Protokoll der Sitzung vom 21.07.2017

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktionsformen geht eine immer größer werdende Belastung der Natur und des Wasserhaushalts einher. Ob es Düngemittel oder Pflanzenschutzmittel sind - immer wieder werden Rückstände gefunden, wo sie nicht hingehören.

Was nun die Düngemittel angeht, sind es insbesondere die Nitrate, die als Hauptverursacher der Umweltbelastung auftreten. Das ist aber keine neue Erkenntnis, denn bereits 1991 wurde von der EU die sogenannte Nitratrichtlinie erlassen, um die Verunreinigung des Grundund Oberflächenwassers

durch Nitrate einzudämmen und zu verhindern. Leider müssen wir erkennen, dass die Umsetzung dieser Richtlinie in Deutschland nur sehr schleppend vorangegangen ist, um das einmal sehr positiv zu formulieren. Über Jahre wurde das Problem ignoriert. Es wurde immer wieder auf die bestehende Düngegesetzgebung hingewiesen. Wirklich geeignete Maßnahmen, um messbare Erfolge zu erzielen, wurden aber nicht eingeleitet. Erst mit dem Klagebeschluss der EU-Kommission wegen der unzureichenden Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie kam auf einmal Bewegung in die Sache. So ist es Bund und Ländern nach langer Zeit und zähem Ringen endlich gelungen, sich auf eine neue Düngeverordnung zu einigen.

Nun ist es mit Kompromissen immer so eine Sache. Dem einen gehen sie nicht weit genug, dem anderen sind sie wiederum zu streng. Hier sage ich: Die Novellierung der Düngeverordnung ist ein Schritt in die richtige Richtung; denn sie sieht deutlich schärfere Regeln vor. Wir können also durchaus davon ausgehen, dass mit der neuen veränderten Düngepraxis auch positive Auswirkungen auf den Nitrathaushalt bei Gewässern und Umwelt erreicht werden. Inwieweit dies ausreichen wird, auch um das Klageverfahren abzuwenden, muss sich aber noch zeigen.

Richtig ist, die Umsetzung der neuen Regeln wird einen strukturellen Anpassungsprozess in der Landwirtschaft auslösen, und es wird viele Betriebe vor Veränderungen stellen. Daher ist es umso mehr zu begrüßen, dass vonseiten der Landwirtschaft mittlerweile erkannt wurde, dass Änderungsbedarf besteht und dieser auch vonseiten der Landwirte gefordert wird. Das Positionspapier, das vom Bauernverband herausgegeben wurde, ist ein gutes Instrument, um die notwendige Veränderung innerhalb der Landwirtschaft zu diskutieren und voranzubringen. Damit wird ein interner Dialog in Gang gesetzt, um die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein zukunftsfähig zu gestalten. Dies begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall SSW)

Angesichts der vorliegenden Messdaten und der langfristigen Probleme, die mit dem Stickstoffüberschuss und der Auswaschung einhergehen, war die Novellierung der Düngeverordnung absolut notwendig. Wir müssen weg von den hohen Nährstoffbelastungen. Die Überschüsse müssen reduziert werden, und dafür brauchen wir aussagekräftige Zahlen, auch über den betrieblichen Nährstoffhaushalt. Uns ist klar, dass mit den verbundenen Auflagen eine zusätzliche Belastung für die Betriebe ein

(Dennys Bornhöft)

hergeht. Wir sehen die Novellierung der Düngeverordnung jedoch als einen positiven politischen Kompromiss, um den Natur- und Wasserhaushalt besser zu schützen. Letztendlich kommt es darauf ja auch an.

Dass aber weiterhin große Aufgaben auf uns zukommen, ist klar. Die erkannte Gefahr ist bei Weitem noch nicht gebannt. Da gibt es wirklich noch viel zu tun. - Jo tak.

(Beifall SSW)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Jörg Nobis [AfD].

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was hat die AfD heute so Böses beantragt, Frau Genossin Redmann?

(Sandra Redmann [SPD]: Sie nennen mich nicht Genossin, ja!)

Ich bin ein bisschen entsetzt, muss ich wirklich sagen. Wir haben nur ein wissenschaftlich basiertes Konzept zur Reduzierung des Nitratgehaltes gefordert. Das lehnen Sie ab. Ich bin entsetzt.

(Zurufe SPD)

Ich habe heute das erste Gebot des SPD-Parlamentarismus gelernt, das heißt: Stimme einem Antrag nie zu, wenn er von der AfD kommt,

(Beate Raudies [SPD]: Genau!)

sei er auch noch so gut und sinnvoll. Das haben Sie heute bewiesen.

(Beifall AfD - Zurufe SPD - Beate Raudies [SPD]: Das war Herbert Wehner, wenn Ihnen der Name etwas sagt!)

Sie stimmen dem nicht zu, nur weil wir sagen, ein wissenschaftlich basiertes Konzept soll aufgelegt werden, das uns einmal die Nitratbelastung und die Möglichkeiten der Verringerung aufzeigt. Dem stimmen Sie nicht zu,

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Populisten stimmen wir nicht zu!)

nur weil wir das fordern. Okay, dann war das noch einmal für die Öffentlichkeit zur Klarstellung. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung.

(Zurufe SPD)

- Oh, Moment, Herr Minister, das habe ich so schnell nicht gesehen. Jetzt gibt es Dreiminutenbeiträge, erst einmal von Frau Abgeordneter Marlies Fritzen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich wollte noch einmal zur Sache sprechen. Der AfD-Antrag ist deshalb überflüssig, Kollege Nobis, weil er das beschreibt, was schon gemacht wird. Deshalb macht es keinen Sinn, etwas zu fordern, was wir schon tun. Wir haben eine wissenschaftlich basierte Grundlage. Das ist hier von allen anderen Rednern, glaube ich, gesagt worden. Das kann man im Netz auf der Seite des MELUND nachlesen, und es gibt zahlreiche Studien, die verschiedene Maßnahmenpakete nennen.

Die Debatte ist viele Jahre alt, Sie haben es selber beschrieben. Deswegen macht es keinen Sinn, etwas zu fordern, was es schon lange gibt, und deswegen braucht man so etwas auch nicht zu unterstützen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Jetzt schaue ich noch einmal in die Runde. Weitere Meldungen zu Dreiminutenbeiträge sehe ich nicht. Jetzt hat der Minister für das Haus mit dem langen Namen das Wort.

(Heiterkeit)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stimme der Abgeordneten Fritzen zu, dass wir wahrhaft kein Erkenntnisproblem haben, allerdings dramatische Probleme in der Umsetzung, und die sind letztlich in der Struktur unser aller Konsumverhalten mit begründet. Solange die Bauern gehalten sind, möglichst günstig möglichst viel zu produzieren, haben Sie eigentlich immer nur die Antworten, dass sie nach dem System, von dem wir alle profitieren, entsprechend alles richtig machen würden. Sie halten die Bestände möglichst groß und

(Flemming Meyer)

führen sie effektiv, um Milch und Fleisch zu möglichst günstigen Preisen herstellen zu können, da sich ansonsten der Handel die Produkte von anderen Märkten holt.

Solange Regionalität und Tierhaltungsfragen nicht an der Kasse vergütet werden, verschärft sich das strukturelle Problem immer stärker, sicherlich auch zulasten der Tiere, aber auch zulasten der Landwirte. An dieses Problem gehen wir nicht so richtig heran, sondern wir versuchen, den Nitrataustrag zu reduzieren, zu steuern, zu begrenzen. Das ist genau das, was ansteht und was konkret in Rede steht.

Es wurde angesprochen: Die Düngeverordnung und das Düngegesetz wurden vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet. In der Tat kann man an vielen Stellen einhaken und sagen: Für die Bauern, für die Kontrolleure, für den Vollzug gibt es jede Menge neuer Aufgaben und bürokratischen Mehraufwand bei vielleicht nicht immer dem Ertrag, den man sich gewünscht hätte. Diese Gesetze sind jedoch nun verabschiedet, und wir bekommen so schnell auch nichts Neues.

Allerdings sind zwei Folgeaufträge daraus erwachsen. Der erste ist die Stoffstrombilanzverordnung. Das ist das, was Marlies Fritzen Hoftorbilanz genannt hat: Wie viele Nährstoffe gehen in die Betriebe hinein, und wie viele werden im Ackerbau wieder verbraucht? Was ist der errechnete Überschuss? - Genau dazu gibt es jede Menge Auseinandersetzungen im wissenschaftlichen und politischem Bereich, wie man das machen kann. Auch da kann man sagen, dass wir an die eigentliche Ursache zulasten der Landwirte nicht herangehen, denn es wird sicherlich für manche Landwirte ein Graus werden, was dabei herauskommen wird. Das alles aufzulisten und zu erfassen, was für die Betriebe notwendig ist und was in den Betrieben los ist, wird viele Betriebe vor immense Arbeit und Kosten stellen. Daran wird allerdings gearbeitet. Es gab bisher noch keine politische Einigung. Meiner Ansicht nach sollten wir, wenn wir schon einen so großen bürokratischen Aufwand betreiben, dadurch einen Effekt haben. Entsprechend verhandelt die Landesregierung.

Das Zweite ist konkreter, weil es schon absehbar ist und jüngst rechtlich geklärt ist, und zwar dass es keine Freiwilligkeit ist, sondern eine verpflichtende Aufgabe für das Land. Es ist der § 13. Weil Düngeverordnung und Düngegesetzgebung an einigen Stellen für die Bundesrepublik durchaus nicht ambitioniert waren, wurde gesagt, die Länder selbst haben nach § 13 des Düngegesetzes die Möglichkeit, eigene Gebiete einzuführen, wo strengere

Maßnahmen gelten. Das sind die sogenannten roten Gebiete, für Stickstoff und Phosphat sollen wir neue Gebiete ausweisen. Daran wird jetzt zu arbeiten sein. Landesseitig müssen Kulissenvorschläge und Maßnahmenvorschläge erarbeitet werden. Es wäre aber natürlich schön, wenn das angesichts der unbestrittenen Notwendigkeit in einer gemeinsamen Arbeit entstehen würde.

Daran soll die Allianz für Gewässerschutz arbeiten. Deswegen, liebe Sandra Redmann, hat es durchaus einen Sinn, dass diese neu gestartet wird. Ja, wir setzen sie fort, sie hat sich durchaus in vielen Bereichen als ein erfolgreiches Instrument bewährt, aber sie braucht eine neue Verabredung, was alles beschlossen werden soll. Der Koalitionsvertrag sagt, es muss einen fest messbaren Fortschritt bei Gewässerrandstreifen geben. Es muss natürlich mit denjenigen, die das jetzt umsetzen sollen, besprochen und festgehalten werden. Die Implementierung der §-13-Gebiete soll in diesem Zusammenhang passieren.

Darüber hinaus sollen alle technischen Möglichkeiten, die zu fördern wären, die den Druck von Nährstoffen auf Grundwasser, Trinkwasser und Seen reduzieren können, verabredet werden. Die Digitalisierung der Landwirtschaft könnte einen Beitrag leisten. Die Konzentration von Nährstoffen, das Herausnehmen von Wasser aus der Gülle, wäre ein weiteres Verfahren. Entsprechend gibt es eine Reihe von technischen Möglichkeiten, die jetzt nicht verpflichtet eingeführt werden sollen, sondern als Fördermaßnahme vorgegeben werden. Da das Geld endlich ist, müssen wir das mit den Landwirten besprechen.

Diese Maßnahmen stehen konkret an: Stoffstrombilanzverordnung über das Bundesverfahren, die Umsetzung der §-13-Gebiete und Neuaufstellung der Allianz für Gewässerschutz. Wir hoffen, dass uns Letzteres bis zur NORLA gelingt. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Der Abgeordnete Nobis hat das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag.

(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Noch- mals?)

Ja, nochmals! Genau, richtig! - Wir haben eben gehört, das gibt es ja alles schon. Der Antrag der AfD

(Minister Dr. Robert Habeck)

sei damit hinfällig. Dann frage ich noch einmal, warum es überhaupt einen Alternativantrag der Regierungsfraktionen gibt. Wenn das alles hinfällig ist, was wir so sagen, frage ich mich das wirklich.

Ich denke, das ist ein vernünftiger Antrag, der gehört in den Ausschuss. Ich beantrage daher noch einmal die Überweisung unseres Antrags in den Ausschuss. - Danke.