Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

(Lars Harms)

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Herr Kollege Vogt, erstens: Ja, klar, wir haben uns an Recht und Gesetz gehalten. Das tun alle hier, das ist überhaupt keine Frage. Die Frage ist doch, wenn wir einen Antrag stellen - das haben wir schon Hunderte, Tausende Male getan; ich bin inzwischen doppelt so lange in diesem Haus wie der Kollege Kumbartzky

(Zuruf: 20 kg! - Heiterkeit)

- 20 kg lang. - Wir haben die Bundesregierung immer aufgefordert, dieses oder jenes zu tun. Wir haben sogar die Europäische Union aufgefordert, obwohl keine eigene Zuständigkeit gegeben war.

Warum findet sich in Ihrem Antrag nicht die Aufforderung, CCS auch in der Nordsee zu verbieten, gar nicht erst damit anzufangen? Warum schreiben Sie es nicht da rein? Wir wären uns sofort einig. In dem Moment, in dem Sie das tun, ziehen wir unseren Antrag zurück; das ist ganz klar. In dem Moment aber, in dem Sie es nicht tun, gehen wir davon aus, dass Sie es wollen. Wir wollen es nicht. Das ist der Unterschied.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Oppositionsführers?

Lieber Herr Kollege Harms, zum einen wiederholen wir die Beschlussfassung hier im Haus, die wir schon einmal vorgenommen haben; das finde ich richtig.

Zum anderen teile ich in der Sache Ihre Auffassung. Wir hätten keine Bedenken, den Satz zu ergänzen, dass wir auch anderswo, wo wir es nicht selbst regeln können, dagegen sind, dass es geschieht. Das könnte man durchaus so machen.

Was die Frage des Klimapakets angeht, will ich in dem Kontext sagen: Es sind alle möglichen Dinge angesprochen worden, und zum Teil gibt es unterschiedliche Auffassungen. Wichtig ist aber, dass man in diesem Haus klarmacht, dass man an keiner Gesetzgebung mitwirkt - egal, auf welcher Ebene -, die CCS zulässt, weil wir alle miteinander das nicht wollen.

Ich persönlich hätte überhaupt nichts dagegen, den Punkt zu ergänzen und damit Einigkeit in diesem Haus herzustellen, außer mit den Rechtsradikalen. Meine Fraktion wäre dabei.

Wir finden die Beschlussfassung vom letzten Mal trotzdem richtig. Wir können gern ergänzen: Wir wünschen uns, dass das auch an anderer Stelle, wo wir keine Zuständigkeit haben, nicht geschieht, weil das falsch ist und wir hier kein Sankt-Florians-Prinzip einführen sollten. Wir müssen nur wissen, dass wir diese Frage nicht selbst regeln können. Politisch fordern können wir es sehr wohl. Wir als SPD-Fraktion hätten - auch wenn wir den vorliegenden Antrag mittragen - keine Bedenken, das hinzuzufügen.

- Es freut mich, dass wir beide uns einig sind, SPD und SSW. Wenn sich andere anschließen und wir nachher eine Mehrheit dafür kriegen, ist es gut. Wir werden sehen, wie sich Jamaika verhalten wird.

Noch einmal zu unserem Antrag. Wir vertreten eine konsequente Haltung: Wir wollen CCS in allen Lebensbereichen ausschließen. Es geht auch darum, dass wir gar nicht erst anfangen, über so einen Unsinn nachzudenken. Deswegen haben wir in unserem Antrag klar formuliert, dass wir in diesem Bereich auch keine Forschung und Entwicklung haben wollen, sondern dass wir Forschungsgeld, das dafür bereitgestellt wird, lieber dafür verwenden, neue Technologien zu entwickeln, die CO2-Vermeidung beziehungsweise CO2-Bindung befördern können. Das ist für uns viel wichtiger als in solchen Bereichen zu forschen. Denn wenn man erst einmal anfängt zu forschen, will man es irgendwann auch umsetzen, und das wäre eine reine Katastrophe.

Wir sagen ganz klar: Wir wollen das Ganze sowohl an Land als auch auf dem Meer ablehnen. Herr Kollege Stegner hat vorhin gesagt, der letzte Satz unseres Antrags sei problematisch. Ich will ihn einmal vorlesen:

„Sollte eine separate Abstimmung in Bezug auf CCS im Klimapaket nicht möglich sein,“

- das wäre natürlich das Schönste

„ist das Klimapaket der Bundesregierung abzulehnen.“

Genauso meinen wir das. Für uns ist es so wichtig, CCS abzulehnen, dass wir bereit wären, das gesamte Klimapaket abzulehnen, weil wir es einfach den absolut falschen Weg finden, den absolut klimaschädlichen Weg, den absolut umweltschädlichen

(Lars Harms)

Weg und den absolut schädlichen Weg für die Menschen zu gehen und für eine solche Technologie einen Kompromiss einzugehen.

(Unruhe)

Herr Dr. Stegner wünscht eine weitere Zwischenfrage.

Sehr gern.

Lieber Herr Kollege Harms, wir haben gar keinen politischen Dissens. Das Problem an Ihrer Formulierung ist nur: Wenn wir das Klimapaket ablehnten, wäre die Botschaft: Der Schleswig-Holsteinische Landtag lehnt das Klimapaket ab. Das kann nicht das sein, was wir wirklich wollen.

Es wird aber nicht über das Klimapaket abgestimmt, sondern über konkrete Gesetzesinitiativen. Ich habe niemanden in diesem Haus gehört - für die SPD erkläre ich das ganz klar -, der seine Hand dafür reichen würde, bei welcher Gesetzgebung auch immer, im Bundesrat oder im Deutschen Bundestag, die CCS-Technologie zu erlauben. Das wollen wir ausdrücklich nicht.

Deswegen würde ich es sehr begrüßen - ich sage es noch einmal -, wenn wir über den Antrag, in dem wir das bekräftigt haben, was wir im Landtag beschlossen haben, hinaus einen zweiten Satz beschließen würden, der heißt: Wir lehnen die CCS-Technologie überall ab.

Der letzte Satz des SSW-Antrags erweckt allerdings einen anderen Eindruck. Dahinter könnten sich im Zweifelsfall auch Leute versammeln, die das Klimapaket aus ganz anderen Gründen ablehnen und die Maßnahmen nicht wollen. Deswegen sollten wir die Formulierung nicht beschließen. Das Klimapaket steht ja gar nicht zur Abstimmung, es geht um konkrete Gesetzgebungsverfahren.

Es muss unmissverständlich klar sein - deswegen sage ich das für meine Fraktion noch einmal -, dass überhaupt niemand auf die Idee kommen könnte, da etwas anderes hineinzuinterpretieren. Wir lehnen CCS-Technologie unter jedweden Umständen ab. Das muss klar und deutlich sein. Wenn wir das gemeinsam hinkriegen könnten, wäre das gut

für dieses Haus. Es wäre schlecht, wenn man bei einer Differenzierung bleibt und die Öffentlichkeit nicht versteht, um was es uns geht. Das Anliegen des SSW ist berechtigt. Wir reden über die Form, wie wir das zusammen hinkriegen können.

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Herr Stegner, ich habe vorhin angeboten: Wir ziehen unseren Antrag sofort zurück, wenn die Ablehnung in der Nordsee beziehungsweise außerhalb der Zwölfseemeilenzone von allen mitgetragen wird.

- Mit uns geht das.

Dann hätten wir einen gemeinsamen Antrag aller demokratischen Parteien. Wir wollen einmal gucken, ob sich Jamaika bewegen kann. Sollte das nicht der Fall sein, erhalten wir unseren Antrag aufrecht.

Ich will Ihnen sagen, warum der Satz da drinsteht. Wir befinden uns in einer Verhandlungssituation. Wenn wir jetzt nicht Druck machen und deutlich machen, wo unsere Grenzen sind, haben diejenigen, die für uns verhandeln sollen - im Regelfall unsere Landesregierung -, relativ große Freiheit.

Als Parlamentarier sage ich ganz klar: Wir sind hier als Parlamentarier gefragt, der Landesregierung Vorgaben zu machen, wie sie zu verhandeln hat. Wenn man keine Einzelabstimmung über CCS, ja oder nein, auf Bundesebene hinkriegt, sondern das ganze Paket beschließen muss, ist unsere Haltung, dass wir das Paket dann ablehnen, weil wir CCS absolut für den falschen Weg halten. Es wäre eine reine Katastrophe, an Land oder auf See damit anzufangen. Das ist kein vernünftiges Signal, auch in der Klimaschutzdebatte. Deswegen haben wir das so in unserem Antrag formuliert.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Immer gern. Wir unterhalten uns immer gern.

Wir müssen ja irgendwie zusammenkommen. Wir haben nicht viel Zeit. Ich möchte einen Verfahrensvorschlag machen. Wir könnten schauen, ob wir den Satz unseres Antrags ergänzt kriegen, im Antrag der demokratischen Parteien,

(Lars Harms)

im Augenblick noch ohne den SSW, dann vielleicht mit dem SSW. Wenn das aus irgendwelchen Gründen nicht gehen sollte, wäre die SPD-Fraktion bereit, dass wir zusammen einen weiteren Antrag stellen, der lautet:

Wir fordern im Übrigen alle anderen auf, die da zuständig sind, die CCS-Technologie nicht zuzulassen, auch nicht in der Nordsee. Da kann man sich auf eine Formulierung verständigen; darüber könnte man separat abstimmen. Wenn das gewünscht ist, wären wir bereit, so einen separaten Antrag zu stellen.

Da der Tagesordnungspunkt bald endet, müssten wir relativ schnell zusammenkommen. Deswegen mache ich das in Form einer Zwischenbemerkung.

- Lieber Kollege Stegner, wir beide sind uns einig, wir müssen uns gar nicht einigen, ich warte darauf, ob Jamaika bereit ist, einen solchen Satz mitzutragen. Wenn dieses Signal aus der Jamaika-Koalition kommt, dass wir darunterschreiben: „Der Schleswig-Holsteinische Landtag lehnt CCS im Bereich der Nordsee, außerhalb der Zwölfseemeilenzone ab“, hätte ich keinen Schmerz, dann wären wir uns sofort einig. Wenn dieses Signal käme, könnten wir die Beschlussfassung auf heute Nachmittag verschieben. Dann machen wir das gemeinsam, und alles ist kein Problem. Wir werden ja sehen, wie Jamaika darauf reagiert.

(Jörg Nobis [AfD]: Sie können den Indischen Ozean auch noch mit aufnehmen! - Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Meine Damen und Herren, es geht nicht nur um CCS, sondern wir führen hier ja eine Aktuelle Stunde durch. Kollege Koch hat schon gesagt, unter welchen Umständen diese Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gekommen ist und dass wir als demokratische Fraktionen, obwohl das formalrechtlich nicht in Ordnung ist, die Debatte heute trotzdem führen möchten; es ist kein Problem, auch wenn man einen kleinen Verfahrensfehler macht.

Auch ich will gern darauf eingehen, zumal ich seinerzeit, als der Antrag gestellt wurde und noch nicht drinstand, welche Äußerung es genau war, darum gebeten habe, das aufzuschreiben. Das ist durch die AfD-Fraktion dankenswerterweise geschehen, sodass man sich an den Äußerungen entlanghangeln kann.

Herr Abgeordneter Harms, gestatten Sie eine weitere Bemerkung der Frau Abgeordneten Dr. Bohn?

Ja, sehr gern, klar.

Wir haben unseren Antrag ja schon mit der SPD geeint, nachdem es einen Dissens beim letzten Satz gab. Herr Kollege Harms, ich höre bei Ihnen ein bisschen Bewegung heraus. Ich glaube, dass es sinnvoll wäre, nicht gleich hektisch abzustimmen, sondern den Tagesordnungspunkt nach der Mittagspause noch einmal aufzurufen. In der Zwischenzeit können wir die Gelegenheit nutzen und gucken, ob wir zueinanderkommen, was ich sehr begrüßen würde. Das kann ich jetzt aber nicht vorwegnehmen. Wir könnten den Tagesordnungspunkt heute Nachmittag noch einmal aufrufen und dann abstimmen. Wäre das in Ordnung?