Protokoll der Sitzung vom 26.09.2019

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, beginne ich meinen Beitrag mit einem etwas längeren Zitat. Es stammt aus dem Buch „Die Känguru-Offenbarung“ von Marc-Uwe Kling.

(Beifall FDP)

- Da sind die Känguru-Fans, genau!

„Wie sollen wir das Geld denn anlegen?‘, fragt der Bankberater. ‚Machen Sie das Portfolio ruhig so, wie ich meine Steaks mag‘, sagt das Känguru. ‚Ah!‘, sagt der Mann. ‚Well done.‘ ‚Nein‘, sagt das Känguru. ‚Blutig.‘ ‚Wie bitte?‘ ‚Sie verstehen mich schon‘, sagt das Känguru. ‚Geld arbeitet nicht. Menschen arbeiten. Und je größer die Ausbeutung, desto größer die Rendite, das ist doch klar. Gehen Sie dahin, wo es wehtut. Ich will Dritte Welt, 16-Stunden-Tage, Kinderarbeit. Ich will Landminen, Streubomben, Atomkraftwerke. Ich will Rohstoffe aus Krisenregionen, Öl aus Naturschutzgebieten, spekulieren Sie mit Lebensmitteln. Egal was …‘“

Der Satiriker, das Känguru beziehungsweise der Autor, bringt es auf den Punkt: Geld arbeitet nicht.

Menschen arbeiten. Und Menschen, die arbeiten, können ausgebeutet werden - ebenso wie Rohstoffe und natürliche Ressourcen, weil viel zu oft die Interessen des Kapitals Vorrang haben. Dagegen kämpft die Sozialdemokratie übrigens seit mehr als 150 Jahren.

(Beifall SPD)

- Der Trigger funktioniert noch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachhaltige Geldanlagen ergänzen die klassischen Kriterien der Rentabilität, Liquidität und Sicherheit um ökologische, soziale und ethische Bewertungspunkte. Bereits bei der Einrichtung des Versorgungsfonds in der letzten Legislaturperiode haben wir über nachhaltige Anlagestrategien gesprochen. Ebenso konsequent war es auch, kein Geld in Steueroasen anzulegen, auch wenn das die Erträge reduziert hat. Der Antrag ist also eine eine konsequente Weiterentwicklung dieser Grundsätze, und er findet unsere Zustimmung.

Ich finde es gut, dass wir die Grundlagen für die Vermögensverwaltung jetzt in einem Gesetz regeln wollen, wobei es vermutlich auch künftig noch einer detaillierten Ausgestaltung durch eine Anlagestrategie oder einer Verordnung bedarf. Damit sind wir beim Punkt. Der heutige Antrag ist der Aufschlag. Die eigentliche Diskussion müssen wir führen, wenn der Gesetzentwurf vorliegt; denn da muss noch Butter bei die Fische.

Wie nachhaltig eine Geldanlage tatsächlich ist, hängt von den Kriterien ab, die der jeweilige Anbieter seiner Auswahl zugrunde legt. Eine einheitliche entsprechende Definition gibt es bisher nicht. Ich habe gelesen, das EU-Parlament und die EU-Kommission wollen sich jetzt darüber Gedanken machen. Vielleicht können wir uns daran beteiligen.

Sollen wir die Ausschlusskriterien definieren? Schließen wir also bestimmte Unternehmen aus, weil sie bestimmte Produkte herstellen? Oder schließen wir Staaten aus, die bestimmte soziale, ökologische und governance-bezogene Kriterien nicht erfüllen oder nicht unseren Wertvorstellungen entsprechen?

Ihr Antrag und der Redebeitrag des Kollegen Petersdotter lassen so etwas vermuten. Sie nennen explizit den Ressourcenschutz und die Vermeidung von CO2-Emissionen. Diese Kriterien träfen allerdings auch auf ein Atomkraftwerk zu.

Oder wählen wir einen Best-in-Class-Ansatz? Bei dieser Anlagestrategie werden die besten Unternehmen einer Branche, Kategorie oder Klasse ausgewählt, also diejenigen, die im Vergleich in ökologi

(Lasse Petersdotter)

scher, sozialer und ethischer Hinsicht die höchsten Standards setzen. Dies könnte zum Beispiel auf den nachhaltigsten Waffenproduzenten zutreffen, wenn er über einen Betriebsrat, einen Betriebskindergarten und ein begrüntes Dach verfügt. Wollen wir das wirklich?

Möglich wäre auch ein normbasiertes Screening, also die Überprüfung der Investments darauf, ob sie bestimmte internationale Standards und Normen einhalten.

Was heißt also ESG-Standards? Für die SPD-Fraktion zählen hierzu an zentraler Stelle die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und der damit verbundene Ausschluss von Sklaven- oder Kinderarbeit, und zwar in den Produktions- und Lieferketten,

(Beifall SPD)

aber auch die Berücksichtigung mitbestimmter Unternehmen und bestehende Tarifbindungen.

Ich will nicht verhehlen, dass nach unserer Auffassung eine nachhaltige Anlage auch auf Basis der Grundsätze der Sicherheit, der Rentabilität und der Liquidität erfolgen muss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei einer Geldanlage achten wir also künftig auf ökologische, soziale und ethische Bedingungen. Das ist gut. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein, die die Aufträge der öffentlichen Hand ausführen, gelten diese Kriterien allerdings nicht; denn Jamaika hat diese Kriterien mit der Abschaffung des Tariftreuegesetzes geschliffen. Mit diesem Widerspruch, meine Damen und Herren von der Koalition, müssen Sie leben.

(Beifall SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist ganz schlimm!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort dem Abgeordneten Ole Plambeck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Mit diesem Antrag der Jamaika-Koalition setzen wir nicht nur einfach eine Forderung aus dem Koalitionsvertrag um, sondern wir machen die Geldanlagen des Landes zukunftsfest und werfen für positive gesamtgesellschaftliche Entwicklungen unser finanzielles Gewicht in die Waagschale. Wir wollen die Finanzanlagen stärker an sozialen und ökologischen Kriterien wie Ressourcenschutz oder Vermeidung von CO2-Emissio

nen sowie an guter Unternehmensführung ausrichten. Dabei ist für uns klar, dass die Rendite der Anlagen trotzdem stimmen muss; das halten wir für ganz wichtig.

Nachhaltiges Investieren beziehungsweise ESG-Investments und Wirtschaftlichkeit schließen sich definitiv nicht aus, ganz im Gegenteil. Erste Untersuchungen zeigen, dass ESG-Investments vor allem über einen längeren Investmenthorizont hinweg ein besseres Rendite-Risiko-Profil aufweisen als rein klassische Investments. Die ESG-führenden Unternehmen sind laut einer Studie tendenziell sogar operativ erfolgreicher und weniger anfällig für Risiken wie durch Betrug oder Umweltschäden begründete Schadensersatzklagen.

Auch der Markt spricht mittlerweile Bände. In einem Gespräch mit dem Bankenverband wurde mir bestätigt, dass ESG-Investments bereits seit einiger Zeit der Renner bei den Kunden seien. Dabei geht es nicht nur darum, bestimmte Branchen, Unternehmen oder Staaten zu meiden, sondern vor allem Umwelt- und Ressourcenschutz sowie gute Unternehmensführung mit einer gezielten Anlage zu stärken. Man kann es auch positiv sehen und einen positiven Akzent mit dem Geld, das man anlegt, setzen.

Sie sehen, liebe SPD, wir schaffen definitiv die Verbindung von Ökonomie und Ökologie. Das ist eine große Überschrift, ein großes Zeichen der JamaikaKoalition.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Klar ist, dass mit der Einrichtung dieser besonderen Standards keine kurzfristigen Gewinne zu erzielen sind. Aber das wollen wir auch nicht. Das Land Schleswig-Holstein ist vor allem an einer langfristigen Absicherung mit einer anständigen Rendite für den Versorgungsfonds und alle übrigen Anlagen des Landes interessiert. Lasse Petersdotter hat es bereits gesagt: Beim Versorgungsfonds machen wir es bereits, und das sehr erfolgreich.

Meine Damen und Herren, wir wollen mit diesem Gesetz das finanzielle Gewicht, das wir haben - hier mehrere Millionen Euro; mit allen anderen Anlagen sind es sogar mehrere Milliarden Euro -, in die Waagschale legen, um zum Beispiel Investitionen in klimafreundliche Technologien zu unterstützen. Es gibt bereits mehrere hundert Fonds mit ESGKriterien auf dem deutschsprachigen Markt. Die Tendenz ist weiter steigend.

(Beate Raudies)

Wir können vor allem auch vor unserer eigenen Haustür investieren. Ob Medizin- und Gesundheitsthemen, Umwelt- und Klimaschutz, Landwirtschaft oder Unternehmensgründungen, vieles ist möglich. Die Themen Brennstoffzelle, Energiespeicher oder anderen Energiekonzepte können wir mit einer guten Anlage stärken und damit auch den Standort Schleswig-Holstein.

Mit diesem Antrag wird die Landesregierung gebeten, dem Landtag ein Gesetz zur Finanzstrategienachhaltigkeit in Schleswig-Holstein, kurz FINISH, vorzulegen. Diesen Entwurf werden wir dann im Finanzausschuss intensiv diskutieren und abwägen. Denn was als nachhaltig, sozial oder ethisch korrekt gilt, muss genau abgewogen werden. Wir haben eine ganz große Verantwortung, wie wir mit dem Geld des Landes umgehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Annabell Krämer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Wir setzen mit der Initiative ein weiteres Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um. SchleswigHolstein soll zukünftig Finanzanlagen wählen, die die Nachhaltigkeit berücksichtigen, ohne hierbei Abstriche bei der Wirtschaftlichkeit zu machen. Es ist - das wurde bereits gesagt - durch repräsentative Studien belegt, dass die Sicherheit und Rendite von Finanzanlagen nicht unter der Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien leiden muss. Das ist eine zentrale Botschaft; da wir auf keinen Fall auf finanzielle Nachhaltigkeit verzichten wollen, gilt dies besonders.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Bei jeder Art von Finanzlage, mit der wir steuernd eingreifen - wir müssen uns vor Augen führen: das machen wir mit jedem Gesetz -, bleibt für uns Freie Demokraten eines maßgeblich: Finanzanlagen unter Landesbeteiligung sind öffentliche Mittel und somit Gelder unserer Bürger. Mit diesen haben wir verantwortungsvoll umzugehen. Abstriche bei der Wirtschaftlichkeit sind zu vermeiden.

Bei den Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Finanzstrategie sind uns Freien Demokraten drei Punkte wichtig, die im vorliegenden Antrag Be

rücksichtigung finden. Erstens: Die Bürokratiekosten sind gering zu halten. Ein erhöhter Bürokratieaufwand gefährdet die Wirtschaftlichkeit. Aus diesem Grund ist es uns wichtig, dass das neue Gesetz nur bei Finanzanlagen mit Landesbeteiligung greift, sofern diese eine Mindestgrößenordnung von 1 Million € überschreiten.

(Beifall FDP)

Zweitens: Uns Freien Demokraten ist es ganz besonders wichtig, dass sich das Gesetz nicht negativ auf die Fördertätigkeit unserer Investitionsbank, die fast 3 Milliarden € Finanzanlagen hält, auswirkt. Der Mittelstand muss wie bisher gefördert werden können. Jede Einschränkung von Kreditvergaben und somit Mittelstandsförderung wäre von unserer Seite aus nicht zustimmungsfähig gewesen.

(Beifall FDP - Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Es ist uns wichtig, das Gesetz auf die Finanzanlagen zu beschränken und nicht auf das gesamte Aktivgeschäft auszudehnen.

Die Kriterien für die Kreditvergabe an die schleswig-holsteinische Industrie bleiben, wie sie sind. Wir wollen, dass Schleswig-Holstein das mittelstandfreundlichste Bundesland wird. Konterkarierende Vorgaben oder Beschränkungen finden nicht unsere Unterstützung.

(Beifall FDP)

Es will vermutlich auch keiner - ich möchte den Gedanken noch kurz zu Ende bringen -, dass - eng ausgelegt - die Förderung von Elektromobilität eingeschränkt werden könnte; denn gerade in diesem Bereich wird die Nachhaltigkeit von Produktion und Versorgung vielfach infrage gestellt.

Frau Abgeordnete, jetzt habe ich es geschafft. Lassen Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Habersaat zu?