Wir waren uns einig, weil wir uns vor allen Dingen über zwei grundlegende Fragen einig waren: Erstens. Es muss klar sein, dass Urheberinnen und Urheber angemessen vergütet werden müssen, auch im Digitalen, und dass es dazu einer Verpflichtung auch großer Plattformen bedarf, geteilte und geschützte Inhalte zu lizensieren. Das ist eine zentrale Funktion, die in dem ursprünglichen Richtlinienentwurf auch so von der Kommission angelegt wurde.
Zweitens. Es bedarf zügiger Verfahren, um Urheberrechtsverletzungen - auch automatisiert - zu beenden, wenn diese festgestellt wurden.
Wir waren uns aber auch einig, dass es nicht nötig ist, die Plattformbetreiber zu verpflichten, bereits bei der Einspeisung von Inhalten diese per künstlicher Intelligenz nach geschützten Inhalten zu filtern und diese Inhalte automatisiert schon zu sperren, bevor sie überhaupt online sind, denn diese ex ante Sperrung durch Programme, programmiert von ITlern in großen privaten Internetunternehmen, ist eine Verabschiedung von zentralen Prinzipien des Rechtsstaats.
Das Defizit der Rechtsdurchsetzung im Digitalen, das auch seitens von Polizei und Behörden besteht und an dem wir arbeiten müssen, soll hier durch Private oder gar durch Computer gefüllt werden.
Ich kann Ihnen sagen, warum der polnische Berichterstatter Michal Boni, der übrigens unter der Regierung von Donald Tusk Verwaltungsminister war, mit mir gemeinsam so klar an dieser Stellungnahme gearbeitet und diese Prinzipien festgehalten hat. Er weiß, was es heißt, wenn Inhalte, Meinungen und Kunst im Zweifel blockiert werden. Er weiß, dass die jungen Menschen, die sich derzeit äußern, einen wichtigen Aspekt in diese Debatte über sehr technische Zusammenhänge einbringen, denn in seiner Amtszeit haben zum Beispiel vor sechs Jahren auch die Proteste gegen das ACTAAbkommen in Polen begonnen.
Diese Debatte führen wir fort, und diese Debatte findet derzeit im Europäischen Parlament statt, und genau dort muss sie jetzt auch stattfinden. Deshalb werden wir als Landesregierung natürlich bei der Umsetzung der Richtlinie, wenn sie in nationales Recht verabschiedet wird, genau darauf achten, dass der Schutz der Werke der Kreativen nicht durch rein maschinelle Entscheidungen realisiert wird. Wir wollen, dass die großen Plattformanbieter Entscheidungen über die Veröffentlichungen transparent und nachvollziehbar machen. Wir wollen, dass derartige Entscheidungen umfassend die Freiheit der Kunst und der Presse sowie die Meinungsfreiheit im Internet achten, und wir wollen, dass Karikaturen, Zitate, Satire und Parodien auch künftig erst betrachtet werden und dann auf das Urheberrecht hin kontrolliert werden.
Wie geht es also weiter? - Vorausgesetzt, die Richtlinie wird in Europa verabschiedet, liegt die nationale Umsetzung in den Händen des deutschen Ge
setzgebers. Schleswig-Holstein wird sich daher auf Bundesebene dafür einsetzen, die nationale Umsetzung der Richtlinie so zu gestalten, dass es eine zügige, aber eben nicht voreilige oder gar rein automatisierte Kontrolle gibt. Zunächst aber liegt nach der Zustimmung der Bundesregierung der Ball beim Europäischen Parlament und damit bei allen hier im Haus vertretenen Parteien.
Dazu final vielleicht noch eine Anmerkung: Es ist richtig, solche Fragen auch hier zu diskutieren. Ich halte das für richtig. Aber es ist noch besser, es dann zu tun, wenn man als nationales Parlament auch dazu aufgerufen ist, nämlich dann, wenn die Europäische Kommission Konsultationsverfahren abhält und wenn das Europäische Parlament auch mit dem Gelbe-Karten-Verfahren den nationalen Parlamenten die Möglichkeit gibt, an der Stelle Einhalt zu gebieten.
Insofern nehmen wir dies als Anlass, in Zukunft deutlich früher einzugreifen, wenn solche Entwicklungen stattfinden. Deshalb ist es auch gut, dass wir in jüngster Vergangenheit deutlich mehr Bundesratsinitiativen auf den Weg bringen, die sich auch auf EU-Initiativen und -Vorschläge beziehen und damit entsprechend die Positionen aus der Landesebene über die Bundesebene in den Rat einspeisen, bevor die Entscheidung im Rat gefallen ist. Sie ist in diesem Fall gefallen. Wie gesagt, jetzt liegt dies bei den Abgeordneten im Europäischen Parlament. Vielen Dank.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt SPD, FDP und Beifall Doris Fürs- tin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])
Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag der Abgeordneten des SSW. Ich lasse abstimmen über den Alternativantrag Drucksache 19/1329. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? -
- Ich bitte darum, dass sich die Gegenstimmen zu diesem Alternativantrag noch einmal melden. Okay. - Enthaltungen gibt es auch nicht. Dann ist der Alternativantrag Drucksache 19/1329 gegen die Stimmen von SPD -
- Er ist einstimmig angenommen? - Okay. Es gibt keinen Widerspruch, das ist einstimmig so angenommen.
Ich lasse über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1311 (neu) abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist der Antrag mit der Gegenstimme der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein angenommen.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich begrüße alle herzlich nach der Mittagspause. Zu Beginn wollen wir gemeinsam Vertreterinnen und Vertreter der Senioren-Union Eutin auf der Besuchertribüne begrüßen. - Herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass Extremisten Waffen haben, lässt sich nicht immer hundertprozentig vermeiden. Manch einer wird sich auch illegal Waffen besorgt haben. Uns geht es heute um die extremistischen Personen, die derzeit legal über Waffen verfügen. Dass das möglich ist, ist ein Problem an sich.
Über wen reden wir hier? Wir reden im Regelfall nicht über Terroristen oder über kriminelle Banden, die sich ihre Waffen möglicherweise auch illegal besorgen. Wir reden über Menschen, die in unserer Nachbarschaft leben und über ein geschlossenes extremistisches Weltbild verfügen, das sich gegen
unser Grundgesetz und die freiheitlich-demokratische Grundordnung richtet. Allein schon die Tatsache, dass Menschen in der Kombination mit Waffenbesitz dieses Weltbild haben, birgt eine dauerhafte, latente Gefahr für Leib und Leben der Mitmenschen. Man weiß nicht genau, wann diese Leute austicken; aber man weiß, dass dies geschehen kann.
Bisher informieren sich die Waffenbehörden über das Bundeszentralregister, das staatsanwaltliche Verfahrensregister und aus Erkenntnissen der örtlichen Polizeidienststellen, ob ein zukünftiger Waffenbesitzer zuverlässig ist. Dabei geht schon der eine oder andere Extremist ins Netz, wenn ihm die Unzuverlässigkeit anhand von konkreten Anhaltspunkten nachgewiesen werden kann.
Im Bundesrat gibt es derzeit zum dritten Mal eine gleichlautende Initiative, die diese Auskunftsverpflichtung auch auf die Verfassungsschutzbehörden ausweiten will. 2012 und 2014 war diese Initiative gescheitert, weil die Wahlperiode des Bundestags vor Ablauf der Beratungen auslief. Wir hoffen dieses Mal darauf, dass es endlich klappt; darauf zielt ja auch der Antrag der SPD-Fraktion ab.
Trotzdem bliebe auch dann ein Problem bestehen: Derzeit reicht es nämlich nicht aus, als Extremist bei den Behörden klassifiziert und registriert zu sein. Es müssen weitere konkrete Anhaltspunkte gegeben sein, um die waffenrechtliche Erlaubnis versagen zu können, nämlich Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass sie Bestrebungen verfolgen oder unterstützen, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Hier geht es also um konkrete Handlungen. Also selbst dann, wenn auch die Verfassungsschutzbehörden jemanden aufgrund von nachvollziehbaren Kriterien als Extremist einstufen, ist es nicht sicher, dass dieser Person die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen werden kann. Es bedarf also einer weiteren Veränderung des Waffenrechts, damit genau dies ermöglicht wird. Genau hier setzen wir an.
Besonders im rechten Spektrum gibt es eine hohe Affinität zum Besitz von Waffen. Sicherlich mag es auch Waffenbesitzer aus anderen Extremismusbereichen geben; aber bei den Rechten ist das Problem wesentlich ausgeprägter. In Schleswig-Holstein gibt es immerhin 20 Reichsbürger und 27 Rechtsextremisten, die immer noch über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen. Diese Leute gehören entwaffnet!
Sieht man sich die bundesweiten Zahlen an, merkt man erst, wie groß das Problem wirklich ist. Man geht davon aus, dass bundesweit noch 1.500 Reichsbürger und 750 Rechtsextremisten legal Waffen besitzen. Das sind tickende Zeitbomben. Genau diese Zeitbomben müssen entschärft werden. Deshalb wollen wir, dass in Zukunft allein die Tatsache, dass man als Extremist bei den Behörden gespeichert ist, ausreichend ist, die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit festzustellen. Die Abspeicherung als Extremist ist nur möglich, wenn verfassungsfeindliche Handlungen und Verhaltensweisen nachgewiesen werden konnten. Wenn dies aber festgestellt worden ist, bedarf es nach unserer Auffassung keiner weiteren Feststellungen. Dann ist klar, dass von der jeweiligen Person Gefahr ausgeht, und dann muss der Staat handeln.
Deshalb: Extremisten mit Waffen sind für uns tickende Zeitbomben. Wir haben es in Deutschland schon erlebt, dass solche Leute tatsächlich ausgetickt sind. Deshalb gehören diese Personen entwaffnet. Genau dafür wollen wir den Behörden das Handwerkszeug liefern. Deswegen bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Der SSW möchte mit seinem Antrag erreichen, dass allein die Feststellung der Behörden, jemand sei Extremist, dafür ausreicht, die waffenrechtliche Erlaubnis zu entziehen oder zu versagen. Das klingt zunächst ganz plausibel, geht aber am Kern des Problems vorbei und führt zu einem systematischen Bruch im Waffenrecht.
Kernvoraussetzung für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist nach § 4 Waffengesetz die erforderliche Zuverlässigkeit und die persönliche Eignung. Das kennen wir auch aus anderen Bereichen des öffentlichen Rechts, beispielsweise aus dem Gewerberecht; in § 35 der Gewerbeordnung ist die Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit geregelt.
ist rechtlich ausführlich in § 5 des Waffengesetzes definiert. Rechtskräftige Verurteilungen wegen eines Verbrechens oder wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr schließen die Zuverlässigkeit aus, ebenso der missbräuchliche oder leichtfertige Umgang mit Munition.
In § 5 Absatz 2 wird dann bestimmt, dass die Zuverlässigkeit regelmäßig nicht gegeben ist, wenn es zu bestimmten anderen Straftaten gekommen ist oder der Betroffene Mitglied ist in einem Verein, der verboten wurde, oder in einer Partei, die vom Verfassungsgericht verboten wurde.
Weiter ist im Waffenrecht noch geregelt, welche Erkundigungen für die Zuverlässigkeitsprüfung eingeholt werden dürfen.
Das Waffenrecht ist eine restriktive Materie, deren Ziel es ist, so wenig wie möglich Waffen und entsprechende Erlaubnisse in der Bevölkerung zu haben. Daran hat sich auch die Auslegung der einzelnen Normen zu orientieren. Die Waffenbehörden sind sehr wohl in der Lage, Extremisten die Erlaubnis zu versagen oder zu entziehen.