Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, HansJoachim Grote.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wohnungsmangel und die daraus resultierende Preisspirale kann ich nur durch neue, zusätzliche Wohnungen beseitigen
und nicht durch eine partielle Regelung der Miete in bestimmten Orten unseres Landes. Das ist keine neue Weisheit, und das ist der einzige Weg zur Lösung. Das Wort Mietpreisbremse verspricht viel mehr, als es halten beziehungsweise bewirken kann.
Zur Mietpreisbremse haben wir - das wird nicht erst heute offenkundig - unterschiedliche Positionen. Wir haben das in diesem Haus mehrfach und ausführlich diskutiert.
Ich habe Ihnen vorgerechnet, wo eines der Probleme liegt: In Regionen mit sogenannten angespannten Wohnungsmärkten - wie der Terminus lautet haben wir auch mit der Mietpreisbremse immer noch Kaltmieten von über 9 € pro Quadratmeter. Das ist doch nicht das, was wir unter bezahlbarem Wohnraum verstehen! Da sind wir uns doch in der Sache einig. Wollen wir solche Preise wirklich schützen? - Wir wollen doch einen anderen Weg gehen!
Dennoch tragen die Befürworter der Mietpreisbremse immer wieder vor, dass sie wirksam vor überhöhten Mieten schütze. Bis heute hat mir niemand erklären können, wie dies bei solchen Basispreisen gelingen kann. Verschiedenste Studien haben sich mit der Frage der Wirksamkeit beschäftigt, und sie alle haben keine oder - wenn überhaupt nur eine sehr geringe Wirksamkeit nachgewiesen.
Nun wurde auf Bundesebene eine sogenannte Verschärfung vereinbart - eine weitere Verschärfung. Denn schon zu Beginn dieses Jahres wurden Änderungen vorgenommen. Nachdem diese nicht gefruchtet haben, sollen nun weitere Anpassungen zum Durchbruch führen. Mir scheint, dass hier vor allem auf das Prinzip Hoffnung gesetzt wird. Man müsse an einem Instrument nur lange genug arbeiten und Änderungen vornehmen, dann werde irgendwann vielleicht ein positives Ergebnis dabei herauskommen. Dafür haben wir alle aber keine Zeit.
Meine Damen und Herren, selbst wenn die Mietpreisbremse einen dämpfenden Effekt auf die Mieten haben sollte, werden die Wohnungen dennoch an diejenigen Mieterinnen und Mieter vergeben, die finanziell am besten gestellt sind. Das wird niemand hier im Raum leugnen können. Es entsteht außerdem der Eindruck, weitere Zuzüge in die angespannten Wohnungsmärkte hätten keine Auswirkungen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir schaffen weitere Anreize, und wir verschärfen die Marktsituation weiter. Das Grundproblem, dass wir insgesamt nicht genug Wohnungen haben, wird dadurch nicht gelöst.
Obendrein gilt die Mietpreisbremse nicht flächendeckend, sondern nur in einigen Regionen des Landes. Sie sprachen von 14 % der Bevölkerung. Was erzählen wir den 86 % der Bevölkerung, die nicht in diesen Fokus hineinkommen?
Mir scheint es eindeutig, dass die Mietpreisbremse keinen Schutz für diejenigen bietet, die des Schutzes bedürfen. Deshalb lautet die Frage: Welche an
Meine Damen und Herren, das Rad muss wirklich nicht immer neu erfunden werden. Mit § 5 Wirtschaftsstrafgesetz besteht bereits heute eine Regelung, um gegen Mietüberhöhungen vorzugehen. Diese Vorschriften wieder so auszugestalten, dass sie auch in der Praxis anwendbar sind, wäre echter Schutz vor Mietpreisüberhöhungen. Wie Sie wissen, arbeitet diese Landesregierung genau an diesem Thema und daran, eine entsprechende Initiative in den Bundesrat einzubringen.
Unser Ziel ist eine Regelung, die sich auf die schwarzen Schafe konzentriert und nicht alle Vermieterinnen und Vermieter über einen Kamm schert. Es gilt dabei, die Interessen der verantwortungsbewussten und der verantwortungsvollen Wohnungswirtschaft ebenso im Blick zu behalten wie natürlich das Interesse der Mieterinnen und Mieter.
Die Frage, welche Wege uns offenstehen, um bezahlbaren Wohnung zu schaffen, haben wir gutachterlich bearbeiten lassen. Ich habe das in der Vergangenheit mehrfach skizziert und Ihnen vorgetragen.
Das Fazit der Gutachter war: Eine Kombination verschiedener Ansätze ist notwendig, um Anreize zur Steigerung des Neubaus auch kurzfristig umzusetzen.
Erstens. Es muss mehr Bauland bereitgestellt werden. Deswegen haben wir den landesplanerischen Rahmen ganz bewusst erweitert, und über die Änderungen der Landesbauordnung machen wir vorhandene Potenziale deutlich besser nutzbar: Aufstockung, Umnutzung, Nachverdichtung - um nur einige Schlagworte zu sagen.
Zweitens. Die Eigentumsförderung muss stärker werden. Das tun wir, indem wir neue Förderprogramme aufsetzen, nicht nur zinsgünstige Kredite ausgeben, sondern explizit bezuschussen - inzwischen 375 € nach vormals 250 €.
Der dritte Ansatz ist, das Wohngeld zu stärken. Das passiert zum Januar 2020. Es steigt um 30 %. Es wird dynamisiert. Mindestens alle zwei Jahre wird nun geprüft, ob die Höhe noch den aktuellen Rahmenbedingungen entspricht. Dabei ist es egal, ob es eine Bundesentscheidung ist. Es hilft allen, die davon betroffen sind. Es ist ein Baustein, um die Aufgaben zu lösen.
Als Land Schleswig-Holstein brauchen wir nicht alle Aufgaben zu lösen. Wir sollten alle sinnvollen Möglichkeiten einbinden.
Viertens. Es geht um eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau. Auch das geht voran. Im Juli beispielsweise beschloss der Bundesrat eine Sonderabschreibung für den Wohnungsbau im bezahlbaren Mietsegment. Auch das ist ein Baustein des Bundes, der uns im Land helfen wird.
Wir haben noch Folgendes erreicht: Vor Kurzem erst haben wir eine umfangreiche Baukostenstudie vorgelegt. Diese Studie hat 20 konkrete Kostentreiber identifiziert. Das ist eine konkrete Hilfe für Kommunen und für die Investoren, um Kostenentscheidungen - auch bei der Wahl von Materialien und Bautypen - treffen zu können.
Alle diese Maßnahmen werden weiterhin durch die Programme der Wohnraumförderung und vor allen Dingen der Städtebauförderung ergänzt mit Mitteln - das wird jeder zubilligen - auf momentan absolutem Rekordniveau.
Diese Landesregierung setzt die notwendigen Rahmenbedingungen, damit Wohnraum neu gebaut werden kann. Wir konzentrieren uns dabei auf Maßnahmen, die tatsächlich Ergebnisse vorweisen und nicht lediglich gut klingen. Mit gezielten Maßnahmen, die im ganzen Land greifen und die entscheidend dazu beitragen, die Mietmärkte zu entspannen, gehen wir die Probleme klar und stringent an.
Meine Damen und Herren, Wohnraum entsteht bekanntermaßen nur durch Bauen, Bauen und Bauen. - Ich danke Ihnen.
Begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtages eine weitere Gruppe von Schülerinnen und Schülern des Sophie-Scholl-Gymnasiums und Bürgerinnen und Bürger aus der Gemeinde Stockelsdorf.
Außerdem habe ich es zu Beginn der heutigen Sitzung versäumt, unserem Kollegen Dennys Bornhöft ganz herzlich zu seiner Vermählung zu gratulieren. Der Ring blitzte so, Dennys. Deshalb auf diesem
Das Wort zur Begründung wird, wie ich sehe, nicht gewünscht. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering.
Sehr geehrter Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Glück haben wir in Schleswig-Holstein eine recht gut ausgebaute soziale Infrastruktur. Über Sozialverträge und eine ganze Reihe von Einzel- und Projektzuschüssen stellen wir sicher, dass Menschen in Notsituationen geholfen wird. Gemeinsam mit Kommunen und anderen Trägern sorgen wir dafür, dass Menschen mit unterschiedlichsten Bedarfen weitestgehend die Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Kaum jemand stellt dieses System und die Angebote infrage. Das ist ganz selbstverständlich, sollte hier aber trotzdem noch einmal erwähnt werden.
Es kommt dennoch immer wieder vor, dass sich Betroffene an uns wenden, denen nicht oder zumindest nicht ausreichend geholfen wird. Wohnungslose oder hiervon bedrohte Menschen sind ein aktuelles Beispiel. Hier sind wir weitgehend einig darüber, dass wir mehr tun müssen. Aber es gibt weitere Gruppen, die einen ungedeckten Bedarf an Hilfe und Unterstützung haben. Oftmals ist dieser Bedarf aus Sicht des SSW berechtigt. Die Anliegen von Menschen mit dauerhaften psychischen Beeinträchtigungen zählen für uns klar dazu. Deshalb setzen wir uns mit dem vorliegenden Antrag für sie ein. Menschen mit psychischen Problemen oder Störungen, die über längere Zeit anhalten oder immer wieder auftreten, haben eine psychische Beeinträchtigung. Die Formen dieser Behinderung sind vielfältig. Oft sind damit Störungen der Selbst- und Fremdwahrnehmung, im Umgang mit Gefühlen oder mit der Gestaltung von zwischenmenschlichen Beziehungen verbunden. Vor allem in belastenden Situationen geraten diese Menschen schneller aus dem Gleichgewicht. Vielen fällt es schwer, ihre eigene Leistung richtig einzuschätzen, etwas zu fra
gen oder Hilfe zu verlangen. Dies führt dazu, dass sie sich schneller überfordert fühlen als Menschen ohne psychische Behinderung.
Wir wollen, dass auch diese Gruppe am Arbeitsleben teilhaben kann. Spricht man mit den Betroffenen, wird eines deutlich: Die Angebote, die es für sie im Bereich Arbeit und Beschäftigung gibt, sind nicht bedarfsdeckend. Ein Grund hierfür ist, dass viele nicht - oder zumindest noch nicht - in der Lage sind, den Anforderungen einer Werkstatt für behinderte Menschen zu genügen. Mit An- und Abfahrt kommt hier schnell einmal ein Zehnstundentag zusammen. Menschen mit einer psychischen Behinderung sind damit aber oft überfordert. Sie brauchen andere Angebote, die räumlich und zeitlich flexibler sind, damit sie ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechend arbeiten können.
Diese Angebote brauchen wir nicht unbedingt neu erfinden. Es gibt durchaus gelungene Beispiele für Beschäftigungsprojekte für diese Zielgruppe. Dazu gehören zum Beispiel das Teilhabezentrum der AWO in Bredstedt mit KunstECK und Jobbörse, die „Alte Meierei“ in Plön oder der inklusive Sozialraumtreff „Eckhus“ in Husum. Hier ergeben sich Beschäftigungsangebote vor allem nach Interessenlage der Menschen mit Behinderung und nach den Bedarfen vor Ort.
Eine Betroffene leitet beispielsweise einen Malkurs. Andere unterstützen Senioren beim Einkaufen. Diese Tätigkeiten sind vor allem für die Beschäftigten selbst unheimlich wertvoll. Deshalb wollen wir, dass es in Zukunft mehr von diesen Möglichkeiten gibt, und zwar niedrigschwellig, auf vertraglicher Grundlage, auch außerhalb sozialräumlicher Ansätze und vor allem mit einer jeweils entsprechenden Entlohnung. Menschen mit einer psychischen Behinderung sollen genauso am Arbeitsleben teilhaben wie alle anderen auch.
Dazu gehört, dass sie selbstverständlich für ihre Arbeit entlohnt werden - auch und gerade, wenn sie an Arbeitstrainingsmaßnahmen mit noch so geringem Umfang teilnehmen. Deshalb fordern wir, dass die Teilnahme zukünftig wieder durch ein Therapieoder auch Motivationsgeld anerkannt wird.
Ab Januar 2020 wird die Teilhabe am Arbeitsleben im Rahmen der Eingliederungshilfe abschließend in § 111 SGB IX geregelt. Die von uns geforderten Zuverdienstmöglichkeiten von bis zu 15 Stunden wöchentlich sind vom offenen Leistungskatalog der Eingliederungshilfe erfasst und damit weiterhin förderfähig. In Bayern gibt es zum Beispiel an die 2.000 solcher Zuverdienstplätze. In Schleswig-Hol
stein sind es vielleicht eine Handvoll. Wenn wirklich alle Betroffenen ein Angebot bekommen sollen, muss das Land diese Maßnahmen also gemeinsam mit den Kreisen als Träger der Eingliederungshilfe ausbauen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.