Protokoll der Sitzung vom 29.08.2019

Wir haben also geliefert. Die Praxis hat diese Vorgaben tatsächlich angenommen. Auf roten Gebieten - §-13-Gebiete -, Frau Eickhoff-Weber, werden wir die Vorschriften noch einmal verschärfen müssen. Wir werden das so tun, dass es in der Praxis umsetzbar bleibt.

Auf allen Flächen werden zukünftig ohne Frage verschärft Kontrollen stattfinden. Es wird eine flächenscharfe Düngung, längere Sperrfristen im ganzen Bundesgebiet geben müssen, und - jetzt wiederhole ich mich - in den roten Gebieten gibt es verpflichtende Abschläge bei der Ausbringung. Es wird auch verpflichtenden Zwischenfruchtanbau geben. Hoffentlich wird es für Dauergrünlandbetriebe Ausnahmen geben.

(Beifall CDU und FDP - Sandra Redmann [SPD]: Was wird es geben?)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist beendet.

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Herr Abgeordnete Bernd Voß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke dem Minister und den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Landesregierung für den Bericht. Er zeigt deutlich die mehr als missliche Lage, in die uns die jahrelange Hinhalteund Verzögerungstaktik bei der Umsetzung der Düngeverordnung gebracht hat. 28 Jahre ist es jetzt her, dass die EU-Nitratrichtlinie in Kraft getreten ist, zehn Jahre ist es her, dass die ersten Mahnschreiben an Deutschland gerichtet worden sind, dass hier zu wenig passiere. Ein Jahr ist es her, dass wir ein klares Urteil des Europäischen Gerichtshofs bekommen haben.

Der Anpassungsdruck auf die Betriebe steigt. Eine Übergangszeit wird es kaum noch geben können.

(Heiner Rickers)

Die landwirtschaftlichen Betriebe sind weiter im Ungewissen. Sie haben sich gerade erst auf die neue Vorgabe, die seit Anfang 2018 gilt, eingestellt. Der Bauernverband und andere haben ihnen eingeredet, dies sei ausreichend.

Schon mehrfach ist es gesagt worden: Es drohen uns, also den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in der Bundesrepublik, Strafzahlungen von immerhin 850.000 € täglich - möglicherweise auch noch rückwirkend. Die viel zu späte und viel zu zögerliche Reform von 2017 war einfach nicht ausreichend. Viele haben es in den letzten Jahren schon gesagt. Es brauchte erst ein neuerliches Vertragsverletzungsverfahren der EU, bis dies dem Bundeslandwirtschaftsministerium zu dämmern begann. Diejenigen, die vorgeben, mit ihrer Blockadehaltung bei der Umsetzung der Nitratrichtlinie die Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe, insbesondere der kleineren Betriebe, zu vertreten, haben in Wirklichkeit der Landwirtschaft einen riesigen Bärendienst erwiesen.

Hätte es die erforderlichen Reformen schon vor Jahren schrittweise gegeben, wäre es für die Betriebe erheblich kostengünstiger und leichter gewesen, sie umzusetzen. Das haben Nachbarländer wie Dänemark oder Holland uns bereits vormachen müssen. Es hat dort auch zu erheblichen Einschnitten geführt. Diese Einschnitte sind aber bereits vor Jahrzehnten eingetreten.

Die Situation, wie wir sie heute in den sogenannten roten Gebieten haben, wäre zu vermeiden gewesen, wenn man sich rechtzeitig um eine an die Fläche angepasste Tierhaltung bemüht hätte. Gestern sprach nun auch die Bundesregierung davon, die Tierbestände müssten reduziert werden. Dieser Anpassungsdruck wäre mit einem Blick der Bundesregierung auf die Ratschläge der wissenschaftlichen Beiräte zu vermeiden gewesen. 2013 und 2017 haben die Wissenschaftler sehr klargemacht, dass die Düngeverordnung in vielen Punkten nicht den Anforderungen der Wissenschaft entspricht.

Haarsträubend ist, dass sie anscheinend aus den Fehlern der Vergangenheit überhaupt nicht gelernt haben. Wieder wurden Vorschläge vorgelegt, die den Anforderungen nicht gerecht werden. Wir haben es gerade gestern in den Medien intensiv hören können. Damit wird das Scheitern bewusst einkalkuliert. Das alles ist sicherlich auch mit einem enormen Imageschaden für die Landwirtschaft insgesamt verbunden. Das muss man sich in einem landwirtschaftlich geprägten Bundesland immer wieder vor Augen halten.

Ich bedanke mich deswegen bei der Landesregierung, insbesondere bei Minister Albrecht und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich in den Verhandlungen für eine EU-rechtskonforme und am Verursacherprinzip orientierte Umsetzung eingesetzt haben und kontinuierlich einsetzen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es darf auch nicht sein - das haben die Kollegen vorher bereits gesagt -, dass bisher schon gewässerschonend wirtschaftende Betriebe, konventionell wie Bio, die nach den Empfehlungen der Gewässerschutzberatung wirtschaften, die Leidtragenden, die Benachteiligten im Wettbewerb sind. Es braucht eine bundeseinheitliche Erfassung der Nährstoffströme, um die Überschüsse dort gezielt zu begrenzen, wo sie anfallen. Es bedarf einer schlagbezogenen Bilanzierung des Düngebedarfs und der Nährstoffströme. Bei zunehmenden Betriebsgrößen und zunehmenden Feldentfernungen ist eine Betriebsbilanz allein nicht ausreichend.

Dabei kann es kein Schönrechnen geben, was die Abgrenzung zwischen roten Gebieten und weniger belasteten Gebieten anbelangt. Es reicht nicht, sich bei der anstehenden Reform der Düngeverordnung allein auf die Einhaltung der Nitratrichtlinie zu fokussieren. Wir wissen alle, die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie, die Vorgaben der Meeresschutzrichtlinie und die Vorgaben der Ammoniakrichtlinie - sie wird 2022 umgesetzt werden müssen - fordern einen erheblichen Anpassungsdruck. Wir täten gut daran, wenn das berücksichtigt wird.

Dabei geht es nicht nur um die Abwendung von Strafzahlungen. EU-Recht - das muss ich an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich sagen - ist kein Selbstzweck, und es dient nicht der Drangsalierung der Bevölkerung oder Landwirtschaft. Es definiert die erforderlichen Standards, an die wir uns halten, um im Einklang mit den gesellschaftlichen Zielen wirtschaften zu können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist leider abgelaufen.

Mein letzter Satz. - Nur wenn wir das berücksichtigen, kann es Planungssicherheit für die Landwirtschaft geben. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Bernd Voß)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist natürlich wieder verlockend, auf den Bund zu zeigen, aber ich erspare uns das und kürze an dieser Stelle ab.

(Beifall Dennys Bornhöft [FDP])

Ich möchte dem Minister für seinen Bericht herzlich danken. Es geht um eine Thematik, über die wir uns schon länger ausgetauscht haben und sicherlich weiter austauschen werden. Denn was in Berlin passiert beziehungsweise nicht passiert, ist natürlich ein Armutszeugnis für die Große Koalition. Der Druck der EU - Stichwort Strafzahlung wird deutlich größer werden. Deswegen wird da etwas passieren müssen.

Was sehr belastend ist, ist die Situation für die Landwirte, die sowieso schon belastet sind durch die extremen Wetterereignisse, durch die schlechten Erzeugerpreise, durch die Bürokratie, die immer größer wird.

(Unruhe)

Was die Landwirte brauchen, ist Planungssicherheit, insbesondere bei dieser Thematik.

In Bezug auf die Düngeverordnung sind mir drei Punkte wichtig. Erstens: Landwirte müssen ihrer Arbeit sachkundig nachgehen können, auch mit einer neuen Düngeverordnung. Zweitens: Wir brauchen ein praktikables und bewegliches Düngerecht. Drittens: Der Grundsatz einer bedarfs- und standortgerechten Nährstoffversorgung der landwirtschaftlichen Kulturen sollte in Zukunft wieder der Maßstab der Düngung sein.

Frau Eickhoff-Weber, Sie haben uns aufgefordert, dass wir als Jamaika den Bauern zur Seite stehen. Dazu brauchen Sie uns nicht aufzufordern. Wir stehen den Bauern zur Seite. - Ich danke Ihnen ganz herzlich.

(Beifall FDP, CDU und Bernd Voß [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich versuche, dem Kollegen in seiner Kürze zu folgen. - Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für Ihren Bericht. Auch ich betone, dass die Bauern, so sehr sie für die Ausbringung von Dünger verantwortlich sind, nicht immer als Prügelknaben dargestellt werden dürfen. Ich erlebe kaum einen Tag, an dem Presseberichte nicht suggerieren, dass unser Trinkwasser gefährdet sei. Das ist nicht der Fall. Wenn wir über Belastungen durch Nitrate reden, reden wir über das Grundwasser, das natürlich noch aufbereitet wird.

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gestern Abend gab es einen Fernsehbericht, in dem auch die Bundesumweltministerin wieder die Gefahr für unser Trinkwasser heraufbeschwor. Ich finde so etwas unverantwortlich. Ich finde es auch schwierig, dass eine Düngeverordnung, die erst knapp zwei Jahre gültig ist, jetzt schon wieder verschärft werden soll. Die Landwirte brauchen Planungssicherheit; sie stellen sich auf bestimmte politische Vorgaben ein und verlieren langsam das Vertrauen in die Politik, wenn es permanent Veränderungen gibt.

(Beifall AfD)

Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Herr Rukwied, sagte kürzlich: Uns Landwirten fehlt jedes Verständnis, was da zur Düngeverordnung in Brüssel läuft.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Er ist selbst maßgeblich daran betei- ligt!)

Natürlich ist der Weg der EU, die Nitratbelastung zu verringern, richtig, nur müssen wir die Landwirte mitnehmen und können sie nicht permanent mit neuen Berichtspflichten, mit möglichen Strafzahlungen überfordern. Denn die Landwirte haben in den letzten Jahren - Herr Rickers hat es gesagt - immer wieder mitgezogen. Sie haben die Düngemittel gezielter, passgenauer ausgebracht, und sie haben, als die Politik es unbedingt wollte, Monokulturen angepflanzt, sie haben Energiepflanzen angebaut, die uns heute nicht sehr erfreuen, Stichwort Artenvielfalt. Sie haben Biogasanlagen gebaut, die sie heute nicht mehr brauchen.

Das sind Probleme, die immer die Landwirte ausbaden. Vor dem Hintergrund finde ich es schwierig,

(Bernd Voß)

dass man die Düngeverordnung kurzfristig wieder verschärft.

Klar, wir müssen liefern, wenn die EU es will - das ist nun einmal so in der EU -, aber wir dürfen die Landwirte nicht überfordern.

Bevor wir über eine erneute Verschärfung der Regelungen sprechen, sollten wir die Ergebnisse des nächsten Nitratberichts der Bundesregierung abwarten sowie die Messmethoden anpassen, um eine europaweite Vergleichbarkeit der Nitratgehalte im Grundwasser sicherzustellen.

Wir sollen etwas verschärfen, von dem noch gar nicht sicher ist, wie es wirkt. Die EU macht hier aus unserer Sicht völlig unnötig Druck. Statt Panikmache werben wir für mehr Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der Landwirte und fordern, nicht ständig neue Auflagen zu machen.

(Unruhe)

Die Landwirte werden auch diesmal wieder mitziehen, aber ich bitte sehr darum, dass von der Politik klare Signale ausgehen und nicht nur Druck und Bashing. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.