei den Kindern im Vorschulalter. Die letzte der lange bewährten Vorschulen wurde von der damaligen Landesregierung vor genau zehn Jahren geschlossen, und für viele Kinder war diese Einrichtung ein Segen. Für viele Kinder wäre es auch heute ein Segen, in eine Vorschule gehen zu können.

Auch das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr, das noch 2009 ermöglicht hat, dass möglichst alle Kinder gut auf die Schule vorbereitet werden können, wurde nach nur einem Jahr abgeschafft. Beide Beispiele zeigen sehr deutlich, wie wichtig es seinerzeit den Verantwortlichen mit der Vorschulbildung war.

Als AfD sprechen wir uns klar für die Vorschule aus und auch für ein beitragsfreies letztes Kindergartenjahr. Auch das können Sie in unserem Wahlprogramm lesen.

(Thomas Hölck [SPD]: Besser nicht!)

- Hätten Sie aber besser.

Bleibt also nur die so oft beschworene Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Jeder, der Kinder hat und das sind in diesem Haus ja erstaunlich viele -, weiß, dass das eigentlich ein Euphemismus ist. Denn natürlich müsste man von Addition von Familie und Beruf sprechen. Es ist längst kein Geheimnis mehr: Die Wähler spüren es, worum es unter dem Rubrum der vermeintlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf tatsächlich geht. Ich zitiere zur Erinnerung einmal Ihre Parteigenossin Manuela Schwesig:

„Keine Frau und kein Mann soll sich mehr zwischen Beruf und Familie entscheiden müssen… Wir werden deshalb in den KitaAusbau investieren… Wir wollen, dass Frauen vollzeitnah arbeiten, 30 bis 40 Stunden. Das ist unser Leitbild.“

(Sandra Redmann [SPD]: Ja, sehr gut!)

- Ganz genau, das ist Ihr Leitbild!

Uns als AfD geht es darum, dass sich junge Eltern entscheiden können und nicht müssen, dass Familien finanziell von vornherein so ausgestattet sind, dass nicht beide Eltern arbeiten gehen müssen. Vielleicht möchten viele Eltern in den ersten Lebensjahren ihres Kindes lieber zu Hause bleiben oder die Betreuung anders organisieren, zum Beispiel durch Großeltern, durch Tanten, Onkel oder andere Familienangehörige oder durch Freunde.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Die Ergebnisse des Mikrozensus 2012 sprechen Klartext und gehen in eben diese Richtung. Rund drei Viertel der Eltern praktizieren und wünschen sich, dass nur ein Elternteil voll arbeiten geht und der andere Elternteil nur in Teilzeit arbeitet. Wer unter Ihnen diese Zahlen des Mikrozensus anzweifelt, der glaubt wahrscheinlich auch, dass junge Mütter und Väter gar froh und zufrieden darüber sind, ihre unter Dreijährigen morgens schnell zur Krippe zu bringen, dann gleich zur Arbeit zu flitzen, sie abends um 17 Uhr wieder abzuholen, dann den Haushalt zu machen und die verbleibende Zeit als Familienleben zu nutzen.

Das Leitbild der AfD ist es, die Realität und die Wünsche der Eltern ernst zu nehmen. Schauen Sie sich den Mikrozensus an! Nicht nur die Kita-Gesetzgebung muss neu geordnet, sondern die Familienpolitik insgesamt muss neu ausgerichtet werden, oder es muss etwas mitgedacht werden, weg von ideologischen Vorstellungen hin zu den tatsächlichen Wünschen aller Eltern. Das schließt die Wahlfreiheit für Eltern ein, ohne finanziellen Druck entscheiden zu können, wie sie die Betreuung ihrer Kinder organisieren möchten.

Wie wir die Qualität in Kitas erhalten können, wie wir die Kosten für Kindergärten und Co. zwischen Land, Kreisen, Kommunen und Eltern aufteilen, muss zweifelsohne überdacht werden, auch im Sinne einer Entlastung der Eltern und natürlich im Sinne einer Vereinheitlichung der Gebühren.