Im Bericht und im Antrag sind weitere wichtige Schritte genannt: Die Forderung nach einem bundesweiten Datenaustausch über Tätigkeitsuntersagungen unterstützen wir voll und ganz. Auch die geforderten verbindlichen Besuche durch die entsendenden Jugendämter sind eine längst überfällige Lehre aus den aufgedeckten Missständen, denn der weit überwiegende Teil der hier untergebrachten Kinder und Jugendlichen stammt nun einmal aus anderen Bundesländern. Diese Situation dürfen wir nicht einfach hinnehmen. Es freut mich deshalb, dass sich fast alle zum Ziel bekennen, Kinder und Jugendliche in Zukunft möglichst wohnortnah unterzubringen.
Leider gibt es bei einem anderen, auch wichtigen Punkt weiterhin keine Einigkeit, und zwar bei der Frage der Beschulung. Laut Bericht der Beschwerdestelle haben aktuell 2.934 entsandte Kinder und Jugendliche einen Anspruch auf den Besuch einer öffentlichen Schule - aber für sie besteht eben keine über das Schulgesetz normierte Schulpflicht. Der viel zitierte Erlass zur schulischen Integration dieser Kinder und Jugendlichen bringt hier keine Verbindlichkeit und Klarheit. Wie viele Heimkinder aus anderen Bundesländern bei uns tatsächlich öffentlich beschult werden, wird zwar beziffert, aber keiner kann mir mit Sicherheit sagen, wie viele von ihnen in sogenannten schulvorbereitenden Maßnahmen geparkt werden - ohne gesellschaftlichen Anschluss und gleiche Chancen auf Schulabschluss und selbstbestimmtes Leben.
Wir haben hier vor ziemlich genau einem Jahr die nötige schulgesetzliche Änderung eingebracht. Statt die Beschulung klar und eindeutig im Sinne der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu regeln, wird damals wie heute auf den Erlass und die entsprechend Evaluation verwiesen. Wie auch immer diese ausfallen mag, lässt sich jetzt schon sicher sagen: Es ist ein weiteres Jahr vergangen, in dem zumindest nicht alle Kinder zu ihrem Recht auf gute Bildung und gleiche Chancen gekommen sind. Das finde ich ganz einfach enttäuschend. Hier sollten wir dringend Lösungen im Sinne der Kinder und Jugendlichen finden. Das kann aus meiner Sicht nur Schulpflicht für alle hier lebenden Kinder und Jugendlichen heißen - auch wenn sie nicht aus Schleswig-Holstein kommen. - Jo tak.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Jette WaldingerThiering vom SSW.
Vielen Dank, sehr geehrter Herr Landtagspräsident! - Sehr geehrte Damen und Herren! Ich musste noch einmal kurz zum Mikro kommen, auch wenn es schon zehn Minuten nach zwei Uhr nachmittags ist und der ein oder andere vielleicht nach Hause will. Thema ist die Schulpflicht für Heimkinder, die ihren ersten Wohnsitz nicht in Schleswig-Holstein haben, sondern hier von einem anderen Bundesland, getrennt von ihren Familien untergebracht werden, weil es ihnen Zuhause nicht gut geht. Mein Kollege Flemming Meyer hat es gerade wieder gesagt: Wir haben im letzten Jahr einen Änderungsvorschlag zum geltenden Schulrecht eingebracht - nicht aus Jux und Dollerei. Uns als SSW ist es wichtig, dass für alle Kinder, die in Schleswig-Holstein wohnen nicht nur für die, die hier ihren ersten Wohnsitz haben - Schulpflicht besteht und sie sich nicht darum bemühen müssen, dass sie in der Schule aufgenommen werden.
Die AfD hat erneut in den Vordergrund gestellt, diese Kinder gehörten nicht in die Schule, weil sie nicht in ein Muster hineinpassten. Geht man raus und guckt sich die Wohngruppen an, in denen diese Kinder aufgenommen worden sind, so bekommen sie genau dort endlich professionelle Hilfe, um ein gutes, selbstständiges Leben führen zu können. All diese Vorurteile sind dann vom Tisch, weil sie Hilfe kriegen. Sie stehen morgens auf, sie werden in die Schule gebracht, es wird mit ihnen Hausaufgaben gemacht. All die Probleme, die sie gehabt haben, gibt es dann nicht mehr.
Ich finde es unerträglich, dass man Kindern verwehrt, in die Schule zu gehen. Wenn jemand aus einem anderen Bundesland mit seinen Eltern umzieht, melden die Eltern ihr Kind am nächsten Tag mit dem Zeugnis in der Schule an. Dagegen müssen diese Kinder, die das so nötig haben, darum kämpfen, dass sie in die Schule kommen. Das ist wirklich unterstes Niveau.
Ich erteile das Wort für die Landesregierung dem Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Frau El Samadoni, lassen Sie mich zunächst Ihnen und Ihren Mitarbeitern herzlich für die geleistete Arbeit danken. Es war eine wichtige Arbeit in den ersten Jahren als Ombudsperson in der Kinder- und Jugendhilfe. Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass sie notwendig ist, dann liefert der vorliegende Bericht genau diesen Beweis.
Der Bericht - das freut mich ausgesprochen - beschreibt die Zusammenarbeit von Ombudsstelle und Heimaufsicht als vertrauensvoll, konstruktiv, lösungsorientiert und geprägt von einer gegenseitigen Ergänzung der Rollen und Herangehensweisen im Sinne der Kinder und Jugendlichen, und genau um diese unterschiedlichen Rollen geht es. Es wird Sie nicht überraschen, dass das auch meinem Eindruck und dem Eindruck meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Heimaufsicht entspricht.
Danke auch für den persönlichen Austausch mit Ihnen, den sowohl mein Staatssekretär als auch ich haben durften. Zum Wohl der Kinder, über die wir hier und heute reden, war das eine richtige Entscheidung.
Die dargestellten konkreten Fallbeispiele ebenso wie die Fallbeispiele aus dem Berichtszeitraum verdeutlichen die Wichtigkeit, aber sie verdeutlichen auch den Erfolg Ihrer Arbeit und belegen, dass die bereits vorhandene Akzeptanz bei der Zielgruppe der jungen Menschen -
Herr Minister, warten Sie bitte einen Moment. Auch wenn Sie laut und deutlich sprechen, sind mir andere Menschen hier etwas zu laut. Ich möchte Sie bitten, dass Sie jetzt noch kurz dem Minister zuhören. Das ist wahrscheinlich der letzte Redebeitrag des heutigen Tages. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sie belegen, dass die Akzeptanz bei der Zielgruppe der jungen Menschen vorhanden ist, und zwar in den stationären Jugendhilfeeinrichtungen. Ich sehe die Tatsache auch als Beleg dafür, dass mit der Schaffung der Stelle einer
Ombudsperson infolge des Friesenhof-Skandals eine wichtige Lücke zum Schutz der Kinder und Jugendlichen in der Heimerziehung geschlossen werden konnte.
Wir sehen nach wie vor Reformbedarfe, die zu wesentlichen Teilen auf Bund-Länder-Ebene angegangen werden müssen -
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme vor diesem Hintergrund auf den von der SPDFraktion eingebrachten Antrag zu sprechen, der zum großen Teil die im Bericht gemachten Aussagen aufgreift.
Erstens. Auch aus Sicht meines Hauses ist der Datenaustausch zwischen den Landesjugendämtern insgesamt deutlich verbesserungswürdig. Dabei stellen sich allerdings - das wissen Sie - eine Reihe von datenschutzrechtlichen Fragen bei der Praktikabilität als klärungsbedürftig dar, die man aber klären können sollte. Diese Fragen werden gegenwärtig von meinen Fachleuten zur vertieften Thematisierung auf Bundesebene im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vorbereitet.
Zweitens. Mit der im SPD-Antrag angesprochenen Verpflichtung von entsendenden Jugendämtern zu regelmäßigeren und häufigeren Besuchen der Jugendlichen in den jeweiligen Einrichtungen rennen Sie bei uns offene Türen ein. Leider ist das Bundesfamilienministerium bei der dringend erforderlichen Reform des Sozialgesetzbuchs VIII immer noch nicht spürbar vorangekommen.
Ich sage das einmal so deutlich, weil das so wichtig wäre. Wir werden uns für diesen Punkt in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe weiter mit Nachdruck einsetzen. Wir brauchen den neuerlichen Reformanlauf, der in der vorangegangenen Legislaturperiode bedauerlicherweise der Diskontinuität anheimgefallen ist. Wir brauchen die SGB-VIII-Reform, gerade Schleswig-Holstein, nach den Erfahrungen und der Bereitschaft der Politik - übrigens auch der
Das gilt auch für das dritte Petitum des vorliegenden Antrags, die Forderung nach einer regelhaften, möglichst wohnortnahen Unterbringung. Hier hat Schleswig-Holstein bereits auf der Ebene der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesjugend- und Familienbehörden, der AGJF, im vergangenen Herbst einen entsprechenden Antrag eingebracht, weil wir das exakt so sehen - allerdings, das ist kein Geheimnis, ohne auf große Unterstützung zu stoßen. Das mag daran liegen, dass die entsendenden Jugendämter, beispielsweise aus Stadtstaaten, oftmals keine Alternative in ihrer unmittelbaren Nähe haben. Trotzdem bleibt das Anliegen einer wohnortnäheren Unterbringung. Auch das werden wir im Rahmen der laufenden SGB-VIII-Reformprozesse erneut auf die Agenda setzen.
Ich sage es noch einmal: Ich mache keinen Hehl aus meiner Verärgerung und wünsche mir seitens des Bundesfamilienministeriums - ich schätze die Kollegin Giffey und ihre zupackende Art außerordentlich - bei der Sozialgesetzbuch-VIII-Reform mehr Tempo und weniger Erörterungen von internen Organisationsprozessen. Wenn wir alle - da gucke ich noch einmal in Ihre Reihen - unsere Wege zum Bundesfamilienministerium nutzen, gelingt es hoffentlich, den eingeschlagenen Reformprozess zu beschleunigen.
Was die Forderung einer Schulpflicht für Kinder in stationären Einrichtungen in Schleswig-Holstein anknüpfend an den regelmäßigen Aufenthalt und nicht an die Meldeadresse betrifft, beziehe ich mich auf die Position des federführenden Hauses der Kollegin Prien. Das Bildungsministerium erinnert in seiner Stellungnahme an den Erlass „Schulische Integration von Kindern und Jugendlichen in Erziehungshilfeeinrichtungen“ vom Oktober 2017, der das will ich bei aller Kritik deutlich feststellen zum allerersten Mal einheitliche Verfahrensvorgaben für das Ziel eines möglichst zügigen Schulbesuchs für in Erziehungshilfeeinrichtungen untergebrachte Kinder und Jugendliche trifft; das wird dort festgeschrieben.
Damit ist klargestellt, dass jedes Kind in schulpflichtigem Alter in Schleswig-Holstein das Recht auf Teilnahme am Schulunterricht hat und es dabei nicht auf die Meldeadresse ankommt. Insofern wird seitens des MBWK derzeit kein Anlass für eine Änderung der Rechtslage gesehen. Ich halte es aber für
richtig, dass dieser Weg evaluiert wird. Wenn er sich als falsch herausstellen sollte, wird er natürlich zu korrigieren sein. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Minister. - Der Minister hat die vereinbarte Redezeit um 1 Minute und 50 Sekunden überschritten. - Ich sehe nicht, dass Fraktionen von der zusätzlichen Redezeit Gebrauch machen wollen. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung zu a), Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/1236, und Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/1257. Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen mit folgender Konkretisierung: Der Kollege von Pein hat vorhin in seinem Redebeitrag und danach auch noch einmal dem Präsidium deutlich gemacht, dass die SPD-Fraktion als Punkt 3 ihres Antrags den ersten Absatz aus dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 19/1257, übernimmt. Damit wäre der Ursprungsantrag der SPD-Fraktion um Punkt 3 des Antrags Drucksache 19/1257 ergänzt.
Bevor wir über den Gesamtantrag abstimmen, stimmen wir jetzt erst einmal über den zweiten Absatz aus dem Änderungsantrag der Koalition ab. Wer dem zweiten Absatz aus dem Antrag von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/1257, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Dann ist der zweite Absatz aus dem Antrag Drucksache 19/1257 mit den Stimmen der Koalition, der AfD und der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein gegen die Stimmen von SPD und SSW angenommen.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den damit veränderten Antrag der SPD-Fraktion mit der Ursprungsdrucksachennummer 19/1236. Wer diesem in der geänderten Fassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das war einstimmig. Das ist so beschlossen.
Da haben Sie vollkommen recht. Dann warten wir kurz mit Tagesordnungspunkt 39 und schließen den vorhergehenden Tagesordnungspunkt ab. Es geht um den Bericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheit mit der Drucksachennummer 19/1068. Hier ist beantragt worden, den Antrag zur abschließenden Beratung in den Sozialausschuss zu überweisen. Wer dem so folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig der Fall.