Deshalb müssen wir uns fragen, wie wir unser Leben verändern müssen, wenn wir unseren Kindern eine lebenswerte Welt hinterlassen wollen.
Zum jetzigen Zeitpunkt nicht. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir für 599 € auf einem Kreuzfahrtschiff in sieben Tagen mediterrane Schätze erkunden können und auch noch da hinflie
gen können, von wo aus wir starten, dann haben wir ein Problem. Dieser Preis ist nicht ansatzweise in Einklang zu bringen mit fairen Arbeitsbedingungen und Anforderungen an Klima und Umweltschutz. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass es ein eklatantes Umweltproblem ist, wenn 28 Millionen Menschen im Jahr auf ein Kreuzfahrtschiff steigen.
Das ist aber nur ein Teil des Problems, das man jedoch nicht wegdiskutieren kann. Wir haben Verständnis dafür, wenn Menschen für bessere Arbeitsbedingungen, für den Schutz der Natur demonstrieren, wenn sie dafür kämpfen, dass unsere Welt eine bessere wird. Das ist erstrebenswert.
Es bleibt dabei aber wichtig, dass die Blockade des Kreuzfahrtschiffes „Zuiderdam“ aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden muss. Es gibt nicht den einen Blickwinkel, der alles andere in den Hintergrund treten lässt.
Ja, der Schutz des Meeres ist wichtig. Ja, wir brauchen auf den Kreuzfahrtschiffen bessere Arbeitsbedingungen, und ja, irgendwo muss man anfangen. Aber nein, der Zweck heiligt nicht alle Mittel im Kampf um das Klima, das Meer und um faire Arbeitsbedingungen.
Ganz besonders kritisch wird es, wenn vermeintlicher ziviler Ungehorsam in Nötigung, Hausfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte umschlagen und wenn Menschen sich und andere in Gefahr bringen. Das ist nicht akzeptabel, und wir akzeptieren das auch nicht.
Seitens der SPD halten wir aber auch nichts von der überheblichen Einstellung, Umweltschützer sollten erst einmal woanders beginnen, wo es viel schlimmer sei. Es ist zynisch und nicht besonders intelligent, Menschen dazu aufzufordern, in China für bessere Arbeitsbedingungen zu demonstrieren, bevor sie sich in Kiel einem Kreuzfahrtschiff zuwenden. So funktioniert unsere globalisierte Welt auch nicht.
Trotzdem gehört zu einer differenzierten Betrachtung auch - ich finde, das ist in diesem Zusammenhang ganz wichtig, auch wenn man den Blick auf die Stadt Kiel wirft -, dass gerade die Nord- und Ostseeanrainer gemeinsame Anstrengungen unter
Kiel, Oslo, Southampton - das alles sind Städte, die in gemeinsamem Kontakt miteinander daran arbeiten, den Kreuzfahrtourismus so zu gestalten, dass er nicht ganze Städte erschlägt und dass unsere Meere in Zukunft sauberer werden.
Kiel geht dabei seinen Weg konsequent mit vielen Einzelmaßnahmen in Richtung des Ziels „Blue Port Kiel“. Ich verweigere mich aber, heute hier Wahlkampf in Sachen Kiel zu machen. Ich möchte nur bemerken: Es ist richtig, Landstromversorgung anzubieten, es ist richtig, mit anderen Städten in Kontakt darüber zu sein, wie man zu saubereren Häfen kommt, und erste Erfolge wurden dabei auch erzielt.
Das alles gelingt umso besser, wenn viele Hafenstädte an einem Strang ziehen. Kiel macht da mit. Ich glaube, das ist der erste und wichtigste Schritt, um hier bei den gemeinsamen Zielsetzungen zu Lösungen zu kommen.
Für uns in der Politik wird es darum gehen, die Verbraucher zu sensibilisieren, den Markt zu regulieren und gute Projekte zu fördern. Das sind unsere Aufgaben.
Meine Damen und Herren, es ist uns aber auch klar, dass die AfD diese Aktuelle Stunde nicht angemeldet hat, um über Nachhaltigkeitskriterien in einer globalisierten Welt zu sprechen - schade eigentlich.
In den Augen der AfD ist unser Rechtsstaat mal wieder in Gefahr. Genauer müsste man sagen: Pfingsten drohte er sozusagen in der Kieler Förde zu versinken, von Umweltaktivisten versenkt zu werden.
Wissen Sie, beim Überfliegen der AfD-Pressemitteilung konnte sich der Eindruck aufdrängen, Umweltaktivisten hätten das Kreuzfahrtschiff gekapert und die Polizei sei nicht in der Lage gewesen, die Reisenden zu schützen. Diese waren aber zu keinem Zeitpunkt bedroht oder gefährdet.
(Beifall SPD, SSW und Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Jörg Nobis [AfD]: Haben wir auch nicht gesagt!)
Mehr als 50 Menschen hatten gemeinsam Straftaten geplant. Das ist nicht zu rechtfertigen. Am Pfingstsonntag haben sie ihre Blockade des Terminals und des Kreuzfahrtschiffes umgesetzt. Sie haben mit kleinen Schlauchbooten vor dem Bug des Kreuzfahrtschiffes dessen Ausfahrt verhindert. Es wurden Poller blockiert, und es wurde ein Kran besetzt. Das ist hier alles umfassend beschrieben worden.
Das ist nicht witzig. Das ist kein ziviler Ungehorsam. Die Menschen, die dort agierten, wussten, was sie taten. Sie wussten, dass sie Straftaten begehen. Das konnte man auch daran kennen - das wurde an anderer Stelle schon gesagt -, dass sie sich die Fingerkuppen verklebten, keine Ausweise dabei hatten und alles dafür taten, ihre Identitäten zu verschleiern. Das kann und das wird der Rechtsstaat nicht hinnehmen. Darüber brauchen wir aber keine Belehrung von der AfD.
Ich muss auch ganz ehrlich sagen: Ich empfinde es als ziemliche Frechheit, wenn Herr Schaffer in seiner Presseerklärung der Wasserschutzpolizei eine erschreckende Hilflosigkeit attestiert.
Das geht an der Sache völlig vorbei, Herr Nobis. Ich finde das auch insofern schwierig, weil Sie es eigentlich besser wissen müssten, weil Herr Schaffer es eigentlich besser wissen müsste.
Diese Aktion war weder als Demo noch anders angemeldet. Sonst hätte sie in der Form so gar nicht stattgefunden, und die Polizei hätte sich auf diesen Einsatz anders vorbereiten können.
Das ist ganz wichtig für die gesamte Lagebeurteilung. Boote von Lübeck und Brunsbüttel verlegt man nicht in zehn Minuten - niemals, auch unter besten Bedingungen nicht.
Zivile Voraufklärung, Begleitung einer Demo, Einrichtung einer Gefangenensammelstelle, Transportmöglichkeiten dorthin, Festnahmeeinheiten, Vernehmungsbeamte, Vorführbeamte und möglicherweise einen richterlichen Bereitschaftsdienst vor
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich bin froh, in einem Land zu leben, wo die Polizei in der Lage ist, so ruhig und besonnen zu reagieren, dass sie selbst Menschen, die Straftaten begehen und die sich selbst gefährden, so festnimmt, dass sie keinen Schaden erleiden.
Meine Damen und Herren, wenn man dafür Spezialkräfte heranführen muss, liegt es in der Natur der Sache, dass das länger dauert als normal. Es liegt auch in der Natur der Sache, dass es an einem Pfingstsonntag nochmal schwieriger ist als an einem ganz normalen Mittwochmorgen. - Meine Fraktion dankt deshalb ausdrücklich allen Polizistinnen und Polizisten, die hier eingesetzt waren, die an einem Wochenende spontan ihre Freizeit opfern mussten und die diese Lage mit Augenmaß bewältigt haben.
Ich sage noch einmal: Wir akzeptieren keine Straftaten. Wir sind uns aber sehr sicher, dass der Rechtsstaat angemessen darauf reagiert.
Lassen Sie mich eines zum Schluss anmerken: Das erste offizielle Kreuzfahrtschiff, die „Prinzessin Victoria Luise“, stach 1901 in See. Damit wurde der Traum von der Seereise aus purem Vergnügen geboren. Dieser Traum wurde 100 Jahre kultiviert. Deshalb stellt sich heute auch die Frage, ob man 28 Millionen Menschenträume einfach verbieten kann. Ich glaube, man kann das nicht.
Was wir tun müssen, ist, das eigene Konsumverhalten zu überprüfen und Träume für eine nachhaltigere Welt zu erzeugen.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Geschäftsordnung des Landtags erlaubt Aktuelle Stunden nach § 32 dann,