Protokoll der Sitzung vom 25.09.2019

Ein weiterer Punkt: Sie haben gesagt, alle Stellen, die wir in irgendeiner Art und Weise neu geschaffen haben, seien asylbedingt. Das ist erstens nicht richtig und zweitens nicht aktuell. Meinetwegen ist es auch nicht überdurchschnittlich. Wir haben inzwischen einen massiven Rückgang an Menschen, die zu uns gekommen sind, zu verzeichnen. Die Stellen, die wir in der Tat damals asylbedingt geschaffen haben, sind besetzt. Wir müssen die Verfahren ja bearbeiten. Wir können ja nicht einfach sagen: Die Leute sind hier, und dann kümmern wir uns nicht mehr um die Leute. Man muss diese Verfahren ja durchführen. Jetzt werden es aber weniger, und es ist so, dass diese Stellen nun umgewandelt werden. Beziehungsweise ist es so, dass Stellen asylbedingt wegfallen und dass neue Stellen geschaffen werden, die für andere Aufgaben zur Verfügung stehen. Hier reden wir dann über Polizisten, die wir ausbilden, wir reden über Juristen, wir reden über Leute, die in den Justizvollzugsanstalten arbeiten. Wir reden auch über Lehrer.

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

Ich glaube, wir sollten einmal darüber reden, ob es sinnvoll ist, mehr Lehrer, mehr innere Sicherheit durch die Polizei und mehr Rechtssicherheit durch mehr Juristen zu haben. Ich glaube, abgesehen von Ihnen werden hier alle einig sein, dass es Sinn macht, diese Menschen einzustellen.

(Beifall SSW)

Ein Weiteres: Sie haben auch Kritik an den Stellen der Justiz in den Asylkammern geäußert. Sie haben kritisiert, dass auf einmal so viele Asylkammern geschaffen worden seien. Sie haben aber gleich zu Beginn gesagt: Die Leute sollen alle raus hier, und wer kein Asylrecht hat, der soll gehen. Das haben Sie gesagt, oder ist das nicht Ihre Haltung? Dann müssten Sie diese korrigieren. Sie haben gesagt, Sie hätten die Leute von hier gern weg. So habe ich Sie jedenfalls verstanden.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ein Rechtsstaat sollte die Berechtigung prüfen. Die Menschen haben das Recht, gegen Entscheide Widerspruch einzulegen. Diese müssen von Gerichten abgearbeitet werden. Wenn Sie die Menschen loswerden wollten, müssten Sie eigentlich dafür plädieren, viele entsprechende Kammern einzurichten, und dürften nicht kritisieren, dass wir diese Kammern überhaupt haben.

Ich finde, Rechtssicherheit macht Sinn. Ich finde es sinnvoll, dass die Leute ein vernünftiges Asylverfahren erhalten, das schnell und rechtssicher ist. Das wird mit diesen Stellen sichergestellt.

Herr Abgeordneter Harms, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Nobis?

Sehr gern, ja klar.

Vielen Dank, Herr Harms. - Sie haben mich falsch verstanden. Sie haben natürlich völlig recht. Wir bemängeln nicht, dass Stellen geschaffen worden sind, um Asylverfahren abzuarbeiten. Das war ein Beispiel dafür, dass die Landesregierung sehr wohl weiß beziehungsweise wissen müsste, wie viele Stellen es gibt. Wir hatten explizit nach den Kosten gefragt. Diese Kosten wurden uns in der Kleinen Anfrage nicht mitgeteilt. Ich hatte kritisiert, dass die Landesregierung auf unsere Frage nicht korrekt antwortet.

- Es ist logisch, dass die Asylkammer dazu dient, im Asylverfahren Rechtssicherheit herzustellen. Natürlich ist sie nicht für Arbeitsrecht, Sozialrecht

oder Verkehrsrecht zuständig. Diesbezüglich brauche ich auch keine Kleine Anfrage an die Landesregierung. Das ist mir selbst auch klar.

(Beifall SSW)

Sie haben aber geäußert, es gebe immer mehr Kammern. Dazu sage ich: Diese Kammer brauchen wir, damit wir Asylverfahren rechtsgültig abarbeiten können. Diesen Rechtsweg müssen wir offenhalten. Das sind wir uns als Rechtsstaat schuldig.

Erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage?

Wenn noch eine vorhanden ist, gern.

Ich stimme Ihnen da völlig zu, Herr Harms. Aber wir beide wissen, dass die Einrichtung dieser Kammer Kosten verursacht. Ich wollte bei der Landesregierung die Kosten dafür erfragen. Man hat mir die Kosten nicht genannt beziehungsweise pauschal geantwortet, es gebe Personalkosten.

Ich hatte dargelegt, dass man aufgrund der Stellenbeschreibung sehr wohl weiß, wie viele Stellen für welche Kammern geschaffen wurden. Die Landesregierung weiß es, sagt dies aber nicht in der Kleinen Anfrage. Das hatte ich in meiner Rede bemängelt, nicht die grundsätzliche Sache, dass entsprechende Stellen geschaffen wurden.

- Dann ist es schön, dass es zu dieser Korrektur gekommen ist. Hier im Haus gab es massenhaft Empörung über die Äußerung, die Sie diesbezüglich getätigt haben. Ich habe gehört, dass Kollegen sich gefragt haben, ob die entsprechenden Menschen kein Verfahren mehr erhalten sollten. Darauf sind Sie nicht eingegangen. Da lag der Schluss nahe, dass Sie auch die Schaffung der Kammern infrage stellten. Wir glauben vielmehr, dass die Menschen mit einem Urteil rechnen müssen. Anders geht es nicht in einem Rechtsstaat.

Meine Damen und Herren, ich glaube, hinsichtlich der ausländischen Mitbürger, die zu uns gekommen sind, wird manchmal nur darüber diskutiert, was uns das Ganze kostet. Erstens finde ich, Humanität darf grundsätzlich etwas kosten. Das ist eine grundsätzliche Haltung.

(Beifall SSW, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

(Lars Harms)

Es ist mir völlig wurst, wo die Leute herkommen, die in Not sind. Wenn wir, ein reicher Staat, eine reiche Gesellschaft, helfen können, dann haben wir in Gottes Namen auch zu helfen.

(Vereinzelter Beifall)

Zweitens: Wir müssen uns allmählich - Herr Kollege Petersdotter hat es eben deutlich gesagt - Gedanken darüber machen, dass die Menschen auch etwas mitbringen, dass die Menschen Fähigkeiten haben, dass die Menschen zum Beispiel mehrsprachig sind. Das vergessen wir immer. Sie können uns in den Unternehmen super gut helfen, wenn sie mit ihrer Herkunftsregion weiter in Kontakt stehen. Die Menschen können richtig etwas leisten. Das sagen wir auch immer über uns Minderheiten, dass diejenigen, die Dänisch können, auch mit den Dänen hinter der Grenze reden können. Das nehmen wir so hin. Ein Syrer kann aber auch ein syrisches Unternehmen kontaktieren; ein Nordafrikaner kann mit Menschen in nordafrikanischen Staaten kommunizieren. Das geht eben auch. Das ist ein Riesenschatz. Den müssen wir heben, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW, CDU, SPD, vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht nicht nur um die Sprachen, sondern auch um die kulturellen Kenntnisse, die diese Leute mitbringen. Wir reden immer nur darüber, die Leute sollten Deutsch reden, sie sollten die Kultur annehmen und weiß der Geier was; das sollen sie auch alles. Aber ganz wichtig ist auch: Wir müssen ihnen auch die Chance geben, ihre eigene Kultur zu behalten. Darin müssen wir sie auch bestärken, sodass sie sich irgendwann sowohl in unserer Kultur bewegen können als auch in ihrer Herkunftskultur. Dann haben wir als Gesellschaft eine riesige Chance, mit diesen Menschen etwas auf die Beine zu stellen. So muss man, glaube ich, an die Sache herangehen.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Jetzt noch kurz zu drei Punkten, die wir, glaube ich, grundsätzlich klären müssen. Der erste Punkt ist die Frage, ob das Programm IMPULS nun gut ist oder nicht. Es geht darum, ob es richtig ist, die Knete zurückzulegen, um in den nächsten Jahren zu investieren. Ist es gut oder schlecht? Diese Idee stammt aus Zeiten der Küstenkoalition. Sie war damals gut und ist heute noch immer gut. Ich kann Ihnen auch sagen, warum. Irgendwann wird es einmal enger. Jeder sagt, es könne vielleicht auch einmal knapp werden. Es könne natürlich auch sein, dass die Zinsen steigen. Es wird passieren, dass wir für diejeni

gen, die wir jetzt eingestellt haben, irgendwann Rente zahlen müssen. Es könnte also irgendwann einmal knapper werden. Ein guter Haushälter sorgt vor, sodass er sich dann noch irgendwie bewegen kann.

Wenn 1 Milliarde € zur Verfügung steht, die in den nächsten zehn oder 20 Jahren aufgewandt werden kann, dann ist das gut. Wir dürfen das auf gar keinen Fall verschenken beziehungsweise zur Schuldentilgung nutzen. Das Geld muss investiert werden. Damit schaffen wir im Übrigen auch Arbeitsplätze, und die viel besprochene Binnenkonjunktur wird gestärkt. Auch das hilft uns, meine Damen und Herren.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Der nächste Punkt, der eng damit zusammenhängt, ist die Schuldenbremse. Nach den Diskussionen heute und dem, was ich in der Zeitung gelesen habe, Monika Heinold, bin ich richtig froh, dass wir die Schuldenbremse damals auf die Beine gestellt haben, und zwar nicht nur mit einem Gesetz, sondern in der Verfassung abgesichert haben. Das sichert ab, dass nur eine Zweidrittelmehrheit diese abschaffen kann.

Ich glaube, es war wirklich eine kluge und weitsichtige Entscheidung, als wir gesagt haben, wir wollten eine Schuldenbremse haben. Das galt einmütig über alle Fraktionen hinweg, von der Opposition bis hin zu den Regierungsfraktionen.

(Beifall SSW)

Wir haben gesagt: Das ist uns so wichtig, dass wir es in der Verfassung absichern, damit es auf gar keinen Fall wieder geändert wird. Die Begründung ist genau die Gleiche wie eben: Wir brauchen eine Schuldenbremse, damit wir nicht auf Kosten der Generation leben, die heutzutage vor der Tür für ihre Zukunft demonstriert. Es geht nicht nur um das Klima, es geht auch um die finanzpolitische Zukunft, die wir den jungen Menschen weiterhin eröffnen müssen.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und FDP)

Zum letzten Punkt, dem Klimaschutz: Der Klimaschutz wird in den nächsten Jahren das absolute Megathema sein. Ob wir das Thema in fünf Jahren noch Klimaschutz nennen oder anders, wir kommen an dem Thema nicht mehr vorbei. Mir ist völlig wurst, ob er menschengemacht ist oder anderweitig entstanden ist, er ist da. Er bedroht uns. Er bedroht vor allem Menschen in anderen Regionen. Auch hier, meine Damen und Herren, gilt: Wir haben eine

(Lars Harms)

Verantwortung für diese Menschen und müssen uns Gedanken machen, wie wir hier wirtschaften. Die Menschen in Bangladesch, im Kongo oder auf einer Insel im Pazifik müssen Überlebenschancen haben. Das ist unsere Verantwortung. Wenn wir uns darüber keine Gedanken machen, kommen sie auch zu uns. Ich finde, es ist besser, wenn die Menschen in ihrer Heimat bleiben können.

Wichtig ist, glaube ich, dass wir uns darüber Gedanken machen, dass wir den Klimaschutz ausgleichen. Wir müssen eine Akzeptanz dafür schaffen. Es gab vor einiger Zeit - das ist ein bisschen in Vergessenheit geraten - die berühmte Agenda 21. Damals galt, dass Maßnahmen ökologisch, ökonomisch und sozial abgeglichen werden müssen. Wenn sich Maßnahmen hinsichtlich dieser Kriterien im Einklang befinden, handele es sich um eine gute Maßnahme. Das gilt auch für diesen Fall. Wir müssen gucken, dass wir sozial nachhaltig arbeiten. Wenn wir das nicht machen, bekommen wir in der Akzeptanz Riesenprobleme.

Robert Habeck hat behauptet, dass, was die Regierung mache, sei völliger Käse. Es sei völliger Quatsch, die Pendlerpauschale zu erhöhen. Das sei ein Anreiz, weitere Wege zur Arbeit zu fahren. Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass ich, nur weil ich eine Pendlerpauschale erhalte, von Husum nach Niebüll ziehe und damit noch einen 20 km längeren Arbeitsweg in Kauf nehme. Das ist doch Blödsinn.

(Beifall SSW, CDU und FDP)

Wir wissen, dass die Pendlerpauschale hilft. Wir wissen, dass zum Beispiel auch die Senkung der Stromsteuer helfen würde. Wir wissen, dass auch viele andere Maßnahmen abgewogen werden müssen. Ich glaube, daran müssen wir noch arbeiten. Das ist ein Megathema. Das wird hochgespielt. Das ist auch in Ordnung, weil es wichtig ist. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es auch in diesem Land noch viele Menschen gibt, die sich manches nicht leisten können. Auch für diese haben wir eine Verantwortung.

(Beifall SSW und FDP)

Wenn wir die Abgaben erhöhen - das ist völlig okay, darüber werden wir uns morgen noch fleißig unterhalten -, müssen wir uns auch darüber Gedanken machen, was das beispielsweise für den Hartz-IV-Empfänger bedeutet. Der bekommt zwar seine Wärme bezahlt, aber nicht seinen Strom. Wenn ich diese Kosten erhöhe, geht das richtig ins Portemonnaie. Für diese Menschen sind manchmal schon 10 € zu viel, weil sie es sich nicht leisten können. Wir dürfen nicht von uns selber oder von

einem durchschnittlich situierten Menschen ausgehen, sondern müssen ganz vorsichtig herangehen und überlegen, wie wir es schaffen, dass Menschen, die es jetzt schon richtig schwer haben, es nicht noch schwerer haben werden.

Aus meiner Sicht muss Ziel der Politik sein, dass Menschen, denen es gut geht, einen größeren Teil bezahlen. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Aber wir müssen bei unseren Maßnahmen ein wenig genauer darauf schauen, dass das, was wir tun, auch nachhaltig ist, und zwar sowohl im ökologischen wie auch im ökonomischen und im sozialen Sinne. Dann sind wir auf der richtigen Spur. - Vielen Dank.

(Beifall SSW und FDP)

Begrüßen Sie bitte mit mir auf der Tribüne FDPMitglieder aus dem Wahlkreis Segeberg West, Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schule Ostholstein, Eutin, und Vertreterinnen und Vertreter der Minderheiten und Volksgruppen des Landes Schleswig-Holstein.