Herr Habersaat, Sie müssen schon zuhören, wenn Sie eine Frage stellen. Es geht an dieser Stelle in der Tat darum, wie wir miteinander umgehen. Dazu vielleicht auch an Sie ein klitzekleiner Hinweis:
885 Millionen €, diese Größenordnung hat die Stadt Hamburg an Einnahmen aus Ticketverkäufen und Verkehrsverbünden. Das deckt 75 % ihrer Kosten. Das heißt, Hamburg legt 25 % dazu; das sind nach Adam Riese umgerechnet um die 210 bis 230 Millionen €. Diese Summe packt Hamburg für den Personenverkehr dazu.
Wir dagegen haben Gesamtkosten von ebenfalls 700 bis 800 Millionen €. Bei uns decken die Fahrticketeinnahmen aber leider nur 40 % der Kosten, die entstehen. Das heißt, das deutlich ärmere Schleswig-Holstein gibt viel mehr Geld für öffentlichen Personennahverkehr aus als das reiche Hamburg. Ist das okay, Herr Habersaat?
- Da müssen Sie gar nicht mit dem Kopf schütteln, sondern da müssen Sie mitrechnen, Herr Habersaat. Bei 40-prozentiger Tarifergiebigkeit heißt das für uns, dass wir rund und roh für Schienen und Busse und anderes in jedem Jahr über 400 Millionen € ausgeben - 400 Millionen €! -, während Hamburg für seinen öffentlichen Personennahverkehr insgesamt 200 Millionen € an staatlichen Zuschüssen ausgibt. Stadttarif!
Deshalb ist es so wichtig - da haben Sie in einem Kritikpunkt Recht: Steinburg hin und zurück -, dass wir nicht versuchen, Tarifstrukturen, die für eine Stadt passend sind, über ein ganzes Land auszubreiten und dabei noch mehr an der Hoheit, an der Autonomie der Tarifgestaltung verlieren; im Gegenteil.
Wir müssen alles dafür tun - und deshalb ist Ihr Antrag ja auch richtig -, dass wir mit Hamburg anders als bisher ins Gespräch darüber kommen, dass wir eine grundsätzliche Strukturreform miteinander angehen müssen, die aufeinander abgestimmt ist.
Herr Habersaat, dieses ist nicht gescheitert, weil die Landesregierung von Schleswig-Holstein so lange auf Gutachten wartet, sondern der Nordtarif ist gescheitert, weil Hamburg bisher nicht gesprächsbereit war.
Nur muss ich an der Stelle Folgendes sagen: Die guten Beziehungen zu Hamburg gibt es in vielen Bereichen. In der nächsten Woche werde ich gemeinsam mit meinem dortigen Amtskollegen nach Israel fliegen und dort gemeinsam im Bereich Startups auftreten. So gut die Zusammenarbeit in vielen Bereichen ist, so sehr muss man aber auch sagen können und dürfen, dass es an verschiedenen Stellen nicht gut läuft. Bei dieser Frage des öffentlichen Personennahverkehrs ist die Abstimmung eben leider nicht gut; da müssen wir besser werden. Es geht hier um die Bereitschaft von Hamburg, gemeinsam mit uns darüber zu diskutieren.
Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Habersaat?
Herr Minister, glauben Sie, dass der Umstand, dass die Quote der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein so unterschiedlich ist, auch dadurch gegeben sein könnte, dass es sich bei der Freien und Hansestadt Hamburg um einen Stadtstaat handelt, während wir ein Flächenstaat sind?
wir das, was wir doch eigentlich alle erreichen wollen, nämlich mehr Menschen dazu zu bewegen, auf öffentliche Verkehrsmittel zurückzugreifen, gerade zwischen einem Stadtstaat und einem Flächenstaat am besten untereinander abgestimmt erreichen können. Ansonsten würden wir überall Tarifbrüche erleben. Wir erleben, dass heute derjenige, der von Bargteheide nach Hamburg fährt, ungefähr ein Drittel mehr dafür zahlen muss als derjenige, der von Ahrensburg nach Hamburg fährt. Da gibt es also eine Bruchstelle.
- Wenn Sie das jetzt bis Lübeck verlegen, Herr Kollege, dann haben Sie das Thema an den Lübecker Rand verlegt, und damit haben Sie denjenigen, der aus Ratekau zusteigt, mit einem irren Preis im Verhältnis zu dem, der in Lübeck zusteigt, belastet. Diese Tarifbrüche kriegen Sie doch dadurch nicht weg. Sie kriegen die Tarifbrüche nur weg, wenn Sie ein in sich geschlossenes System bauen, das zwischen Hamburg und uns abgestimmt ist. Das muss das Ziel sein.
Lassen Sie mich aber auch noch auf eine andere Sache eingehen, Herr Habersaat, damit in der Diskussion kein falscher Zungenschlag entsteht. Sie sollen ganz klar wissen, wo jedenfalls dieser Minister bei der Frage „Tariferhöhungen“ steht. Wir werden uns schlicht und ergreifend angesichts überschaubarer Finanzmittel entscheiden müssen, wofür wir das Geld ausgeben. Sie können das hier entscheiden, und ich exekutiere das dann. Wenn Sie sagen, Sie wollen in dem oder dem Umfang keine Tariferhöhung mehr machen, dann geht das zulasten der Qualitätsverbesserung, die wir erzeugen könnten. Oder wir entscheiden uns dafür, dass -
Herr Minister, einen kleinen Moment bitte! Ist das jetzt noch die Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Habersaat?
Das ist nett. Ich bitte um Vergebung. - Aber meinen Gedanken, Herr Habersaat, möchte ich durchaus noch zu Ende führen.
Wir müssen uns dann zwischen zwei Gegebenheiten entscheiden: Entweder die Leute steigen in größerem Maße um, weil es billiger wird, oder die Leute steigen um, wenn sie bei hoher Vertaktung pünktlich, schnell und qualitativ anspruchsvoll zum Ziel kommen. Ich sage Ihnen: Ich gehe davon aus, dass die Leute eher umsteigen werden, wenn sie eine hohe Qualität, hohe Taktzahlen, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit haben. Es wird nicht so sehr darauf ankommen, den geringstmöglichen Preis zu haben.
Deshalb sind einige Vorschläge aus bestimmten Ecken aus meiner Sicht auch totaler Quatsch. Zum Beispiel die 1. Klasse im Regionalexpress abzuschaffen bewirkt doch, dass diejenigen, die gerne mehr Geld ausgeben wollen, dann sagen würden: „Nein, dann fahre ich nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln.“ Das ist also genau der falsche Weg. Wir müssen ein qualitativ besseres Angebot machen. Dafür kann man dann auch einen bestimmten Preis verlangen.
Deshalb finden Sie in mir keinen grundsätzlichen Gegner von Tariferhöhungen, sondern Sie finden in mir einen, der sagt: Ein abgestimmter Nordtarif, der wäre schlau. Und dieser Antrag gibt Gelegenheit dazu, einen neuen Anlauf zu unternehmen.
Herr Minister, ich bin Ihnen so unglaublich dankbar für den Hinweis, dass das Parlament entscheidet und die Regierung exekutiert.
Das habe ich in diesem Haus schon lange nicht mehr gehört. Ich freue mich, dass das ausgerechnet von Ihnen kommt - Sie waren ja einmal Parlamentarier -; das finde ich wirklich gut. Insoweit sind wir uns also einig.
Sind wir uns auch bei dem zweiten Punkt einig, wo wir bereits in der letzten Wahlperiode auch über das Thema Aufnahme Steinburgs in den HVV gestritten haben? Deshalb ist es, Kollege Baasch, seinerzeit in die Wahlprogramme und in den Koalitionsvertrag gekommen, weil wir uns immer klar darüber waren, dass es eine Sonderbehandlung ist. Lübeck ist danach erst eingefallen, dass sie auch in den HVV kommen könnten.
Zu dem damaligen Oppositionsantrag von CDU und FDP und ich meine auch von den PIRATEN zum Thema Aufnahme Steinburgs in den HVV gab es einen Alternativantrag der damaligen Koalitionsfraktionen, in dem ein Nordtarif gefordert wurde. Das wurde dann interessanterweise ein einstimmiger Beschluss. In der letzten Wahlperiode waren wir uns schon einig, dass wir einen Nordtarifverbund haben müssen, dass Steinburg eine Sonderbehandlung benötigt und dass das auch der letzte Fall bleibt, bis wir zu einem norddeutschen Tarifverbund kommen. Darüber bestand schon in der letzten Wahlperiode Einigkeit. Ich wundere mich, dass der ein oder andere das vergessen hat. Herr Minister, das wollte ich noch einmal mit auf den Weg geben.
- Ich bedanke mich herzlich dafür, muss allerdings zur Kenntnis geben, dass ich in der letzten Wahlperiode weder auf der Regierungsseite Mitglied war noch am Parlament teilgenommen habe.
Kostenstruktur beim HVV referiert und ausgeführt, wieviel das Land Hamburg und wieviel das Land Schleswig-Holstein zahlen. Können Sie mir sagen, in welcher Höhe das Land Hamburg und in welcher Höhe das Land Schleswig-Holstein Regionalisierungsmittel vom Bund erhalten?
- Das kann ich jetzt nicht im Einzelnen sagen, aber sicherlich sind die Regionalisierungsmittel so, dass Schleswig-Holstein höhere Regionalisierungsmittel erhält, um das zu finanzieren.
Frau Abgeordnete, es kann doch nicht richtig sein, dass wir mit einer Struktur weiterleben, mit der die Tarifveränderungsanpassungen immer weiter dazu führen, dass wir als Bundesland immer mehr bezahlen müssen, während in Hamburg die Kostendeckungsstruktur beibehalten wird. Das kann doch keinen Sinn machen.