Protokoll der Sitzung vom 28.03.2019

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit dem Herbst 2018 ist der Fahrplan dafür beschlossen. Jetzt geht es an die Taten, denn wenn wir 2022 damit fertig sein wollen, muss eben noch ganz viel passieren. Deswegen ist es auch gut, dass auf dem Fachkongress des IT-Planungsrats in Lübeck darüber ausführlich diskutiert wurde. Experten und Expertinnen aus Verwaltung, IT und Datenschutz haben zu vielen Fragen im Zusammen mit dem Onlinezugangsgesetz bereits beraten: Was bedeutet die Digitalisierung der Verwaltung eigentlich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung? Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wie ermöglichen wir einen Zugang zur Verwaltung für eine Vielzahl von unterschiedlichen Geräten von Smartphones bis hin zu Smart-Speakern? Welche technischen Herausforderungen gibt es in der Umsetzung, oder wie bringen wir die verschiedenen Verfahren

(Dr. Heiner Dunckel)

auch das ist gerade schon angesprochen worden von Landes- und Kommunalverwaltungen zusammen?

Auf diese und zahlreiche weitere Fragen müssen wir uns jetzt bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes konzentrieren. Uns Grünen sind dabei drei Sachen besonders wichtig: Zum einen müssen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen am Ende eine nutzbare Verwaltungsleistung bekommen - egal, ob diese dann online oder offline passiert. Schnell, unkompliziert und unbürokratisch müssen sich die Menschen im Land an ihre Behörden wenden können und ihre Bescheide erhalten.

Zweitens müssen die Kommunen eng eingebunden werden, denn dort ist die häufigste Schnittstelle zwischen Verwaltung und Mensch. Die unterschiedlichen Prozesse und Angebote in den Kommunen auf einen Nenner zu bekommen, ohne die Verwaltung zu überfordern, ist in der Tat die Hauptaufgabe und wird sehr viel Anstrengung kosten.

Abschließend geht es uns auch darum, nicht nur Dienstleistung bereitzustellen, sondern auch mehr Transparenz und Informationen von öffentlicher Seite für alle Menschen im Land zur Verfügung zu stellen. Dabei geht es dann allerdings nicht nur um die Debatte zum Onlinezugangsgesetz, sondern auch zum Thema Open Data. Als Koalition werden wir dazu sicherlich weitere Initiativen ins Parlament einbringen.

Herr Abgeordneter!

Auf diese Debatte freue ich mich, Herr Präsident. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Holowaty.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Minister, erst einmal ganz herzlichen Dank für Ihren Bericht, den Sie zum Onlinezugangsgesetz abgegeben haben.

Wir haben gehört: Schleswig-Holstein kümmert sich insbesondere um die Verfahren im Bereich Umwelt. Ich freue mich ausgesprochen, dass wir dort auf einem offenbar sehr, sehr guten Weg sind. Wir werden unseren Beitrag - so entnehme ich Ihrem Bericht - bis 2022 leisten können. Das ist eine gute Nachricht, übrigens nicht nur für SchleswigHolstein, sondern für die gesamte Bundesrepublik, in der diese Verfahren dann ausgerollt werden.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen, dass im Fokus der Betrachtung des Onlinezugangsgesetzes zunächst das sogenannte Front-End steht, also der Zugang des Bürgers zu den Verwaltungsleistungen. Durch das Back-End, durch die automatisierte Verarbeitung in den Prozessen, durch die Verbindung von Daten verschiedener Quellen, durch die automatisierte Vorgangsverarbeitung entsteht nachher noch in der Tat ein weiterer erheblicher Zusatznutzen für die Bürger, nämlich effizientere Prozesse, schnellere Dienstleistungen und klare Verfahren.

Das Bürger-Login spielt dabei eine ganz entscheidende Rolle. Ich glaube, dass wir damit in der Tat noch einiges an Arbeit vor uns haben. Das ist kein Hexenwerk, meine Damen und Herren; viele große Unternehmen haben uns bereits gezeigt, dass ein Login von vielen Menschen, dass persönliche Zugriffe auf persönliche Konten im Grunde genommen technisch möglich sind. Aber glauben Sie mir: Es wird noch eine Menge Arbeit vor uns stehen, bis wir dieses Bürger-Login problemlos haben. Das ist jedoch eine Kernkomponente dafür, dass Verfahren nicht einzeln dastehen, sondern wir über mehrere Verfahren hinweg arbeiten können.

(Unruhe SPD)

- Vielen Dank, Frau Redmann.

(Sandra Redmann [SPD]: Wofür?)

- Dass Sie mich fortfahren lassen.

Meine Damen und Herren, die analogen Wege bleiben bestehen. Das ist eine wichtige Nachricht für die Bürger, die sich mit den digitalen Wegen noch nicht so auskennen. Die analogen Wege bleiben bestehen. Niemand muss befürchten, dass er keinen Zugang mehr zu Verwaltungsleistungen hat. Jeder wird weiterhin auch in seine Verwaltung gehen können, wenn er das will, und seine Verwaltungsvorgänge dort abfragen und dort seine Wünsche vorbringen.

(Rasmus Andresen)

Der Minister sagt völlig richtig: Das ist das Pflichtprogramm. - Damit wird unser Land noch keine Vorzeigeregion, aber wir setzen mit allen anderen Bundesländern die Mindestanforderungen des Onlinezugangsgesetzes um. Wir schaffen damit einen Mehrwert für unser gesamtes Land.

Die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse ist eine Facette auf dem Weg, ein digitales Vorzeigeland zu werden. Wir brauchen aber noch mehr Komponenten: Wir müssen den Breitbandausbau vorantreiben, denn wenn es keinen Breitbandausbau gibt, wenn die Menschen gar keinen Zugang zu digitalen Leistungen haben, weil ihnen die Verbindungen, weil ihnen ganz simpel das Kabel fehlt, nutzt uns auch der Onlinezugang nichts.

(Beifall FDP)

Wir brauchen auch weitere und zusätzliche digitale Lösungen in vielen Bereichen. Wir brauchen volle Kraft voraus für E-Government. Da gibt es noch mehr als nur die Verfahren, die im Onlinezugangsgesetz beschrieben sind.

(Beifall FDP)

Wir brauchen Macher in Schleswig-Holstein, die auf Basis einer hervorragenden digitalen Infrastruktur echte Mehrwerte beim E-Government für Bürger und Behörden schaffen. Wir haben diese schlauen Köpfe im Land, meine Damen und Herren, die Lösungen entwerfen. Schauen wir also nicht nur darauf, die Anzahl der Anwendungen in der Verwaltung zu erhöhen, sondern auch darauf, mit welchen kreativen Möglichkeiten wir neue Ideen entwickeln können.

Dazu gehört zum Beispiel das Joint Innovation Lab, das Ende letzten Jahres von unserem Ministerpräsidenten eröffnet worden ist. Das führt verschiedene Player des E-Governments zusammen: die Universität Lübeck, die Stadt Lübeck oder die MACH AG. Das soll die Entdeckung innovativer Lösungen weiter beschleunigen und Verwaltungen, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürger zusammenbringen.

Das Land unterstützt das Joint Innovation Lab jährlich mit 200.000 €. Dazu gehört übrigens auch der E-Government-Lehrstuhl an der Uni Lübeck seit Mai 2018. Bis zum Jahr 2022 investieren wir Landesmittel in Höhe von 1,25 Millionen €. Das sind übrigens genau die Mittel, die die SPD letztes Jahr noch streichen und nach Kiel verlagern wollte. Ich glaube, wir können froh sein, dass wir genau den Lehrstuhl in Lübeck haben.

(Beifall FDP und Rasmus Andresen [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, wir brauchen Knowhow, wir bauen Know-how in diesem Land auf, und wir müssen das Know-how im Land halten. Das sind drei wesentliche Komponenten. Wir brauchen eine wettbewerbsfähige und fortschrittliche Infrastruktur, die allen Menschen und Unternehmen den Zugang zu digitalen Lösungen verschafft. Wir müssen die Verwaltungsprozesse - Front-End und Back-End - im Onlinezugangsgesetz und darüber hinaus umsetzen. Wir müssen das Know-how aufbauen. Wir müssen Start-ups und Ideen hier im Lande halten. Wir müssen das Know-how, das wir aufgebaut haben, auch hier im Lande halten.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das sind die entscheidenden Punkte, um aus Schleswig-Holstein ein digitales Vorzeigeland zu machen. - Herr Minister, vielen Dank für den Bericht.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Volker Schnurrbusch [AfD])

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Claus Schaffer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Das Onlinezugangsgesetz - OZG - ist nach einer Veröffentlichung aus dem Juli 2018 auf der Homepage der Landesregierung einen wichtigen Schritt vorangekommen. Bis zum Jahr 2022 sollen alle Verwaltungsleistungen digital abgefragt werden können. Wir bewegen uns also in Richtung eines E-Government, bei dem auch kommunale Behörden durch das Land personell und finanziell so ausgestattet werden sollen, dass dieses hohe Ziel erreicht werden kann.

Auch Ihr Bericht, Herr Minister Albrecht, kündigte diese schöne und neue digitale Zukunft an, vielleicht hier und da etwas unscharf, aber dennoch vielen Dank auch von meiner Seite.

Warum aber kommt E-Government in Deutschland nicht so recht vom Fleck, wie es kürzlich auch online zu lesen war? Bisherige Projekte auf dem Weg zur digitalen Verwaltung lassen nämlich genau das vermuten, was hier als stagnierende Entwicklung bezeichnet wird.

Die De-Mail, der E-Ausweis oder verwaltungsinterne E-Akten sind Synonyme für weitgehend ge

(Stephan Holowaty)

scheiterte Projekte. Warum ist das so? Der Verfasser dieser Frage machte zwei wesentliche Faktoren aus: Die Projekte sind nicht ausreichend anwenderorientiert, und sie sind auch nicht kundenorientiert. Das ist nicht allein eine Frage der IT-Technik.

Während der Kunde vor allem einen vereinfachten Zugang zu Serviceleistungen der Verwaltung haben möchte, ist dieser im digitalen Zeitalter natürlich auch an Vorgaben der Datensicherheit und des Datenschutzes gebunden. Das durchaus lösbare Dilemma führt nicht selten dazu, dass in der Verwaltung alte Lösungen für neue Probleme gefunden und Anwender und Kunden nicht angemessen in die Lösungsfindung eingebunden werden.

Wenn der Bürger durch vielfache Sicherheitsabfragen, postalisch mehrfach aufgeteilte Zugangsschlüssel und unverständliche bis fehlerhafte Eingabemasken vom Vorzug des E-Government kaum zu überzeugen sein wird, dann setzt er sich doch tatsächlich lieber in einen Warteraum und wartet, bis seine Nummer aufleuchtet.

Neben einer funktionierenden IT-Infrastruktur und -architektur gibt es noch ein paar andere Dinge, die in der Kommunikation und im Design der Anwendung zu beachten sind. Damit die Digitalisierung zwischen Bürger und Verwaltung gelingen kann, muss die Digitalisierung zuerst im Inneren der Verwaltung funktionieren. Was bringt uns das schönste Bürgerportal, wenn im Hintergrund die Prozesse analog laufen und Medienbrüche der Normalzustand sind?

Auch herkömmliche und gewohnte Verwaltungsabläufe müssen auf den Prüfstand. Wie gesagt, alte Lösungen taugen nicht für neue Problemstellungen. Die klassische, funktionale Arbeitsteilung der Behörden funktioniert im E-Government längst nicht mehr. Digitalisierungsprojekte müssen crossfunktional und über Zuständigkeitsgrenzen hinweg gedacht und umgesetzt werden. Die klassische, hierarchische, für Behörden und Amtsstuben typische Denkweise schadet der Idee des E-Government. Sie blockiert die Anwenderorientierung, indem sie die eigentlichen Anwender aus dem Entscheidungsprozess ausklammert. Die Expertise dieser Fachleute das sind die Sachbearbeiter in den Behörden, die Basis - bleibt oftmals ungenutzt. Das ist fatal. Digitalisierung ist eben nicht die Fortführung der Papierakte auf elektronischem Weg, sie ist nicht allein das Weglassen von Papier und Bescheid.

(Beifall AfD)

Wer E-Government wirklich will, wird behördliches Arbeiten, die öffentliche Verwaltung, von

Grund auf an den Bedürfnissen des Bürgers ausrichten müssen. Das wird für viele Neuland sein. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.