Protokoll der Sitzung vom 28.08.2019

(Beifall SSW und SPD)

(Jörg Nobis)

Das ist das Problem, das wir haben. Da muss Politik sich Gedanken machen und blitzschnell sagen, wie sie das lösen will.

Wir müssen Mieten begrenzen. Wenn der Markt das nicht von allein regelt, ist es Aufgabe der Politik in diesem Land - immerhin haben wir eine soziale Marktwirtschaft -, dass wir die Mieten entsprechend begrenzen, auch wenn es ein bisschen Gehirnschmalz und Gesetzesarbeit kostet.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, da wir gerade bei der Gesetzesarbeit sind: Wir haben vor einiger Zeit - es ist noch gar nicht so lange her; Sie werden sich also alle noch daran erinnern können - einen Vorschlag für ein Wohnraumschutzgesetz gemacht. Wir haben ein komplettes Gesetz eingebracht und gesagt: Wir müssen eigentlich nicht nur die Mieter vor den ständig steigenden Mieten schützen, sondern auch gucken, dass die Menschen in vernünftigen Verhältnissen leben können und nicht in Bruchbuden leben müssen.

Wir wollten eine Eingriffsmöglichkeit für Kommunen bei Mietwucher, sodass sie sofort eingreifen können, wenn irgendwo in einer 80-m²-Wohnung 12, 15 oder 17 Leiharbeiter untergebracht werden und ordentlich abdrücken müssen. Das wollten wir verhindern. Da wollten wir den Kommunen Möglichkeiten an die Hand geben; die Kommunen haben uns darum gebeten, das zu tun.

Wir wollten gegen verwahrloste Wohnungen vorgehen und haben gesagt: Wenn dort in irgendeiner Art und Weise kein Strom, kein Wasser oder keine Heizung mehr ist, muss eine Kommune ein Eingriffsrecht haben, damit man die Vermieter dazu zwingen kann, dass die Bude auf einen vernünftigen Standard gebracht wird. Auch das ist von Ihnen abgelehnt worden. Sie haben das gesamte Gesetz abgelehnt.

Wir wollten Zweckentfremdung verhindern, damit die Wohnungen, die wir haben, auch wirklich für Vermietung zur Verfügung stehen und nicht für Touristen oder irgendwelche Geschäfte, die Leute in irgendeiner Art und Weise machen wollen. All das stand in diesem Gesetz.

Wir haben eine schöne Anhörung gemacht und breite Übereinstimmung gefunden, indem alle gesagt haben: Das ist sinnvoll, das ist notwendig macht es. Ihr könnt gern kleine Änderungen machen, aber macht ein solches Gesetz. Das hilft den Menschen vor Ort. - Und was haben Sie als Jamai

ka gemacht? Sie haben es abgelehnt. Weil Sie sich dafür nicht interessieren.

Meine Damen und Herren, noch etwas: Wir haben als Landtag vor ungefähr anderthalb Jahren angefangen - was total klasse ist -, uns regelmäßig mit Menschen zu treffen, die keine Wohnung haben. Dabei haben wir immer wieder die Schilderung bekommen, wie schwierig es ist, überhaupt eine Wohnung für den Übergang zu bekommen, weil die Leute aus den wildesten Situationen kommen.

Was haben wir als SSW für eine Schlussfolgerung gezogen? Wir haben gesagt: Wir beantragen für den nächsten Haushalt - für den Haushalt dieses Jahres die Summe von 600.000 €, damit neue Wohnungen für diese Klientel gebaut werden können. Wir haben insbesondere aus Lübeck öfter gehört, dass es dort unheimlich schwierig ist, Menschen, die aus ihrer Bude irgendwie herausgeflogen sind, wieder ein Dach über den Kopf zu geben, damit sie überhaupt einmal Zeit haben, sich um eine Wohnung, eine Arbeit, um ihr Leben zu kümmern. Das geht manchmal über Wochen. Das Problem ist, dass man die Wohnungslosen dort nicht wochenlang unterbringen kann, sondern nur für ein paar Tage und dass dann der Nächste hinein muss. Das kann es doch nicht sein, darum müssen wir uns doch kümmern!

600.000 € pro Jahr sind nicht eine so riesige Summe, dass der Landeshaushalt dadurch auseinanderflöge. Deshalb kann ich es einfach nicht verstehen ich hoffe, dass die Haushaltsberatungen dieses Jahr da ein bisschen besser werden -, dass man sich nicht um die Schwächsten kümmern will. Ich fordere Jamaika auf: Gehen Sie noch einmal in sich! Es ist ein wirklich vernünftiger Vorschlag, sich gerade um diese Leute zu kümmern, denn das sind die Schwächsten am Markt. Die brauchen ein Dach über dem Kopf, und das so schnell wie möglich, und wir haben das Geld dafür, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW und SPD)

Sie sehen, es ist richtig viel auf dem Markt. Man muss nicht nur ein bisschen Kleckerkram machen, sondern man kann die großen Räder drehen, man kann eine Mietpreisbremse machen, man kann die Kappungsgrenze beibehalten, man kann ein Wohnraumschutzgesetz haben, man kann sich um die Wohnungslosen kümmern. Das ist überhaupt kein Problem, wenn man den politischen Willen hat.

(Werner Kalinka [CDU]: Also das tun wir ja nun!)

(Lars Harms)

Diesen politischen Willen hat Jamaika bisher noch nicht bewiesen.

(Werner Kalinka [CDU]: Das ist nicht in Ordnung, was Sie hier sagen!)

Das Einzige, was Sie den Leuten zu bieten haben, ist, dass Sie sagen: Wir haben da noch ein paar Restgrundstücke zu verkaufen. Meine Damen und Herren, das ist wirklich zu wenig in der Wohnraumpolitik.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Özlem Ünsal für eine Restredezeit von 1 Minute.

(Christopher Vogt [FDP]: Zeit läuft!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, das ist sehr ambitioniert, dennoch: Ich habe heute kein einziges überzeugendes Argument von Ihnen gehört, das zum Mietpreisschutz dienen soll, und mir ist auch nach eineinhalb Jahren Diskussion immer noch nicht klar, warum es nicht möglich ist, zusätzlich zum schleswig-holsteinischen Maßnahmenpaket die Mietpreisbremse und die Kappungsgrenzenverordnung umzusetzen.

(Beifall SPD und SSW)

Es ist nach dieser Debatte einfach nicht klar. Erklären Sie uns doch bei zukünftigen Debatten - wir sind wahrscheinlich noch nicht am Ende mit diesen Debatten -, warum es nicht möglich ist, klare gesetzliche Regelungen wie die Mietpreisbremse, wie die Kappungsgrenzenverordnung on top existieren zu lassen, nämlich so lange - wir haben es gehört, wir brauchen noch andere Maßnahmen -, bis sich der Markt entspannt. Solange wir mit dem Bauen nicht hinterherkommen, solange die ganzen Instrumente nicht wirken, braucht es eben auch dieses ergänzende Instrument, bis sich der Markt entspannt. Wenn wir nach dieser Debatte immer noch glauben, dass es der Markt alleine regelt, dann frage ich mich, wo wir in Schleswig-Holstein bei diesem Thema insgesamt stehen.

(Beifall SPD und SSW)

Frau Abgeordnete, bei aller Großzügigkeit, aber die Minute ist vorbei.

Deshalb lassen Sie uns gemeinsam dieses Mietenpaket aus dem Bund unterstützen! Wehren Sie sich nicht mehr gegen solch ein wichtiges Instrument für Schleswig-Holstein! Kommen Sie zur Besinnung! Denn alles andere können Sie draußen keinem mehr erzählen, der davon betroffen ist. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort für eine weitere Restredezeit von 4 Minuten hat der Abgeordnete Peter Lehnert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Ünsal, wir sollten den Dialog gern fortsetzen. Heute kommen wir hier nicht weiter; ich glaube, ich muss die Kollegin Prien bitten, uns da einige Ratschläge zu geben.

Ich bin noch einmal hierhergekommen, weil ich auf den Kollegen

(Zuruf SPD: Das ist nicht witzig! - Zuruf CDU: Ich war schuld!)

- Ich will auch nicht witzig sein, sondern der Sache den nötigen Ernst geben.

(Zurufe SPD)

- Das gilt jetzt nicht für Kollegin Ünsal oder Kollege Heinemann, das will ich ausdrücklich sagen. Wir führen eine sehr sachliche Debatte. Ich finde es aber extrem ärgerlich, Frau Midyatli - ich schätze auch Sie persönlich sehr -, wenn Sie hier vorne stehen und von Ihrer Fraktion dauernd lautstarke Zwischenrufe kommen, denen es an Sachlichkeit mangelt. Das will ich einmal in aller Deutlichkeit sagen.

(Serpil Midyatli [SPD]: Das dürfen wir!)

- Ja, natürlich dürfen Sie das. Ich finde das aber unangemessen, weil Sie ja eine sachliche Debatte haben wollen. Wir wollen eine sachliche Debatte führen, und dann wäre es gut, wenn auch Sie einen konstruktiven Beitrag zur Debattenkultur leisten könnten.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

- Ja, das können Sie sich gern überlegen. Ich habe mich zu Wort gemeldet -

(Zurufe SPD)

- Sehen Sie, es geht schon wieder los.

(Lars Harms)

(Heiterkeit CDU)

Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich den Kollegen Harms sehr schätze, wir seit langer Zeit Kollegen sind und ich einen Punkt aufgreifen will, der uns gemeinsam am Herzen liegt. Das ist die Frage, wie wir Menschen, die obdachlos sind oder von Obdachlosigkeit bedroht sind, helfen können. Ich glaube, dass wir hier politisch übereinstimmen.

Der Sozialausschuss hat auf Initiative des Landtagspräsidenten vielfältige Maßnahmen ergriffen. Für dieses Haushaltsjahr haben wir die Haushaltsmittel in diesem Bereich deutlich aufgestockt. Wir sind da sicher noch nicht am Ende, wir haben als Jamaika erkannt, dass wir in diesem Bereich noch mehr tun müssen. Wir haben mit Landespastor Naß, der da zusammen mit der evangelischen Kirche sehr engagiert ist, Gespräche vereinbart. Wir werden noch mehr tun.

Lieber Kollege Harms, das ist für uns ein wichtiges Thema, das ist in diesem Landtag überparteilich ein wichtiges Thema. Wir sind da noch nicht am Ende, wir werden weitermachen, und es würde mir große Freude machen, wenn wir das in großer Einigkeit miteinander betreiben könnten. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, HansJoachim Grote.