Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Geschäftsordnung des Landtags erlaubt Aktuelle Stunden nach § 32 dann,
wenn - ich zitiere sinngemäß - „Angelegenheiten … der Landespolitik“ oder „besonders bedeutsame Äußerungen“ aus der Landespolitik betroffen sind. Ich habe schon erhebliche Bedenken, ob dieses Kriterium in Ihrem Antrag erfüllt ist.
Mit dieser Aktuellen Stunde verschwenden Sie nicht nur unsere Zeit, sondern das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Noch schlimmer: Bar jeder Kenntnis offenbaren Sie mal wieder Ihr merkwürdiges Rechtsstaatsverhältnis.
Weder von Gewaltenteilung noch von Grundrechten verstehen und halten Sie etwas. Ob eine Aktion im Rahmen einer Demonstration rechtswidrig oder strafbar ist, darüber entscheiden nicht Sie und auch nicht der Landtag, sondern allein die dazu berufenen Justizorgane. So etwas nennt man Gewaltenteilung. Das haben Sie bisher überhaupt noch nicht verstanden.
Übrigens erlaubt die Geschäftsordnung des Landtags bei der Formulierung des Gegenstandes der Aktuellen Stunde auch nicht, Wertungen oder Unterstellungen vorzunehmen. Auch dieser Anforderung genügt Ihr Antrag nicht, er stellt nämlich apodiktisch fest, es habe sich um eine rechtswidrige Blockade gehandelt.
Okay, ich rate Ihnen einmal dringend, sich mit dem schleswig-holsteinischen Versammlungsrecht und auch mit der Blockaderechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Zusammenhang mit dem Versammlungsgrundrecht aus Artikel 8 auseinanderzusetzen. Mehrfach hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass zum Beispiel Sitzblockaden auf öffentlichen Straßen vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt sein können.
- Das bezieht sich aber nicht nur auf Straßen, sondern das kann man natürlich analog auf viele andere öffentlich zugängliche Flächen
(Zuruf AfD - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber das ist eine Ana- logie! - Zuruf Jörg Nobis [AfD])
Schauen Sie sich einmal die Mutlangen-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts an. Ein kleiner Tipp: Das können Sie einmal googeln. Da können Sie das genau feststellen, wie das da gemeint ist.
Meine Damen und Herren, es gibt Argumente dafür, dass die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze auch auf die Aktion vom 9. Juni 2019 im Kieler Hafen angewendet werden können. Aber das entscheiden nicht wir hier, und das entscheidet vor allem nicht Ihr vermeintlicher Generalstaatsanwalt Schaffer, sondern das entscheiden die Gerichte, die dafür zuständig sind, und nur die.
Ihre Hauptstoßrichtung ist, das Anliegen der Aktion von Pfingstsonntag als kriminelle Klimalügenveranstaltung zu geißeln. Bilden wir einmal einen anderen Fall: Ein Schiff von Sea-Watch mit 124 aus dem Mittelmeer geretteten Geflüchteten möchte im Kieler Hafen anlegen, damit die Geflüchteten hier an Land gehen können. Die Identitäre Bewegung veranstaltet eine Demonstration, unter anderem mit Schlauchbooten, und verhindert mehrere Stunden lang das Anlegen des Schiffes. Ich bin mir sicher, dass Sie einen solchen Fall nicht zum Anlass genommen hätten, sich hier im Landtag als die wah
Auf den Facebook-Seiten Ihrer Parteimitglieder hätte man viel mehr begeisterte Zustimmung zu der Aktion der Identitären finden können, so wie zum Beispiel der ekelerregende Facebook-Eintrag Ihres Kreisverbandsvorsitzenden Mario Reschke aus Dithmarschen nach der Ermordung von Walter Lübcke.
Das ist der braune Bodensatz in Ihrer Partei. Und der klebt Ihnen wie brauner Dreck an den Schuhsohlen. Mir ist meine Zeit zu schade, mich länger mit Ihrem scheinheiligen Antrag auseinanderzusetzen. Lassen Sie die Gerichte ihre Arbeit machen, und verschwenden Sie nicht unsere wertvolle Zeit. Vielen Dank.
Das Wort für die Fraktion der FDP hat deren Fraktionsvorsitzender, der Abgeordnete Christopher Vogt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich mich zum Gebaren und zum Rechtsstaatsverständnis der Antragsteller äußere, möchte ich mich zum Vorfall im Kieler Hafen äußern. Protest gegen den hohen Schadstoffausstoß von Schiffen, gerade von großen Kreuzfahrtschiffen, ist völlig legitim, aber die Aktion, bei der hier in Kiel ein Schiff blockiert und am Auslaufen gehindert wurde, fand ich völlig daneben, genauso wie schon die Blockade des Theodor-Heuss-Rings, die sich ebenfalls an eine Demonstration angeschlossen hatte, wo das Versammlungsrecht ausgenutzt wurde
Im Ergebnis haben übrigens beide Aktionen am Ende zu mehr Emissionen geführt, das aber nur am Rande. Straftaten können aus Sicht der FDP-Fraktion kein legitimes Mittel in der politischen Auseinandersetzung sein, sie dürfen es nicht sein. Weitere Aktionen wurden von den Aktivisten angekündigt. Die Polizei in Kiel und Schleswig-Holstein wird sich darauf einstellen müssen.
Ich finde, dass solche Aktionen dem durchaus berechtigten Anliegen letztlich schaden, weil es schließlich alles andere als sympathisch ist, wenn Polizeibeamte gefährdet und auch respektlos behandelt werden, wie es hier der Fall war. Das finde ich wirklich problematisch. Ich finde es übrigens völlig richtig - die Kollegin Wagner-Bockey hat genau das Richtige dazu gesagt -, dass die Beamten so besonnen reagiert haben, wie sie es getan haben, um niemanden zu gefährden, um auch nicht die Demonstranten oder Aktivisten, die Blockierer, zu gefährden. Also ein großes Lob meiner Fraktion an die eingesetzten Beamten und unser ausdrücklicher Dank für diesen hervorragenden, besonnenen Einsatz.
Herr Kollege Peters, Sie sind der Jurist von uns beiden. Ich glaube, man kann zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, wenn ich mir Ihre Rede anhöre, wie das jetzt alles strafrechtlich zu bewerten ist. Dafür haben wir zum Glück Gerichte und nicht uns beide. Das ist das Gute. Aber ich glaube, solche Aktionen werden im Zweifel in Zukunft auch zu mehr Auflagen bei entsprechenden Demos im Bereich des Klimaschutzes führen. Man sollte also auch fragen, ob man da nicht vielleicht den eigenen Leuten einen Bärendienst erweist. Ich fordere deshalb ausdrücklich dazu auf, sich zukünftig an die Regeln unseres Rechtsstaates zu halten. Das macht dann am Ende die Anliegen sympathischer, für die man sich einsetzen will.
Es mag in diesen Tagen altmodisch klingen, aber ich vertraue unserem Rechtsstaat und der Funktionsfähigkeit unseres Rechtsstaates. Das trennt mich offenbar von Herrn Nobis, der meint, Pressemitteilungen von CDU und FDP seien mittlerweile entscheidend für das Funktionieren eines Rechtsstaates.