Protokoll der Sitzung vom 25.09.2019

Wir sind natürlich gespannt, womit Sie noch kommen. Auch da lässt die eigene Finanzplanung wenig Gutes erwarten, Frau Finanzministerin, wenn wir uns angucken, was Sie eingestellt haben.

Ihre Planlosigkeit findet übrigens noch eine Fortsetzung, wenn es um die Sondervermögen geht. Wir haben mitnichten die Sondervermögen kritisiert, im Gegenteil: Die wurden damals von den heutigen Regierungsfraktionen außer den Grünen kritisiert, als wir sie eingeführt haben. Das war eine gute Sache, dass wir das gemacht haben. Aber jetzt nutzen

(Dr. Ralf Stegner)

Sie das Instrument nicht nur selber, sondern ganz im Gegenteil wandert immer mehr Geld in Töpfe, von denen Sie vermutlich noch nicht einmal selbst wissen, wofür sie eigentlich gedacht sind. So kann man gute Instrumente, die wir eingeführt haben, ad absurdum führen.

Keine der Pressemitteilungen der Koalitionsfraktionen - wir gucken uns die immer sehr genau an, es ist immer sehr spannend zu lesen, was Sie so von sich geben - kommt ohne Hinweis auf die Investitionen aus. Dabei wissen wir alle, wie wenig aussagekräftig das ist. Die Baubranche boomt, und die Kosten gehen durch die Decke. Dafür reicht übrigens ein Blick in den Baupreisindex des Statistischen Bundesamtes. Das ist nicht Ihre Schuld.

(Christopher Vogt [FDP]: Auch!)

Es gehört aber zur Wahrheit dazu, dass wir ehrlich über die Mittel sprechen, die das Land endlich in Straßen, Gebäude oder Leitungen steckt. Insofern sind dieses Schönreden und dieses Sagen, es sei ja fast wie in Bayern - Herr Kollege Koch, wie soll ich sagen?

(Tobias Koch [CDU]: Na, was? - Annabell Krämer [FDP]: Super ist das!)

etwas unter Ihren intellektuellen Möglichkeiten. Ich wollte eigentlich etwas Nettes über Sie sagen, vielleicht ist das aber auch übertrieben; ich lasse das lieber weg.

(Christopher Vogt [FDP]: Die Baukosten sind auch in Bayern gestiegen!)

Jedenfalls muss man ehrlicherweise sagen, dass es nicht so ist, wie Sie es darstellen. Der Kaiser hat auch in dieser Frage keine Kleider an. Sie haben hohe Phantomzahlen, und de facto passiert relativ wenig.

Weitgehend leer geht übrigens das UKSH aus, über das Sie gesprochen haben, bei dessen Betreuung das Wissenschaftsministerium einen so miserablen Job gemacht haben muss, dass sie in die Zuständigkeit des Finanzministeriums gegangen ist. Wir hören übrigens auch von unseren Gesprächspartnern beim UKSH: Wir wünschen uns doch, dass man sich vernünftig um uns kümmert. - Das ist aber offenkundig nicht der Fall. Wir sprechen häufiger mit den Beschäftigten und der Leitung des Hauses dort und hören immer nur, dass in dem zuständigen Haus vergleichsweise wenig passiert. Jetzt die Notbremse zu ziehen, Frau Ministerin Heinold, spricht wirklich für sich.

Der Maximalversorger des Landes hat vieles, aber die maximale Aufmerksamkeit der Landesregierung hat er nicht. Das ist ein Zustand, den wir im Interesse der Beschäftigten und der Tausende von Patientinnen und Patienten beenden müssen. Hier wird Medizin auf dem höchsten Niveau gemacht, das man in Deutschland finden kann. Die haben mehr verdient als das, was sie von Ihnen bekommen.

Herr Ministerpräsident, wenn man sich das alles so anguckt, was Sie sagen, kann man nur feststellen: Die Worte der Landesregierung zeigen, was Sie gerne wären, Ihre Taten zeigen, was Sie wirklich sind. Die Taten bleiben weit hinter den Worten zurück. Die Öffentlichkeitsarbeit ist durch das, was Sie tun, nicht gedeckt. Es gibt kaum ein Versprechen, das mit dem dritten Haushalt zur Halbzeit dieser Koalition noch Bestand hätte. Es gibt keinen einzigen Hinweis im Haushaltsentwurf, dass von dieser Landesregierung noch größere Dinge zu erwarten wären. Das ist gemessen an der immer noch günstigen Finanzsituation des Landes eine ziemliche Armseligkeit. Man würde doch erwarten, dass eine Regierung, die sich bundesweit dafür loben lässt, wie innovativ alles sei, dann auch zeigt, wie es in der Sache vorangeht. Das tun Sie alles nicht.

Stattdessen ist dies eine Koalition, bei der die Differenzen und Widersprüche mit jeder Woche größer werden, die sich über Kleinigkeiten streitet und die die großen Probleme gar nicht erst angeht. Ihr eigener Anspruch war ein großer Aufbruch. Sie wollten ein visionäres Bündnis sein. Wer Visionen hat, der soll nicht zum Arzt gehen. Hier widerspreche ich dem Altkanzler. Ich finde aber, es wäre schon wichtig für das Land, zumindest Teile davon in Ihrem Haushalt wiederzufinden. Das wäre ganz schön. Diese kommen allerdings allenfalls in den Pressemitteilungen der Landesregierung vor.

Sie sind, was das angeht, zur Halbzeit wirklich gescheitert. Ihre Zwischenbilanz ist schwach und lässt nichts Gutes für den Rest der Legislaturperiode ahnen. Die Methode, immer anderen die Schuld dafür zu geben, dass man selbst nichts zustande kriegt, ist, so finde ich, ein bisschen zu wenig.

Ich will deutlich sagen, und wir werden darüber auch in der Aktuellen Stunde debattieren: Kritik finde ich an manchen Stellen durchaus angebracht. Ich äußere die auch. Ich bin mit manchem nicht zufrieden, was die Koalition in Berlin macht. Statt aber - wie gesagt - gemeinsam daran zu arbeiten, dass das besser wird, immer nur zu sagen, die sind schuld, wenn etwas hier im Lande nicht läuft, obwohl man in der letzten Legislaturperiode ganz an

(Dr. Ralf Stegner)

ders argumentiert hat, als man noch in der Opposition gewesen ist, finde ich ein bisschen dürftig.

Das Land hätte mehr verdient. Wir wollen nicht das Land in Deutschland bleiben, das der Lohnkeller der Republik ist. Wir wollen auf Sicht nicht das einzige Land bleiben, in dem es keine gebührenfreien Kitas gibt. Wir wollen nicht das Land bleiben, in dem die Beschäftigten sagen: Wir gehen lieber nach Hamburg, nach Niedersachsen, nach MecklenburgVorpommern oder nach Bremen, weil wir es dort besser haben. Wir wollen vielmehr ein Land der guten Zukunft mit guten Ideen sein, indem wir das Leben der Menschen praktisch verbessern. Dafür tritt die SPD ein, und darin unterscheiden wir uns sehr deutlich von der Landesregierung hier. - Vielen herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Besuchertribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags eine weitere Gruppe von Schülerinnen und Schülern des Ricarda-HuchGymnasiums aus Kiel sowie Schülerinnen und Schüler des Berufsbildungszentrums RendsburgEckernförde. - Herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!

(Beifall)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deren Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Haushaltsentwurf macht wieder einmal deutlich, wie sehr Politik ein Ausgleich von verschiedenen Interessen in unserer Gesellschaft ist - ein Ausgleich zwischen denjenigen, die sich mehr staatliche Ausgaben wünschen, und denjenigen, die sich eine Entlastung der Steuerzahlerinnen und -zahler wünschen. Sie ist ein Ausgleich zwischen den Bedarfen, die wir heute haben - die Wohnungsnot wurde als Beispiel genannt -, und denen, die zukünftige Generationen haben, zum Beispiel den Klimawandel. Sie ist ein Ausgleich zwischen den Interessen junger Menschen mit dem Anspruch auf Bildung und dem Anspruch älterer Menschen, die unsere Unterstützung bei der Pflege brauchen. Nicht zuletzt geht es um einen Ausgleich zwischen den Interessen der verschiedenen Regionen in SchleswigHolstein, also auch zwischen Land und Kommunen.

Lieber Herr Stegner, ja, es ist richtig: Wir sind in der Jamaika-Koalition nicht eine Partei, sondern wir sind drei. Genauso, wie es nicht die Bürgerin, den Bürger oder die Bevölkerung gibt, so gibt es auch in unserer Gesellschaft unterschiedliche Interessen, die hier im Parlament auch von unterschiedlichen Gruppierungen vertreten werden. Deshalb ist es doch gut, wenn wir uns über diese Fragen auseinandersetzen. Das tun wir nicht immer nur im geschlossenen Kämmerlein, sondern das dringt auch nach außen. So what!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir in der Koalition suchen diesen Ausgleich, und dieser gelingt genau deshalb, weil wir aus unterschiedlichen Richtungen auf die Dinge gucken und weil wir unterschiedliche Blickwinkel auf die Bildung, auf die Innenpolitik, auf den Naturschutz und auf alle möglichen Bereiche haben. Dabei schaffen wir es kaum, alles so zu regeln, dass alle vollkommen glücklich sind. Wie sollte das auch funktionieren? Es ist doch logisch, dass dann, wenn man eine Entscheidung trifft, nicht immer alle mit allem glücklich sind.

Bei der Kita haben wir diesen Fall gehabt. Wenn man etwas für die Eltern und die Kommunen und für diejenigen, die in den Kitas arbeiten, tun will, aber nur eine begrenzte Menge Geld hat, ist natürlich die Voraussetzung, dass man anerkennt, man kann nicht alle gleichmäßig glücklich machen. Das geht nicht. Deshalb glaube ich, dass unsere Politik des Ausgleichs und unsere Politik, die unterschiedlichen Interessen von drei Parteien in den Blick zu nehmen, gut für dieses Land ist und uns voranbringt, und das spiegelt sich in diesem Haushalt genau wieder.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Es ist auch gut für dieses Land, dass wir unsere Schwerpunkte Klimaschutz und Infrastruktur gemeinsam angehen. Wir haben schon viel erreicht und noch viel mehr vor. Daher sage ich nicht nur Dank an die Finanzministerin und an ihr Team für diesen Haushalt, sondern ich sage auch Dank an unsere Regierung und an meine Koalitionspartner hier im Haus für zweieinhalb Jahre Koalitionsarbeit.

Die Einhaltung der Klimaziele hat für uns Grüne höchste Priorität. Der Klimawandel wartet nicht. Die Zeit drängt. Auf die klimaschutzbezogenen Maßnahmen dieses Haushalts möchte ich deshalb besonders eingehen. Es ist nämlich mitnichten so, dass dazu dort nichts steht, sondern man muss sich

(Dr. Ralf Stegner)

das genau anschauen und Klimaschutz nicht nur als eine Maßnahme sehen, die in einem Sektor eine Rolle spielt. Vielmehr spielt Klimaschutz im Grunde in allen Bereichen eine Rolle, und das ist etwas, was wir uns als Koalition vorgenommen haben.

Zu nennen sind hier das Jahr für nachhaltige Entwicklung, das für das nächste Jahr geplant ist, sowie der Moorschutz, der dabei auch eine Rolle spielt, und natürlich spielen die Energiewende ebenso wie die Elektromobilität unter Herrn Buchholz und die Sanierung von Radwegen eine extreme Rolle.

Wir haben im kommenden Jahr 15 Millionen € für den ökologischen Landbau vorgesehen. Wir haben 42 Millionen € für Naturschutz und 5,5 Millionen € für den Ausbau der Elektromobilität sowie 1,5 Millionen € für die Sanierung der Radwege vorgesehen. Das sind Anfangsfinanzierungen, die über die Legislatur noch aufsteigend sind. Wir geben fast 5 Millionen € für ein Sondervermögen für Bürgerenergieprojekte aus, und die Ministerin hat es bereits gesagt: Die größte Wirkung im Bereich von CO2-Einsparungen im Verkehrssektor wird sicherlich durch die 125 Millionen € erreicht werden, die wir für MOIN.SH vorgesehen haben.

Das sind große Investitionen, die wir auf den Weg gebracht haben. Zum Teil sind sie auch vorher schon auf den Weg gebracht worden, zum Teil schon vor Jahren. Im Gegensatz zum Bund sind wir hier in Schleswig-Holstein schon früher in die Hufe gekommen, und das ist auch gut so.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Hans-Jörn Arp [CDU])

Zusätzlich werden von 2020 bis 2022 rund 2,2 Millionen € für ein neues Förderprojekt Klimaschutz für Bürgerinnen und Bürger aufgelegt. Die Idee dahinter ist, dass wir als Politiker Rahmenbedingungen setzen und groß investieren müssen. Wichtig ist aber auch, dass wir den Menschen im Land ermöglichen, auch einzeln etwas für den Klimaschutz zu tun. Hier wird also gefördert, wenn man statt mit dem Auto mit dem E-Bike zur Arbeit fahren will, auf dem Balkon eine Solaranlage installiert oder eine alte Ölheizung ersetzt. Das sind Bereiche, in denen man sehr unbürokratisch Mittel anfordern kann.

Das mag in der Summe nicht das sein, worüber man sagt: Das macht den großen Unterschied. Herr Arp, wir haben gestern Abend darüber gesprochen. Das sind kleine Summen, aber die Idee dahinter ist, dass dies zu einem Bürgerprojekt wird und dass das eine Geschichte wird, die positiv erzählt wird. Wir sagen also nicht: Oh, jetzt müssen wir alle Klima

schutz machen, wir dürfen nicht mehr mit dem Auto fahren, alles wird ganz schrecklich, sondern wir machen daraus eine positive Wendung und sagen: Ja, das ist ein gemeinsames Projekt. SchleswigHolstein geht gemeinsam richtig voran und zeigt dem Rest der Republik und damit auch dem Rest Europas, dass man etwas tun kann, und das ist eine richtig gute Geschichte. Das ist auch eine JamaikaGeschichte.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, genauso wichtig wie der Beitrag des Einzelnen ist natürlich auch der Beitrag der Kommunen, zum Beispiel durch Dörfer, in denen in neuen Baugebieten auf Gründächer oder auf Solardächer geachtet wird. Das gilt für Gemeinden, in denen man Wärmenetzwerke aufbaut, und für Städte, die ihren öffentlichen Raum so gestalten, dass Menschen das Auto stehenlassen können und auch wollen.

Ein guter Radverkehr ist grundlegend für die neue Mobilität. Wir setzen einen Schwerpunkt darin, den Kommunen bei der Planung der Infrastruktur zu helfen. Daher ist auch zu erwähnen, dass wir im Haushalt einen Titel für einen Wettbewerb zum Solarenergieausbau haben. Wir haben im Land noch erhebliches Potenzial im Bereich Photovoltaik und Solarthermie. Um die Klimaziele erreichen zu können, müssen wir dieses nutzen. Der Wettbewerb setzt Impulse für die kommunale Ebene. Die Gemeinde mit dem größten Solarenergiezubau auf Gebäuden gewinnt. Dabei wird gestaffelt nach Einwohnerzahlen, sodass kleine Gemeinden die gleichen Chancen haben wie große Städte. Das meine ich, wenn ich sage: Klimaschutz positiv gestalten und dabei eine gute Geschichte erzählen.

Über das desaströse Ergebnis des sogenannten Klimakabinetts vom vergangenen Freitag will ich nicht allzu viele Worte verlieren. Wir haben dazu morgen eine Aktuelle Stunde. Es macht jedoch eines deutlich: Jetzt muss das Land, jetzt muss SchleswigHolstein erst recht ran.

Zumindest wurde in Aussicht gestellt, dass der Bund die Bereiche Humuserhalt und Humusaufbau im Ackerland, dauerhafte Grünlandnutzung, Schutz von Moorböden und den Erhalt von Wäldern verstärkt fördern will. Es versteht sich, dass wir, das Land, alle verfügbaren Mittel nutzen müssen, um das kozufinanzieren.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Eka von Kalben)

So haben wir etwa im Bereich Moorschutz erhebliche ungenutzte Potenziale. Entwässerte Böden nehmen in Schleswig-Holstein rund 80.000 ha ein und entsprechen etwa 2,3 Millionen t CO2. Damit sind sie ein erheblicher Faktor in der Klimabilanz. Hier ist jeder Euro für den Klimaschutz effektiv angelegt.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Umweltbereich sind viele Haushaltstitel mit EU-Geldern kofinanziert. Darum ist die Diskussion über die Reform der EU-Agrarpolitik für uns im Land äußerst haushaltsrelevant. Die EU-Agrargelder müssen endlich zielgerichtet für eine klimafreundliche Landwirtschaft eingesetzt werden können. Auch hier schlummern Klimaschutzpotenziale, die endlich genutzt werden müssen.