Protokoll der Sitzung vom 06.03.2019

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Alle! - Zurufe SPD)

Die Schülerinnen und Schüler demonstrieren heute, weil die SPD-geführte Landesregierung mit ihrem Klimaschutzgesetz der letzten Wahlperiode die Erwartungen der jungen Generation nicht erfüllt hat.

(Zurufe)

Deshalb ist es ein sehr durchsichtiger Versuch, wenn die SPD jetzt in der Opposition versucht, die Grünen klimapolitisch noch zu überholen.

Herr Abgeordneter Koch, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Habersaat?

Das ist besser als ein Zwischenruf von ihm - insofern gern.

Herr Kollege Koch, es sind sogar zwei Bemerkungen. Die erste ist: Ich finde es relativ kleingeistig von Ihnen, aus der Demonstration der Schüler an welchem Freitag auch immer - eine Demonstration gegen eine einzige Landesregierung - welche auch immer - zu machen.

- Die demonstrieren gegen die Politik insgesamt. Es stünde uns gut an, das zur Kenntnis zu nehmen.

Zweitens fand ich es noch kleingeistiger, hier vorzutragen, dass die Schüler Ihnen den Vorzug vor Herrn Kämpfer gegeben hätten. Deswegen wollte ich Ihnen zur Kenntnis geben, dass der Oberbürgermeister Kämpfer den Termin, weil er von der Dopplung wusste, bereits im Vorfeld auf den 8. März 2019 verschoben hatte und sich die Schülerinnen und Schüler deswegen gar nicht entscheiden mussten.

(Beifall SPD und SSW - Zuruf Tobias Loose [CDU])

- Herr Kollege Habersaat, die Bezeichnung „kleingeistig“ grenzt schon an Beleidigung. Insofern würde ich Ihnen jetzt nur Kleinkariertheit vorwerfen wollen.

(Zurufe)

- Ja, sehen Sie. Ich habe überhaupt nicht behauptet, dass die Schülerinnen und Schüler ausschließlich gegen eine Partei - nur gegen die SPD - demonstrieren.

(Zuruf SPD: Genau deshalb demonstrieren die Schüler! Genau wegen so einer Diskussi- on!)

- Darf ich noch antworten? Wird die Antwort noch gewünscht?

(Martin Habersaat [SPD]: Gerne doch!)

- Sehr schön. Ich habe überhaupt nicht behauptet, dass die Schülerinnen und Schüler ausschließlich gegen die SPD demonstrieren, sondern auch gegen die SPD. Sie demonstrieren gegen alle, gegen die gesamte Politik. Das ist vollkommen richtig. Eka von Kalben hat letztes Mal darauf hingewiesen, dass es auch gegen die Grünen geht; es geht aber auch gegen die SPD. Das wollte ich heute deutlich machen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Auch gegen die SPD!)

- Auch gegen die SPD - „auch“. Das habe ich vorhin schon gesagt. Ich brauchte dafür die Zwischenbemerkung nicht.

(Zurufe)

Hätte der Kollege Kämpfer das im Vorfeld schon gewusst, hätte er es nicht noch einmal öffentlich posten und zu diesem Termin einladen müssen. Auch darüber kann man jetzt kleinkariert streiten; das war aber gar nicht mein Punkt, Herr Kollege Habersaat.

Ich wollte deutlich machen, dass es ein sehr durchsichtiger Versuch der SPD ist, in der Opposition die Grünen klimapolitisch noch zu überholen. Hätten Sie doch lieber in eigener Regierungsverantwortung gehandelt, liebe Genossinnen und Genossen! Dann bräuchten Sie jetzt nicht solche Anträge zu stellen.

(Beifall CDU und FDP)

Aber was genau schlägt die SPD eigentlich vor? Die SPD schlägt vor, unsere Landesverfassung, die aus über 6.000 Wörtern besteht, um ganze drei Worte zu ergänzen, die da heißen: „insbesondere das Klima“.

(Tobias Koch)

Nun ist es nicht so, als fände das Klima in unserer Landesverfassung bislang keine Berücksichtigung. In Artikel 11 ist bereits vorgeschrieben, dass die natürlichen Grundlagen des Lebens unter besonderem Schutz stehen. Dazu gehört selbstverständlich das Klima auf unserer Erde. Wahrscheinlich möchte die SPD aber all denjenigen, die sich für den Schutz unseres Grundwassers engagieren oder für weniger Plastikmüll in den Weltmeeren kämpfen, klar machen, dass ihre Anliegen weniger wichtig sind, als unser Klima zu schützen. Oder wie muss ich ansonsten diesen Vorschlag der SPD interpretieren?

Ich kann mir schon richtig vorstellen, wie Ralf Stegner und Serpil Midyatli demnächst Hand in Hand vor die nächste Kundgebung „Fridays for Future“ treten und den Demonstranten zurufen: Ihr könnt alle nach Hause gehen, die SPD hat die Welt gerettet, das Klima ist jetzt in der Landesverfassung geschützt.

(Zurufe Serpil Midyatli [SPD])

Meine Damen und Herren, das ist das genaue Gegenteil von dem, was die Schülerinnen und Schüler erwarten.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Den Schülerinnen und Schülern geht es nicht um Aktionismus, es geht ihnen nicht um Scheinlösungen, sondern es geht ihnen um das praktische Handeln der Politik. Einfach das Wort „Klima“ in die Landesverfassung hineinzuschreiben, obwohl die natürlichen Lebensgrundlagen dort ohnehin schon geschützt sind, ist nichts anderes als eine Alibilösung, die keine konkreten Entscheidungen nach sich zieht.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Selbst für diese eher dürftige Idee kann die SPD noch nicht einmal das Urheberrecht für sich in Anspruch nehmen. Was die schleswig-holsteinische SPD heute vorschlägt, hat sie einfach bei der bayerischen CSU abgekupfert.

(Unruhe)

Man glaubt es kaum - Herr Kollege Stegner, auch wenn der Kollege Hölck den Antrag unterschrieben hat -: Ausgerecht die Bayern nimmt sich die SPD hier zum Vorbild. Dabei dachte ich immer, Ralf Stegner würde schon aus Prinzip jeden Vorschlag ablehnen, in dem die Namen Seehofer, Dobrindt oder Söder auch nur ansatzweise vorkommen.

(Unruhe)

An dieser Stelle haben Sie einfach abgeschrieben. Denn CSU und Freie Wähler haben sich in ihrem Koalitionsvertrag genau auf das verständigt, was die SPD heute vorschlägt, nämlich den Klimaschutz als Staatsziel in die bayerische Landesverfassung aufzunehmen.

(Anhaltende Unruhe)

Nun ist politischer Ideenklau ja gang und gäbe, und das soll auch gar nicht der Vorwurf sein; spannend ist aber die Reaktion der bayerischen Sozialdemokraten auf diesen Vorschlag. Man werde einer solchen Verfassungsänderung nicht zustimmen, erklärte der mir bislang unbekannte SPD-Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann.

(Lars Harms [SSW]: Der kennt dich viel- leicht auch nicht! - Weitere Zurufe)

- Das könnte sein.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bitte Sie, jetzt wieder dem Abgeordneten Koch zuzuhören.

Wenn das der Fraktionsvorsitzende der Grünen ist, dann heißt der Fraktionsvorsitzende der SPD Horst Arnold. Ich habe das vertauscht, das sei mir nachgesehen. - Man vermisse die konkrete Wirkung einer solchen Verfassungsänderung, die nicht mit Zahlen und Terminen hinterlegt sei - so lautete die Kritik der bayerischen Genossen.

In gleichem Sinne argumentieren die bayerischen Grünen. Ihnen gehe es um konkrete Maßnahmen für den Klimaschutz. Eine Verfassungsänderung sei dagegen eine reine Worthülse, so der Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion, Ludwig Hartmann. Jetzt passt es.

Schöner hätte ich es nicht formulieren können. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns kein politisches Schattenboxen veranstalten. Ich hätte wirklich gedacht, dass wir im Energiewendeland Schleswig-Holstein an dieser Stelle schon viel weiter sind.

(Beifall CDU und FDP)

In dieser Wahlperiode haben wir auf Antrag der Jamaika-Fraktionen bereits über ein halbes Dutzend konkrete Anträge zum Klimaschutz beschlossen: zur Sektorenkopplung und Energiespeicherung, zu Power-to-X-Lösungen, zur Elektromobilität, zur Wasserstofftechnologie und zu regenerativen Energien in der Landwirtschaft.

(Tobias Koch)

(Christopher Vogt [FDP]: Du hast noch was vergessen!)