Protokoll der Sitzung vom 27.03.2019

(Zuruf SPD: Also WhatsApp abhören!)

Wir arbeiten also nicht nur äußerst intensiv, sondern sehr gut, eng und vertrauensvoll mit den Koalitionspartnern und mit dem Innenministerium zu diesem Thema zusammen. Insbesondere dem Haus des Innenministers Grote und Staatssekretär Geerdts sowie den zuständigen Fachabteilungen gilt an dieser Stelle ein ganz besonderer Dank für die gute und konstruktive Zusammenarbeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Von den Ergebnissen werden wir Sie in Kenntnis setzen, wenn es soweit ist.

Eines kann ich Ihnen aber jetzt schon verraten: Wir sind uns in der Koalition völlig einig, die verfassungswidrige Befugnis zur automatischen Kennzeichenerfassung gemäß § 184 Absatz 5 Landesverwaltungsgesetz endlich aus dem Polizeirecht zu

streichen. Die wurde 2007 unter einem Innenminister Ralf Stegner eingeführt.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zusammengefasst: Das Ergebnis wird nicht 100 % grün sein, auch nicht 100 % schwarz und auch nicht 100 % gelb, sondern es wird ein guter jamaikanischer Kompromiss sein. Wir sind auf dem besten Wege. Vielen Dank für die Nachfrage.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, der Abgeordnete Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist immer ganz gut, wenn die Opposition uns quasi zur besten Sendezeit die Gelegenheit gibt, unsere Position darzulegen. Die Unterschiede, Herr Dr. Stegner, in der Jamaika-Koalition kennen wir selbst. Nicht einmal mehr dafür brauchen wir Sie noch. Das können wir uns schon selber herausarbeiten.

(Beifall FDP, CDU und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich habe mich aber während Ihres gesamten Redebeitrages gefragt, was hier eigentlich vor sich geht. Mister GroKo beklagt unterschiedliche Parteiprofile.

(Heiterkeit FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer ist eigentlich dieser charmante junge Mann aus Bordesholm, der im Morgenmagazin und so weiter die Union auf Bundesebene attackiert? Ich frage mich immer, wer das wohl sein mag. Wahrscheinlich ist das ein böser Zwilling. Aber ganz im Ernst, wenn ich Sie hier so reden höre, kommen mir wirklich die Tränen - allerdings vor Lachen, Herr Dr. Stegner, wenn ich das so sagen darf.

(Beifall FDP und CDU)

Der Titel der Aktuellen Stunde, den die SPD angemeldet hat, ist wieder sensationell gewählt: „Einigkeit der Koalition bei der Reform des Polizeirechts.“ - Wir hätten gern mehr von der SPD-Fraktion zu ihrer Position des Polizeirechts gehört - das wäre sicherlich interessant geworden -, wie zum Beispiel zum sensationellen Framing, das Sie dort gezeigt haben.

(Burkhard Peters)

Wir sind uns in der Tat darin einig, dass wir uns in konstruktiven Gesprächen ganz genau anschauen wollen, wo es gegebenenfalls Anpassungen bei dem bestehenden Polizeirecht in Schleswig-Holstein geben sollte.

Es ist ja in gewisser Weise bemerkenswert, dass ausgerechnet Ralf Stegner diese Aktuelle Stunde angemeldet hat. Die letzte große Polizeirechtsnovelle in Schleswig-Holstein - der Kollege Peters hat es angesprochen - war ja im Jahr 2007, und diese hat eben jener Ralf Stegner als damaliger Innenminister zu verantworten gehabt. Die FDP-Fraktion hatte diese Novelle damals aus gutem Grund massiv kritisiert. Ralf Stegner sprach damals davon, dass seine Reform modern, liberal - das war damals bei Ihnen offenbar noch positiv besetzt -

(Lachen CDU)

und verfassungskonform sei. Über das erste Adjektiv kann man vielleicht noch streiten. Aber liberal und verfassungskonform war sie auf jeden Fall nicht; denn das Bundesverfassungsgericht kassierte im Jahr 2008 vor allem die Vorschrift zur Kennzeichnung der Waffen, die die FDP-Fraktion besonders kritisiert hatte. - So viel zur Vorgeschichte der Reform, an der wir jetzt arbeiten.

Die sicherheitspolitische Lage - es ist ja ein ernstes Thema, über das wir hier sprechen - in Europa, in Deutschland und damit auch in Schleswig-Holstein hat sich in den letzten Jahren ohne Frage etwas verändert. Die Kriminalitätsrate in Schleswig-Holstein ist insgesamt gesunken, die Aufklärungsquoten sind gestiegen. Das ist erst einmal ein großes Verdienst unserer Landespolizei, wofür wir ihr ganz herzlich danken.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben es dennoch bei der Kriminalitätsbekämpfung mit anderen Herausforderungen, mit neuen Phänomenen zu tun, auf die man gesetzgeberisch, gegebenenfalls auch landesgesetzgeberisch reagieren sollte. Ich denke vor allem an den Bereich der Cyberkriminalität und an den Terrorismus, an die neuen Formen des Terrorismus. Der Kollege Peters hat zu Recht darauf hingewiesen.

Und wir haben es leider mit zunehmenden Übergriffen auf Einsatzkräfte und auf Polizeibeamte in Schleswig-Holstein zu tun. Das können und dürfen wir nicht hinnehmen. Wer Polizeibeamte und andere Einsatzkräfte angreift, der greift Menschen an, die helfen wollen, und der greift auch unsere Gesellschaft und unseren Rechtsstaat an. Dagegen

muss unser Rechtsstaat deutlich konsequenter vorgehen.

(Beifall FDP, CDU, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Serpil Midyat- li [SPD])

Unsere manchmal schon als selbstverständlich betrachtete Freiheit wird aus verschiedenen Richtungen bedroht. Auch das müssen wir immer genau im Blick haben. Insofern braucht es einen verantwortungsvollen Blick auf mögliche Gesetzesanpassungen. Unsere Haltung in der Innen- und Sicherheitspolitik hat sich nach der erfolgreichen Landtagswahl und nach der Regierungsbildung nicht verändert, Herr Dr. Stegner. Das mag uns von anderen Parteien trennen, aber es ist tatsächlich so. Der Schutz der Polizisten steht für uns an erster Stelle, wenn wir an das Polizeigesetz herangehen.

Es muss also niemand die Sorge haben, dass wir, wie in Bayern, eine Art sicherheitspolitisches Wünsch-dir-was haben werden, bei dem die Freiheitsrechte einfach ausgeblendet werden; es geht uns darum, den Rechtsstaat zu stärken und ihn eben nicht zu fleddern, wie es in anderen Bundesländern leider passiert ist.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann für meine Fraktion an dieser Stelle ganz klar sagen: Was wirklich sinnvoll und notwendig ist, das werden wir machen. Was nicht wirklich sinnvoll und notwendig ist, das werden wir nicht machen. Es geht darum, die Sicherheit real zu erhöhen. Wir wollen Kriminalität effektiv bekämpfen, wir wollen die Bürgerinnen und Bürger schützen, sie aber nicht unter Generalverdacht stellen. Das ist unsere Zielrichtung.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Freien Demokraten in Schleswig-Holstein war immer klar, dass Freiheit auch Sicherheit braucht, aber dass der Staat mit seinen Institutionen eben auch klare Grenzen braucht. Die Sicherheit der Bevölkerung und die Wahrung der Freiheitsrechte sind bei uns in guten Händen.

Die Gewerkschaft der Polizei hat dazu ja schon Pressearbeit gemacht, die ich sehr pointiert fand. Wir haben derzeit einen guten Draht zur GdP, und ich sage ganz deutlich - auch an Herrn Jäger -: Sie können beruhigt sein. Es war nie ein Problem zwischen uns, das wir zum Beispiel beim Thema Vorratsdatenspeicherung aus gutem Grund eine andere Position vertreten haben. Aber wir sind in einem

(Christopher Vogt)

engen Dialog und nehmen uns gegenseitig ernst. Das ist entscheidend. Auch müssen meine Parteifreunde Burkhard Hirsch, Gerhart Baum und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger keine Klage vorbereiten. Auch das kann ich schon mal als Botschaft senden.

(Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD])

- Ja, die sind sehr aktiv, Frau Kollegin. Bei uns gibt es auch Bürgerrechtsvertreter, anders als in der SPD.

Sie sehen uns also in großer Gelassenheit. Natürlich kann sich die CDU-Fraktion deutlich mehr vorstellen als wir oder auch als die Grünen. Das ist aber kein Problem, sondern ein normaler demokratischer Prozess.

Wir werden uns alle Vorschläge in Ruhe anschauen und diese vernünftig beraten. Insofern muss ich sagen: Ein sinnvolles Polizeirecht und entsprechende Eingriffsbefugnisse sind nur das eine, Herr Dr. Stegner; das haben ja auch Sie zu Recht angesprochen. Noch viel wichtiger sind aber der beschlossene Stellenzuwachs nach den Kürzungen während Ihrer Regierungszeit, sinnvolle Strukturen, attraktive Arbeitsbedingungen, die Präsenz in der Fläche, eine gute Ausstattung inklusive der Digitalisierung der Polizei, die auch dringend erforderlich ist.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Daran arbeiten wir sehr konsequent. Insofern werden wir eine gute Balance finden zwischen Freiheit und Sicherheit. Wir haben eine hervorragende Bürgerpolizei. Hinter der stehen wir voll und ganz. Ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Klaus Schaffer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Wieder einmal beschäftigt uns die SPD-Fraktion mit einer Aktuellen Stunde. Und wieder einmal ist daran auch überhaupt nichts Aktuelles. Daran ändert auch die aktuelle Berichterstattung nichts, überhaupt nichts!

Es ist nämlich nicht aktuell und schon gar nicht überraschend, dass die Jamaika-Koalitionäre in Fragen der inneren Sicherheit - und wie diese zu beant

worten sind - uneins sind. Die bereits im Januar 2018 durch die AfD-Fraktion angestoßene Debatte um den polizeilichen Rettungsschuss etwa hat aufgezeigt, dass es weder eine schnelle noch überhaupt eine Einigung geben wird.

Im Ergebnis haben wir also einen Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zum polizeilichen Rettungsschuss, und dieser liegt seit Januar 2018 auf Eis. Begründet wurde dies damit, dass man seitens der Landesregierung eine „Schwachstellenanalyse“ des Polizeirechts und eine Reform des Polizeirechts bis Dezember 2018 vorlegen wollte. Wir hörten es bereits: Es ist jetzt Ende März; dieser Monat ist fast rum. Das ist - wie gesagt - weder aktuell noch überraschend.

Es ist offenbar zu einfach, einschlägige Teile des Polizeirechts zu übernehmen, wie es bei 14 anderen Bundesländern längst der Fall und geübte Praxis ist. Auch für den Taser haben wir im letzten Jahr bereits einen geeigneten Entwurf zur Änderung des Polizeirechts vorgelegt. Dass die Verwendung des Tasers bei der Polizei zwingend auf einem Gesetz basieren muss, ist dabei absolut unstrittig. Genauso unstrittig ist auch die Erkenntnis, dass der Taser in die Ausrüstung der Polizeibeamten im Streifendienst gehört. Fragen Sie gern in der Polizei nach, sprechen Sie mit den Einsatztrainern und den Beamten vor Ort; diese werden es Ihnen alle bestätigen.

(Beifall AfD und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [fraktionslos])