Die Parlamentarischen Geschäftsführungen haben vereinbart, dass nunmehr der Tagesordnungspunkt 27 aufgerufen wird mit dem Hinweis, dass dann morgen die Tagung erst um 10 Uhr beginnen soll, wobei wir trotz alledem pünktlich schließen werden.
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.
Ich erteile das Wort für die Landesregierung dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich nehme den Antrag der SPD-Fraktion gern zum Anlass, Ihnen einen Sachstand über die aktuelle Diskussion zur Düngeverordnung zu geben und vor allem auf die mögliche Vertragsverletzungsverfahrenssituation einzugehen. Denn die steht tatsächlich im Raum, seitdem die EU-Kommission der Bundesregierung sehr deutlich gemacht hat, was sie bereits seit 2012 eingefordert hat, nämlich dass die Rahmenbedingungen der EU-Nitratrichtlinie in Deutschland vollumfänglich umgesetzt werden müssen. Sie hat deutlich gemacht, dass sie diese in der zuletzt 2017 erlassenen Düngeverordnung des Bundes nicht umgesetzt sieht.
Das bestätigt auch das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Die Konsultationen der Bundesregierung mit der EU-Kommission und dieses Urteil ergeben, dass die Vorschläge bislang eben nicht für geeignet gehalten werden. Im Raum stehen tatsächlich Strafzahlungen von täglich bis zu 850.000 €.
Das sollte Anlass genug sein, nun zügig einen Vorschlag vorzulegen, und zwar auch im Rechtstext, der bislang leider nicht vorliegt - auch nicht uns Ländern. Es muss darum gehen, mit diesem Vorschlag zügig eine Verbesserung der Situation zu erreichen, denn uns allen muss klar sein: Es geht um die Grundwasserqualität, um die Gewässerqualität. Die steht auch unter Schutz weiterer EU-Rechtsakte, beispielsweise der Wasserrahmenrichtlinie.
Es ist natürlich ein Problem für die landwirtschaftlichen Betriebe, dass 2017 die Düngeverordnung entgegen der Warnungen - auch aus den Ländern nicht mit hinreichenden Standards verabschiedet wurde. Nun steht erneut im Raum, dass man sich wieder an neue Bedingungen anpassen muss. Das ist für keinen Betrieb eine gute Situation, und es erfordert, dass wir den Betrieben, die sich jetzt auf eine neue Situation einstellen müssen und vor allen Dingen denen, die dieses durch ein besseres Wirtschaften, durch ein vorbildliches Wirtschaften mit Nährstoffeinträgen betreiben wollen, unterstützen und damit ermöglichen, dass zukünftig ein deutlich besserer Nährstoffhaushalt auf den Betrieben herrschen kann.
Dazu ist eine generelle Regelung, wie zum Beispiel ein genereller Abschlag von den Düngewerten, den wir derzeit haben, nicht geeignet, sondern wir brauchen eine Transparenz und eine konkrete Dokumentation über das, was auf den Betrieben an Aus
trag stattfindet und was auf diesen Betrieben produziert wird. Dazu müssen die Betriebe mehr Dokumentation leisten. Das ist bereits von der Bundesregierung angekündigt. Was dabei eben noch nicht ausreicht, ist, dass man nicht sagt, was daraus folgt.
Deshalb erwarte ich schon, dass gerade die Bundesminister, die jetzt gemeinsam an den Vorschlägen arbeiten, konkrete Aussagen darüber treffen: Was bedeutet es, wenn ein Nährstoffhaushalt nicht ausgeglichen ist? Welchen Abschlag lassen wir unter welchen Voraussetzungen zu? Denn es ist auch deutlich geworden, dass der Europäische Gerichtshof sagt, das kann immer nur entsprechend der jeweiligen Gegebenheiten gesagt werden: Wie sind die Böden in einer Region oder bei einem Betrieb? Wie sind die Anbaupläne? Die nötigen Nährstoffe sind immer konkret im Einzelfall zu berechnen.
Da erwarte ich mehr Details über einen konkreten Vorschlag. Dass dieser immer noch nicht vorliegt, halte ich nicht für zielführend. Das führt auch dazu, dass wir derzeit immer noch nicht bei einem akzeptablen Ergebnis sind, obwohl sich gestern bei dem Treffen der EU-Kommission die Bundesminister gewünscht hatten, dafür grünes Licht zu bekommen.
Insofern ist es unsere Aufgabe, an dieser Stelle nachzubessern. Wir alle wissen, dass das ein großer Aufwand und durchaus ein großer Schritt ist, den wir vorangehen müssen. Aber er ist zu bewältigen, und es gibt viele Möglichkeiten, gerade bei der Beratung im Land noch deutlich besser zu werden. Genau das wollen wir tun, und daran werden wir als Ministerium intensiv arbeiten, damit das besser zur Verfügung gestellt wird und wir zukünftig Perspektiven haben, die Nährstoffe deutlich präziser auszubringen - auch durch neue Techniken - und sie möglicherweise auch stärker in die Biogasanlagen einzubringen.
All das sind Diskussionen, die wir infolge dieser Bundesverordnung dann gemeinsam führen müssen. Nun geht es aber darum, zügig einen Vorschlag auf den Tisch zu bringen, der den EU-Vorgaben entspricht. Diese sind klar, deshalb hoffe ich, dass wir in den kommenden Wochen auch Klarheit aus den Bundesregierung erhalten. - Vielen Dank.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPDFraktion hat die Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister, Ihnen herzlichen Dank für diesen ausführlichen Bericht zum Thema Düngeverordnung. Das ist ohne Frage ein wichtiges Thema für SchleswigHolstein.
Erst gestern - Sie haben es erwähnt - hat der zuständige Kommissar wieder festgestellt, dass die Vorschläge aus Deutschland immer noch nicht reichen. Wenn wir ehrlich sind: Seit 1991, jetzt also ungefähr 28 Jahre, diskutieren wir über diese Nitratrichtlinie -, und das in Deutschland, wo wir doch immer so viel Wert darauf legen, dass die Richtlinien immer in ganz Europa gelten, damit es keine Wettbewerbsverzerrungen gibt. Dänemark schafft es, Polen schafft es, alle anderen schaffen es, nur wir schaffen es bisher nicht.
Die Düngeverordnung und das ganze Thema sind für Schleswig-Holstein von großer Bedeutung. Große Teile des Landes sind sogenannte rote Gebiete, also Bereiche, die in besonderem Maße von Überdüngung betroffen sind. Die Jahrzehnte mit „wachse oder weiche“, mit immer höheren Erträgen, mit immer mehr Tieren haben in unserer Umwelt, in unserer Landschaft und auch im Grundwasser tiefe Spuren hinterlassen.
Am 17. April 2019 haben wir als SPD-Landtagsfraktion einen Antrag „Grundwasser schützen: Düngeverordnung nachbessern und effizient umsetzen!“ gestellt. Bevor es gleich wieder losgeht: „Ihr in Berlin!“ - Unsere Forderungen waren: die Düngeverordnung auf Bundesebene nachbessern, alle Möglichkeiten für Schleswig-Holstein nutzen und mehr Personal für die zuständigen Behörden. - Reflexartig hat der Kollege Heiner Rickers festgestellt, der Antrag sei dünn, und die Antragstellerin habe keine Ahnung.
- Genau. Hintergrund ist doch, dass wir 2017 bei der Verabschiedung der Düngeverordnung in Berlin einen großen zeitlichen Druck hatten, und die SPDBundestagsfraktion von Anfang an gesagt, dass das, was da auf den Weg gegangen ist, nicht reicht. Sie haben aber letztes Jahr alle miteinander erklärt - ich erinnere mich an Frau Fritzen, die das auch gesagt hat -: Aber doch jetzt nicht noch einmal an die Bundesverordnung, jetzt doch erst einmal gucken, wie es hier im Land läuft! - Wir sehen, das hat nicht gereicht, das hat nicht funktioniert; mit dem, was wir jetzt haben, kommen wir nicht durch.
Am letzten Mittwoch, Herr Minister, haben Sie über die Gespräche in Berlin berichtet. Dafür herzlichen Dank. Auch Ihre Ausführungen vorhin haben mir noch einmal deutlicher gemacht, dass es sicherlich hilfreich wäre, wenn das Ministerium zuverlässig und von sich aus berichten würde, wenn Sie auf der AMK Anträge, die hier im Haus beraten worden sind, umsetzen. Das würde uns allen die Arbeit einfacher machen.
Am Mittwoch haben Sie eine Presse auf den Weg geschickt, eine Presseerklärung des MELUND. Die war überschrieben: „Gemeinsame Presseerklärung der für Landwirtschaft und/oder Umwelt zuständigen Landesministerinnen“. - Ich habe das gelesen und war von den Socken. Da stehen richtig gute Sachen drin. Das sind auch Forderungen aus unserem Antrag vom letzten April. Das war der Antrag, der hier im Landtag abgebügelt wurde.
Ich habe dann noch einmal genauer hingeguckt, und des Rätsels Lösung war dann: Die Unterzeichner und Unterzeichnerinnen sind ausschließlich die grünen Umwelt- und Landwirtschaftsminister.
Das ist alles in Ordnung, das ist alles gut. Sie sind Minister hier in Schleswig-Holstein. Ihr Haus hat diese Presse veröffentlicht. Ich bin jetzt einfach zuversichtlich und gehe davon aus, dass das, was Sie da formuliert haben, der Inhalt der Bundesratsinitiative ist, die Schleswig-Holstein mit der Kraft von Jamaika auf den Weg bringen wird.
Wenn Sie diese Bundesratsinitiative ergreifen, wäre es ganz gut, vielleicht noch ein, zwei Dinge mit auf den Weg zu nehmen. Die EU-Kommission empfiehlt, den § 13 der Düngeverordnung so zu ändern, dass es den Bundesländern freisteht, strengere oder besser den örtlichen Gegebenheiten angepasste Maßnahmen zu ergreifen. Es wäre gut, wenn diese Möglichkeiten dann auch wirklich eröffnet würden.
Das Verursacherprinzip sollte meines Erachtens immer für alle Betriebe gelten. Ihr Vorschlag war, die ökologisch und extensiv wirtschaftenden Betriebe von vornherein hinauszunehmen. Das halte ich für keine glückliche Entscheidung. Das muss für alle gelten, die bereit sind, auf dem Weg der Neuausrichtung hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft ökologisch verträglich, sozial gerecht, ökonomisch rentabel und eben umweltgerecht zu wirtschaften.
mit Blick auf die Zeitabläufe für unsere Landwirtschaft eine riesige Herausforderung - Sie haben es gesagt. Stehen Sie unseren Bauern zur Seite! Nehmen Sie das Geld, das Sie bei den Dürrehilfen eingespart haben, um den Landwirten bei einer konsequenten Umsetzung der Düngemittelverordnung hier in Schleswig-Holstein zur Seite zu stehen. Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen! Sehr geehrte Frau Eickhoff-Weber, wir haben in Berlin eine Große Koalition. Ihre Ministerin Schulze und unsere Ministerin Klöckner - das haben Sie richtig beschrieben - sind nun in Brüssel gewesen und haben Planungen für eine erneute Novellierung der Düngeverordnung vorgelegt. Ich spreche kein Geheimnis aus, wenn ich hier ein Stück weit unserer Enttäuschung Ausdruck verleihe. Wir können nicht verstehen, dass das, was wir in Schleswig-Holstein richtiggemacht haben, am Ende in Brüssel nicht durchgesetzt und anerkannt wurde.
Vorweg: Wir sind uns alle einig, dass Trinkwasser dabei mit das höchste Gut ist, weil Trinkwasser bei uns in Schleswig-Holstein ausschließlich aus dem Grundwasser gewonnen wird. Um keine Panikmache zu schüren, möchte ich feststellen: Das Trinkwasser in Schleswig-Holstein hat eine absolut hervorragende Qualität.
Aus allen Wasserwerken, die wir hier haben, und bei fast allen Eigenversorgern ist das so. Ich komme dazu noch im Einzelnen.
Wir haben - das stellt einen leichten Widerspruch dar - durchaus unterschiedliche Aussagen. Natürlich bohren die Wasserwerke aus Tiefen von 70 m und mehr. Da dauert es 30 Jahre und mehr, bis das, was oben ausgebracht wird, durch die Bodenschichten unten im Grundwasserleiter ankommt. Es gibt aber bei den Messwerten aus dem Messstellennetz der Wasserversorger durchaus sehr positive Entwicklungen, die beim Oberboden zeigen, dass sich einiges verbessert hat.
Ich möchte hier den Berufsstand loben, nicht nur dafür, dass er Verständnis zeigt, dass sich etwas ändern muss, sondern auch dafür, dass er viele Dinge innovativ schon angepackt hat: bessere Ausbringtechnik, Zwischenfruchtanbau über den Winter und dadurch keine Auswaschung, eingeschränkte Ausbringzeiten gerade dann, wenn keine Pflanze wächst und durch hohe Niederschläge das, was man oben an Mineral- oder Wirtschaftsdünger ausgebracht hat, ausgewaschen und ins Grundwasser gelangen kann. Der Berufsstand, die Bauern hier in Schleswig-Holstein, sind bereit, dieses Thema anzugehen.
Damit sind wir schon bei den Problemen. Wir haben mehrfach Politik gemacht - das ist bereits in der vorigen Debatte mehrfach festgestellt worden -, die die Landwirte im internationalen Wettbewerb dazu angeregt hat, in ihren Ställen Dinge zu entwickeln, produktiv und wettbewerbsfähig zu sein und beispielsweise Biogasanlagen zu bauen, weil der Gesetzgeber es so wollte. Das zeigt, dass nicht alles richtig ist, was wir in der Vergangenheit politisch begleitet und entschieden haben.
Wenn sie viele Nährstoffe aus ihrer Biogasanlage und der Tierhaltung in der Fläche ausbringen wollen, versuchen sie natürlich, dies im relativen Umfeld zu machen. Wenn dieses Umfeld nur eine begrenzte Fläche bietet, müssen sie weiter fahren. Auch das gibt die heutige Düngemittelverordnung bereits her.
Lassen Sie mich noch sagen: Die circa 800.000 € pro Tag an Androhung von Strafgeld aus Brüssel wären natürlich einschneidend. Wir alle wollen das verhindern und sind deswegen gefordert, auch auf Bundesebene nachzuschärfen. Das muss aber mit Augenmaß geschehen.
Wir müssen innerhalb der Jamaika-Koalition darüber nachdenken, ob wir nicht mit dem, was wir hier aus Deutschland wieder einmal fordern, nicht genau diejenigen bestrafen, die nicht bestraft werden sollen, nämlich kleine Betriebe und Betriebe, die in einem roten Gebiet liegen und alles richtigmachen. Die müssen auch die bürokratischen Anforderungen erfüllen, die sie wahrscheinlich gar nicht erfüllen können oder wollen. Sie werden dann aufgeben. Ihnen ist das alles zu viel. An die muss man denken und Ausnahmeregelungen schaffen. Es muss auch Schwellen- und Grenzwerte geben. Wir dürfen die schleswig-holsteinische Landwirtschaft nicht so sehr gängeln, dass es sofort zu Strukturbrüchen kommen würde. Das Ganze muss angepasst und wirtschaftlich umsetzbar sein.
Es hat Ideen gegeben, die gestern öffentlich durch die Presse gegangen sind, und sie gehen eigentlich in die Richtung, die wir in Schleswig-Holstein, in Jamaika geeint, schon im letzten Jahr vorgegeben haben: ein rotes Gebiet in Regionen mit wasserdurchlässigem Boden, also vornehmlich der Mittelrücken. Dort wird das Grundwasser gewonnen, weil es anderswo durch Tonschichten nicht in den Boden gelangt. Dort haben sie auch keine Grundwasserkörper für die Wasserversorgung. Auf diesen roten Gebieten gelten in Schleswig-Holstein bisher schon strengere Vorgaben.
Wir haben also geliefert. Die Praxis hat diese Vorgaben tatsächlich angenommen. Auf roten Gebieten - §-13-Gebiete -, Frau Eickhoff-Weber, werden wir die Vorschriften noch einmal verschärfen müssen. Wir werden das so tun, dass es in der Praxis umsetzbar bleibt.