Aber nein, in Schleswig-Holstein wollen Sie einen Testlauf für den Taser ausgerechnet in der Einheit, die ihn am wenigsten benötigt, dem Spezialeinsatzkommando. Dortige Erfahrungen sind im Alltagsdienst nicht übertragbar; denn deswegen heißt es ja „Spezialeinsatzkommando“. Der Testlauf dort ist nicht aussagefähig, er ist nicht übertragbar.
Gestern wurde auch in der Presse die sogenannte Schleierfahndung, also die Möglichkeit zur anlassunabhängigen Kontrolle, öffentlich als Dissens in der Koalition erkannt. Auch das kann nicht verwundern, wenn man sich daran erinnert, dass dieses gefahrenabwehrende Instrument Ende 2016 der Polizei aus der Hand geschlagen wurde, übrigens mit den Stimmen der Grünen. Nein, es ist nicht aktuell, und es ist auch nicht überraschend, dass mit dem Grünanteil in der Jamaika-Koalition die innere Sicherheit eher weniger wird als mehr.
Mit welcher Einstellung insbesondere die Grünen dann auch unserer Polizei gegenübertreten, lässt sich aus den „Kieler Nachrichten“ von gestern herauslesen. Sie, Herr Kollege Peters, werden dort wie folgt zitiert:
So war dort zu lesen. Sie wollen also ein Polizeirecht so gestalten, dass die Polizei es nicht missbrauchen kann. Wir von der AfD hingegen, meine Damen und Herren, wollen ein Polizeirecht, welches es der Polizei vor allem ermöglicht, ihre Aufgaben ordentlich zu erfüllen. Wir unterstellen der Polizei keine Absicht zu einem Missbrauch des Polizeirechts, wie Sie es hier tun.
Wir wollen eine handlungsfähige und durchsetzungsstarke Polizei. Wir wollen Männer und Frauen in der Polizei, die mit zeitgemäßer Ausrüstung und Bewaffnung und auch mit dem erforderlichen Recht ausgestattet werden, um robust für unsere Sicherheit zu sorgen. Diese Männer und Frauen sollen dann auch am Ende des Tages wieder gesund nach Hause kommen. Auch dafür brauchen sie die richtige Schutzausstattung.
Das ist der Unterschied zwischen Grün und Blau an der Stelle, und das, Herr Peters, ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.
Gleichwohl muss der Wunsch nach Sicherheit nicht automatisch mit dem Verlust an Freiheit und Bürgerrechten einhergehen. Eine Reform des Polizeirechts muss hier ausgewogen gestaltet werden und darf sich nicht allein an der einen oder anderen widerstreitenden Position von Rechtsgütern - dem Repressionsanspruch des Staates auf der einen Seite und Bürgerrechten auf der anderen Seite - orientieren.
Ob dieses der Jamaika-Koalition gelingen wird, darf aber schon jetzt bezweifelt werden. Die jüngsten Erfahrungen, wie die Regierungskoalition mit Gesetzentwürfen und der Beratung im Innen- und Rechtsausschuss verfährt, lassen hier Schlimmes befürchten. Denn die Art und Weise, mit der Jamaika ein wirklich unbrauchbares Gesetz zum Vollzug von Abschiebungshaft durchgepeitscht hat, macht fassungslos. Aber auch darüber werden wir später noch reden.
Wir dürfen also erwarten, dass die Polizeirechtsreform, die als „Schwachstellenanalyse“ begonnen hat, am Ende tatsächlich auch Schwachstellen aufzeigen wird, vor allem in der Koalition aus CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir war im ersten Moment nicht klar, warum wir eine Aktualität haben, wenn noch kein Gesetzentwurf vorliegt.
Es ist schwer, politisch darüber zu diskutieren, wie das neue Polizeirecht aussehen soll, wenn es keine Vorlage gibt und man nicht sehen kann, wofür die Jamaika-Koalition steht. Deshalb ist es schwer, hier inhaltlich Stellung zu nehmen. Trotzdem möchte ich mich streng an das Thema halten und sechs Äußerungen dazu machen.
Erstens. Meine Vorgängerin im Amt hätte gesagt, das sei Logik für Perlhühner. Dass die Koalition uneinig ist, kann man sehen, wenn man in die Parteiprogramme guckt. Wenn man so fossil ist wie ich und diesem Parlament schon fast 20 Jahre angehört, hat man schon ein paar Mal erlebt, dass die einzelnen Parteien da uneinig sind. Das ist nicht unbedingt eine neue Erkenntnis.
Zweitens. Das war früher nicht anders, das war in anderen Koalitionen nicht anders - sei es die GroKo in Schleswig-Holstein, sei es die Küstenkoalition seinerzeit; auch wir waren uns beim Polizeirecht in Nuancen nicht immer einig. Auch die Große Koalition auf Bundesebene zeigt deutlich, dass man da nicht immer einig ist. Das ist typisch für Politik.
Ich finde es schade, dass genau das immer angegriffen wird. Denn Wesen der Demokratie ist der Kompromiss, wenn man unterschiedliche Einstellungen hat.
Wir machen uns da in der Außenansicht ein bisschen etwas kaputt, wenn man immer wieder sagt: Die Leute können sich nicht einigen. - Doch, wir in der Demokratie können das.
Drittens. Das Landesverwaltungsgesetz muss regelmäßig angepasst werden, auch gerade das Polizeirecht. Das ist eine ständige Herausforderung, sodass man damit rechnen kann, dass wir über dieses Thema zu gegebener Zeit konkret diskutieren.
Viertens. Neuentwicklungen - dieser Punkt wurde kritisiert - müssen in das Gesetz eingebaut werden. Das braucht Zeit. Es mag sein, dass sich Jamaika vorgenommen hat, das relativ schnell zu machen.
Ich will in Erinnerung rufen, dass wir gerade einen Test zu den Bodycams haben. Auch da muss gesetzlich geregelt sein, ob man die haben will oder nicht. Wir haben neue terroristische Herausforderungen; das hat der Kollege Peters eben dargestellt. Man muss diskutieren, auf welcher gesetzlichen Grundlage man die angehen will. Wir haben eine Testphase zu den Tasern. Auch das muss, wenn man sie einführen will, gesetzlich geregelt werden. Wir merken, dass man da schlecht einen Zeitdruck aufbauen kann, wenn man noch mitten in der Testphase ist, die wir alle gemeinsam gewollt haben.
Fünftens. Das Landesverwaltungsgesetz ist super kompliziert. Wir haben da immer eine Abwägung zwischen den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger auf der einen Seite und der Verteidigung dieser Rechte auf der anderen Seite durch staatliche Organisationen, insbesondere die Polizei. Ich finde, das ist eine ziemlich komplizierte Abwägung, manchmal auch innerhalb einer Partei. Da gibt es nicht immer nur Unterschiede zwischen den Parteien, sondern manchmal auch innerhalb von Parteien. Das wissen wir als SSW auch.
Sechstens. Man kann sich inhaltlich relativ schwer äußern, wenn nichts vorliegt. Vor dem Hintergrund kann ich Ihnen nur eines geloben: Sollte es irgendwann dazu kommen, dass die Jamaika-Koalition einen abgestimmten Gesetzentwurf vorlegt - ich bin guter Hoffnung, dass das irgendwann geschehen wird -, werden wir uns das konstruktiv und kritisch angucken, uns am Gesetzestext entlanghangeln, gucken, was uns behagt und was uns nicht behagt, und uns entsprechend in die Diskussion einbringen. Derzeit sind wir dazu aber nicht in der Lage, weil wir noch nicht genau wissen, was kommt. Wenn das kommt, werden wir das tun, und dann werden wir meinetwegen auch mit einer gewissen Schärfe über Punkte diskutieren. Das ist überhaupt keine Frage, das kann man politisch gern machen.
Jetzt ist es aber zu früh, um das machen zu können. Das finde ich ein bisschen schade. - Ansonsten bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, HansJoachim Grote.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Stegner, ich weiß nicht, warum das gemeinsame Ringen, das gemeinsame Diskutieren über eine gute Lösung so kritisch gesehen wird. Wenn wir hier über Nacht Sorgen und Nöte einfach vom Tisch wischen und Ihnen aus der Hüfte Patentlösungen präsentieren würden, dann würde ich mir wirklich Sorgen machen, dann müssten wir uns alle Sorgen machen.
Herr Harms hat es mir vorweggenommen: Wir diskutieren derzeit nur über einen Prozess. Geben Sie uns doch die Chance, einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Tisch zu legen! Ich kann Ihnen garantieren: Der Gesetzentwurf wird auf den Tisch gelegt werden. Dann werden wir heftig darüber diskutieren; für den einen wird es nicht genug sein, für den anderen wird es zu viel sein. Ich glaube, es wird ein Prozess sein, der alle Seiten gleichermaßen berücksichtigen wird.
Meine Damen und Herren, wir haben hier schon mehrfach darüber beraten, wie der liberale Rechtsstaat seinen Bürgerinnen und Bürgern Freiheit und Sicherheit zugleich bieten kann. Fest steht, der Staat muss seinen Sicherheitskräften Rechtssicherheit bieten. Er muss Instrumente bereitstellen, um Gefahren effektiv abzuwehren und so unsere Freiheit zu verteidigen. Um dies zu gewährleisten, haben wir uns im Koalitionsvertrag auf die Überarbeitung des Polizeirechts im Landesverwaltungsgesetz verständigt.
Dabei ist es unser Ziel, die Polizei mit den notwendigen Befugnissen auszustatten und Rechtssicherheit zu schaffen. Gleichzeitig gilt es - wie immer -, Maß zu halten. Maß zu halten ist auch in unserer internen Diskussion ein wichtiger Baustein. Der Grundsatz der Sicherheit, der Verhältnismäßigkeit und des Persönlichkeitsschutzes der Menschen in unserem Land muss auch hier eine wichtige Richtschnur unseres Planens und Handelns sein.
Einzelne Punkte müssen sowohl aus juristischer als auch aus polizeifachlicher Sicht diskutiert werden. Natürlich wird sich hieran eine politische Diskussi
on anschließen. Das ist doch die Aufgabe dieses Hauses. Es wird unterschiedliche Vorstellungen geben, und auch in der Koalition gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Ich halte das nicht für verwerflich oder kritikwürdig.
Meine Damen und Herren, aus Sicht der Landesregierung geht es in der anstehenden Reform darum, einen praktikablen, einen machbaren Weg zu finden. Genau das ist Kern der Polizeiarbeit: innerhalb kurzer Zeit, unter Druck eine rechtssichere Entscheidung treffen zu müssen und treffen zu können.
Ich kann Ihnen als zuständiger Minister versichern: Es gibt viele Herausforderungen, denen sich unsere Polizistinnen und Polizisten täglich stellen müssen. Auch diese Herausforderungen verändern sich. Als Beispiel sei die Entwicklung im Bereich des islamistischen Terrorismus genannt. Auf diese Lage müssen wir reagieren, reagieren können. Deshalb muss auch das Polizeirecht mit der aktuellen Entwicklung Schritt halten und sich diesen und neuen Herausforderungen anpassen können.
Meine Damen und Herren, Rechtssicherheit schaffen, die notwendigen Befugnisse bereitstellen, die Persönlichkeitsrechte der Menschen wahren und Maß halten - das sind bei der anstehenden Reform unsere Ziele als Landesregierung. - Ich danke Ihnen.