Protokoll der Sitzung vom 29.08.2019

Erstens folgende Bemerkung: Die Position der SPD in Schleswig-Holstein ist die, dass wir mehrheitlich für die Fehmarnbelt-Querung sind. Wir lassen es aber zu - und sagen dies auch deutlich; das hat etwas mit demokratischer Kultur zu tun -, dass auch diejenigen in unserer Partei, die dagegen sind, mit aller Kraft alles dafür tun, die Interessen der Region zu vertreten. Das unterscheidet uns, nebenbei bemerkt, von anderen. Ich weise es also zurück, dies als Schwäche zu bezeichnen. Es ist ein Zeichen von Stärke einer Partei, wenn sie dies tut.

Zweitens komme ich zu meiner Frage, Herr Kollege Vogt. In unserem Antrag steht nicht, dass wir mehr als Baden-Württemberg ausgeben wollen. Das steht dort überhaupt nicht drin. Wir haben den identischen Antrag - den die FDP in Baden-Württemberg übrigens unterstützt hat! - gestellt. Dieser Antrag hat sich als erfolgreich für Baden-Württemberg erwiesen. Wie können Sie auf der einen Seite sagen, dieser Antrag folge einer total dämlichen Strategie, die niemand nachvollziehen könne, wenn doch auf der anderen Seite Ihre eigene Fraktion in Baden-Württemberg diese Strategie unterstützt hat? Das Ergebnis war, dass der Bund sich bewegt hat. Wieso ist das, was dort vernünftig war, hier töricht? Das erschließt sich mir intellektuell nicht. Vielleicht können Sie mir ja erklären, warum Ihre Parteifreunde das so machen. Sie machen das übrigens nicht, weil Baden-Württemberg reicher ist als Schleswig-Holstein - um den Punkt geht es an der Stelle nicht -, nein, vielmehr war das Ergebnis dieses Angebotes, dass sich der Bund bewegt hat. Wir reden über diese Methode, damit nicht etwas mit der Folge passiert, dass die Verhandlungen von Herrn Buchholz notorisch erfolglos bleiben und die Bevölkerung am Ende in die Röhre guckt. Das ist das, um das es hier geht.

- Zunächst zum letzten Satz. Ob es jetzt die richtige Strategie ist, dass wir hier kleinteilig versuchen, einzelne Minister anzuschießen, das ist, glaube ich, nicht wirklich sinnvoll, wenn wir alle gemeinsam in Berlin etwas erreichen wollen.

Zum ersten Punkt darf ich Sie an Folgendes erinnern: Wenn das alles so ist und Sie immer so großzügig von der Hinterlandanbindung sprechen, dann frage ich mich, warum die rot-grün-blaue Koalition im Jahre 2012 nach der Regierungsübernahme die Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 60 Milli

onen € für die Hinterlandanbindung herausgestrichen hat.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß ja, wer dafür verantwortlich war. Später ist dann mit 75 % beim Thema GVFG auch wieder mehr Geld hinzugekommen. Aber lassen wir die Historie weg. Ich möchte nur eines sagen: BadenWürttemberg - insoweit mögen Sie ja deren Antrag kopiert haben - hat 15 % gezahlt.

(Zuruf: Was?)

- Ja, 15 %. Die Zahlen sprechen eine relativ klare Sprache. Vielleicht haben Sie andere Zahlen. Aber die Zahl, die ich habe, besagt: 15 %. Wenn wir uns das heute angucken, dann sind auch wir jetzt bei 15 %. Wenn Sie nun sagen, die Baden-Württemberger, deren Antrag Sie kopiert hätten, hätten 50 % angeboten und seien mit 15 % rausgegangen, dann muss ich sagen: Man mag im Leben auch mal Glück haben. Aber sinnvoll ist das nicht.

Im Übrigen beziehe ich mich auf den Beschluss des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 2016, der mit Blick auf das Thema Rheintalstrecke gesagt hat: „Leute, da, wo wir eine Tourismusregion haben, europäische Projekte, muss das anders beurteilt werden.“ Das alles trifft genau so auch auf Ostholstein, auf Stormarn oder auf die feste Fehmarnbelt-Querung zu. Diesen Beschluss des Bundestages gibt es. Deshalb sagen wir: „Freunde, das habt ihr schon beschlossen, dann setzt doch auch hier das um, was ihr woanders schon umgesetzt habt!“ Und nun kommen Sie und sagen: „Wir machen das mal großzügig und bieten mehr an, dann wird der Bund sagen: ‚Das Land Schleswig-Holstein bietet 50 % an, aber macht doch 15 %‘“. - Vielleicht kennen Sie Herrn Scheuer ja besser als ich. Ich weiß jedenfalls nicht, ob der so drauf ist.

(Heiterkeit FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Herr Dr. Stegner, Herr Buchholz wird ja gleich noch reden, sodass wir durchaus noch ein wenig Zeit haben.

(Heiterkeit CDU)

Deshalb will ich Ihnen ganz ehrlich: Lassen Sie uns an der Stelle noch einmal gucken, ob man hier nicht vielleicht sagt: „Okay, da haben wir uns ein bisschen verlaufen. Lasst uns versuchen, im Interesse des Landes, im Interesse der Anwohnerinnen und Anwohner - um diese Menschen geht es doch, nicht um unsere kleingeistigen Spielchen - zu handeln.“

(Christopher Vogt)

Wir haben doch einen Eid darauf geleistet, dass wir uns für die Menschen unseres Bundeslandes einsetzen; deshalb sind wir sogar verpflichtet, dies zu tun. Vielleicht sollten wir vor diesem Hintergrund gucken, ob wir nicht doch noch irgendwie zusammenkommen können. Aber wir werden kein Geld verschenken, das Baden-Württemberg nicht verschenkt hat. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lang anhaltender Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Volker Schnurrbusch [AfD])

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus Dr. Bernd Buchholz.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Landesregierung hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass wir die feste FehmarnbeltQuerung im Sinne des Bundesverkehrswegeplanes unterstützen und dabei sicherstellen wollen, dass die Menschen im Hinterland an einer Eisenbahnstrecke, die dort zweigleisig elektrifiziert auszubauen ist, den größtmöglichen Schutz bekommen sollen. Das ist der Kern der gesamten Diskussion. Dazu hat sich die Landesregierung immer bekannt, und dafür sind wir eingetreten.

Sehr verehrter Herr Hölck, gestatten Sie mir, Folgendes zu sagen: Natürlich habe ich es als Affront empfunden; denn wir haben gemeinsam mit dem Dialogforum und dem Projektbeirat versucht, Akzeptanzlösungen zu erzeugen, übrigens in Absprache mit dem Bundesverkehrsministerium, das dabeigesessen und gesagt hat: Sorgt doch dafür, dass es Akzeptanzlösungen gibt! Die beteiligten Gemeinden sind, jedenfalls zu 99 %, bereit gewesen, von ihren Maximalforderungen abzugehen. Die ursprüngliche Gesamtsumme der Forderung lag bei 897 Millionen €. Wir sind nachher zu realen Forderungen - wenn man mal Bad Schwartau herauslässt - in Höhe von 377 Millionen € plus Planungskosten und Kostensteigerungen, also insgesamt zu Forderungen in Höhe von 560 Millionen € gekommen. Wir haben gemeinsam mit den Gemeinden deutlich zum Ausdruck gebracht: Maximalforderungen machen keinen Sinn.

Jetzt, nach diesen Gesprächen, nachdem übrigens das Bundesverkehrsministerium im Februar den Projektbeirat des Dialogforums eingeladen hat, um

mit ihm gemeinsam die Vorschläge zu erörtern, bin ich bis zur Abgabe des Berichts eine Woche vorher in einem Telefonat mit dem Staatssekretär natürlich davon ausgegangen, dass das Bundesverkehrsministerium sagt: „Na ja, bis auf diese eine nicht gefundene Lösung für Bad Schwartau nehmen wir die anderen Dinge der Akzeptanzlösung in unseren Bericht auf und empfehlen diese“. Davon bin nicht nur ich ausgegangen, sondern davon ist auch das Dialogforum ausgegangen; davon ist auch der Landrat des Kreises Ostholstein ausgegangen. Davon konnten Sie vielleicht nicht ausgehen, weil Sie schon vorher wussten, dass das anders geplant war. Ich empfinde es in der Tat als einen Affront, was da nicht nur mir gegenüber passiert ist, sondern auch gegenüber der Landesregierung, auch gegenüber dem Land und auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und vor allem gegenüber dem Dialogforum.

(Lebhafter Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Deshalb hätte ich mir gewünscht, dass heute von diesem Parlament eine Botschaft ausgeht, dass wir im gegenseitigem Einvernehmen dafür eintreten, dass jetzt zumindest einmal klargestellt wird, dass wir hier im Land nicht schlechtergestellt werden wollen als andere in der Bundesrepublik Deutschland.

Meine Damen und Herren, bei aller Liebe, aber dass es natürlich einen Unterschied macht, wie tragfähig ein jeweiliges Bundesland von seiner Wirtschaftssituation her ist, das ist doch, ehrlich gesagt, nicht neu und hat in einer Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland in den letzten Monaten auch eine wesentliche Rolle gespielt.

Wir haben hier beim letzten Mal in der Diskussion über die Frage der Elektrifizierung der Eisenbahn darüber gesprochen, dass eine Fifty-Fifty-Finanzierung für die kleineren Bundesländer, für die ärmeren Bundesländer, dazu führt, dass nichts passieren wird.

Mit Ihrem Antrag sagen Sie, dass Lärmschutz nach dem, was der Deutsche Bundestag beschlossen hat, nur die reichen Länder Deutschlands kriegen können, während die armen darauf verzichten müssen. Das ist sozialdemokratischer Ansatz. Ich verstehe Sie insoweit nicht.

(Lebhafter Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Christopher Vogt)

Diese Landesregierung hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass wir uns natürlich daran beteiligen und dass wir natürlich auch Dinge übernehmen wollen. Sie können das in dem Bericht auch nachlesen; das alles steht nämlich darin. 75 % der Kosten nehmen wir den Kommunen von der Hand, wenn es darum geht, die Eisenbahnkreuzungen zu bauen. 80 % nehmen wir ihnen bei den kommunalen Straßen ab. Die kommunalen Straßen kommen in der Matrix gar nicht vor. Insgesamt über 70 Millionen € sind wir bereit zu tragen.

Mindestens in der Vorbereitung, lieber Herr Vogel, lieber Herr Stegner, hätten Sie doch mal darauf gucken können, was in Baden-Württemberg real gewesen ist. Von den insgesamt drei Kernforderungen, die der Bundestag dazu beschlossen hat, ist eine völlig ohne Beteiligung eines Bundeslandes. Das ist der 7 km lange Tunnel bei Offenburg, der mit 1,1 Milliarden € zusätzlich als übergesetzlicher Lärmschutz zu Buche schlägt. An den beiden anderen, kleineren Maßnahmen ist das Land in der Tat mit insgesamt 280 Millionen € beteiligt. 280 Millionen € von 1,88 Milliarden sind nicht 50 %, sondern im Ergebnis 15 %.

Wir sind bei einer Gesamtsituation, in der das Dialogforum im Projektbeirat von 560 Millionen € spricht, mit 70 Millionen € dabei und liegen damit exakt in dieser Größenordnung. Warum schwächen Sie mit Ihrem Antrag die gemeinsame Position des Landes in Berlin?

(Lebhafter Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Warum tun Sie das? Denken Sie, lieber Herr Stegner, noch einmal darüber nach. Sie stärken das Land damit doch nicht. Sie können ja durchaus viel Ärger mit mir haben und mich als Ankündigungsminister titulieren oder dergleichen mehr; aber es muss doch auch in Ihrem Interesse sein, dass meine Position, dass unsere Position in Berlin stark ist, um etwas durchzusetzen, und nicht geschwächt wird.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Harms [SSW])

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung?

Nein, jetzt gerade nicht; denn ich möchte eben noch meinen Gedankengang zu Ende bringen. - Herr

Dr. Stegner, Sie können aber am Rednerpult stehen bleiben, ich lasse gleich Ihre Zwischenfrage zu.

Aber diesen Gedankengang muss ich zunächst noch zu Ende bringen: Das unterscheidet Sie in diesem Haus ganz deutlich von der Union, die ihren eigenen Minister in Berlin durchaus vor das Brett nimmt und sagt: „Halte dich an das, was du gesagt hast!“ Sie nehmen in Berlin niemanden vor das Brett. Das tut mir leid.

(Anhaltender Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Harms [SSW])

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Selbstverständlich gern.

Ich habe folgende Frage, Herr Minister: Wenn ich das richtig sehe, ist die Gemengelage doch die, dass Sie finden, wenn wir hier finanzielle Bereitschaft formulieren, dann würden wir unsere Verhandlungsposition schwächen. Das ist der Vorhalt, den Sie uns machen.

Der Vorhalt, den wir Ihnen machen, ist, dass dann, wenn die Verhandlung mit dem Bund nicht erfolgreich ist, die Bevölkerung in die Röhre guckt. Könnten Sie sich denn vorstellen, dass wir uns auf einen Weg verständigen, der auf eine konkrete finanzielle Ankündigung verzichtet, der aber sagt, dass die Landesregierung, dass das Land Schleswig-Holstein garantiert, dass es diesen Rechtsschutz gibt,

(Lachen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

dass es diesen Lärmschutz gibt? Das ist doch Quatsch.

(Unruhe)

Das ist doch Quatsch. Ich rede davon -

- Sind Sie jetzt am Ende Ihrer Frage, oder wollen Sie noch etwas sagen?

- Ich würde meinen Satz gern noch beenden.

Wenn es keine Formulierung gibt - Sie können das lächerlich machen -,