Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Schaffer, sage ich: Ihr Antrag wendet sich gegen das Grundgesetz und gegen die Landesverfassung sowie gegen die Grundwerte unserer Demokratie.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hatten in diesem Jahr reichlich Anlass, über Frauenrechte zu sprechen. Wir haben 100 Jahre Frauenwahlrecht sowie 70 Jahre Grundgesetz gefeiert und werden demnächst 30 Jahre Deutsche Einheit feiern. Immer war die Frage der Frauenrechte auch Teil dieser großen Feiern. Mich macht es, das sei an dieser Stelle zu sagen gestattet, ein bisschen stolz, dass es vor allem viele Sozialdemokratinnen waren, die in den ersten Reihen dafür gekämpft und die Gesetzgebung vorangetrieben haben: Marie Juchacz, Reichstagsabgeordnete und Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt. Elisabeth Selbert, die im Parlamentarischen Rat dafür sorgte, dass der Gleichberechtigungsgrundsatz in unser Grundgesetz aufgenommen wurde. Stellvertretend für die vielen Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages möchte ich hier Lianne Paulina-Mürl, Gisela Böhrk und Gitta Trauernicht nennen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter der Regierung Engholm verabschiedete dieser Landtag die heute kritisierte Regelung in der Gemeindeordnung und das Landesgleichstellungsgesetz, eines der ersten in Deutschland. Darauf können wir verdammt stolz sein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Vielleicht wird es irgendwann einen Moment geben, an dem es Gleichstellungsbeauftragte nicht mehr geben muss, weil wir in einer vollständig gleichberechtigten und gleichgestellten Gesellschaft leben. Dieser Moment ist aber bestimmt nicht jetzt und wird auch sicherlich nicht von Antifeministen wie Ihnen eingeleitet werden.
Ich werde es relativ kurz halten, weil ich finde, dass meine Kolleginnen Katja Rathje-Hoffmann und Beate Raudies sehr viele prägnante und richtige Punkte genannt haben und ich gar keine Lust habe, Ihnen so viel Bühne für dieses Thema, das Sie ganz bewusst gesetzt haben, zu geben.
Gesetzesentwürfe müssen in den Ausschuss überwiesen werden, aber Sie wissen ganz genau, dass wir Ihrem Gesetzesentwurf am Ende des Prozesses nicht zustimmen werden.
Ich habe es in meiner letzten Rede zum Thema Frauenpolitik bereits gesagt und wiederhole es gerne wieder. Wir haben eine Verfassung, ein Grundgesetz. Dort steht in Artikel 3 Absatz 2:
„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Auch in unserer Landesverfassung haben wir das in Artikel 9 festgehalten. Da steht nicht: Der Staat schafft Instrumente zur Sicherung von Gleichberechtigung oder Beseitigung bestehender Nachteile ab, initiiert durch antifeministische Parteien.
Wir werden uns im Ausschuss mit Ihrem Anliegen auseinandersetzen müssen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Sie damit eigentlich nur eines bewirken werden: Sie werden den Gleichstellungsbeauftragten eine Bühne geben für die großartige Arbeit, die sie leisten.
Kommunale Gleichstellungsbeauftragte haben vielfältige Aufgaben in der Verwaltung und für die Bürgerinnen in politischen Gremien, und sie leisten natürlich auch Öffentlichkeitsarbeit für dieses Thema. Sie sind dafür zuständig, dass in all diesen Bereichen gleichstellungspolitische Aspekte immer mit
gedacht werden. Das ist definitiv kein leichter Job, sie stoßen an vielen Stellen auf Widerstände. Ihre Arbeit wird regelmäßig infrage gestellt, und sie werden oft davon abgehalten, ihre eigentliche Arbeit zu machen.
Deshalb möchte ich mich in meiner Rede darauf konzentrieren, vor welchen Herausforderungen wir als Gesellschaft und damit auch die Gleichstellungsbeauftragten stehen. Wir leben in Zeiten, in denen die Errungenschaften von Feministinnen dazu geführt haben, dass viele Frauen rechtlich gleichgestellt sind. Wenn man sich aber die Mühe macht, ins Detail zu gehen, merken wir an vielen Stellen, wo gesellschaftliche Ungleichbehandlung nach wie vor auf der Tagesordnung steht: Frauen sind an vielen entscheidenden Stellen noch nicht repräsentiert, zum Beispiel in Politik, Wirtschaft, Verwaltung und an vielen anderen Orten.
Dabei geht es nicht um einen Selbstzweck, sondern darum, dass unsere Entscheidungen von Lebensrealitäten geprägt sind: Bin ich ein Mann, bin ich eine Frau, bin ich weiß, bin ich schwarz, bin ich ein Mensch mit Behinderung oder nicht? - All diese Punkte fließen in unsere Entscheidung ein.
Mit welchen Problemen werden wir heute noch konfrontiert? - Frauen dürfen nicht selbstbestimmt über ihre Körper bei der Frage von Schwangerschaftsabbrüchen bestimmen, Stichwort § 219 a. Frauen verdienen weniger, und Frauen sind mehr für Care-Arbeit verantwortlich. Die Liste geht noch weiter. Daher sind wir jetzt bestimmt noch nicht an dem Punkt, an dem die Gleichstellung schon längst erreicht wäre. Selbst bereits bestehende Gesetze zur Durchsetzung der Gleichstellung bedürfen ihrer Durchsetzung. All diese gleichstellungspolitischen Aspekte müssen ja auch vor Ort gelebt und praktiziert werden. Kommunale Gleichstellungsbeauftragte leisten genau diese Arbeit vor Ort.
Ich habe es schon einmal gesagt, und ich wiederhole es gern noch einmal: Sie schaffen es tatsächlich immer wieder, mit solchen Anträgen bestehende Kontroversen, die zu dem Thema bestehen, beiseite zu schieben, um eine Einigung hinzubekommen. Dafür bin ich Ihnen dankbar, da keiner rückwärtsgewandter sein will als Sie.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir Freie Demokraten tragen das Ansinnen der AfD weder fachlich noch politisch, und es ist wirklich bedauerlich, dass wir uns mit diesem plakativen populistischen Antrag befassen müssen, anstatt endlich darüber zu diskutieren, wie der Gleichstellungsauftrag des Grundgesetzes im liberalen Rechtsstaat verwirklicht wird.
In der Gleichstellungsdebatte ist leider eine zunehmende Radikalisierung zu beobachten: Auf der einen Seite sind diejenigen, die zur Durchsetzung des Ziels der Gleichstellung jedes Mittel als zulässig erachten. Es werden aber auch für uns bedenkliche verfassungsrechtliche Instrumente ins Spiel gebracht, Sie kennen unsere kritische Haltung zum Parité-Gesetz. Auf der anderen Seite sind jedoch die Herren von rechts, die uns in der Begründung ihres Gesetzentwurfs glauben machen wollen, die Gleichstellung sei schon vollendet, ganz so, als gäbe es kein Problem, ganz so, als sähen sich Frauen in einigen Bereichen nicht immer noch Benachteiligungen gegenüber. Sind denn die Debatten der letzten Jahre um die Gleichberechtigung völlig vergessen? Oder glaubt die AfD immer noch an das Bild des Heimchens am Herd?
Meine Damen und Herren, es ist entlarvend, dass sich die Herren von der AfD in ihrer Gesetzesbegründung mit keinem Wort mit dem Grundgesetz auseinandersetzen. Das schleswig-holsteinische Kommunalrecht nimmt direkt Bezug auf das Grundrecht der Gleichberechtigung von Mann und Frau, etwa in der Gemeindeordnung. Da wäre es doch nur redlich gewesen, sich mit den verfassungsrechtlichen Grundlagen auseinanderzusetzen. Aber diesen Respekt erweisen Sie weder der Verfassung selbst noch dem historischen Gesetzgeber.
Ihr Beitrag, Herr Schaffer, ist an Scheinheiligkeit nicht zu übertreffen. Sie malen ein Bild einer Gesellschaft, das schlicht nicht mit der Realität in Einklang zu bringen ist. Sie sagen, die Gleichstellungsbeauftragten sind nicht mehr zeitgemäß. - Sorry, schlafen Sie Ihren gleichstellungspolitischen Dornröschenschlaf gerne weiter.
Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist eben noch nicht vollendet. Das müsste gerade in einer Fraktion, die nur aus Männern besteht, angekommen sein. Die Begründung Ihres Gesetzentwurfs hält noch mehr Abenteuerlichkeiten bereit, deren Erwähnung wir der Öffentlichkeit schuldig
sind, zum Beispiel die Behauptung, die Gleichstellungsbeauftragten seien entbehrlich, weil es ja das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gebe.
Meine Herren von der AfD, ist Ihnen bei Ihrem Gesetzentwurf überhaupt aufgefallen, woran Sie Hand anlegen? Ist Ihnen bewusst, dass es unter anderem das Kommunalrecht ist, dass Sie hier ändern wollen? - Ich kann es nicht glauben, denn dann wüssten Sie, wer die Gesetzgebungskompetenz dafür besitzt. Ich gebe Ihnen ein Tipp: Es ist nicht der gleiche Gesetzgeber wie beim AGG.
Darüber hinaus ist das Antidiskriminierungsgesetz vornehmlich an Arbeitgeber gerichtet und enthält Regelungen wie ein zivilrechtliches Benachteiligungsverbot. Die Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten, die nur Sie abschaffen wollen, sind im Wesentlichen gar nicht Thema des AGG. Sie können es auch gar nicht sein, weil wir uns als Land darüber schon selbst den Kopf machen müssen.
Meine Damen und Herren, anstatt noch weitere Beispiele aufzuzählen, möchte ich für die Liberalen feststellen: Wir stellen die Gleichstellungsbeauftragten nicht infrage, wir können gerne, und das tun wir auch, über die Ausgestaltung der Aufgaben in der Praxis in Kommunen und Hochschulen reden. Wir sind überzeugt, dass dort noch Verbesserungen durchzusetzen sind, dass wir sehen müssen, wo es noch Handlungsbedarf gibt.
Aber das werden wir nicht im Rahmen dieses unsinnigen Ansinnens der AfD tun. Das tun wir in Gesprächen mit der kommunalen Familie, den Hochschulen und den Gleichstellungsbeauftragten selbst, und das wird auch so bleiben. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen haben ja schon darauf hingewiesen, warum es wichtig ist, dass wir Gleichstellungsbeauftragte haben. Wir können zwar feststellen, dass Frauen rechtlich gleichgestellt sind - wie sollte es auch anders sein? -, aber in der täglichen Lebenswelt haben sie immer noch Hemmnisse, die faktisch beseitigt werden müssen. Frauen ha
ben die schlechteren Karrierechancen, Frauen haben vornehmlich die Probleme mit der Kinderbetreuung zu lösen, Frauen haben die größere Herausforderung, wenn es um die politische Partizipation geht, und vieles mehr.
Anstatt sich also darum zu kümmern, wie wir die Gleichstellung der Menschen auch faktisch hinbekommen können, will die AfD den Status quo nicht nur belassen, sondern die Uhr sogar zurückdrehen. Und sie hat es ja auch im Landtagswahlkampf angekündigt. In ihrem Wahlprogramm für 2017 schreibt sie:
„Hinter dem grün-roten Kampf gegen die allgegenwärtige ‚Diskriminierung‘ steht das ideologisch motivierte Vorhaben, die tragenden Stützen der Gesellschaft -“
„gewachsene familiären Bindungen und die natürlichen Eigenschaften von Mann und Frau - zu relativieren.“
Das klingt nicht nur wie vor 80 Jahren, meine Damen und Herren, das ist auch die gleiche Vorstellungswelt. „Frauen zurück an den Herd!“, wenn es nach der AfD geht. Und wie es gehen soll, schreibt die AfD in ihrem Wahlprogramm 2017 auch gleich noch hinterher: